Die französische Schule

Die Geschichte der französischen Miniaturmalerei beginnt, wie schon oben gezeigt wurde, mit Jean Clouet, dem im Hofdienst sein Sohn François Clouet, genannt Janet, folgte. Er war der Maler der letzten Valois und hat die ganze Gesellschaft porträtiert, die sich um Catharina von Medici, ihren Mann und ihre Söhne gruppiert. Ein Brustbild König Franz I. im Louvre und ein anderes Porträt dieses Königs zu Pferde, das sich in den Uffizien in Florenz befindet, sind die besten Stücke des älteren Clouet, dessen Werke nicht häufig sind, während der Sohn Clouet zahlreiche große Bilder, Miniaturen und Zeichnungen hinterlassen hat, die ihrer energischen Faktur wegen häufig Holbein zugeschrieben worden sind. Von der französischen Miniatur der unmittelbaren Folgezeit, ja fast des ganzen siebzehnten Jahrhunderts, ist so wenig zu sagen, daß die französischen Autoren, welche die Geschichte dieses Zweiges der Kleinkunst geschrieben haben, diesen Zeitraum mit Stillschweigen übergehen und ihre Darstellung am liebsten, wie es z. B. Henri Bouchot tut, erst um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts beginnen. Es wäre in der Tat von gar keinem bedeutenden Künstler in diesem Fache zu berichten, wenn nicht Jean Petitot, ein französischer Schweizer, die Lücke ausfüllte. 1607 in Genf geboren, bildete er sich in Paris und dann in den dreißiger Jahren in London zum Emailleur aus. Er schulte seinen Stil an den Werken van Dycks, den er häufig kopierte, und genoss am Hofe Karl I. große Gunst. Beim Sturze der Monarchie ging er nach Paris, wo er sich bei Hofe der gleichen Bevorzugung zu erfreuen hatte, wie in England. Er hat in seinen Emaillen die Werke der großen Porträtisten seiner Zeit, Mignard, Philippe de Champaigne, Nanteuil u. a. kopiert. Sein Meisterwerk ist ein Miniaturporträt Mazarins, sein berühmtestes eine Goldbüchse im Besitz von Baron Alfred Rothschild, die 14 Emailleporträts der berühmtesten Schönheiten des Hofes von Versailles zeigt. Beim Widerruf des Edikts von Nantes wurde er als Protestant eingekerkert und war glücklich genug, in die Schweiz zu entkommen, wo er hochbetagt 1691 in Vevey gestorben ist. Sein Sohn Jean Louis war ein Schüler von Samuel Cooper und als Emailleur fast ebenso geschätzt, wie sein Vater, den er allerdings nicht erreicht. Die Miniaturemaillen waren am Hofe des Sonnenkönigs überhaupt sehr beliebt, in ihnen hat sich auch der Schwede Friedrich Bruckmann ausgezeichnet, dessen Emailleminiaturen im letzten Jahrzehnt des Jahrhunderts mit 60 Frcs. das Stück bezahlt wurden.

Die großen französischen Porträtisten dieser Epoche, Largilliere (1656—1746), Masse (1687 — 1767) u. a. haben wohl auch in kleinem Format gearbeitet, ohne daß man sie deshalb zu den eigentlichen Miniaturisten rechnen dürfte. Eine Largillière zugeschriebene Miniatur aus der Sammlung Pierpont Morgans stellt Nicolas Boileau dar (S. 53), den berühmten Verfasser des komischen Heldengedichtes le Lutrin (1636 — 1711). Er war eine so offene und ehrliche Natur, daß er einmal Ludwig XIV., der sich über das niedrige Niveau des Repertoires der französischen Theater beschwerte, in Gegenwart der Marquise von Maintenon die Antwort gab, das sei die Schuld der miserablen Stücke von Scarron, die das Publikum so gerne sähe. Scarron aber war der erste Gatte der Marquise, die damals schon lange die heimliche Gemahlin des Sonnenkönigs war, also eine Antwort, die an Offenheit nichts zu wünschen übrig ließ. Auch die Rosalba Carriera, die als Pastellmalerin einmal Weltruf genoss, hat bei ihrem Pariser Besuche Miniaturen gemalt, so porträtierte sie Ludwig XV. als Kind, den großen Finanzmann John Law auf der Höhe seiner Macht und seine kleine Tochter, die damals mit ihren 17 Millionen Mitgift als die reichste Erbin Frankreichs galt. Kurze Zeit darauf und die Millionen des Papas zerstoben in der Luft.


