Die Bodenbeschaffenheit
Die Bodenbeschaffenheit
Die Bodenbeschaffenheit der Inseln steht mit der Beschaffenheit des Meeresbodens und den Einwirkungen des Meeres in unmittelbarer Verbindung. Wie in dem Abschnitt über das Meer dargelegt wurde, ist der Boden der Nordsee an der südlichen Hälfte höher als auf der nördlichen Seite. Derselbe besteht zum grössten Teil aus feinkörnigem, ausgewaschenem Sande, welcher an vielen Stellen auf den Sandbänken zur Ebbezeit sichtbar wird. An anderen Punkten und Strecken in der Nähe der Küste hat das Meer in früheren Zeiten gewaltsame Zerstörungen und Überschwemmungen des festen Landes durch grosse Sturmfluten verursacht und dadurch Inseln gebildet.
Die Tätigkeit des Meeres wirkt nicht nur zerstörend, sondern an anderen Stellen wieder neubildend. Die Wellen schwemmen Sand vom Meeresboden auf den höher gelegenen Teilen je nach den Flutströmungen an, oder lassen, in dem ruhigeren Wasser die mitgeführten Bestandteile wieder zu Boden sinken, wodurch auf der einen Seite einer solchen Insel der sterilste Sandboden der Geest, auf der anderen Seite der leichte Marschboden entsteht.. Zu diesen Gebilden der Neuzeit gehören fast sämtliche ostfriesische Inseln nebst Wangeroog mit Ausnahme von Borkum, welches in seinen grossen Wiesenflächen fast dieselbe Bodenbeschaffenheit wie das benachbarte Festland zeigt und wahrscheinlich einstmals mit demselben gleichen Ursprung gehabt hat.
An der westschleswigschen Küste finden sich an einzelnen Eilanden und auch hier nur teilweise neue Anschwemmungen des Meeres. Diese, sowie der Felsen von Helgoland sind die Überreste eines Festlandes, welches durch wiederholte Sturmfluten zerstört und bis zu dem jetzigen Bestande reduziert wurde. Die Inseln Nordstrand, Pellworm und die Halligen bildeten vor der grossen Flut von 1634 eine grosse Insel, welche am 11. Oktober des genannten Jahres von den Fluten zerteilt wurde. Auch bei der Insel Helgoland lassen sich die fortschreitenden Zerstörungen deutlich wahrnehmen. Bis zum Jahre 1720 war die Helgolander Düne mit dem Felsen vereinigt, jetzt lässt sie sich selbst zur Ebbezeit nicht mehr trocknen Fusses erreichen. Die Insel Föhr und Sylt erscheinen ebenfalls als Überreste des festen Landes, obwohl auf letzterer Insel das Meer den Sand, welchen die Wogen abgerissen haben, wieder anschwemmt und durch den Wind an der Nord- und Südspitze der Insel zu hohen Dünen anhäuft. Dagegen gleichen die Inseln Amrum und die Helgolander Düne, als Gebilde der Meeresanschwemmungen, den ostfriesischen Inseln. Der Unterschied zwischen dem Sande von Sylt und dem der letztgenannten Eilande ist so bedeutend, dass man denselben schon bei oberflächlicher Beobachtung wahrnehmen kann.
Auf der deutschen Nordseeküste wird die Gebirgsformation nur durch den Felsen von Helgoland repräsentiert, welcher als fester Teil einer durch die Fluten zerstörten grösseren Insel sich bis zur Jetztzeit erhalten hat. Ähnliche Felsengebilde mit denselben Bodenbestandteilen ragen an verschiedenen Punkten der norddeutschen Tiefebene hervor. Die rote Klippe, wie der Felsen von Helgoland bezeichnet wird, dehnt sich unter dem Meeresspiegel ziemlich weit aus. Die Benennung rührt von der rötlichen Farbe des mit hellgrünen und weisslichen Schichten durchzogenen Thonmergels her, aus welchen dieselbe besteht. Letztere laufen von Nordwest nach Südost. Die oberen Teile des Felsens bestehen aus Thonmergel, die unteren, sowie die submarinen aus Keuper und Sandstein.
Die Reisenden, welche aus dem Innern Deutschlands zum Meere kommen, sehen dasselbe gewöhnlich zuerst vom Schiffe aus. Obwohl die ganze deutsche Nordseeküste flach ist und durchweg niedriger liegt als der Meeresspiegel zur Flutzeit, so wird es doch auffallen, dass sich das Meer nicht darüber ergiesst, sondern dass hohe Erdwälle sich längs der Küste hinziehen, welche den Zweck haben, das Land gegen die gefahrbringenden Überflutungen zu schützen. Ähnliche, nicht so fest gebaute Schutzwehren waren bereits in alten Zeiten an der Küste errichtet, doch wurden dieselben jedes Mal von dem „blanken Hans,“ wie das Meer übermütig genannt wurde, zerstört.
