Das verwünschte Schloss. Mündlich aus Wollin.

Vor einem der Thore von Treptow an der Rega liegt dicht an der Landstraße ein alter grauer Stein; das ist der letzte von einem großen Schloße, das hier gestanden und verwünscht worden ist. Darunter haust aber noch seine ehemalige Bewohnerin in verzauberter Gestalt; denn allnächtlich sieht man einen Wagen, mit vier schwarzen Rappen bespannt, über das Stadtthor brausen und mitten auf dem Markte vor dem Rathhause halten; dann steigt eine schwarz gekleidete Dame aus, sieht sich um, steigt wieder ein, und wie sie gekommen, geht's auch wieder zurück. So sah sie auch einmal ein Soldat, der vor dem Rathhause auf der Wacht stand, und als sie den erblickte, trat sie auf ihn zu und fragte ihn, ob er sie erlösen wolle? dann solle er vor's Thor zu dem Stein kommen, da werde eine große graue Schlange hervorkriechen, die werde sich um ihn ringeln und ihn küssen wollen, und wenn er das ruhig ertrage, dann werde sie erlöst sein. Der Soldat wollte erst nicht darauf eingehen, doch sie kam nach einiger Zeit wieder und endlich zum dritten Male und da bat sie so flehentlich, daß er endlich versprach, ihren Wunsch zu erfüllen. Da ging er denn in der Nacht hinaus vor's Thor zum Stein, und es geschah alles, wie die Prinzessin gesagt hatte, und er behielt auch den Muth bis zum letzten Augenblick, wo sich die Schlange nach seinem Kopfe emporreckte und ihre spitze Zunge ihm entgegegenstreckte, um ihn zu küssen; da schauderte es ihn doch gewaltig und er zog den Kopf zurück. Im selben Augenblick hörte er einen gewaltigen Knall, Alles war verschwunden und er hörte nur noch die klagenden Worte: ,,Auf ewig verloren!“

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Norddeutsche Sagen, Märchen und Gebräuche