Abb. 51. Boucher, Mythologische Szene
Abb. 52. Baudouin (nach Boucher), Liebesbotschaft
Abb. 53. Cazaubon, nach Nattier, Louise Henriette von Bourbon-Conti, Herzogin von Orléans
Abb. 54. Liotard, Die Leserin
Abb. 55. Hall, Madame de Pompadour
Abb. 56. Hall, Die Gattin des Künstlers Adelaide, geb. Bobin, mit Tochter und Sohn


François Boucher (1703 — 1770), der Hauptmeister der Zeit Ludwig XV., hat für die üppige Lebenslust des Rokoko die künstlerische Formel gefunden, und wie in seinen großen Kompositionen auch in Fresken und Zimmerdekorationen den Zeitgeschmack zum Ausdruck gebracht Seine lüstern koketten Nymphen und Göttinnen (S. 55), schmachtenden Schäferpaare und ähnlich mythologisch maskierte Zweideutigkeiten eroberten sich im Kunstgewerbe einen breiten Raum, daß er sie selbst in Miniatur gemalt habe, wird man billig bezweifeln dürfen und in den Baudouin und anderen Kleinmeistern die ausführende Hand suchen dürfen. Die französischen Miniaturisten dieser Zeit waren in der Routine erstarrt, ein Beispiel für ihre Art bietet das Bild der Herzogin von Orléans von Cazaubon (s. 58). Es stellt Louise Henriette von Bourbon-Conti als Hebe vor und zwar nach einem Gemälde von Nattier. Die Prinzessin, 1726 geboren, vermählte sich 1743 und starb schon 1759. Der Künstler ist ein damals in dem Dienste der Menus-Plaisirs des Hofes vielbeschäftigter Maler, er porträtierte Ludwig XV., Marie Lesczynska, die königlichen Prinzessinnen und erhielt für jede dieser Miniaturen 300 Livres.

Zwei Fremde haben damals dem stockenden Leben der französischen Miniaturkunst frische Impulse mitgeteilt und den hohen Aufschwung dieser Kunstübung veranlasst. Der eine von ihnen war Jean Etienne Liotard (1702 — 1789), ein Genfer Kind, der als Maler und Geschäftsmann seinesgleichen suchte. Er hatte weite Reisen, auch in der Türkei, unternommen und wusste, als er nach Westeuropa zurückkehrte, wie man das Publikum zu nehmen hat. Er ließ sich im Zeitalter des Rokoko, wo selbst die Herren sich puderten und Rot auflegten, einen langen Bart wachsen und wenn er schon durch diese geradezu phänomenale Kühnheit das größte Aufsehen erregte, so unterstützte er die Wunderlichkeit seiner Erscheinung durch orientalische Kleidung und die brüsken Manieren, mit denen er z. B. in Paris der verwöhnten Hofgesellschaft gegenübertrat. In Wien wurde er von Maria Theresia außerordentlich begünstigt und kaiserlich beschenkt. In Paris machte er bei seinem ersten Auftreten 1749 geradezu Furore. Der Herzog von Luynes erzählt in seinen Erinnerungen, wie sehr Ludwig XV. den Künstler schätzte und seine Werke bewunderte. Die Leserin (S.59) ist ein Beispiel für die anmutige, ganz zwanglose Art, in der Liotard es verstand, seinen Bildnissen einen genreartigen Charakter zu geben. Die reizende Leserin ist Mlle. Lavergne, eine Nichte des Malers, die er 1752 porträtierte. Das berühmteste und bekannteste Werk dieser Art ist die „la belle chocolatière“ genannte Kammerzofe in der Dresdner Galerie.

Der zweite Ausländer, den die Franzosen als den eigentlichen Erneuerer ihrer Miniaturmalerei betrachten, ist ein Schwede, Peter Adolph Hall (1736—1793). Er hatte nach dem Willen seines Vaters in Upsala und Göttingen Medizin studiert, als er sich entschloss, den Doktor an den Nagel zu hängen und sich der Kunst zu widmen. Er kam 176G nach Frankreich und wurde schon 1769 Hofmaler. Schön, musikalisch, eleganter Tänzer, fanden seine Person wie seine Malerei gleichen Beifall. Er verheiratete sich 1771 mit Adelaide Bobin, die er mit Tochter und Sohn in einem scharmanten Bildchen (S. 61) porträtiert hat. Er war sehr gesucht und verdiente 20.000 bis 25.000 Fr. im Jahr, die seine verschwenderische Gattin stets auszugeben wusste.