Erst der neueren Wasserbaukunst ist es gelungen, nicht allein die Küste zu sichern, sondern dem Meere wieder Strecken Landes durch die Deiche abzugewinnen. Auch die Inseln Nordstrand, Pellworm und der westliche Teil von Föhr werden durch hohe Deiche geschützt. Letztere haben an der Bodenfläche eine Breite von 6-7 Meter bei einer Höhe von ca. 5 Meter. Im Innern dieser Erdwälle dienen starke Pfahlbauten zur Befestigung des Deiches. An den Seiten sind dieselben mit Gras bewachsen, während häufig an der Seeseite Steinböschungen und auf der breiten Oberfläche der Deiche Fahrwege angelegt sind. Bei den Deichen lassen sich folgende Unterschiede machen. Dieselben sind entweder durch neuen Anwuchs von Land- oder Schlickbildung gegen das Meer geschützt, oder unmittelbar dem Andringen der Wogen ausgesetzt. Durch eine einfache Bedeckung mit Rasen würden die Deiche nicht die nötige Widerstandskraft an der Seeseite erhalten, es ist daher erforderlich, dieselben mit einer festeren Decke zu versehen. Zu diesem Zwecke wird Stroh verwandt. Das Verfahren hierbei ist folgendes: Die den Angriffen des Meeres am meisten ausgesetzten Stellen des Deiches werden mit dichten Lagen Stroh belegt und dieses durch querüber gelegte Bänder aus demselben Material in der Weise befestigt, dass diese Bänder vermittelst besonders geschnittener, an der Spitze gegabelter Hölzer oder sogen. Nadeln in die Erdschichten des Deiches gestossen werden. Diese Arbeit nennt man Sticken. Eine solche Decke hat eine brettartige Härte und, wenn sie aus gutem Roggenstroh hergestellt ist, eine ziemliche Widerstandskraft. Jedes Jahr muss dieselbe einmal vollständig und die der unteren Deichhälfte zweimal erneuert werden. Einige Deiche z. B. in der niederemsischen Deichacht sind bis zur Höhe der täglichen Flut und etwas darüber mit Feldsteinen belegt, über diese hinaus gibt gleichfalls das Stroh in der eben beschriebenen Weise das Schutzmittel gegen aussergewöhnliche Fluten ab. Die Herstellung einer Steindossierung kostet pro Meter ca. 68 Mk. Die Bestickung wird dort nach gleichen Preisen berechnet. Man kann annehmen, dass von der Gesamtdeichstrecke Ostfrieslands (ca. 30 Meilen) etwa ein Drittel Gefahrdeiche sind. Doch nur wenn ganz aussergewöhnlich hohe Sturmfluten unausgesetzt gegen diese Erdwälle anstürmen, kommt es vor, dass dieselben durchbrochen werden.
An den Deichen des Festlandes sind auf verschiedenen Stellen Schleusen oder Siele angebracht, um das Binnenwasser in das Meer gelangen zu lassen. Bei der Vereinigung des süssen Wassers vom Festlande mit dem salzigen Seewasser lagern sich die in dem Süsswasser enthaltenen Bodenbestandteile ab und bilden den schlammigen Niederschlag, welcher Schlick genannt wird. Letzterer setzt sich an den geschützten Stellen der Küste immer höher an, wird schliesslich eingedeicht und bildet dann die Marschländer, welche unter den Namen „Polder“ oder „Kooge“ ihrer üppigen Vegetation wegen berühmt sind. Das Wort Koog, welches an der westschleswigschen Küste üblich ist, stammt aus dem Holländischen und bezeichnet ein niedriges Sumpfland. Der zähe, schwere, wasserbindende Lehmboden der Marschen, welcher viel bräunlicher aussieht als der Schlick, wird Kleiboden genannt. Im Schlick ist hauptsächlich Kieselerde enthalten, ausserdem Ton Kalk und Bittererde, sowie Mangan, Eisenoxyd, Kali, Natron, Chlor, Wasser, Kohlensäure und organische Substanzen. In den letzten Jahrzehnten hat man den sich an den Flussmündungen niederschlagenden und durch Ausbaggern heraufgeholten Seeschlick zu Düngzwecken nutzbar gemacht, indem man ihn auf Kanälen weit ins Land hinein schaffte, trocknet und dann über den Acker verteilt. Auf diese Weise hat man namentlich in Ostfriesland und Holland den sterilsten Land- und Moorboden in ein üppiges, erst nach einem Jahrzehnt wieder der Neudüngung bedürfendes Rapsfeld verwandelt.
