Capitel 8 - Die Entdeckung.

Auf dem Quarterdeck hatten sich indessen an dem Nachmittag, sehr zum Aerger der alten Frau von Kaulitz, die heute selbst nicht Herrn von Benkendroff an den Spieltisch fesseln konnte, saemmtliche Passagiere versammelt, den herrlichen warmen und sonnigen Tag sowohl zu geniessen, als auch eine Freudenbotschaft des Capitains zu feiern. Dieser hatte ihnen naemlich nach seiner um 12 Uhr genommenen Observation erklaert, dass sie morgen, wenn der Wind so aushielte, oder eher noch ein wenig besser wuerde, und die Stroemung sie nicht zu weit nach Norden versetze (Schiffscapitaine haben in einem solchen Fall immer eine Masse wenns, sich die noethige Hinterthuere aufzuhalten) moeglicher Weise, aber noch keineswegs ganz bestimmt, Land sehen koennten.

Land -- das Wort, so leise und vorsichtig wie es auch gesprochen, zuckte doch wie ein Lauffeuer durch das ganze Schiff. Land -- Amerika, die Passagiere stroemten in Schaaren herauf aus ihrem dunklen Raum, des Worts Verheissung auch gleich erfuellt erwartend, und schauten nach allen Richtungen hinaus in See, nach Nord und Sued, nach Ost und West, die Kuestenreihe zu erkennen, wie sie sich ihre Phantasie bis dahin wohl gedacht und ausgemalt.


„Wo ist es? -- dort hinten -- ich habe es den ganzen Morgen schon gesehn -- oh Gott bewahre, das ist nur ein schwarzer Schattenstreif auf dem Wasser -- nein dort hinueber liegts, es muss doch nach Westen sein -- aber ich sehe ja Nichts -- ja ich auch nicht --“ rief und schrie es unter den Passagieren durcheinander, und die Matrosen machten sich ein Vergnuegen daraus, die Leute nur wo moeglich noch immer mehr irre zu fuehren. Wenn die Passagiere nun aber auch nach und nach erfuhren, dass das verheissene Land keineswegs schon in Sicht, sondern erst auf morgen angesagt sei, kam doch jetzt auf einmal ein reges, geschaeftiges Leben in die Leute, und die selbst, die sich die ganze Reise hindurch kaum geregt, und oft nur mit Gewalt aus ihren Coyen gebracht waren, dem Zwischendeck unten eine Zeitlang frische Luft zu goennen, krochen hervor aus ihrer Hoehle, wie lichtscheue Dachse, und sonnten sich in dem behaglichen Gefuehl nun bald wieder festen Grund und Boden betreten zu koennen, und dem fatalen ewigen Schwanken und Schaukeln enthoben zu sein.

Am lautesten in ihrer Freude waren ein paar Oldenburger Bauernfamilien, die sich besonders unzufrieden auch unterwegs schon ueber die Schiffskost gezeigt und den Capitain und die Steuerleute fortwaehrend mit Klagen und Beschwerden bestuermt und geaergert hatten. Bald war ihnen das Fleisch zu fett, bald zu mager gewesen, bald das Brod zu hart, bald nicht genug davon, und fortwaehrend hatten sie dabei ihren Contrakt zur Hand, nach dem ihnen gute und nahrhafte Kost zugesagt worden fuer die Dauer der Reise, waehrend sie jetzt das saemmtliche Zwischendeck zu Zeugen aufriefen, ob das, was sie bekaemen, gute und nahrhafte Kost genannt werden koenne. In ihrem Lande fuettere man die Schweine damit, und hier wolle man es Leuten, die ihre schwere Passage bezahlt haetten, als contraktmaessige Kost aufzwingen. Die Leute sahen dabei aermlich und kuemmerlich genug aus, und es war die Frage, ob sie es daheim so gut gehabt, wie sie es wirklich an Bord bekamen; gerade derartige Passagiere sind aber gewoehnlich auf den Schiffen die am schwersten zu befriedigenden, waehrend Andere, die an ein besseres Leben daheim gewoehnt waren, die Dinge gewoehnlich nehmen wie sie sie finden, sich dabei mit Recht denken, dass an Bord eines Schiffes, auf einer langen Reise, nicht eben Alles nach Wunsch gehen koenne, und der Reisende gleich von vornherein auf ein gewisses Maass von Entbehrungen und Unbequemlichkeiten gefasst sein muesse.