Abb. 57. Unbekannt, Madame
Abb. 58. Hall, Maria Antoinette
Abb. 59. Hall, Junges Mädchen
Abb. 60. Hall, Unbekannte Dame
60. Hall, Die Malerin
Abb. 61. Hall, Die Schwestern Gunning
Abb. 62. Unbekannt, Bildnis
Abb. 63. Hall, Der Kuss
63. Hall, Prinzessin Louise von Preussen


Als die Revolution ausbrach und mit der Emigration das Genussleben der Gesellschaft aufhörte, verließ Hall, ohne seine Familie mitzunehmen, 1791 Frankreich. Er ist krank, verlassen und einsam 1793 in Lüttich gestorben. In seiner Kunst ist der schwedische Meister ganz Franzose, von raffiniert vollendetem Geschmack. Er ist unübertroffen in der Art, wie er dem Inkarnat Wärme und Frische, dem Auge den feuchten Schimmer des Lebens zu geben weiß; die lockere Fülle des Haares mit dem leichten Staub des Puders darüber gelingt ihm ebenso, wie die Wiedergabe der Stoffe, schillernder Seiden, durchscheinender Mouseline, bunter Bänder und künstlicher Blumen. Das Bildchen der Marquise von Pompadour in Brillantenfassung (S. 60), aus der Sammlung Goncourt in den Besitz Pierpont Morgans übergegangen, muss in den ersten Jahren von des Künstlers Aufenthalt in Paris entstanden sein, denn die vielberufene Maitresse Ludwig XV. starb, 42 Jahre alt, am 15. April 1764. Heute, wo man vom achtzehnten Jahrhundert mit Vorliebe als dem „galanten“ Zeitalter spricht, als sei dieses Zeitalter nicht durch ganz andere Züge charakterisiert, als durch die Sittenlosigkeit einer kleinen Oberschicht, ist die Pompadour im schleimigen Stil des Reporterdeutsch als „große Amoureuse“ zu Ehren gekommen. Wer die Zeit kennt, weiß am besten, wie falsch dieses Bild ist. Jeanne Antoinette Poisson, mit Herrn Lenormand d'Etioles verheiratet, war nur von dem Ehrgeiz verzehrt, an den Hof und in die Hofgesellschaft zu gelangen, von Liebe war bei ihr gar nicht die Rede. Als sie dieses Ziel erreicht hatte und 1745 Marquise von Pompadour und Maitresse en titre des üblen königlichen Lüstlings geworden war, begann ihr Martyrium. Sie hatte in den zwei Jahrzehnten, die sie in Versailles weilte, jeden Tag und jede Stunde von neuem um ihre Stellung zu kämpfen. Neider die Menge, Freunde nur aus Eigennutz, war die Zuneigung des Königs ihr einziger Halt. Wäre diese Neigung nicht nach kurzer Zeit durch ein fatales Leiden der Dame der Gleichgültigkeit des Monarchen gewichen, wer weiß, ob sie sich so lange hätte behaupten können? So duldete sie der König, weil er an sie gewöhnt war, und sie hatte sich Tag für Tag den Kopf darüber zu zerbrechen, wie sie den Mann zerstreuen sollte, den nichts unterhielt, als nur der gröbste Sinnengenuss. Das Bild der Pompadour fällt in die Anfänge des Malers, das der Königin Marie Antoinette in die Blütezeit des Künstlers (S. 62). Die Königin besaß durch ihre Mutter, die letzte Habsburgerin, die unschönen Züge dieser Familie: Eine große Nase, wulstige Lippen und ein plumpes Kinn, ein Hofmaler aber kennt von Berufs wegen keine hässlichen Prinzessinnen, und so ist die Monarchin, die von allen vielleicht nur Joseph Boze aufrichtig zu malen wagte, unter dem Pinsel Halls zur anmutigen Schönheit geworden. Marie Antoinette konnte sich gar nicht oft genug malen lassen, denn die Kaiserin Maria Theresia plagte sie beständig um neue Bilder und schrieb kaum einen Brief, ohne nicht um solche zu bitten. Allerdings verfehlte sie nicht, ihre Tochter abzukanzeln, wenn der allzu modische Putz derselben ihr missfiel, dann verlangt sie ausdrücklich Bilder in königlichem Putz, keine Porträts in Negligé oder in Männerkleidern! Die Kaiserin, in der Zeit aufgewachsen, als Schnürleib und Reifrock herrschten, beurteilte den Umschwung der Mode zu der zwangloseren Kleidung, wie sie z. B. die von Hall gemalten Unbekannten (S. 61) tragen, mit großer Strenge und hat den Sieg der neuen Mode ja auch nicht mehr zu erleben brauchen. Die Miniatur der Schwestern Gunning (S. 65) zeigt diese Mode schon in der idealisierten Form, wie sie so ätherischen Wesen ziemt. Die Identität der schönen Schwestern ist nicht sicher festzustellen, entweder sind es Elisabeth und Maria, von denen die erste Herzogin von Hamilton, später Herzogin von Argyll wurde, die andere den Grafen von Coventry heiratete, oder es sind die Töchter von Sir Robert Gunning, Bart., der englischer Gesandter in Berlin und dann in Petersburg war. Charlotte Margarete Gunning heiratete 1790 den Oberst Stephen Digby und starb 1794, Barbara Evelyn Isabella vermählte sich 1795 mit Alexander Ross of Rossie. In dem mit Beiwerk überladenen Kleinporträt einer Malerin, deren Namen nicht festzustellen ist (Tafel 5), erscheint schon die Harfe, die damals im Salon auftauchte, um ein ganzes Menschenalter hindurch das Lieblingsinstrument der eleganten Welt zu bleiben. In dem kleinen Genrebildchen: Der Kuss (S. 66) zeigt Hall, daß er auch pikante Themen beherrscht. Fast zu seinen letzten Werken gehört das Bildnis der Prinzessin Louise von Preußen (Tafel G), die Hall 1791 in Aachen malte. Es handelt sich um die Tochter des Prinzen Ferdinand, eines Bruders Friedrich des Großen, die 1770 geboren, 1796 den Fürsten Anton Radziwill heiratete. Sie war klug und begabt, aber nicht schön, zu stark und hochschultrig.