Ausser durch Deiche wird das Festland durch die davor liegenden Inseln geschützt. Das seichte Wasser, welches dazwischen flutet und während der Ebbe soweit abläuft, dass nur die tiefen Wasseradern, die sogenannten Balgen, mit Seewasser gefüllt sind, heisst das Watt. Die zur Bezeichnung des Fahrwassers dienenden Birkenstämme, welche in dem Schlick- und Sandboden des Watts befestigt sind, werden Strauchbaken oder Pricken genannt. Durch die zwischen den Inseln befindlichen Tiefen, Deepen, Eeen oder Gaten, wird das Watt von dem Meere zur Flutzeit mit Wasser gefüllt, bzw. bei Ebbe entleert.
Auch an der Wattseite der Inseln lagert sich der Schlick ab und bildet dort leichten Marschboden, der ebenfalls zum Teil durch Eindeichen dem Meere wieder abgewonnen wird. Auf den ostfriesischen Inseln ist der dem Festlande zugewandte innere Teil aus diesem Boden gebildet, während sich gewöhnlich nach Norden und Westen Dünen angehäuft haben, die zum grössten Teil durch den Wind nach der Ostseite der Inseln weiter getrieben sind. Der Boden, auf welchem die Dünen lagern, tritt wieder zu Tage, wenn dieselben wandern. Dieser Boden besteht meistens aus ,,Darg“, einer torfartig gewordenen Schicht der früheren Pflanzendecke, in welcher sich oft deutliche Überreste von Rohr und Schilf befinden. An der Westküste von Sylt wird ebenfalls eine torfartige Schicht gefunden, welche Seelorf oder Tuul genannt wird. An einigen Stellen hat der dargige Untergrund durch Ansammlung von Feuchtigkeit den Boden versumpft und den sogen. Knick gebildet. Mit diesem Ausdruck wird eine bläuliche oder rötliche Erde bezeichnet, welche im feuchten Zustande weich ist, an der Luft jedoch unter Einwirkung von Wärme schnell trocknet und staubartig zerfällt.
An der offenen Meeresseite besteht der Boden, der ostfriesischen Inseln und Wangeroog lediglich aus dem älteren Meeressande, welcher sich von den neueren Gebilden auf Sylt unterscheidet. Während auf letzterer Insel der Boden des ehemaligen Festlandes in das Meer gerissen, von dem Wasser ausgewaschen und durch die nie ruhende Brandung zermalmt wird, ist dieser Übergangsprozess bei den erstgenannten Inseln schon seit undenklichen Zeiten beendet. Hier ist der Sand fast staubartig wie auf den Riffen und Sandbänken im Meere, welche ringsum die Inseln umgeben und sich weit hinaus nach der tieferen Nordsee erstrecken. Dieser vom Meere angeschwemmte Sand wird vom Winde zu kleinen Hügeln zusammengetrieben, welche eine Höhe bis zu 10 und mehr Meter erreichen. Die kleinen beweglichen Sandberge, welche durch den Sturm oft weiter getrieben werden, heissen Dünen; dieselben liegen nicht unmittelbar am Meere, sondern werden durch einen breiten flachen Saum von feinem Sande, welcher sich allmählich nach dem Meere abschrägt, von letzterem getrennt. Es. ist dies der Strand, welcher aus denselben Bestandteilen zusammengesetzt ist wie die Dünen. Eine auffallende Eigentümlichkeit des Meersandes besteht darin, dass derselbe, sobald das Wasser abgeflossen ist, auf der Stelle eben und fest wird und zwar desto fester, je feiner und feuchter die Sandkörnchen sind, so dass der darüber schreitende Fuss kaum eine Spur darin zurücklässt und Fuhrwerke auf demselben wie auf der schönsten Chaussee dahin rollen. Dagegen bleibt der Sand, über welchen sich nur die höchsten Sturmfluten ergiessen, lose und beweglich, so dass das Gehen in demselben erschwert wird.
