8. Saxo Grammaticus (1187 — 1206.)

Saxo schrieb fast gleichzeitig mit Sweno, denn schon 1167 traf er Vorbereitungen zu seinem Werke, obgleich er es erst um das Jahr 1206 beendete, eine umfänglichere Geschichte Dänemarks, und schöpfte seine Nachrichten über die neueren Begebenheiten aus den Berichten des Erzbischofs Absalon, über die älteren und ältesten aber aus alten, in dem Munde des Volkes erhaltenen Liedern und den Erzählungen der Isländer. Bei ihm kommt der Name der Jumer Landschaft ein Mal, die Stadt Julin mehrmals vor. Da, wo er von dem bekannten Abenteurer Palnatoke (um d. J. 690) spricht, gibt er ihn als aus Jum gebürtig aus: „Toki Jumensi provincia ortus“). In allen andern sehr zahlreichen Steilen, wo er von der Niederlassung der Dänen auf der Oderküste, von den Abenteuern der dänischen Wikinger und der slawischen Seeräuber, den Kriegszügen der Dänen gegen sie u. s. w. spricht, nennt er die Stadt Julin. So schon bei der Ansiedelung der Dänen in jenem Gebiete unter König Harald Germson (zwischen 935 und 966). Weiter bei der Erzählung der Heereszüge der Dänen unter König Erich gegen die Seeräuber in Jomsburg um 1095 (oder zwischen 1095 und 1096). Dann bei der Nachricht über die Vermählung des dänischen Prinzen Magnus, des Sohn’s von Niels, mit Rykica, der Tochter des polnischen Fürsten Boleslaw und über den Kampf der Dänen und Polen mit ihrem gemeinschaftlichen Feind, dem pommerschen Fürsten Wratislaw, etwa 1116 bis 1119. Dieses Zeugnis über die Stadt Julin ist eines der wichtigsten; denn das Ereignis, um das es sich hier handelt, soll — so wollen das die deutschen Erklärer — jene endliche Vernichtung Winetas sein, von der Helmold an der oben angeführten Stelle spricht. Es ist beachtungswert, dass König Niels früher Usedom bekriegte und erst von da gegen Julin sich wandte; daraus kann man auf die Lage der beiden Städte einigermaßen einen Schluss ziehen, insofern nämlich die dänische Flotte, wie es wahrscheinlich,’ auf der Swina herabfuhr. Endlich, als der dänische König Waldemar 1172 in Begleitung des Erzbischofs Absalon mit einem zahlreichen Geschwader auszog, um die Pommern um jeden Preis zu demütigen, erfuhr die Stadt Julin das schrecklichste Schicksal; denn der König, der durch die Mündung der Swina in die Oder eingelaufen war, zerstörte und plünderte sie in seinem Zorne zwei Mal rein aus, und zwar das letzte Mal ohne allen Widerstand der Einwohner, die sich nach der nahen Stadt Kamin geflüchtet hatten. In dem Berichte über diesen Kriegszug berührt Saxo die Stadt Julin öfter namentlich und zwar hinsichtlich ihrer Lage mit größerer Genauigkeit, als irgend anders wo. So heißt es gleich im Anfange: „Rex ... per ostia amnis Zwinae Pomeraniam ingressus Julini oppidi ... confinia populatur. Deinde ad fluvium Julino Caminoque junctum ... regia classe progreditur. Cujus nayigationem crebra sepium obstacula a piscatoribus defixa ...“ Nach einer längern Erzählung von der Erreichung der Stadt und der Fahrt nach Kamin, sowie der Rückkehr nach Julin heißt es: „Rex ... classem, postera adversus Sclavos expeditione promotam, Zvinensibus ostiis inserit, Julinique vacuas defensoribus aedes incendio adortus, rehabitatae urbis novitatem iterata penatium strage consumsit ... Nam Julinenses cum urbis suae recentes ruinas ferendae obsidioni inhabiles cemerent, ...“ Diese Zerstörung der Stadt wurde die Ursache der Übertragung des Bisthums nach Kamin (1175), wo es auch 1186 von dem Papste bestätigt wurde. Erwägt man alle diese Zeugnisse Saxo’s zusammen genommen, so geht klar hervor, dass sie sich auf ein und dieselbe Stadt Julin beziehen, die aber keineswegs an der Swina, sondern an der Diwnowa (ad fluvium Julino Caminoque junctum) lag. Ob Saxo selbst diesen Namen in der Tat überall so geschrieben, darüber würde man sich vergeblich herumstreiten; denn von seinem Werke hat sich leider keine Handschrift erhalten und die einzige Quelle seines Textes ist die erste Pariser Ausgabe v. J. 1514.