Sie hat außerordentlich fesselnde Memoiren hinterlassen, in denen viel Interessantes über den preußischen Hof und den Prinzen Louis Ferdinand, den Lieblingsbruder der Prinzessin, zu finden ist.

Abb. 64. Degault, Schäferpaar
Abb. 65. Heinsius, Bacchantin, die Statue des Pan bekränzend
65. Chasselat, Junge Frau mit Hund
66. Unbekannt, Bildnis
Abb. 67. Fragonard Schauspieler Préville
Abb. 68. Lanfransen, Graf und Gräfin v. Segonzac


Sie wurde die Mutter der Prinzessin Elisa Radziwill, die der nachmalige Kaiser Wilhelm I. so innig liebte, ohne sie heiraten zu dürfen, und starb nach langer glücklicher Ehe 1836 in Berlin.

Mit Hall bricht für die französische Miniaturkunst das goldene Zeitalter an. Dadurch, daß die Miniatur ein stark verlangter Luxusartikel der Gesellschaft ist, werden bedeutende Künstler veranlasst, sich ihr ganz zu widmen, ebensogut wie den Historienmalern erschließt sich auch den Miniaturisten die Akademie. Das war nicht nur eine Ehre, sondern eine fast unerlässliche Vorbedingung, wollte ein junger Künstler beim Publikum bekannt werden. Ein Maler, der nicht der Akademie angehörte, hatte keine andere Möglichkeit, seine Werke auszustellen, als bei den sogenannten Ausstellungen der Jugend, die an gewissen Festtagen auf der Place Dauphine unter freiem Himmel stattfanden. Um diesem Übelstande abzuhelfen, gründeten einige Nichtakademiker das, was wir heute eine Sezession nennen würden, die Akademie de St. Luc, die von 1751 — 1776 Gemälde und Miniaturen von Nichtakademikern zur Ausstellung brachte. 1776 erreichte die Eifersucht der Akademie, daß das Konkurrenzinstitut geschlossen wurde. Die Exposition du Colisée, die von den Gemaßregelten als Ersatz geschaffen wurde, erlebte nur eine Saison, dann wären die nicht mit dem amtlichen Stempel versehenen Künstler wieder ohne Ausstellung gewesen, hätte nicht ein gewisser La Blancherie 1779 den Salon de la Correspondance gegründet, in dem jeder Maler ausstellen durfte, der einen Mitgliedsbeitrag von 2 Louisdor entrichtete. In ganz moderner Weise gründete sich dieser Salon von Sezessionisten eine Zeitschrift, in der die ausgestellten Kunstwerke besprochen wurden, die Nouvelles de la République des Lettres. Dieses Unternehmen bestand bis 1787, dann brach es finanziell zusammen. I7ül tat sich in der Rue Cléry ein Salon des Artistes libres auf und 1793 endlich wurde der offizielle Salon allgemein freigegeben und das beschränkende Privileg der Akademie aufgehoben. Zu den Zeitgenossen Halls gehören Jean Baptist Huet (1740—1810), ein Schüler von Leprince, dessen Schäferszene ebenso wie das Schäferpaar Degaults (S. 67) etwas von Rousseaus Ideen atmet. Gault oder Degault de St. Germain (1754 1842) soll der Erfinder der Imitation von Kameen in Miniatur sein. Der Deutsche Johann Ernst Heinsius aus Weimar war in Paris Hofmaler der Töchter Ludwig XV. und malte mit Vorliebe antik-mythologische Szenen (S. 68) im Modegeschmack der Zeit, Pierre Chasselat (1753 — 1814) schuf anmutige Bildnisse mit leicht erotischem