Nicht Waterloo, sondern Belle Alliance.

Aus: Die Gartenlaube, Illustriertes Familienblatt. Nr. 1. 1864. – Herausgeber Erst Keil.
Autor: Redaktion: Die Gartenlaube. U. K., Erscheinungsjahr: 1864

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Belle Alliance, Waterloo, 1815, Napoleon, Wellington, Blücher, Ney, Zieten, Gneisenau, Franzosen, Preußen, Befreiungskrieg, Franzosenzeit
„Der Ochs will gesattelt sein!" So lautete jüngst ein Hohn über die Sehnsucht der Deutschen nach einer Kriegsflotte. Woher kam dieser Hohn? Von dem Volke, dessen öffentliche Stimmen seit dem Tode des Dänenkönigs und der deutschen Anfechtung des sogenannten Londoner Protokolls für Deutschland keinen andern Ausdruck mehr hatten, als den der unerhörtesten Beschimpfungen, von den Engländern.

Wir sehen uns vergeblich in Europa nach noch einem Volke um, das im Übermaß der Gehässigkeit gegen die Deutschen dem englischen nahe käme. Nicht die russische, nicht die schwedische und norwegische Presse, von denen wir eine gerechte Würdigung so wenig gewohnt sind, wie von der französischen, vergessen so weit die Ehre der Wahrheit und den nationalen Anstand, wie die englische; ja selbst nicht einmal der dänischen, der wir in diesem Augenblick die äußerste Gereiztheit nachsehen würden, ist es möglich, die Wutausbrüche John Bulls, die lügenselige Rohheit der Organe des freien Albion zu erreichen.

Welch Entsetzliches ist geschehen, was haben wir Grässliches verbrochen, um von einer Nation, welche die oberste Stufe der Kultur und Macht in Europa beansprucht, in solcher Weise behandelt zu werden?

Wir sehen uns vergeblich nach dem schauderhaften Verbrechen um. Nicht in der Gegenwart, und noch weniger in der Vergangenheit finden wir die Ursachen für eine so tief aufgewühlte Empörung gegen uns.

Wir behaupten ganz einfach unser gutes Recht auf die Selbstständigkeit von Schleswig-Holstein, wir verlangen, dass diese Herzogtümer, soweit sie deutsch sind, nach ihrem Recht und ihrem Willen auch zu Deutschland gehören.

Und das ist's, was das große, mächtige Inselreich in eine Aufregung versetzt, als ob wir die Hand frevelhaft nach seinen heiligsten Kleinodien ausgestreckt hätten. Wir wissen's: von der gemeinsten Selbstsucht wird die englische Ehre befleckt; die Furcht, der verachtete Deutsche könne zur See doch noch zu Macht gelangen, „der Ochs könne doch gesattelt werden," — diese Angst vor der Zukunft des eigenen Lebensbaums durch eine aufgehende fremde Blüte, — diese jämmerliche Angst hat die englische Nation so tief sinken lassen, dass sie für Ausbrüche wahrhaft ruchloser Versunkenheil keine Scham mehr hat! Oder ist es etwa« Anderes, wenn eine Stimme der freiheitsstolzesten Nation „sich und der Weit dazu Glück wünscht, dass die Freiheit in Frankreich dem aufgeklärten Despotismus Platz gemacht habe" — weil sie in dem Despoten einen Freund gegen Deutschland gefunden zu haben glaubt? Dies Eine genügt, das Gebühren der Engländer zum gemeinen Verbrechen am Geist der Menschheit zu stempeln.*)

Wir Deutsche haben den Engländern gegenüber uns mir den einen Vorwurf zu machen, dass wir vor lauter Anstauung ihrer Herrlichkeiten uns, unserer Ehre und unseren Interessen ein halbes Jahrhundert lang das größte Unrecht angetan haben. Von hundert Beispielen wollen wir heute nur eines unseren Lesern vorführen: den wahrhaften Anteil, den die deutschen Waffen an der Entscheidungsschlacht von Belle Alliance hatten.

Jeder Deutsche weiß, welche Zustände uns drückten seit jenem großen Siegestage und wie es möglich war, dass wir selbst unseren Ehrenanteil so gering anschlagen konnten, als der englische Undank nach den Tagen der Not ihn anschlug.

So erzähle denn die Geschichte einfach, treu und wahr, welchen Dank England bei Belle Alliance uns schuldig geworden, damit sein Undank das gebührende Brandmal um so sichtbarer trage, und damit endlich der Geschichtsverfälschung ein energisches Ende gemacht werde, welche durch die hochmütigen Rodomontaden der Engländer und ihrer dünkelhaften Presse hinsichtlich des letzten Vernichtungssieges über den gewaltigen Korsen in einem großen Teile der zivilisierten Welt so lange Cours und Geltung behauptet hat. —

Angriff der Royal Scots Greys in der Schlacht bei Waterloo 1815 (Ausschnitt 3)

Angriff der Royal Scots Greys in der Schlacht bei Waterloo 1815 (Ausschnitt 3)

Angriff der Royal Scots Greys in der Schlacht bei Waterloo 1815 (Ausschnitt 2)

Angriff der Royal Scots Greys in der Schlacht bei Waterloo 1815 (Ausschnitt 2)

Artur Wellesley, 1. Duke of Wellington (1769-1852) Britischer General und Politiker

Artur Wellesley, 1. Duke of Wellington (1769-1852) Britischer General und Politiker

Napoleon Bonaparte (1769-1821) französischer Kaiser

Napoleon Bonaparte (1769-1821) französischer Kaiser

Blücher, Gemälde von Gebauer (Hohenzollernmuseum)

Blücher, Gemälde von Gebauer (Hohenzollernmuseum)

Der entscheidende Moment im Siege von Belle Alliance

Der entscheidende Moment im Siege von Belle Alliance

Schlesisches National-Kavallerie-Regiment, Preußen

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Ostpreußisches National-Kavallerie-Regiment, Preußen

Ostpreußisches National-Kavallerie-Regiment, Preußen