Mode in der Geschichte

Die Modenarrheiten

Ein Spiegelbild der Zeiten und Sitten für das deutsche Volk
Autor: Schultze, Rudolf Dr. (?), Erscheinungsjahr: 1868
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mode, Sitten, Modenwelt, Trachten, Extravaganzen, Ästhetik, Kleidung, Narrheiten, Modistinnen, Kulturgeschichte, Ankleidekunst
Bilder aus: Les Createure de la Mode (1910) von Roger-Miles. L (Leon) 1859-1928
Wer vil nuw fund macht durch die land,
Der gibt viel ärgernyß und schand
Vnd halt den narren by der hand.

Brants Narrenschiff.



Vorwort zur Mode in der Historie

Mag es immerhin eine verlorene Mühe sein, über die Kleidung des Menschen vom Standpunkt der Philosophie oder der Ästhetik aus zu verhandeln, so bietet doch ihre Geschichte Gesichtspunkte dar, die für den prüfenden und vergleichenden Beobachter von höchstem Interesse sind. Die Mode hat trotz ihrer bekannten Leichtfertigkeit, Eitelkeit, Frivolität, Narrenhaftigkeit und Lächerlichkeit doch auch ihre sehr ernsten Seiten; und bei all ihrer scheinbaren Nichtigkeit muss ihr die Bedeutung unbestritten bleiben, dass sie im Stande ist, sowohl die Denk- und Handlungsweise eines einzelnen Individuums zu illustrieren, als auch die geistigen und moralischen Bestrebungen eines ganzen Zeitalters zu charakterisieren.

Wenn wir also in den folgenden Blättern versucht haben, die Narrheiten der Mode einer genauern Betrachtung zu unterwerfen, so bieten wir damit unserm sehr verehrten Leser wiederum, wie wir es unlängst getan, ein Stückchen Sittengeschichte. Wir schreiben hier nicht für Schneider oder Modistinnen, sondern für jeden gebildeten Mann aus dem Volk, und für jede gebildete Frau und Jungfrau, welche neben ihrer Arbeit am häuslichen Herd noch Zeit und Interesse hat, ihre Toilette und ihre Moden auch einmal vom kulturhistorischen Gesichtspunkt aus anzusehen. Verfasser ist freilich kein Modeschriftsteller, sondern nur Schriftsteller über die Mode; allein solcher kann gar nicht anders als Geschichte im Kleinen schreiben, man mag ihn gewissermaßen als den Kammerdiener oder den Garderobier der alten und ehrwürdigen Jungfer Klio betrachten.

Die günstige Aufnahme, welche unsere letzten Schriften beim Publikum gefunden, namentlich jene vielen, ich möchte sagen, gemütlichen und liebenswürdigen Kritiken, die unsere „Geschichte des Weins und der Trinkgelage“ in der periodischen Literatur hervorgerufen hat, geben uns den Mut ein, mit diesem neuen sittengeschichtlichen Schriftchen vor die Öffentlichkeit zu treten, welches ebenfalls populär gehalten, und auch, je nachdem der Stoff es mit sich brachte, humoristisch eingekleidet ist. Wir bitten dabei den Leser wieder um eine milde und nachsichtige Beurteilung; er bedenke vor allem, dass wir kein den Gegenstand erschöpfendes Werk für den Kulturhistoriker von Fach liefern wollen, und dass einer völlig richtigen und ungetrübten Beobachtung der heutigen Modenwelt, in der wir selber befangen leben, erhebliche Schwierigkeiten im Wege stehen, sowie es überhaupt keine Geschichte der Gegenwart, sondern nur der Vergangenheit gibt.

Wie der ganze Geist und Charakter eines Jahrhunderts sich treu in seiner Trachtenwelt wiederspiegelt, werden wir in allgemeinen Zügen darzustellen suchen, speziell aber werden wir uns erlauben, über die narrenhaften und frivolen Extravaganzen der Mode ein freies und ungeniertes Wort zu reden. Sollte dabei irgend ein böser Dämon uns etwas in die Feder diktieren, was unter Umständen geeignet sein könnte, uns die Ungnade irgend einer schönen Leserin zuzuziehen, so bitten wir Diese im Voraus, uns nicht grausam zu sein, sondern uns großmütig Indemnität zu ertheilen. — Schließlich sagen wir allen Herren, welche uns mit Material unterstützt haben, unsern verbindlichsten Dank.

Schwerin, im Juni 1868.

Der Verfasser.

Damenmode Paris 1799-1820

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Mode 1806

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Mode 1852

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Mode 1897

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Mode 1910

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