Der vom Winde getriebene Sand, welcher in langen Zügen gemäss seiner Feuchtigkeit und Schwere dicht über den Strand weht, lagert sich oftmals hinter einzelnen Pflanzen und bildet kleine Erhöhungen; diese wachsen, falls sie nicht wieder durch Sturm oder Wogendrang zerstört werden, durch hinzukommenden Sand immer höher an; es bildet sich dann im Laufe der Zeiten aus den dazwischen gewehten Samenkörnern der Pflanzen eine Vegetation, deren weitverzweigte, tief eindringende Wurzeln dem Ganzen einen grösseren Halt geben. Die Insulaner machen sich diese Erfahrung zu nutze, indem sie, um das Zerstäuben der Dünen zu hindern, dieselben systematisch bepflanzen und möglichst kultivieren. Dies geschieht dadurch, dass die Dünen nach dem Strande oder nach der gefährdeten Stelle etwas abgeschrägt und in Fünfform mit Sandhafer bepflanzt werden.
Durch chemische Untersuchungen hat sich ergeben, dass älterer Dünensand kalkhaltige Bestandteile verliert und in Folge davon der Sandhafer nicht mehr so gut darauf gedeiht. Während in neuem Dünensande, der vom Strande heraufgetrieben ist, sich in 100 Teilen 0,71 Kalk, 1,60 Eisenoxyd und Thonerde, und 96,41 Kieselsäure gefunden haben, zeigte älterer Dünensand keinen Kalk und nur 96,08 Kieselsäure, dagegen 3,16 Eisenoxyd und Thonerde. Der Kalkgehalt des neuen Dünensandes entsteht wahrscheinlich durch die Zersetzung der Muschelschalen und die Vermehrung des Eisenoxyds bei älterem Dünensande durch die darin wachsenden Pflanzen.
Der Wind treibt jedoch fortwährend neuen Flugsand vom Strande nach den Dünen, so dass die Sandgräser ihre langen Wurzeln weithin ausdehnen und Nahrungsstoffe aufsaugen können. Der Anblick solcher Dünen, mit den nach dem Meere oft steilen Abhängen, dem wild und struppig wachsenden Sandhafer, gewähren einen seltsamen und malerischen Anblick. Die Täler und Schluchten zwischen den einzelnen Hügeln werden in der Richtung des vorherrschenden Windes gebildet und sind in der Nähe des Strandes meist unbewachsen, dagegen nach dem Innern der Inseln von einer oftmals dichten Vegetation bedeckt. Auf einigen Inseln: Juist, Norderney, Baltrum und Langeoog kommen einzelne völlig unbewachsene hohe Dünen vor, welche unter dem Namen „weisse Dünen“ bekannt sind und niemals eine Spur von Pflanzenwuchs zeigen, indem der Wind an diesen Stellen fortwährend zerstäubend einwirkt.
Auf den Düneninseln ist daher der Ackerbau sehr schwierig und meistens nicht lohnend, weil der Treibsand zu vielen Schaden anrichtet; nur Kartoffeln gedeihen vortrefflich. Dagegen wird auf den grösseren westschleswigschen Inseln mit den Bodenverhältnissen des ehemaligen Festlandes dasselbe gebaut, wie auf dem benachbarten Kontinente. Auf den kleinen Halligen, die sehr häufig vom Meere überschwemmt werden, so dass die Wohnhäuser auf künstlichen Hügeln erbaut sind, gedeihen nur Wiesengräser.
Bei den ostfriesischen Inseln lässt sich in Folge der Flutströmungen des Meeres ein Abnehmen der Inseln an der Westseite und ein Ansetzen an der Ostseite wahrnehmen. In Folge davon haben in historischer Zeit häufig die Ortschaften den Platz in der angegebenen Weise ebenfalls wechseln müssen. Ähnlich verhält es sich auf der Insel Sylt, wo der Andrang von der Westseite zerstörend wirkt, so dass das Dorf Hörnum auf der Südspitze der Insel weiter nach Osten verlegt werden musste.
Infolge davon sind auf den gefährdetsten und wichtigsten Inseln Dünenschutzwerke und Strandbefestigungen durch Buhnen angelegt. Letztere bestehen aus Pfählen und Strauchwerk, welches durch übergelegte grosse und schwere Steine geschützt wird. Die Länge derselben vom Fusspunkt der Dünen nach dem Meere beträgt oft 100 Meter, die Breite 3 bis 4 Meter. Das dazu erforderliche Material wird vom Festlande herübergeschafft. Solche allerdings recht kostspieligen Strandbefestigungen haben sich bereits gut bewährt, und ist dadurch der weiteren Zerstörung an der Westseite dieser Inseln Einhalt getan.
