Schulen

Künstlerpreise. — Die Maler Vitalis, Pollak und Pig. — Giypsabgüsse. — Der äginetische Apoll. — Ein alter Bekannter. — Ein Mädcheninstitut.

Wie der Poesie und Wissenschaft an der Universität von patriotischen Griechen Preise gewidmet sind, so hat auch ein reicher Kunstfreund, Herr Kontostavlos, zweitausend Drachmen für das beste Ölgemälde, das beste plastische und architektonische Modell bestimmt.


Die Regierung lässt es ebenfalls nicht an Stipendien und Auszeichnungen fehlen, um die Kunst und die technischen Fächer zu fördern. Das Institut der polytechnischen Schule, unter der Leitung des tüchtigen, kunstliebenden und schaffenden Direktors Kavtanzoglou geht einer schönen Entwickelung entgegen. Wenn bis jetzt auch noch keine Künstler von Ruf aus dieser Schule hervorgegangen sind, so reift doch unter den hundertundfünfzehn Schülern, die sie im Jahre 1856 zählte, manches schöne Talent heran.

Dem Institute ist das Haus, wo die Regentschaft ihren Sitz hatte, geweiht. Einen Stock hoch, macht es in seinem etwas vernachlässigten Äußern keinen besondern Eindruck, namentlich wenn man früher die Universität und die Sternwarte gesehen hat. Das Gebäude enthält die Lehrsäle für die verschiedenen Fächer der Kunst und der Technik und die teils vollendeten, teils im Werden begriffenen Arbeiten.

Die Richtung, die den jungen Künstlern gegeben wird, ist, wie billig, eine nationale.

Als bedeutend fielen mir die Arbeiten zweier Brüder Vitalis auf. Eine von ihnen stellte einen Arnauten dar, der, hinter einem Felsblocke stehend und in die weite Landschaft hinausspähend, die Augen vor der Sonne mit der Rechten schützt und mit der Linken nach der neben ihm stehenden Flinte greift. Der Feind wird der Kugel nicht entgehen, so scharf und ruhig ist der Blick, so zornig das Kinn emporgeworfen und so sicher der Griff nach der Flinte. Friedlicher ist das Bild des andern Bruders: in einer griechischen Landschaft ein Flöte spielender Hirtenknabe. Ich wurde an den berühmten Hirtenknaben meines Vetters und Landsmanns Leopold Pollak gemalmt, den er während meines Aufenthaltes in Rom vor Jahren vollendet hat und der durch Kupferstich und Lithographie ein schönes Eigentum aller Welt geworden ist.

Auffallend ist es, dass kein Künstler einen längern Aufenthalt in Griechenland nimmt; die meisten, und es kommen nicht viele, sind nur flüchtige Gäste. Wenn auch die Geschichte Griechenlands, selbst die neueste, vielfach dargestellt ist, so gewährt die griechische Landschaft, das sie belebende Genrebild eine reichste Mannigfaltigkeit, die noch gar nicht genug ausgebeutet ist. Keine öffentliche, oder private Galerie Wiens z. B. hat griechisches Leben in Bildern aufzuweisen.

Ich fand nur einen fremden Maler in Athen, der seit einem Jahre daselbst ansässig ist, Herrn Franz Anton Pig aus Gries in Tirol. Von Sr. Heiligkeit dem Papste für ein allegorisches Gemälde „der Triumph der Kirche“ ausgezeichnet, hatte er eben, im Auftrage der kunstliebenden Königin von Griechenland, für eine Kapelle in der Nähe Athens die Geburt, die Auferstehung und die Himmelfahrt vollendet. Mit einem Altarblatte für die Kapuzinerkirche in Syra, die Taufe Christi darstellend, war er eben beschäftigt.

Das Museum der Schule zeigt in Gips die schönsten Statuen und Gruppen aus dem Palazzo burbonieo, ein Geschenk des Königs von Neapel. Das britische Museum, das sehr freigebig war, Abgüsse des Akropolisraubes in fast alle Museen Europas zu senden, verschonte das griechische mit einer den Engländern nicht ehrenvollen, den Griechen aber gewiss schmerzlichen Erinnerung.

Nicht so verschämt war der Besitzer des äginetischen Apolls. Ich grüßte wieder hier sein süßfades Lächeln, seine ich glaube von Pompeo Marchesi restaurierte Steifheit in Gips. Ob diese Statue ein Horus oder ein Apollo sei, darüber entspann sich seiner Zeit in den von mir redigierten „Sonntagsblättern“ ein kunstkritischer Streit zwischen Hammer-Purgstall und Prokesch-Osten.

Wir besuchten noch das Mädcheninstitut des Herrn Apostolos Arsakis, eines in Bukarest ansässig griechischen Arztes. Auch er ist einer von jenen außerhalb des Königreiches lebenden, vaterländisch gesinnten Männern.

Die Gründung dieses Institutes hatte aber noch eine andere Veranlassung. Herr Arsakis sandte seinen einzigen Sohn, zu dessen Ausbildung nach Paris und hatte später Grund, ihm einen scharfen Brief wegen leichtsinniger Lebensweise zu schreiben. Der Jüngling, dessen Ehrgefühl noch stärker als sein Leichtsinn war, erschoss sich, und der Vater widmete zu seinem Andenken das Erbteil, das ihm einst zufallen sollte, 350.000 Drachmen, zur Gründung des Erziehungsinstitutes. Das Gebäude ist palastartig. Eine bedeutende Anzahl von Lehrern unnd Lehrerinnen unterrichtete, zur Zeit meiner Anwesenheit, vierundachtzig Mädchen, die im Hause wohnen und völlig versorgt werden, und vierhundert, die nur am Unterrichte teilnehmen. Die geistvolle Vorsteherin veranlasste, um mich die Lehrmethode kennen zu lehren, kleine Prüfungen in den einzelnen Sälen. Die Kinder waren trefflich unterrichtet. Die blanke Ordnung des Hauses war eine wohltuend heitere.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Nach Jerusalem! Band 1