Morgen Land -- das Wort verschlang aber in dieser Stunde alle anderen Gedanken, wenn auch das versprochene noch nicht in Sicht war, und viele, viele Meilen Seeraum noch zwischen ihm und dem, mit vollen Segeln dorthin strebenden Schiffe lagen. „Morgen Land“ -- die meisten Passagiere verwechselten dabei, in dem Freudenrausch des neuen Gefuehls, den ersten Anblick, der dann jedenfalls noch sehr fernen Kueste mit dem wirklichen Betreten derselben, und dringende Rufe nach dem Steuermann wurden laut, ihnen, wie ihnen das in Bremen versprochen worden, den unteren Schiffsraum jetzt zu oeffnen, und von dem und jenem verlangte Kisten vorzuholen, nothwendige Kleidungsstuecke und Waesche herauszunehmen aus dem bis jetzt verschlossenen Gepaeck. Vergebens suchten die Steuerleute den Ungeduldigen begreiflich zu machen, dass sie mit dem Land sehen, -- und sie saehen es noch nicht einmal -- nicht auch schon im Hafen waeren, und Schiffe in der That schon in Ruf's Naehe vom Land gewesen, durch ein ploetzlich eintreffendes Wetter aber wieder in See hinausgetrieben waeren, und dort noch haetten Wochenlang umherkreuzen muessen, ehe sie ihr Ziel erreichten.(17) Es blieb Alles vergeblich, die Leute liessen nicht mit Quaelen nach, und theils ihr laestiges Draengen los zu werden, theils auch, weil das Wetter wirklich vortrefflich und eine baldige Landung moeglich war, befahl der Steuermann endlich einigen seiner Leute, die untere „Achterluke“ aufzumachen, und von dem darunter befindlichen Passagiergut herauszuholen, was verlangt wuerde, und was sie eben moeglicher Weise erreichen konnten.

Die erste Kiste gleich, die zu Tag kam, gehoerte den beiden Schwestern, Rechheimers Verwandten, die mit Hedwig eine Coye theilten, und besonders laut schon gejammert hatten, dass sie einige Sachen nothwendig daraus haben muessten, um anstaendig an Land zu erscheinen. Die Kiste wurde also auf ein paar andere hoch in die Luke gehoben, und dort gleich von dem Zimmermann aufgeschlagen.

Die Passagiere draengten indess auf dem von der Luke zurueckgeschobenen Gepaeck umher; wer seine Coye dort hatte, stieg hinein, um von dort die Verhandlung zu ueberschauen, und wer nicht so gluecklich war, suchte auf den aufgestapelten Kisten und Koffern, oder am oberen Lukenrand einen Platz und Ueberblick zu gewinnen, als ob da unten wirkliche Sehens- und Merkwuerdigkeiten gezeigt, und nicht eben nur ein paar Auswandererkisten geoeffnet und durchstoebert werden sollten, die keinesfalls etwas anderes enthielten, als Waesche und Kleider. Auf See wird aber auch selbst das Unbedeutendste zum Ereigniss, wenn es eben das alltaegliche Leben unterbricht und irgend eine Veraenderung bringt, und die Passagiere geben sich dem nicht selten wie Kinder hin, die nur nach einem bunten neuen Spielwerk greifen, um es im naechsten Augenblick wieder bei Seite zu werfen. So war denn auch hier kaum der Deckel von der Kiste gehoben, Rebecca, die eine der Schwestern, ein junges, allerliebstes schwarzaeugiges Maedchen von vielleicht sechzehn oder siebzehn Jahren, hatte eben die oberste Schicht Leinen abgenommen, und ein etwas buntes Kattunkleid herausgehoben, als von den Lippen der naechst Sitzenden ein bewunderndes „Ah!“ laut, und der Scherz von den Uebrigen augenblicklich aufgefasst wurde.

„Ah!“ toente es fast von jeder Lippe, die Anderen, die nicht in Sicht der vorgehenden Dinge kommen konnten, aus Neugierde fast zur Verzweiflung treibend -- „ah wie schoen, ah wie wunderschoen -- ja Fraeulein Rechheimer -- na das wird ein Staat werden, in New-Orleans -- Donnerwetter, die Amerikaner werden wir einmal verblueffen“ -- „Ah!“ toente es dann wieder in lautem Chor, als ein roth und gruenseidenes, hochgelb geflammtes Tuch zum Vorschein kam -- „ah wie wunderschoen!“

„Oh hoere Se auf mit Ihre Dummheite“ sagte die aeltere Schwester Sarah, halb lachend, halb aergerlich, aber der Chor stimmte ein, und waehrend die Maedchen roth wurden und nicht wussten ob sie lachen oder boese werden sollten, mussten sie doch all ihre Herrlichkeiten den Blicken des dankbaren Publikums preisgeben, das mit einem Beifallssturme jedes neue Stueck von Schmuck oder Putz begruesste.