Die Bodenbeschaffenheit der Inseln steht mit der Beschaffenheit des Meeresbodens und den Einwirkungen des Meeres in unmittelbarer Verbindung. Wie in dem Abschnitt über das Meer dargelegt wurde, ist der Boden der Nordsee an der südlichen Hälfte höher als auf der nördlichen Seite. Derselbe besteht zum grössten Teil aus feinkörnigem, ausgewaschenem Sande, welcher an vielen Stellen auf den Sandbänken zur Ebbezeit sichtbar wird. An anderen Punkten und Strecken in der Nähe der Küste hat das Meer in früheren Zeiten gewaltsame Zerstörungen und Überschwemmungen des festen Landes durch grosse Sturmfluten verursacht und dadurch Inseln gebildet.
Die Tätigkeit des Meeres wirkt nicht nur zerstörend, sondern an anderen Stellen wieder neubildend. Die Wellen schwemmen Sand vom Meeresboden auf den höher gelegenen Teilen je nach den Flutströmungen an, oder lassen, in dem ruhigeren Wasser die mitgeführten Bestandteile wieder zu Boden sinken, wodurch auf der einen Seite einer solchen Insel der sterilste Sandboden der Geest, auf der anderen Seite der leichte Marschboden entsteht.. Zu diesen Gebilden der Neuzeit gehören fast sämtliche ostfriesische Inseln nebst Wangeroog mit Ausnahme von Borkum, welches in seinen grossen Wiesenflächen fast dieselbe Bodenbeschaffenheit wie das benachbarte Festland zeigt und wahrscheinlich einstmals mit demselben gleichen Ursprung gehabt hat.
An der westschleswigschen Küste finden sich an einzelnen Eilanden und auch hier nur teilweise neue Anschwemmungen des Meeres. Diese, sowie der Felsen von Helgoland sind die Überreste eines Festlandes, welches durch wiederholte Sturmfluten zerstört und bis zu dem jetzigen Bestande reduziert wurde. Die Inseln Nordstrand, Pellworm und die Halligen bildeten vor der grossen Flut von 1634 eine grosse Insel, welche am 11. Oktober des genannten Jahres von den Fluten zerteilt wurde. Auch bei der Insel Helgoland lassen sich die fortschreitenden Zerstörungen deutlich wahrnehmen. Bis zum Jahre 1720 war die Helgolander Düne mit dem Felsen vereinigt, jetzt lässt sie sich selbst zur Ebbezeit nicht mehr trocknen Fusses erreichen. Die Insel Föhr und Sylt erscheinen ebenfalls als Überreste des festen Landes, obwohl auf letzterer Insel das Meer den Sand, welchen die Wogen abgerissen haben, wieder anschwemmt und durch den Wind an der Nord- und Südspitze der Insel zu hohen Dünen anhäuft. Dagegen gleichen die Inseln Amrum und die Helgolander Düne, als Gebilde der Meeresanschwemmungen, den ostfriesischen Inseln. Der Unterschied zwischen dem Sande von Sylt und dem der letztgenannten Eilande ist so bedeutend, dass man denselben schon bei oberflächlicher Beobachtung wahrnehmen kann.
Auf der deutschen Nordseeküste wird die Gebirgsformation nur durch den Felsen von Helgoland repräsentiert, welcher als fester Teil einer durch die Fluten zerstörten grösseren Insel sich bis zur Jetztzeit erhalten hat. Ähnliche Felsengebilde mit denselben Bodenbestandteilen ragen an verschiedenen Punkten der norddeutschen Tiefebene hervor. Die rote Klippe, wie der Felsen von Helgoland bezeichnet wird, dehnt sich unter dem Meeresspiegel ziemlich weit aus. Die Benennung rührt von der rötlichen Farbe des mit hellgrünen und weisslichen Schichten durchzogenen Thonmergels her, aus welchen dieselbe besteht. Letztere laufen von Nordwest nach Südost. Die oberen Teile des Felsens bestehen aus Thonmergel, die unteren, sowie die submarinen aus Keuper und Sandstein.
Die Reisenden, welche aus dem Innern Deutschlands zum Meere kommen, sehen dasselbe gewöhnlich zuerst vom Schiffe aus. Obwohl die ganze deutsche Nordseeküste flach ist und durchweg niedriger liegt als der Meeresspiegel zur Flutzeit, so wird es doch auffallen, dass sich das Meer nicht darüber ergiesst, sondern dass hohe Erdwälle sich längs der Küste hinziehen, welche den Zweck haben, das Land gegen die gefahrbringenden Überflutungen zu schützen. Ähnliche, nicht so fest gebaute Schutzwehren waren bereits in alten Zeiten an der Küste errichtet, doch wurden dieselben jedes Mal von dem „blanken Hans,“ wie das Meer übermütig genannt wurde, zerstört.
