Kaffeehäuser.

Wer lange Kaffee trinkt, lebt lange.“

Wahlspruch meiner Großmutter.


Wir befinden uns also in Daums Kaffeehause.

,,Daums Kaffeehaus“ — das ist leicht gesagt; was aber stellt Ihr Euch darunter vor, Ihr meine teuren Freunde und Marqueure in Norddeutschland? — Etwa einen, zwei große und leere Säle, in welchen nichts ist — als etliche Duzend Menschen, die da sitzen kalt, steinern, regungslos hinter Zeitungen verschanzt, ohne einander anzublicken, ohne im Mindesten aus der Haut zu fahren, wenn z. B. ihr Nachbar zur Rechten plötzlich vom Schlage gerührt wird?

O dergleichen müsst Ihr bei Leibe nicht von uns denken.

Ein Wiener Kaffeehaus ist ein freudiger, lustiger, bunter, heidnischer Tempel der Lust, des Plauderns, des Billardspieles, des Kaffees prima Sorte und der Chronique scandaleuse.

Wie sehr wünschte ich’s um Euretwillen, und auch für mich, daß wir jetzt Alle versammelt wären im großen Saale bei Herrn Daum, wo „Milch und Honig fleußt'', wie es irgendwo bei irgend einem Propheten heißt.

Ach, es würden uns da die mürben Kipfel winken und der echte Mokka — und die treue deutsche Sahne aus Grinzing, wie ehrlich und unvermischt mit moderner Wasser-Cultur würde sie uns entgegenlächeln! Und dann die lange Pfeife, die uns der Marqueur mit der einen Hand reichte und mit der andern den brennenden Fidibus —O, wie türkenselig sollte unser Leben dahin fließen! Und jetzt käme er (der Marqueur) gar auf uns zu, verneigte sich, wie nur ein Wiener Marqueur sich verneigen kann, und spräche:

„Ist Euer Gnaden etwa eine Partie gefällig?“ (Das will sagen: Billard.)

O Freund Marqueur mit Deinem Hohenpriester-Barte, laß ab mit solchem Einladen zu einer Partie. Störe nicht unsere Langepfeifen-Seligkeit und den Zauber unseres Mürbenkipfel-Genusses...

Doch halt, da fällt mir bei, daß ja soeben die Mahlzeit vorbei ist, und daß man jetzt schwarzen Kaffee trinkt, natürlich ohne Kipfel.

Meiner Treu, es war mir zu verzeihen. Das Entzücken macht die Menschen bisweilen zu Narren.

In dieser günstigen Stimmung will ich mich nun über einige Journale machen, die in Wien erscheinen und 2.000 Abonnenten — zu haben vorgeben.

Doch nein. Von diesen Pillen nachher, beste Gräfin.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Moderne Wiener Perspektiven