Madame Loewenhaupt liess gleich darauf eine von ihren Kisten oeffnen, erklaerte aber dabei von vornherein, sich dergleichen Verhoehnung fuer ihre eigene Person nicht gefallen zu lassen; das machte jedoch das Uebel wo moeglich noch aerger, denn wenn das leichtsinnige Voelkchen des Zwischendecks erst im Anfang gejubelt hatte, so erhob sich jetzt, als das hochrothe Staatskleid, und zuletzt sogar ein Feder- und Blumenbesteckter Hut der kleinen, keineswegs mehr huebschen Frau zum Vorschein kamen, ein wahrer Beifallssturm und solcher Heidenlaerm, dass der Steuermann wirklich nach vorn geschickt wurde, zu sehen ob vielleicht irgend ein Unglueck vorgefallen waere. Madame Loewenhaupt wollte nun allerdings bei diesem Klage ueber die „nichtswuerdige Behandlung“ wie sie es nannte, fuehren, und als dieser nicht darauf einging, sich in die „Privatverhaeltnisse“ der Passagiere zu mischen, wurde Herr Loewenhaupt selber bei Allem beschworen, was er seiner Frau schuldig sei, diess schaendliche Betragen nicht zu dulden. Herr Loewenhaupt wusste aber auch selber am besten was ihm gut sei; er dachte gar nicht daran Streit mit saemmtlichen Passagieren anzufangen, sondern stand vielmehr seiner Ehehaelfte bei, ihre Sachen rasch aus dem Weg und Gesichtskreis der sie Umlagernden zu bringen -- das Gescheuteste zweifelsohne, was er in diesem Fall zu thun im Stande war.

Die Aufmerksamkeit der Passagiere wurde aber auch selbst hiervon abgelenkt, als ein anderes Schauspiel vor ihnen auftauchte. „Ein Handwerksbursch -- ein armer Handwerksbursch!“ schrie es von Deck aus, und lauter schallender Jubel begruesste hier einen jungen Burschen, einen Schuhmachergesellen, der sich, als Alle ihre Sachen vorholten, zum Spass seinen „Landrock“ herausgesucht, den grossen ausgeschweiften Hut aus der Kiste, den mit schwarzer Waesche ausgestopften Tornister mit ein paar eingebundenen Reservestiefeln auf den Ruecken, und den Knotenstock in die Hand genommen hatte, und nun mit grossen geschaeftigen Handwerksburschenschritten unter dem Zujauchzen der Passagiere und Matrosen, auf dem Starbordgangweg auf und ab paradirte. Der Jubel wurde aber noch groesser, als der Schustergesell das Privilegium, das ihm als Handwerksburschen zustand, benutzend, seinen Hut abnahm und bei den verschiedenen Passagieren des Zwischendecks, die gegen ihn zudraengten, anfing zu fechten, und Steinert zuletzt, der sich geschwind einen alten Ueberrock holte, bis oben hinauf zuknoepfte und dann ein Seitengewehr umhing, das er Gott weiss wo gefunden, den fechtenden Handwerksburschen als Gendarme arretirte und unter dem Hurrahgeschrei der saemmtlichen Mannschaft nach unten transportirte. Dieser arbeitete sich aber doch wieder an Deck, und selbst der alte Capitain Siebelt, der wie schon erwaehnt sein Deck eifersuechtig von Zwischendeckspassagieren frei hielt, sagte kein Wort und schmunzelte sogar, als er die hier gar nicht herpassende Gestalt aus dem innern Lande zuletzt mit abgezogenem Hut bis auf das Quarterdeck hinaufsteigen sah. -- Er dachte auch an zu Hause, an Frau und Kind, wo er, wenn er einmal auf kurze Zeit daheim sass, nie einen armen Handwerksburschen unbeschenkt entlassen hatte; ja er wuerde dem hier mit groesstem Vergnuegen ein Sechsgrotenstueck in den Hut geworfen haben -- und lieber mehr wie weniger, nur der alten Erinnerungen wegen, aber -- die Autoritaet litt das nicht, der durfte er Nichts vergeben, und dem Handwerksburschen war schon Ehre genug geschehn, dass er das Quarterdeck betreten; das haette gefehlt dass er auch noch Geld dazu bekam.

Die Cajuetspassagiere hatten sich aber auch schon ueber das rege geschaeftige Leben, das heute am Deck herrschte, amuesirt, und Clara besonders lachte mit Marie, das ihnen die Thraenen in die Augen traten, als der allerdings wunderlich genug aussehende Handwerksbursch an Deck erschien und seine Runde machte; wie er aber seinen Hut abzog, und zum Quarterdeck fechten kam, bestand sie darauf, dass er nicht umsonst ihre Mildthaetigkeit in Anspruch naehme.

„Wir koennen doch wahrhaftig nicht sagen“ rief die muntere junge Frau lachend, „dass wir von derartigen Leuten ueberlaufen werden, und eine Schande waer's fuer ewige Zeiten, wenn wir den ersten armen reisenden Handwerksburschen, der uns auf offener See anspricht, unbeschenkt entliessen. Du musst mir etwas kleines Geld geben, Joseph.“

Der junge Henkel, der wahrscheinlich auch mit den Vorbereitungen der baldigen Landung beschaeftigt, den ganzen Tag schon in seiner Coye geordnet und umgepackt hatte, und jetzt auf einer der Quarterdecks-Baenke sass und in seinem Taschenbuch rechnete und notirte, hatte sich bis jetzt auch nicht im Mindesten um das bekuemmert was im Zwischendeck vorging, und selbst nicht auf das Lachen und den Jubel um sich her weiter, als mit einem gelegentlichen theilnahmlosen Blick geachtet. Nur die direkt an ihn gerichtete Bitte machte ihn aufschauen, und Clara musste sie wiederholen, ehe er sie nur verstand.