Erst der neueren Wasserbaukunst ist es gelungen, nicht allein die Küste zu sichern, sondern dem Meere wieder Strecken Landes durch die Deiche abzugewinnen. Auch die Inseln Nordstrand, Pellworm und der westliche Teil von Föhr werden durch hohe Deiche geschützt. Letztere haben an der Bodenfläche eine Breite von 6-7 Meter bei einer Höhe von ca. 5 Meter. Im Innern dieser Erdwälle dienen starke Pfahlbauten zur Befestigung des Deiches. An den Seiten sind dieselben mit Gras bewachsen, während häufig an der Seeseite Steinböschungen und auf der breiten Oberfläche der Deiche Fahrwege angelegt sind. Bei den Deichen lassen sich folgende Unterschiede machen. Dieselben sind entweder durch neuen Anwuchs von Land- oder Schlickbildung gegen das Meer geschützt, oder unmittelbar dem Andringen der Wogen ausgesetzt. Durch eine einfache Bedeckung mit Rasen würden die Deiche nicht die nötige Widerstandskraft an der Seeseite erhalten, es ist daher erforderlich, dieselben mit einer festeren Decke zu versehen. Zu diesem Zwecke wird Stroh verwandt. Das Verfahren hierbei ist folgendes: Die den Angriffen des Meeres am meisten ausgesetzten Stellen des Deiches werden mit dichten Lagen Stroh belegt und dieses durch querüber gelegte Bänder aus demselben Material in der Weise befestigt, dass diese Bänder vermittelst besonders geschnittener, an der Spitze gegabelter Hölzer oder sogen. Nadeln in die Erdschichten des Deiches gestossen werden. Diese Arbeit nennt man Sticken. Eine solche Decke hat eine brettartige Härte und, wenn sie aus gutem Roggenstroh hergestellt ist, eine ziemliche Widerstandskraft. Jedes Jahr muss dieselbe einmal vollständig und die der unteren Deichhälfte zweimal erneuert werden. Einige Deiche z. B. in der niederemsischen Deichacht sind bis zur Höhe der täglichen Flut und etwas darüber mit Feldsteinen belegt, über diese hinaus gibt gleichfalls das Stroh in der eben beschriebenen Weise das Schutzmittel gegen aussergewöhnliche Fluten ab. Die Herstellung einer Steindossierung kostet pro Meter ca. 68 Mk. Die Bestickung wird dort nach gleichen Preisen berechnet. Man kann annehmen, dass von der Gesamtdeichstrecke Ostfrieslands (ca. 30 Meilen) etwa ein Drittel Gefahrdeiche sind. Doch nur wenn ganz aussergewöhnlich hohe Sturmfluten unausgesetzt gegen diese Erdwälle anstürmen, kommt es vor, dass dieselben durchbrochen werden.
An den Deichen des Festlandes sind auf verschiedenen Stellen Schleusen oder Siele angebracht, um das Binnenwasser in das Meer gelangen zu lassen. Bei der Vereinigung des süssen Wassers vom Festlande mit dem salzigen Seewasser lagern sich die in dem Süsswasser enthaltenen Bodenbestandteile ab und bilden den schlammigen Niederschlag, welcher Schlick genannt wird. Letzterer setzt sich an den geschützten Stellen der Küste immer höher an, wird schliesslich eingedeicht und bildet dann die Marschländer, welche unter den Namen „Polder“ oder „Kooge“ ihrer üppigen Vegetation wegen berühmt sind. Das Wort Koog, welches an der westschleswigschen Küste üblich ist, stammt aus dem Holländischen und bezeichnet ein niedriges Sumpfland. Der zähe, schwere, wasserbindende Lehmboden der Marschen, welcher viel bräunlicher aussieht als der Schlick, wird Kleiboden genannt. Im Schlick ist hauptsächlich Kieselerde enthalten, ausserdem Ton Kalk und Bittererde, sowie Mangan, Eisenoxyd, Kali, Natron, Chlor, Wasser, Kohlensäure und organische Substanzen. In den letzten Jahrzehnten hat man den sich an den Flussmündungen niederschlagenden und durch Ausbaggern heraufgeholten Seeschlick zu Düngzwecken nutzbar gemacht, indem man ihn auf Kanälen weit ins Land hinein schaffte, trocknet und dann über den Acker verteilt. Auf diese Weise hat man namentlich in Ostfriesland und Holland den sterilsten Land- und Moorboden in ein üppiges, erst nach einem Jahrzehnt wieder der Neudüngung bedürfendes Rapsfeld verwandelt.
