Dritte Fortsetzung

Napoleon bereitete einen letzten furchtbaren Schlag gegen Ligny vor. Um acht Uhr ließ er durch seine Garden, von anderen Kerntruppen gefolgt, stürmend das Dorf nehmen, und dadurch, und durch eine gleiche Bewegung weiter rechts die preußische Schlachtlinie durchbrechen. Sofort entfaltete er große Kavalleriemassen. Als Blücher dieses bemerkte, stellte er sich unverzagt an die Spitze eines Ulanenregiments, den Feind wieder zu werfen. Aber das mutige Unternehmen misslang. Der Führer der Ulanen, der bekannte Oberst von Ludwig Adolf von Lützow [1782-1834], wurde gefangen genommen. Und kaum entging der Heldengreis demselben Schicksal. Sein Pferd sank tödlich getroffen mit ihm nieder, und nur der Geistesgegenwart seines wackeren Adjutanten, des Major Grafen August Ludwig von Nostitz [1777-1866], ist es zu danken, dass Blücher nicht in die Gewalt der Franzosen fiel, welche der geworfenen preußischen Kavallerie mit Windeseile nachjagten. Ein Ulanenpferd trug dann den verletzten Feldherrn wieder zu den besorgten Seinen.

Die Schlacht aber war verloren. Thielmanns Korps war freilich noch unverbraucht, allein es hatte nicht zur rechten Zeit in den Gang des Gefechtes eingegriffen. Jetzt musste es sich zurückziehen, wie die beiden andern.


Die einbrechende Nacht machte dem Kampfe ein Ende. Schwere Regengüsse strömten nieder. Die preußische Armee entzog sich dadurch den Blicken der Feinde. Gneisenau, dem nach Blüchers Unfall die ganze Leitung allein oblag, bestimmte jetzt, der Rückzug solle über Tilly nach Wawre gehen. Es war ein kühner Entschluss! Die Verbindung mit Deutschland, möglicherweise selbst mit Bülow, der noch ungeschlagen war, wurde dadurch preisgegeben; aber die Vereinigung mit Wellington festgehalten. Auch Thielmann sollte sich, jedoch über Gemblour, nach Wawre zurückziehen, und Bülow, so wurde ihm vorgeschrieben, gleichfalls dort eintreffen.

Das preußische Heer trat dann geschlagen, jedoch nicht entmutigt, unter dem Schleier der Nacht und dem dunkeln Wetter seinen Rückzug an. Etwas in Unordnung geraten, formierte es sich gleich hinter dem Schlachtfelde von neuem, so dass es bereits am folgenden Tage wieder kampfbereit war.

Während Blücher und Napoleon sich bei Ligny schlugen, wurde gleichzeitig bei Quatrebras gekämpft, wo Marschall Ney um Mittag mit überlegenen Kräften die Engländer anfiel und sie anfangs zurückdrängte, Wellington aber, von seiner Unterredung mit Blücher zurückgekehrt, zog neue Truppen heran und brachte das Gefecht auf diese Weise zum Stehen. Der rechte Flügel der Franzosen wurde dann von den ungestümen Briten geworfen. Dem glücklicheren linken stürmte unerschrocken der Herzog Friedrich Wilhelm von Braunschweig-Oels [1771-1815] entgegen. Aber der in seinem Leben so vielfach schwergeprüfte Fürst hatte auch hier kein Glück; er wurde geworfen und fand dabei selbst seinen Tod. Den Sterbenden entrissen mit Mühe die Freunde den Händen der Feinde. Nun schwankte der Kampf wieder lange hin und her. Endlich aber, gegen Abend, waren die Engländer durch starken Zuzug der Franzosen überlegen. Sie eroberten jetzt allmählich die Stellungen wieder, die sie früher verloren. Ney zog sich zurück. Er hatte Napoleons Befehl, Blücher in die rechte Flanke zu fallen, ebenso wenig erfüllen können, wie Wellington sein Versprechen, den Preußen baldigst Hilfe zu bringen.

Darin lag die größte Bedeutung des Treffens bei Quatrebras.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Nicht Waterloo, sondern Belle Alliance.