„Kleines Geld, liebes Kind, habe ich nicht mehr“ antwortete er dann, die Achseln zuckend und seine Papiere wieder vornehmend. „Deutsche Grote nutzen uns doch Nichts mehr in Amerika, und ich habe nicht allein die letzten in Brake ausgegeben, sondern auch schon, wie Du recht gut weisst, Deine Waschfrau im Zwischendeck neulich in Amerikanischen Dollarn bezahlen muessen.

„Ja lieber Gott, so geht es uns auch“ rief Marie, die ebenfalls ihr Portemonnaie herausgeholt hatte und es vergebens durchsuchte, „all unser kleines Geld ist ausgegeben und wir sind des Webers Frau, der Frau Brockfeld, noch ausserdem eine kleine Summe schuldig, die ihr der Vater versprochen hat in Amerikanischem Gelde zu bezahlen sobald wir an Land kommen.“

„Armer reisender Handwerksbursch -- seit drei Tagen keinen warmen Loeffel im Leibe gehabt!“ sagte in diesem Augenblick der junge Bursch, indem er sich halb schuechtern, als ob er nicht wisse wie der Scherz aufgenommen werde, den Damen mit vorgehaltenem Hute und tiefem Kratzfuss naeherte -- „moechte gern das Handwerk begruessen, aber habe keinen einzigen Schuster hier vorgefunden.“

„Lieber Joseph“ bat die junge Frau schmeichelnd, „bitte, lass doch nur einen Augenblick Deine alten haesslichen Papiere und sieh Dir den armen Handwerksburschen mit den bestaubten Stiefeln an -- er kommt direkt von der Landstrasse, und -- ah mir faellt etwas ein -- Du hattest neulich kleines Englisches Geld, das Du mir zeigtest -- Du hast das noch, nicht wahr? -- warten Sie einen Augenblick“ wandte sie sich dann rasch zu dem verlegen stehen bleibenden Burschen -- „Sie sollen gleich bekommen -- nicht wahr, Du giebst mir ein paar von den kleinen Stuecken; die gelten auch in Amerika.“

„Aber liebes Kind, ich weiss wirklich nicht wo sie sind, und bin auch in diesem Augenblick gerade mitten im Rechnen drin.“

„Aber der Handwerksbursch“ sagte die muntere, kleine Frau in komischer Verzweiflung -- „thatest Du es nicht damals in Dein Toilettkaestchen?“

„Ich glaube, ja“ sagte Henkel zerstreut, und froh damit abzukommen -- es steht unten auf meinem Bett.“

„Hedwig mag es holen“ rief Clara rasch -- „Du weisst Hedwig, das kleine Lederetui mit dem goldenen Schloss“ -- auf dem oberen Bett in der Coye --

Hedwig, die eben aus dem Zwischendeck heraufgekommen war, zu sehen ob ihre junge Herrin etwas beduerfe, sprang rasch in die Cajuete hinab, und kam gleich darauf mit dem verlangten Kaestchen zurueck.

„Aber es ist verschlossen“ sagte Clara, damit zu dem, wieder ganz in seine Papiere vertieften Manne tretend „hast Du den Schluessel?“

„Du quaelst mich mehr wie mein Geld, Herz,“ sagte dieser halb laechelnd, halb ungeduldig in seine Westentasche greifend, aus der er ihr gleich darauf einen kleinen gelben Schluessel ueberreichte.

„Danke, danke“ rief Clara, es rasch und freudig oeffnend, „und nun, Marie, bekommen wir Geld --“

„Halt -- gieb mir das Kaestchen -- ich will es Dir selber geben“ -- rief da, ploetzlich von seinem Sitze rasch emporspringend dass die Papiere selber unbeachtet zu Boden fielen, Henkel, und eilte auf sie zu.

„Ich habe es schon“ sagte die Frau laechelnd, ohne seine ploetzliche Aufregung zu bemerken -- „hier ist ein Stueck und hier -- heiliger Gott -- da ist ja --“

Sie vermochte nicht mehr zu sagen, denn Henkel hatte in demselben Moment das Kaestchen ergriffen; aber seine Hand zoegerte es fortzunehmen, und sein Auge begegnete in demselben Moment fast bewusstlos dem stieren, fest und entsetzt auf ihm haftenden Blick seines Weibes.

Henkel war todtenbleich geworden, aber er nahm jetzt das Kaestchen fast mechanisch aus Clara's Hand, verschloss es und steckte den Schluessel wieder in die Tasche, waehrend er sich abwandte, die niedergefallenen Papiere aufzulesen.