Ausser durch Deiche wird das Festland durch die davor liegenden Inseln geschützt. Das seichte Wasser, welches dazwischen flutet und während der Ebbe soweit abläuft, dass nur die tiefen Wasseradern, die sogenannten Balgen, mit Seewasser gefüllt sind, heisst das Watt. Die zur Bezeichnung des Fahrwassers dienenden Birkenstämme, welche in dem Schlick- und Sandboden des Watts befestigt sind, werden Strauchbaken oder Pricken genannt. Durch die zwischen den Inseln befindlichen Tiefen, Deepen, Eeen oder Gaten, wird das Watt von dem Meere zur Flutzeit mit Wasser gefüllt, bzw. bei Ebbe entleert.
Auch an der Wattseite der Inseln lagert sich der Schlick ab und bildet dort leichten Marschboden, der ebenfalls zum Teil durch Eindeichen dem Meere wieder abgewonnen wird. Auf den ostfriesischen Inseln ist der dem Festlande zugewandte innere Teil aus diesem Boden gebildet, während sich gewöhnlich nach Norden und Westen Dünen angehäuft haben, die zum grössten Teil durch den Wind nach der Ostseite der Inseln weiter getrieben sind. Der Boden, auf welchem die Dünen lagern, tritt wieder zu Tage, wenn dieselben wandern. Dieser Boden besteht meistens aus ,,Darg“, einer torfartig gewordenen Schicht der früheren Pflanzendecke, in welcher sich oft deutliche Überreste von Rohr und Schilf befinden. An der Westküste von Sylt wird ebenfalls eine torfartige Schicht gefunden, welche Seelorf oder Tuul genannt wird. An einigen Stellen hat der dargige Untergrund durch Ansammlung von Feuchtigkeit den Boden versumpft und den sogen. Knick gebildet. Mit diesem Ausdruck wird eine bläuliche oder rötliche Erde bezeichnet, welche im feuchten Zustande weich ist, an der Luft jedoch unter Einwirkung von Wärme schnell trocknet und staubartig zerfällt.
An der offenen Meeresseite besteht der Boden, der ostfriesischen Inseln und Wangeroog lediglich aus dem älteren Meeressande, welcher sich von den neueren Gebilden auf Sylt unterscheidet. Während auf letzterer Insel der Boden des ehemaligen Festlandes in das Meer gerissen, von dem Wasser ausgewaschen und durch die nie ruhende Brandung zermalmt wird, ist dieser Übergangsprozess bei den erstgenannten Inseln schon seit undenklichen Zeiten beendet. Hier ist der Sand fast staubartig wie auf den Riffen und Sandbänken im Meere, welche ringsum die Inseln umgeben und sich weit hinaus nach der tieferen Nordsee erstrecken. Dieser vom Meere angeschwemmte Sand wird vom Winde zu kleinen Hügeln zusammengetrieben, welche eine Höhe bis zu 10 und mehr Meter erreichen. Die kleinen beweglichen Sandberge, welche durch den Sturm oft weiter getrieben werden, heissen Dünen; dieselben liegen nicht unmittelbar am Meere, sondern werden durch einen breiten flachen Saum von feinem Sande, welcher sich allmählich nach dem Meere abschrägt, von letzterem getrennt. Es. ist dies der Strand, welcher aus denselben Bestandteilen zusammengesetzt ist wie die Dünen. Eine auffallende Eigentümlichkeit des Meersandes besteht darin, dass derselbe, sobald das Wasser abgeflossen ist, auf der Stelle eben und fest wird und zwar desto fester, je feiner und feuchter die Sandkörnchen sind, so dass der darüber schreitende Fuss kaum eine Spur darin zurücklässt und Fuhrwerke auf demselben wie auf der schönsten Chaussee dahin rollen. Dagegen bleibt der Sand, über welchen sich nur die höchsten Sturmfluten ergiessen, lose und beweglich, so dass das Gehen in demselben erschwert wird.
