Brühl, Heinrich Graf von (1700-1763) deutscher Verwaltungsbeamter und Minister

Als einen seltenen Günstling des Glückes, der leider aber seines Emporkommens weder durch Charakter, noch durch Taten sich würdig zeigte, und fast immer nur schädlich in die Zeitverhältnisse eingriff, nennt die Geschichte den Grafen Heinrich von Brühl, Sohn eines wenig bemittelten Edelmannes, Geheimrats und Oberhofmarschalls in Diensten des Herzogs von Sachsen-Weissenfels, und den 13. August 1700 zu Gongloff-Sömmern, dem Stammsitze seiner Familie, bei Weißensee in Thüringen, geboren. Frühzeitig trat er als Page in die Dienste der zu Leipzig sich aufhaltenden Herzogin Elisabeth von Weißenfels, deren Gunst er sich durch sein einschmeichelndes Benehmen zu erwerben wusste und die auch für seine Ausbildung sorgte. Auch die Gnade Friedrich August's I. erlangte er, wurde unter dessen Pagen aufgenommen, später dessen Leibpage, begleitete denselben auf allen Reisen, ging bald vom Kammerjunker zum Kammerherrn über und erhielt seit 1731 mehre Staatsämter, und zwar, obgleich durchaus nicht darauf vorbereitet, im Steuerfache. Am 1. Februar 1733 starb der König zu Warschau. Brühl, dessen Obhut zufällig die Krone und die Reichskleinodien Polens anvertraut waren, eilte mit diesen Schätzen nach Dresden zu dem künftigen Nachfolger und sicherte ihm den vielfach bestrittenen Thron. Es gelang ihm, die Freundschaft des Grafen Sulkowsky, des Lieblings Friedrich Augusts II. zu erwerben, mit welchem er sich in das Ministerium teilte und durch ihn noch höher in des Königs Gunst stieg. Noch befestigte er sich in seiner Stellung durch seine Heirat mit der Gräfin Kolowrat, deren Mutter Obersthofmeisterin der Königin war, und durch diesen neuen Einfluss gelang es ihm, mittelst schlau angelegter Intriguen die Entlassung Sulkowskys zu bewirken. Auf Verwendung des sächsisch-polnischen Hofes erhob 1737 der Kaiser Karl VI. ihn, seine Brüder, und seine Nachkommen in den Reichsgrafenstand. Gegen Ende 1748 wurde er zum Premierminister ernannt und, im ausschließlichen Besitze des königlichen Vertrauens, wusste er Alle entfernt zu halten, welche sich dem Könige nähern wollten, so dass kein Lakai ohne seine Bewilligung in des Letzteren Dienste trat, und wenn Dieser in die Kirche ging, erst die Wege von Zuschauern gereinigt wurden. So vor jeder Verantwortung sicher, verwendete Brühl ungeheure Summen auf des Königs, noch mehr auf seinen eigenen Hofstaat, zu welchem zweihundert Bedienten und eine teuer bezahlte Ehrenwache gehörten. Tafel und Garderobe waren glänzend, auch legte er eine bedeutende Bibliothek an, die später mit der kurfürstlichen vereinigt wurde. Der Fürst wurde in gänzlicher Unkenntnis über den Zustand des Landes gelassen und begnügte sich, seine häufig getane Frage: „Brühl, habe ich Geld?“ mit der allzeitigen Antwort: „Ja, Sire!“ befriedigt zu wissen. Um aber diese Antwort zu rechtfertigen, wurden durch Brühl die Kassen erschöpft, das Land mit Schulden belastet, ja selbst das Heer vermindert, so dass, als bei dem Ausbruche des siebenjährigen Krieges Friedrich II. 1756 in Sachsen einfiel, das Land nur 17.000 Mann aufstellen konnte. Als diese, aus Mangel an Zufuhr, bei Pirna sich ergeben mussten, flüchtete Brühl mit dem Könige nach Warschau, wo Beide bis zum Hubertsburger Frieden weilten. Man war dabei so vorsichtig gewesen, Gemälde und Porzellan zu retten, aber so unvorsichtig, dafür die Staatsarchive in den Händen des Siegers zu lassen. Inzwischen suchte Brühl auch in Polen sich eine Laufbahn zu gründen; durch den Übertritt von der evangelischen zur katholischen Kirche und durch einen Stammbaum, in welchem er seine Abkunft von einem Grafen Brühl, Woiwoden von Posen, herleitete, gründete er sich das Recht, in Polen Güter zu erwerben und Krongüter zu erhalten. So kaufte er zu den bereits in Sachsen erworbenen Gütern mehre Herrschaften in Polen, wozu nach dem Tode der Königin — seiner erbitterten Gegnerin, weil er, um sich zu erhalten, ihr das Vertrauen ihres Gemals geraubt hatte — noch die Starostei Zips als Geschenk des Königs kam. Die Kaiserin Elisabeth hatte ihm den St. Andreasorden verliehen. Doch kurz nach dem Abschlusse des Hubertsburger Friedens überraschte den kaum nach Dresden zurückgekehrten König am 5. Oktober 1763 der Tod, in welchem ihm der bereits seit längerer Zeit schwer erschöpfte Brühl schon am 28. nachfolgte. Prinz Xaver, sein steter Gegner, ließ, als Administrator von Sachsen, Brühls Güter mit Beschlag belegen und eine Untersuchung anstellen, die jedoch — da Brühl so vorsichtig gewesen war, alle seine Anordnungen durch die Unterschrift des Königs autorisieren zu lassen — damit endigte, dass Brühl's gesammtes Vermögen seinen Nachkommen zufiel; zumal er wirklich seinen hohen Reichtum großenteils durch die Freigebigkeit des Königs erlangt zu haben schien. Anerkannt muss es werden, dass Brühls Prachtliebe und Aufwand ihn jederzeit Künste und Wissenschaften tätig unterstützen ließen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Neuer Plutarch - Band 5
Brühl, Heinrich Graf von (1700-1763) deutscher Verwaltungsbeamter und Minister

Brühl, Heinrich Graf von (1700-1763) deutscher Verwaltungsbeamter und Minister

alle Kapitel sehen