„Hast Du das Geld, Clara?“ rief Marie lachend, die in dem Augenblick gerade nach dem Rande des Quarterdecks gesprungen war, die Ursache eines neuen Laermes zu erkunden, der von der Zwischendecksluke heraustoente -- „ich glaube dort unten schlagen sie sich.“

„Hier ist es“ sagte Clara, sich gewaltsam sammelnd und ihr das Geldstueck, das sie noch in der Hand hielt, reichend -- „gieb es dem Mann.“

„Gott vergelt's tausendfach“ sagte der Handwerksbursch, der indessen bei den anderen Passagieren, mangelnden kleinen Geldes wegen, ebenfalls mit sehr geringem Erfolg gesammelt hatte, und jetzt ebenfalls ungeduldig nach dem Zwischendeck hinabschaute -- „da unten schmeissen sie sich aber, glaub' ich, und da moecht' ich dabei sein“ -- und seinen Tornister mit einem ploetzlichen Ruck hoeher auf die Schultern bringend, und einer nicht ungeschickten Verbeugung gegen das ganze Quarterdeck, drueckte er sich den grossen ausgeschweiften Hut wieder fest und etwas seitwaerts auf den Kopf, spukte in die Hand, fasste seinen Pruegel fester, und sprang dann rasch die kleine Treppe, die auf Deck hinabfuehrte, nieder. Marie und die Uebrigen traten indessen ebenfalls an den Rand des Quarterdecks, der mit einem duennen eisernen Gelaender eingefasst war, und von wo aus der Capitain schon nach dem Steuermann rief, dem Unfug da unten ein Ende zu machen und die Ruhestoerer auseinander zu bringen. Nur Clara blieb mit dem Gatten allein zurueck, und einige Schritte von ihnen entfernt stand der Mann am Steuerrad.

„Joseph“ sagte die Frau mit leiser, kaum hoerbarer Stimme, waehrend sie zu ihm ging und seinen Arm erfasste -- „Joseph, -- in -- dem -- Kaestchen -- lag -- Heiland des Himmels und der Erde, ich glaube, ich werde oder bin wahnsinnig -- in dem Kaestchen lag meiner Schwester Broche -- der blaue, dreieckige Turquis. -- Wie -- wie um Gottes Willen kam -- kam der Stein --“

„Ich habe ihn gefunden“ sagte Henkel, der jetzt wenigstens aeusserlich seine ganze Fassung wieder gewonnen hatte, mit gezwungener Gleichgueltigkeit -- „am Tage, ehe wir abreisten -- er lag unten im Haus, und ich wollte Nichts davon erwaehnen, die alte Geschichte nicht noch einmal aufzuruehren.“

Er sprach die Worte vollkommen ruhig, nur mit etwas unterdrueckter Stimme, dass der Mann am Steuer sie nicht hoeren sollte, aber sein Gesicht hatte jeder Blutstropfen verlassen, und sein Blick schweifte wild und unstaet umher. Ihm gegenueber stand die Frau -- bleich, kalt und regungslos, wie ein wunderschoenes, aber todtes Marmorbild; nur der Blick, den sie stier und fest auf den Gatten geheftet hielt, lebte; -- aber sie sprach kein Wort -- that keine Frage weiter, und als sie hoerte -- denn sie wandte das Auge nicht dorthin, -- dass die anderen Passagiere wieder zurueckkamen, drehte sie sich langsam ab, und stieg an der hinteren, am Steuerruder abwaerts fuehrenden Treppe in die Cajuete und ihren eigenen stateroom nieder, den sie hinter sich verschloss.

Die Sonne ging unter und der Steward rief zum Souper; aber Clara liess sich entschuldigen. Sie hatte Kopfschmerzen und die Augen thaten ihr weh. Marie wollte sie nach dem Essen besuchen, um zu sehen was ihr fehle, aber die Thuer war noch immer verschlossen, und wurde auch nicht geoeffnet, und erst spaet liess die junge Frau Hedwig noch einmal zu sich rufen.

Hedwig, das arme Kind, hatte jetzt auch eine schwere Zeit, denn des Tischlers Frau war heute ueber Tag wieder so krank geworden, dass sie Georg Donner keinen Augenblick verlassen wollte, und das Schlimmste zu fuerchten schien. Die alten Phantasieen stellten sich dabei wieder ein, der Laerm den Tag ueber mochte sie auch aufgeregt und beunruhigt haben, und das Brennen und Pochen im Kopfe war aerger als je geworden. Hedwig hatte auch schon die ganze vorige Nacht bei ihr aufgesessen, und eben war die Kranke, zum ersten Mal wieder seit acht und vierzig Stunden, in einen kurzen, unruhigen und oft unterbrochenen Schlummer gefallen, als sie zu ihrer jungen Herrin gerufen wurde, und zugleich hoerte dass diese ebenfalls krank sei.

Rasch und aengstlich eilte sie zurueck in die Cajuete, und klopfte an der beiden Gatten enges, aber sehr freundlich eingerichtetes Gemach. Ein leises „Herein“ antwortete, und sie fand Clara schon auf ihrem Lager, das Antlitz fest in ihr Kissen gedrueckt, von dem aus sie der Eintretenden, ohne zu ihr aufzusehn, nur die Hand entgegenstreckte.