Beigeschmack wie das einer jungen Schauspielerin (Tafel 7). Jean Honoré Fragonard (1732 — 1806), ein Schüler Bouchers, vielleicht noch mehr Rokoko als dieser, hat auch seinen Miniaturen jene prickelnde Note frivoler Lebenslust mitgeteilt, die all seinen Produktionen anhaftet. Das Bildchen des Schauspielers Préville (S. 69) stellt einen der beliebtesten Komiker der, damaligen französischen Bühne dar. Pierre Louis Dubus, genannt Preville, debütierte 1753, 22 Jahre alt, an der Comédie française und wurde alsbald Liebling des Publikums und der Dichter. Er zog sich 1786 von der Bühne zurück, kehrte aber, als das Theater 1791 in finanzielle Bedrängnis geriet, auf Wunsch der Sozietäre für kurze Zeit auf die Bretter zurück. 1795 verlor er, während er spielte, ganz plötzlich den Verstand und starb in geistiger Umnachtung 1799. Nicolaus Lanfransen (1737 bis 1807) ist wie Hall ein in Paris heimisch gewordener Schwede. Graf Segonzac, den er im Duo mit seiner Gattin darstellt (S. 70), ist Marc Antoine de Bardon Graf Segonzac. 17-16 geboren und bei Ausbruch der Revolution emigriert. Er trat in die Condé'sche Armee und wurde 1794 von einem schwerverwundeten Soldaten der Republik, dem er helfen wollte, erschossen. Antoine Vestier (1740—1810) zeichnet sich durch die zartgrauen Töne seiner Palette aus, die immer etwas an Pastellfarben erinnern. 1789 hat er den berühmten Gefangenen der Bastille, Latude gemalt, der seit den Zeiten der Pompadour in diesem Staatsgefängnis schmachtete, wo man ihn einfach vergessen hatte. Das Bild seiner Frau (S. 72), als Kostümbild äußerst charakteristisch, stellt Marie Anne Révérend dar, die er 1764 heiratete. Sie war die Tochter eines Emaillemalers, die Frau eines Miniaturmalers und wurde 1789 durch ihre Tochter Nicole die Schwiegermutter eines anderen berühmten Miniaturmalers François Dumont. François Campana (†1786) war Kabinettmaler Marie Antoinettes und einer von jenen, die die Königin in den von ihrer Mutter verpönten Kostümen als Bäuerin oder Amazone im Reitfrack porträtierten. Sein hübsches Bild einer unbekannten jungen Dame (S. 73) steht der Miniatur nahe, in der ein nichtgenannter Maler die berühmte Schauspielerin Mme. Favart (S. 73) in einer der Glanzrollen ihres Repertoires als Babette gemalt hat. Marie Justine Benoite Duronceray kam 1741 aus Nancy nach Paris und heiratete 1745 Charles Paul Favart, Direktor der Komischen Oper. Sie bezauberte das ganze Publikum durch ihren Liebreiz. Marschall Moritz von Sachsen, der Sohn August des Starken und der Gräfin Aurora von Königsmarck, war so hingerissen, daß er die Künstlerin auf Schritt und Tritt verfolgte und sie durch einen lettre de cachet einsperren ließ, als sie den aufdringlichen Huldigungen des stürmischen Kriegers widerstand. Als er noch immer nicht zu seinem Ziele kam, erklärte er der Sängerin, er werde ihren Mann töten lassen, wenn sie nicht seine Maitresse werde. Da gab sie endlich nach und wurde erst, als der aufgedrungene Liebhaber 1750 starb, von ihm befreit.

