Abschnitt 2. Kopf in der Prinzessin Schooß, Königstochter, Schlug mit dem Schwert den Kopf des Riesen vom Rumpfe, aus dem Halse sprang ein schwarzer Blutstrahl, Eid des Schweigens, Heldentaten, Lohn und Ehre, Dank des Königs, Riesenhöhle, Goldschmiede.

Muschetier Grenadier und Pumpedier


Als Muschetier das gelesen hatte, trank er den Wein, holte das Schwert von der Wand und öffnete leise die Thür, die in das Gemach des ersten Riesen mit der goldenen Sonne ging. Es war gerade in der Mittagszeit, und der Riese, vom Essen müde geworden, hatte seinen Kopf in der Prinzessin Schooß gelegt und ließ sich von ihr lausen, wie er das immer nach dem Essen zu thun pflegte. Durch das behagliche Krauen war er aber fest eingeschlafen, so daß er tüchtig schnarchte. Wie das Muschetier bemerkte, gab er der Königstochter ein Zeichen, den Kopf des Riesen leise niederzulegen, holte weit aus mit dem Schwerte und – klatsch! – mit einem Hiebe flog der Kopf vom Rumpfe, daß er weithin auf den Boden rollte; aus dem Halse sprang ein schwarzer, dicker Blutstrahl, der Riese zappelte noch ein wenig mit Händen und Füßen, dann war er still und todt. Mit dem wären wir also fertig!


Nun ging Muschetier in das Zimmer des zweiten Riesen mit dem goldenen Monde, der war auch eingeschlafen, hatte seinen Kopf in den Schooß der Königstochter gelegt und ließ sich von ihr lausen. Wie das Muschetier bemerkte, gab er ihr ein Zeichen, den Kopf des Riesen leise niederzulegen, holte weit aus mit dem Schwerte und – klapp! – mit einem Hiebe flog der Kopf vom Rumpfe, daß er weit hin auf den Boden kollerte; aus dem Halse schoß ein schwarzer Blutstrahl, der Riese zappelte noch ein wenig mit Händen und Füßen, dann war er todt.

Nun ging Muschetier in das Zimmer des dritten Riesen mit dem goldenen Stern, der war auch eingeschlafen, hatte seinen dicken Kopf in den Schooß der Prinzessin gelegt und ließ sich von ihr lausen, wie er das immer zu thun pflegte, wenn er was gegessen hatte. Wie das Muschetier bemerkte, so gab er der Königstochter ein Zeichen, den Kopf des Riesen leise niederzulegen, dann holte er weit aus mit seinem Schwerte; weil es nun oben schon stumpf geworden war, so wollte der Kopf erst gar nicht ab; der Riese schrie und spalkerte schrecklich, aber mit dem dritten Hiebe flog der Kopf vom Rumpfe, daß er weithin auf den Boden kollerte; aus dem Halse schoß ein schwarzer Blutstrahl, der Riese zappelte noch ein wenig, dann war er todt.

Da dankten die Königtöchter dem Muschetier vielmal für ihre Erlösung. Der brachte sie an den Ausgang der Höhle, gab den beiden Gefährten das Zeichen zum Aufziehen, und so wurden die Prinzessinnen nacheinander glücklich in die Höhe gezogen. Zuletzt hing sich Muschetier selbst an den Strick; da schnitten aber die treulosen Gesellen das Seil entzwei, weil sie ihre Zaghaftigkeit nicht wollten kund werden lassen, nahmen den drei Königstöchtern den Eid des Schweigens ab, zogen mit ihnen an den Königshof, machten da viel Geschrei von ihren Heldentaten und nahmen Lohn und Ehre und Dank des Königs für sich allein.

Nun hört, wie’s Muschetier erging! Er war traurig in der Riesenhöhle zurückgeblieben, fand keinen Ausweg, wie er auch suchen mochte und meinte schon, das Tageslicht nie wieder zu sehen, als plötzlich das greise Männchen aus dem verwünschten Schlosse vor ihm stand, das aber schnell entfliehen wollte, als es seiner ansichtig wurde. „Halt!“ rief Muschetier, „bist du hereingekommen, so weißt du auch, wie man hier wieder herauskommt; zeige mir gleich einen Ausgang aus dieser Höhle, oder ich prügele dich noch einmal mit deinem eigenen Stocke.“ Da wurde das Männchen ganz demüthig, denn Muschetier hatte den eisernen Stock noch bei sich, den er aus dem verwünschten Schlosse mitgebracht hatte. Das Männchen führte ihn vor einen großen Spiegel und ließ ihn da hinein sehen. Da wurde er zu einer Ameise, nahm die goldene Sonne, den goldenen Mond und den goldenen Stern, welche die Königstöchter vergessen hatten, in seinen Ranzen und kletterte an der Wand hinauf. Als er oben war, bekam er seine vorige Gestalt wieder, schritt rüstig weiter und kam nach acht Tagen aus dem Walde und in die Stadt des Königs. Da sprach er in der Bude eines Goldschmieds vor, den fragte er, ob er keinen Gesellen gebrauchen könne. „O ja!“ sprach der Meister, „wenn du fleißig sein willst und eine goldene Sonne, einen goldenen Mond und einen goldenen Stern zu schmieden verstehst, so kommst du mir schon recht, Gesell! Denn die drei Dinge hat der König gestern bei mir bestellt und sagte, seine Tochter plagten ihn und ließen ihm keine Ruhe den ganzen Tag, weil sie durchaus eine goldene Sonne, einen goldenen Mond und einen goldenen Stern haben wollten. Nun bin ich in Verlegenheit, weil das Ding Eile hat, ich dergleichen aber nie gemacht habe, auch wohl nie zu Stande bringen werde.“ „Seid ohne Sorgen, Meister“, sprach Muschetier; „darauf verstehe ich mich, denn das ist gerade mein Fach“; und verdingte sich also bei dem Goldschmiede. Am andern Tage ging er die Arbeit anzugreifen, in die Werkstätte, schloß aber die Thür hinter sich zu, „denn,“ sprach er, „beim Arbeiten muß ich ungestört sein, das ist so meine Art“. Es währte nicht gar zu lange, so trat er wieder hervor, trug die goldene Sonne, den goldenen Mond und den goldenen Stern in seinen Händen, sie dem Meister zu zeigen, der den Gesellen ob seiner Kunst höchlich loben mußte. „Nun will ich auch selber damit zum Könige, daß ich sehe, ob er noch etwas daran zu ändern habe“, sprach Muschetier, zog sich sauber an und ging auf des Königs Schloß. Als er nun vor den König gelassen wurde, so waren des Königs drei Töchter auch da, denen überreichte er die goldene Sonne, den goldenen Mond und den goldenen Stern, und als sie die drei Dinge und den Mann, der sie brachte, genauer ansahen, erkannten sie ihn, waren voller Freuden und sprachen zu ihrem Vater, dem Könige: „Lieber Vater, wir können nun und nimmermehr verschweigen, daß dies der Mann ist, der uns aus der Gefangenschaft der Riesen erlöst hat; die andern zwei aber haben mit Unrecht Dank und Lohn dafür genom men.“ Da ließ der König Grenadier und Pumpedier vor sich fordern, schalt sie tüchtig aus und befahl, ihnen ihr Geld wieder abzunehmen und sie darnach in den festen Thurm zu werfen. Muschetier aber wurde ein angesehener Herr an des Königs Hofe und hundert Jahre alt. (Das ist aber in alten Zeiten gewesen, wo die Jahre noch kürzer waren als jetzt.)

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Muschetier Grenadier und Pumpedier