„Liebe, liebe Frau Henkel, was fehlt ihnen?“ fluesterte das Maedchen, neben der niederen Coye knieend, und die ihr gebotene Hand mit Kuessen bedeckend -- „sind Sie krank? -- was um Gottes Willen ist vorgefallen?“ --

Aber Clara vermochte kein Wort zu erwiedern -- sie hatte sprechen wollen, aber sie fuehlte dass es in diesem Augenblick ihre Kraefte ueberstieg, und nur schweigend hielt sie eine lange, lange Zeit die Hand des Kindes fest und krampfhaft in der ihren.

„Liebe, liebe Frau Henkel“ wiederholte Hedwig bittend -- was ist Ihnen? -- kann ich Ihnen helfen?“ --

„Ja Hedwig -- ja --“ hauchte die Kranke mit kaum hoerbarer Stimme -- „Du allein -- aber nicht heute mehr -- komm morgen -- morgen frueh --“

„Aber wenn Sie mir indessen ernstlich krank werden?“ bat das junge Maedchen, die nicht begreifen konnte was die raethselhaften Worte bedeuteten -- „Soll ich nicht lieber doch Herrn Donner rufen, den jungen Arzt, den wir im Zwischendeck haben, und der, wie die Anderen sagen, viel mehr versteht als der Doktor in der Cajuete.“

„Ich bin nicht krank“ fluesterte aber die Frau -- „wenigstens nicht so, dass mir ein Doktor Mittel dagegen verordnen koennte -- nur Ruhe brauche ich -- Ruhe -- so bitte, Hedwig -- lass mich jetzt allein.“

„Darf ich nicht bleiben?“

Die Leidende schuettelte, ohne weiter ein Wort zu sagen, den Kopf, und Hedwig, gehorsam dem gegebenen Befehl, stand langsam auf, zoegerte noch einen Augenblick in der Thuer, ob die Kranke nicht den Befehl doch wohl widerrufen koenne, und verliess dann, so geraeuschlos wie sie es betreten, aber mit einer schweren Sorge mehr im Herzen, das Gemach.

„Was fehlt nur Clara, Herr Henkel?“ frug Marie den jungen Mann, der mit verschraenkten Armen und langsamen Schritten oben auf dem Quarterdeck auf und ab ging, und bei ihrer Anrede rasch und wie erschreckt emporschaute; „das muss ganz ploetzlich geschehen sein, denn vorhin war sie ja noch so munter und ausgelassen, wie ich sie fast noch gar nicht gesehen.“

„Heftiger Kopfschmerz, weiter Nichts“ erwiederte ihr Henkel, jetzt vollkommen ruhig -- „sie klagte schon letzte Nacht darueber, und es schien sich ueber Tag vollstaendig gelegt zu haben kehrte aber den Abend ploetzlich und weit staerker wieder. Ruhe allein ist was sie braucht, der Schmerz geht dann von selbst vorueber.“

„Wie Schade dass das gerade heute ist“ klagte das junge froehliche Maedchen; „wissen Sie, dass wir heute Abend Concert haben?“

„Wirklich“ erwiederte Henkel zerstreut -- „und wer musicirt?“

„Der alte Polnische Jude mit dem schmutzigen schwarzen Kaftan; er darf aber nicht auf das Quarterdeck kommen“ setzte sie lachend hinzu -- „er sieht gar so verdaechtig aus, und wird seine Vorstellung unten vor dem grossen Mast geben.“

„Vor dem grossen Mast liegt die Barkasse, mein Fraeulein“ fiel hier Herr von Hopfgarten verbessernd ein, „und wenn er dort spielte, wuerden wir ihn weder sehn noch hoeren koennen.“

„Oder dahinter“ sagte das junge Maedchen, halb lachend halb aergerlich den Kopf schuettelnd -- „Sie wissen recht gut, dass ich Ihre Schiffsausdruecke nicht verstehe, noch weiss ob man vor oder hinter dem grossen Mast sagen muss; aber leid thut mir's dass Clara nicht dabei sein kann.“

„Ist Ihre Frau wirklich krank?“ frug da der kleine Mann rasch und besorgt -- „davon habe ich ja kein Wort gewusst.“

„Nur unbedeutende Kopfschmerzen -- aber was fuer ein Instrument wird denn gespielt?“ frug Henkel, der das Gespraech nach anderer Richtung zu lenken wuenschte, „wohl eine schreckliche Violine und Floete.“

„Diessmal nur eine Holzharmonika“ versicherte Hopfgarten, „der Jude ist ein armer Teufel, der sich ein paar Thaler zu verdienen wuenscht ehe er an Land geht. Er hatte mich schon lange um meine Verwendung bei der Cajuete gebeten, aber sein Sohn war immer nicht bei Stimme, die ganze Reise lang, und dessen Hals wahrscheinlich durch die Seekrankheit zu sehr afficirt worden; jetzt soll er sich jedoch wieder vollstaendig erholt haben, und das erste Concert heut' Abend stattfinden. Die Kosten sind auch schon durch unser Whistkraenzchen gedeckt, und eine kleine Sammlung wird noch nachher stattfinden. Der alte Bursche ist, wie mir gesagt wurde, ein wahrer Virtuos auf dem unscheinbaren Instrumente, das eigentlich nur aus einzelnen Stuecken Holz besteht.“

„Ich freue mich darauf ihn zu hoeren“ sagte Henkel.