Abb. 69. Lagrenée, Die Unschuld in Gefahr
Abb. 70. Vestier, Die Gattin des Künstlers
Abb. 71. Unbekannt, Madame Favart
Abb. 72. Gaiupana, Bildnis
Abb. 73. Perin, Karle spielende Dame
Abb. 74. Lemoine, Die Kinder des Herzogs von Montesquiou
Abb. 75. Mathias, Comtesse de Vaudreuil mit ihrem Kind


Louis Lié-Périn (1753—1817) war der Sohn eines Tuchfabrikanten in Reims und widmete sich in Paris unter Anleitung von Roslin der Malerei Das junge Mädchen mit der Harfe (S. 71) ist ein reizendes kleines Kunstwerk, man sieht, wie wirkungsvoll schöne Arme bei dem Spiel dieses Instruments zur Geltung kommen. 1799 mußte der Künstler die Malerei aufgeben und die väterliche Fabrik übernehmen, deren Leitung er bis zu seinem Tode fortführte. Ganz im Sinne des Emile und der Nouvelle Heloise ist das Porträt der Kinder des Herzogs von Montesquieu (S. 75) von Jacques Antoine Maria Lemoine (1752 bis 1824), einem Schüler von Maurice Quentin de la Tour. Der Herzog von Montesquiou-Fézensac war 1790 Präsident der französischen Nationalversammlung und starb 1832. Die durch Rousseau aufgebrachte Mode der kleinen Kinder kommt in dem Bildchen von Mathias Gräfin Vaudreuil zum Ausdruck (S. 76). Die Dame ist die Gattin von Joseph François de Paula Graf Vaudreuil, der 1740 in San Domingo geboren, in die französische Armee eintrat und sich während des Siebenjährigen Krieges im Stabe von Soubise befand. Er wurde 1814 Gouverneur des Louvre und starb 1817.

Eine Stellung ganz für sich nehmen in dieser Zeit die verschiedenen Mitglieder der Künstlerfamilie Blarenberghe ein. Louis Nicolas der Vater, Henri Désiré der Sohn, Henri Joseph der Enkel, haben sich durch die Feinheit ihres Pinsels ausgezeichnet. Sie haben auf kleinstem Kaum Szenen dargestellt, die mit vielen, man ist versucht zu sagen unzähligen Figuren staffiert sind. Der Jahrmarkt in St. Germain vom Jahre 1763 gilt als ein Wunder ihrer Kunst, nicht minder berühmt ist die Dose, die auf der Kongressausstellung in Wien zu sehen war.

Sie Stellt auf dem Deckel die Hochzeit des Prinzen Charles de Rohan-Rochefort mit Hunderten winzigster Figürchen vor und befindet sich noch im Besitz der fürstlichen Familie Rohan. Das Bild der Bocciaspieler (S. 77) ist im Besitz von Pierpont Morgan.

