An Hellas!

Glanzvolles Kolonos!
Ein Fremdling hab ich pilgernd Dich erreicht,
Wo schlummerlos Kephyssos Woge schleicht
Und blaulig grün die Ölbaum-Waldung sproß.

Hier weilten Musen gern,
Und lenkte Aphrodite ihr Gespann;
Hier saß Dein edler Dichter, sang und sann
Bei Nachtigallenliedern nah und fern.


Des Krokos goldner Glanz,
Noch sind dir die Narzissen nicht geraubt;
Wo aber ist der Göttin blondes Haupt
Es zu umwinden mit dem blauen Kranz?

Rossprangend Land!
Dein edelster, dein Weltruhm jagt nicht mehr
Mähnenumflattert, stolz auf dir einher,
Poseidons mutiges Geschenk verschwand!

Der Berge Schönheit nur,
Dir blieb das glorreich aufgerollte Meer,
Und drauf der Schiffe leicht beschwingtes Heer,
Dir blieb des Himmels strahlender Azur!

Dein ist der Mythe Glanz!
Dein der zerbrochnen Tempel Säulenschaft;
Und größer sind sie, noch ruinenhaft,
Als Alles, was auf Erden prunkt als ganz.

Und Deiner Söhne Mut,
Vergaß er, was die Termopylen sind?
O, jede Blume sprießt, gewiegt vom Wind,
Aus dem für Freiheit hier vergossnem Blut.

Es steigt sichtbarer Duft
Aus solchen Blumen in der Sommernacht,
Von bleichen Funken eine weiße Pracht,
An Geister mahnt sie, ruhend in der Gruft.

Neuhellas! als dein Sohn
Sank in des Hades Finsternis,
Die Helden grüßten ihn von Salamis,
Als ebenbürtig die von Marathon.

Und kommen wirst du einst
Glanzvollster Tag, den Hellas schon gesehn,
An dem du, die getrennt und ferne stehn
Zu einem glorreich großen Volk vereinst.

Wie tausend Adler wird
Es dann die Flügel dehnen seiner Macht —
Die in Bysanz versunkne Kronenpracht,
Ich seh ein Haupt mit ihrem Glanz geziert.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Nach Jerusalem! Band 1