„Ja wohl, es giebt endlich einmal wenigstens eine kleine Abwechslung in unsere doch eigentlich schauerlich monotone Existenz“ rief von Hopfgarten -- „Ihre Frau Gemahlin darf aber nicht dabei fehlen; sie allein bringt ja meist Leben und Bewegung in das stehende Wasser unserer Geselligkeit. Wenn es ihr irgend moeglich ist, lass ich sie recht schoen bitten von der Parthie zu sein, und wenn sie auch nur in ihrem Neglige eine halbe Stunde an Deck kommt.“

„Ich werde es sie wissen lassen“ sagte Henkel und drehte sich ab, seinen Spatziergang an Deck fortzusetzen.

Der Polnische Kuenstler hatte indess seine Vorbereitungen getroffen, seinen kleinen Tisch hinter die Pumpen gestellt, dass er mit dem Ruecken gerade gegen die Nagelbank des grossen Mastes zu stehen kam, und waehrend sich die Passagiere dicht um ihn her schaarten, und mit der Mannschaft oben auf der Barkasse, auf der Nagelbank selber, und in den den Platz gerade uebersehenden Wanten hingen, sammelten sich die Cajuetspassagiere wie auf einer Gallerie, auf dem Quarterdeck dem Genuss zu folgen. Henkels junge Frau war aber nicht an Deck erschienen, und Henkel bat sie zu entschuldigen, da die Musik ihr Uebel eher verschlimmern koenne.

Er hatte sie uebrigens noch gar nicht wieder gesprochen; wie aber die Cajuetspassagiere oben versammelt waren, und selbst der Steward und Cajuetsjunge dem Drang nicht widerstehen konnten, die „neue Musik“ zu hoeren, verliess er unbeachtet seine Mitpassagiere, und stieg mit langsamen aber festen Schritten die Treppe hinab in die Cajuete. Einen Moment zwar zoegerte er, als er die Klinke beruehrte die seinen eigenen Raum erschloss, aber es war auch nur ein Moment, und mit fester Hand oeffnete er die Thuer, die er wieder hinter sich in's Schloss drueckte.

Die junge Frau hatte ihr Lager verlassen und sass, das Taschentuch fest gegen die Augen gepresst, den linken Ellbogen auf den kleinen Tisch gestuetzt, regungslos da. Sie musste auch den eintretenden Gatten gehoert haben, denn ihr ganzer Koerper zitterte vor innerer Aufregung, aber sie bewegte sich nicht und blickte nicht empor.

„Clara!“ sagte Henkel mit leiser, doch fester Stimme -- „was hast Du nur? -- was ist Dir? -- ich glaube wahrhaftig, Du hast Dir in toller Einbildungskraft irgend eine fixe Idee, mag sie noch so absurd und wahnsinnig sein, in den Kopf gesetzt.“

Die Frau antwortete nicht, aber das Zittern ihres Koerpers wurde heftiger, und sie presste das Tuch wie krampfhaft an die Augen.

„Clara! -- Dein Mann spricht mit Dir!“ sagte Henkel, jedenfalls entschlossen das einmal Begonnene zu einer Entscheidung zu bringen. Das Wort bannte aber auch den Starrkrampf, der bis dahin wie ein boeser Zauber auf den Gliedern der Ungluecklichen gelegen; so den Arm sinken lassend, der mit dem gehaltenen Tuch ihr Antlitz bis dahin verhuellt hatte, schaute sie zu dem Gatten auf, und richtete sich dabei langsam empor, bis sie ihm gerade gegenueber stand. Sie war todtenbleich, aber keine Thraene netzte ihren Blick, die Augen lagen hohl und trocken in ihren Hoehlen, und nur die Lippen zitterten, als sie wie widerstrebend den Klang der Worte nachhallten:

„Dein Mann!“

„Sei vernuenftig, Clara!“ sagte aber jetzt Henkel mit ruhigerer beguetigender Stimme, denn der Anblick der Frau, die Veraenderung, die nur die wenigen Stunden in ihren Zuegen hervorgebracht, traf ihn wie ein Stich in's Herz -- „quaele Dich vor allen Dingen nicht mit einem albernen Verdacht, der Dir nur das Leben verbittern, und doch Nichts nuetzen koennte. Was hast Du, sprich es frei heraus, dass ich im Stande bin mich zu vertheidigen, aber fasse Dich dann auch und zeige Dich wieder an Deck, denn die Leute fragen nach Dir, wollen wissen, was Dir fehlt, und was Dich so ploetzlich betroffen haben koennte.“

„Und hast Du es ihnen nicht gesagt?“ frug die Frau, waehrend ihr Blick sich in seine innere Seele zu bohren schien, mit tonloser, kaum hoerbarer Stimme.

