Vineta. Mündlich aus Swinemünde und Heringsdorf

Etwa eine Viertelmeile vom Strekelberg, einem Vorgebirge Usedoms, hat vor uralter Zeit eine große reiche Stadt Namens Vineta gelegen, in der hat alles von Gold und Silber und Marmor geglänzt, aber die Leute darin sind gar gottlos gewesen, haben kleine Löcher in den Wänden mit Brot verstopft, und ihre Schweine aus goldenen Trögen freßen lassen, und selbst die waren ihnen noch nicht gut genug. Da beschloss der Herr, die gottlose Stadt untergehen zu lassen, und an einem schönen Sommertage erhob sich plötzlich ein Wetter, die Wellen brachen über die Stadt herein und begruben alles. Nur ein einziger Mann, der fromm war, setzte sich auf sein schnelles Pferd und eilte davon, die Wogen stürzten hinter ihm her, allein er entkam glücklich nach Koserow und da war er gerettet; sein Pferd aber stürzte auch sogleich tot unter ihm zusammen. — So ist Vineta untergegangen, aber alljährlich am heiligen Ostermorgen erhebt es sich aus der Flut, und tanzt und springt freudig über den Wogen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Norddeutsche Sagen, Märchen und Gebräuche