Der vom Winde getriebene Sand, welcher in langen Zügen gemäss seiner Feuchtigkeit und Schwere dicht über den Strand weht, lagert sich oftmals hinter einzelnen Pflanzen und bildet kleine Erhöhungen; diese wachsen, falls sie nicht wieder durch Sturm oder Wogendrang zerstört werden, durch hinzukommenden Sand immer höher an; es bildet sich dann im Laufe der Zeiten aus den dazwischen gewehten Samenkörnern der Pflanzen eine Vegetation, deren weitverzweigte, tief eindringende Wurzeln dem Ganzen einen grösseren Halt geben. Die Insulaner machen sich diese Erfahrung zu nutze, indem sie, um das Zerstäuben der Dünen zu hindern, dieselben systematisch bepflanzen und möglichst kultivieren. Dies geschieht dadurch, dass die Dünen nach dem Strande oder nach der gefährdeten Stelle etwas abgeschrägt und in Fünfform mit Sandhafer bepflanzt werden.
Durch chemische Untersuchungen hat sich ergeben, dass älterer Dünensand kalkhaltige Bestandteile verliert und in Folge davon der Sandhafer nicht mehr so gut darauf gedeiht. Während in neuem Dünensande, der vom Strande heraufgetrieben ist, sich in 100 Teilen 0,71 Kalk, 1,60 Eisenoxyd und Thonerde, und 96,41 Kieselsäure gefunden haben, zeigte älterer Dünensand keinen Kalk und nur 96,08 Kieselsäure, dagegen 3,16 Eisenoxyd und Thonerde. Der Kalkgehalt des neuen Dünensandes entsteht wahrscheinlich durch die Zersetzung der Muschelschalen und die Vermehrung des Eisenoxyds bei älterem Dünensande durch die darin wachsenden Pflanzen.
Der Wind treibt jedoch fortwährend neuen Flugsand vom Strande nach den Dünen, so dass die Sandgräser ihre langen Wurzeln weithin ausdehnen und Nahrungsstoffe aufsaugen können. Der Anblick solcher Dünen, mit den nach dem Meere oft steilen Abhängen, dem wild und struppig wachsenden Sandhafer, gewähren einen seltsamen und malerischen Anblick. Die Täler und Schluchten zwischen den einzelnen Hügeln werden in der Richtung des vorherrschenden Windes gebildet und sind in der Nähe des Strandes meist unbewachsen, dagegen nach dem Innern der Inseln von einer oftmals dichten Vegetation bedeckt. Auf einigen Inseln: Juist, Norderney, Baltrum und Langeoog kommen einzelne völlig unbewachsene hohe Dünen vor, welche unter dem Namen „weisse Dünen“ bekannt sind und niemals eine Spur von Pflanzenwuchs zeigen, indem der Wind an diesen Stellen fortwährend zerstäubend einwirkt.
Auf den Düneninseln ist daher der Ackerbau sehr schwierig und meistens nicht lohnend, weil der Treibsand zu vielen Schaden anrichtet; nur Kartoffeln gedeihen vortrefflich. Dagegen wird auf den grösseren westschleswigschen Inseln mit den Bodenverhältnissen des ehemaligen Festlandes dasselbe gebaut, wie auf dem benachbarten Kontinente. Auf den kleinen Halligen, die sehr häufig vom Meere überschwemmt werden, so dass die Wohnhäuser auf künstlichen Hügeln erbaut sind, gedeihen nur Wiesengräser.
Bei den ostfriesischen Inseln lässt sich in Folge der Flutströmungen des Meeres ein Abnehmen der Inseln an der Westseite und ein Ansetzen an der Ostseite wahrnehmen. In Folge davon haben in historischer Zeit häufig die Ortschaften den Platz in der angegebenen Weise ebenfalls wechseln müssen. Ähnlich verhält es sich auf der Insel Sylt, wo der Andrang von der Westseite zerstörend wirkt, so dass das Dorf Hörnum auf der Südspitze der Insel weiter nach Osten verlegt werden musste.
Infolge davon sind auf den gefährdetsten und wichtigsten Inseln Dünenschutzwerke und Strandbefestigungen durch Buhnen angelegt. Letztere bestehen aus Pfählen und Strauchwerk, welches durch übergelegte grosse und schwere Steine geschützt wird. Die Länge derselben vom Fusspunkt der Dünen nach dem Meere beträgt oft 100 Meter, die Breite 3 bis 4 Meter. Das dazu erforderliche Material wird vom Festlande herübergeschafft. Solche allerdings recht kostspieligen Strandbefestigungen haben sich bereits gut bewährt, und ist dadurch der weiteren Zerstörung an der Westseite dieser Inseln Einhalt getan.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Nordsee-Inseln an der deutschen Küste nebst ihren Seebade-Anstalten