„Ich? -- was soll ich ihnen sagen -- sei keine Thoerin Clara, und vor allen Dingen vernuenftig. Du bist alt genug zu wissen wie weit Du gehen kannst, -- wie weit nicht --“

„Mit Dir keinen Schritt weiter in diesem Leben“ rief aber die Frau jetzt in wilder ausbrechender Heftigkeit -- „und wenn ich mein Brod vor den Thueren der fremden Stadt erbetteln sollte.“

„Du bist ein Kind Clara“ sagte Henkel mit aergerlichem ungeduldigem Kopfschuetteln, waehrend er die Thuer der innern Cajuete oeffnete, hinaus sah ob Niemand draussen sei und wieder schloss.

„Leugnest Du die That?“ frug die Frau in zorniger Verachtung zum ersten Mal ihm einen Schritt entgegentretend -- „leugnest Du den armen unglueckseligen Menschen der meinem Vater Jahre lang treu und ehrlich gedient, und durch Dich sein ehrloses Grab fand, mit kaltem Blute gemordet zu haben? O barmherziger Gott“ fuhr sie, ihr Antlitz in den Haenden bergend fort -- „mir reisst der Gedanke daran das Herz in blutigen Stuecken entzwei, und ich -- ich bin das Weib eines solchen Verbrechers -- und mich hat er aus meiner gluecklichen Heimath fortgeschleppt -- Verloren -- verloren.“

Ein lindernder Thraenenstrom brach sich in diesem Augenblick die Bahn, und in sich zusammengeknickt sank die Frau auf den Stuhl zurueck und schluchzte laut.

Henkel blieb volle Minuten lang mit unterschlagenen Armen und finster zusammengezogenen Brauen vor ihr stehn; zwei- oder dreimal oeffnete er auch den Mund, aber kein Laut kam ueber seine Lippen, bis draussen in der Cajuete, durch die sie nur durch eine duenne Bretterwand geschieden waren, Stimmen laut wurden. Es war Frau von Kaulitz mit Herrn von Benkendroff und dem armen Hopfgarten als Nachtrab, da sich die Dame unter keiner Bedingung laenger ihr Whist wollte entziehen lassen.

Henkel richtete sich gewaltsam auf, strich sich die Haare aus der Stirn und sagte mit unterdrueckter, aber fester entschlossener Stimme:

„Du wirst wissen Clara, wie Du Dich hier an Bord zu benehmen hast -- ich lasse Dich jetzt allein und hoffe Dich morgen frueh wieder vernuenftig zu finden.“

Eine abwehrende Bewegung der ausgestreckten Hand war Alles was die Frau darauf erwiederte, die sonst regungslos in ihrer Stellung blieb, und Henkel verliess rasch den kleinen Raum und betrat die innere Cajuete, zugleich den Gesellschafts- und Speisesaal, wo Herr von Benkendroff eben den Spieltisch in Ordnung brachte, und Herr von Hopfgarten indessen als Opfer auf dem schon bereit gerueckten Stuhle sass, und mit vor sich auf dem Tisch gefalteten Haenden die Daumen umeinander jagte.

„Hallo Herr Henkel“ rief er aber diesem sich rasch nach ihm umdrehend entgegen, als er ihn aus seiner Cajuete treten sah, „nun wie geht's meiner verehrten Dame, Ihrer lieben Frau, noch nicht wieder munter?“

„Es geht besser“ erwiederte Henkel ihm zunickend, mit vielleicht absichtlich lauter Stimme -- „ich bin fest ueberzeugt dass sie morgen wieder wohl genug sein wird, am Fruehstueckstisch zu erscheinen.“

„Nun das freut mich herzlich“ sagte der kleine gutmuethige Hopfgarten -- „aber, apropos lieber Henkel“ setzte er rasch und lauter hinzu, duerfte ich Sie vielleicht bitten hier ein kleines halbes Stuendchen meine Stelle einzunehmen? -- ich moechte gern --“

„Es thut mir wirklich leid das heute Abend nicht im Stande zu sein -- ich muss doch dann und wann nach meiner Frau sehn“ erwiederte aber Henkel, die aeussere Cajuetsthuere oeffnend, waehrend Hopfgarten, mit einer gewissen Resignation auf seinem Stuhl, aus dem er sich schon in halber Hoffnung erhoben hatte, zuruecksank, und die jetzt vor ihn hingelegten Karten an zu mischen fing.




17) Ein Auswandererschiff erreichte vor einer Reihe von Jahren eines Abends den Hafen von New-York, aber die Nacht brach ein, es wurde dunkel und die Brise heftiger, so dass der Capitain lieber den Morgen abwarten wollte, einzulaufen. Die Nacht erhob sich ein Nord-Wester, das Schiff wurde wieder in See zurueckgeworfen und brauchte nachher noch drei volle Wochen, ehe es im sicheren Hafen Anker werfen konnte.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Nach Amerika! - Ein Volksbuch - 2. Band