Vergleichende Übersicht der Seebadeanstalten

Vergleichende Übersicht der Seebadeanstalten.

Aus der in den vorigen Abschnitten dargelegten Beschreibung der Seebadeanstalten an der deutschen Küste werden sich alle, die ein Seebad besuchen wollen, eine Vorstellung von den dortigen Anstalten und Ortlichkeiten machen können, um danach das Seebad auszuwählen, welches für die jedesmaligen Wünsche und Anforderungen geeignet erscheint. Um dies noch mehr zu erleichtern, mögen hier die Seebadeanstalten nochmals in kurzer Übersicht zusammengestellt werden. Einen unparteiischen, und richtigen Massstab für die Eigenschaften und Einrichtungen der verschiedenen Seebadeanstalten nach ihrem jetzigen Bestande erhält man aus der Zahl der jährlichen Frequenz derselben. Darnach steht das Königliche Nordseebad Norderney verdientermassen in erster Linie, indem reine Seeluft, guter Wellenschlag, schöner, nahe liegender Badestrand und die komfortabelsten Einrichtungen in musterhaftester Weise, sowie die meisten Verbindungen mit dem Festlande sich hier vereinigt finden.

Dann folgt Helgoland mit der durch seine Lage bedingten, völlig reinen Seeluft, jedoch mit dem Übelstande, dass auf der vom Felsen durch einen Meeresarm getrennten Düne gebadet wird. Die Tatsache, dass Vorrichtungen zur Aufnahme der Fremden gemacht sind für Erkrankungen oder für Fälle, dass die Rückfahrt nicht stattfinden kann, ist für die übrigens vortreffliche Badeanstalt sehr bezeichnend! Merkwürdigerweise geht die Ziffer in der Frequenz von einer Insel zur andern jedesmal bis etwa auf die Hälfte herab. Wenn nach Norderney jährlich beinahe 12.000 Fremde kommen, wird Helgoland nur von ca. 6.000 besucht; nimmt man von dieser Zahl wieder die Hälfte, so trifft dies die Frequenzziffer der Inseln Borkum und Sylt. Das Seebad auf der letzteren Insel hat bei westlichen Winden den kräftigsten Wellenschlag, obwohl sich derselbe im Allgemeinen nicht von dem an den ostfriesischen Inseln unterscheidet. Die Einrichtungen auf Sylt und Borkum haben sich bei diesen, erst seit einigen Dezennien bestehenden Seebadeanstalten sehr verbessert, so dass die Frequenz auf diesen grossen Inseln voraussichtlich mit der Zeit weiter zunehmen wird. Nimmt man die Hälfte wieder von der vorigen Zahl, so kommt dies auf das Seebad in Wyk, welches von 1.500 bis 1.700 Fremden jährlich besucht wird. Das Wyker Bad geniesst durch seine Lage den Ruf, für schwächliche Frauen und Kinder geeignet zu sein. Durch die guten Einrichtungen der Badeanstalten und des Ortes würde die Zahl der Besucher gewiss noch grösser sein, wenn auf Föhr nicht im Watt gebadet würde und der Wellenschlag durchschnittlich sehr gering wäre. Ausserdem fehlen Berge oder hohe Waldungen, welche die Insel genügend vor kalten Winden schützen könnten. — Nun folgen die kleinen Inseln an der ostfriesischen und oldenburgischen Küste, deren Fremdenzahl unter dem ersten Tausend bleibt, obwohl Seeluft, Wellenschlag und Strand auf diesen Nordseeinseln für den Kurgebrauch besonders günstig sind. Es ist daher der Grund des schwächeren Besuches in den bisherigen Einrichtungen zu suchen, welche in anbetracht der geringen Mittel der Bewohner nur bescheidenen Ansprüchen genügen; hierzu kommt die etwas unbequeme Verbindung mit dem Festlande, welche einer grösseren Frequenz nicht förderlich ist. Die Insel Wangeroog ist unter diesen Inseln mit den besten Einrichtungen versehen, dann folgt Juist, welche die viel länger bestehende Seebadeanstalt in Spiekeroog in der Frequenzziffer bereits überholt hat, indem letztere infolge der jetzt nicht mehr stattfindenden Dampfer Verbindungen weniger besucht wird. Die Insel Langeoog hat ebenfalls nur eine Verbindung durch Segelschiffe mit dem Festlande, so dass sich der Besuch bislang auf die benachbarte Umgegend beschränkt. Wahrscheinlich wird auch die kleine Insel Baltrum in ähnlicher Weise wie die vorige unter die Zahl der Seebadeorte treten. —


Bei den Küstenbadeorten fällt die Seereise weg, dafür haben die Badegäste hier weder völlig reine Seeluft noch reines Seewasser und den erforderlichen Wellenschlag. Büsum in Holstein ist in neuerer Zeit stärker besucht, dagegen können die übrigen Küstenbadeanstalten St. Peter in der Nähe der Eidermündung, Dangast am Jahdebusen und Cuxhaven am Ausfluss der Elbe nur lokale Bedeutung beanspruchen.