Das Maitagshorn bei Rönneby. Mündlich aus Swinemünde

In der Nahe von Rönneby lebte ein Gutsbesitzer, dem die Hexen in der Walpurgisnacht seine Felder und Gehöfte dermaßen verwüsteten, dass endlich ein getreuer Knecht beschloss, diesem Unfug ein Ende zu machen. Zu diesem Zweck ritt er in der Mainacht an den Ort, wo sie sich zu versammeln pflegten, und fand sie dort um einen großen Marmorstein, der auf vier goldenen Säulen ruhte, versammelt, und auf dem Steine lag ein wundersam geformtes goldenes Hörn. Die Hexen ließen sich Speis' und Trank schmecken und boten ihm auch davon an, allein er fand dort einen seiner Mitknechtc, der ihn warnte, er solle nichts trinken, denn man wolle ihn vergiften. Darum schlug er das dargebotene Getränk aus, griff schnell nach dem Horn und sprengte im schnellsten Galopp dem Gehöfte seines Herrn zu, der alle Türen und Tore hatte öffnen lassen, um allen Aufenthalt zu vermeiden, und wie gewaltig die Hexen auch hinter ihm herjagten, sie konnten ihn doch nicht mehr einholen. Anderen Tages nun, als er seinem Herrn das Horn gebracht hatte, ließ sich ein fein gekleideter Herr bei diesem melden, und bat ihn, er möge ihm das Horn zurückgeben, wogegen er ihm versprach, seine Besitzungen mit einer sieben Fuß hohen Mauer zu umgeben; im Falle er sich aber weigere, drohte er ihm, dass sein Gehöfte drei Mal abbrennen solle, und das gerade, wenn er sich am reichsten dünke. Darauf ging er fort und gewährte dem Edelmann drei Tage Bedenkzeit; dieser aber gab das Horn nicht zurück. Kaum jedoch hatte er die nächste Ernte unter Dach gebracht, so stand sein Gehöft in Flammen, und so ging es ihm zum zweiten und zum dritten Male, so dass er zuletzt gänzlich verarmte. Der König aber, zu dem das Gerücht davon drang, beschenkte ihn so reich, dass er sich neu anbauen konnte, und nun schickte man das Horn überall umher, um zu erkunden, woher es stamme, ja sogar bis nach Constantinopel ging es, ob es vielleicht den Türken gehöre, aber Niemand konnte herausbringen, wem es gehöre; wo es sich aber jetzt befinde, wusste der Erzähler, der ein Schwede, aber in Swinemünde ansässig war, auch nicht.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Norddeutsche Sagen, Märchen und Gebräuche