Luc (Louis) Siccardi aus Avignon (1746 — 1825) kam jung nach Paris und erhielt sich die Gunst, die er bei der Hofgesellschaft Ludwig XVI. errungen hatte, auch durch alle Stürme der Zeit. Er malte Directoire, Kaiserreich und Restauration. Die Enkelin Nattiers (S. 78) ist wahrscheinlich Marie Tocqué, die sich um ihren berühmten Großvater, den Maler Nattier, Verdienste erwarb, indem sie ihrer Mutter bei der Lebensbeschreibung desselben zur Hand ging. Das Kinderbild aus dem Jahre 1796 (S. 79) ist ein kleines Denkmal. Françoise du Piain de Ste. Albine war durch den Tod ihrer beiden Eltern, die als Opfer der Guillotine gefallen waren, Waise geworden und wurde von ihrem Onkel Pierre Boulouvard und seiner Frau Jeanne Rose Allier de Hauteroche an Kindesstatt angenommen. Zum Andenken daran ließen die Adoptiveltern das kleine Mädchen mit ihrem eigenen Sohne Benoit zusammen malen. Dieser Sohn starb, kaum 22 Jahre alt, schon im Jahre 1803. Die Kleine heiratete später den Marquis de Pastour de Costebelle.

Der Miniaturist Dumont, der Schwiegersohn Vestiers, hat ebenfalls die Revolution und das Kaisertum überdauert.

Er hatte den sonderbaren Einfall, sieh dadurch die Gunst der Herzogin von Angoulême und des Hofes zu verschaffen, daß er 1811 ein Bildnis der Königin Marie Antoinette in Empirekostüm mit ganz kurzer Taille malte, so als ob die Unglückliche noch lebe. Die Prinzessin besaß Geschmack genug, den Maler und sein Kunstwerk nicht zu beachten. Die Malerin Vigée-Lebrun (S. 80) ist die Künstlerin, die mit ihrem Ruhm und ihren Porträts damals die ganze Welt erfüllte. Sie hatte in Paris Hof und Gesellschaft gemalt und verließ beim Ausbruch der Revolution Frankreich, in dem es für sie nichts mehr zu tun gab. Sie durchzog Europa von Süden nach Norden und malte so ziemlich alle Fürstinnen und Prinzessinnen, die es zwischen Neapel und St. Petersburg gab. Sie selbst bezifferte ihre Porträts auf mehr als 650. Alle sind anmutig und reizvoll, wie die Malerin selbst es war. Außer in den vielen Bildnissen, die andere von ihr gemalt haben, tritt uns ihr fesselndes Wesen sprechend und anschaulich aus den Erinnerungen entgegen, in denen sie ihr Leben beschrieb. Sie starb, 87 Jahre alt, 1842 in Paris. Die Vigée-Lebrun war eine jener Damen gewesen, die schon vor der Revolution für die Antike geschwärmt hatten, die sich gelegentlich à la grecque kleidete und in ihrem Hause Symposien veranstaltete. Das Bild von Mme. de Saint Just, einer geborenen Godart d'Aucourt (S. 81), zeigt schon den Kontrast der bloß gräzisierenden und der streng antik römischen Mode, wie sie David zur ausschließlichen Geltung brachte. Der Lorbeer auf ihrem Haupt und die Leier in ihrer Hand beweisen, daß diese schöne Frau literarische Ansprüche machte. Es war eine ganze Zeitlang guter Ton, sich als Corinne malen zu lassen. Augustin mußte z. B. Mme. Roberjot so darstellen. Mit diesem Künstler kommen wir zu einem der berühmtesten französischen Miniaturisten und mitten in die Zeit des Umsturzes und der Neubildung der Gesellschaft.

Abb. 76. V. Blarenberghe, Boociaspieler
Abb. 77. Siecardi, Eine Enkelin Nattiers
Abb. 78. Siccardi, Kinderporträt
Abb. 79. Dumont, Mme. Vigée-Lebrun
Abb. 80. Dumont, Mme. de Saint-Just
Abb. 81. Augustin, Der Künstler und seine Familie
Abb. 82. Unbekannt, Männliches Bildnis


Jean Baptiste Jacques Augustin, ein Lothringer, kam 1781 mit 22 Jahren nach Paris und erwarb sich durch seine Kunst als Maler in Miniatur und Emaille schnell einen bedeutenden Ruf. Große Frische und Ursprünglichkeit der Auffassung zeichneten ihn aus. Vor der Revolution soll er im Jahre etwa 30 Miniaturen gemalt und gegen 5 bis 6.000 Fr. verdient haben. Der große Ruhm und mit ihm die großen Einnahmen kamen erst während des Kaiserreiches und blieben ihm, was unter den damaligen Umständen eine große Ausnahme war, auch unter der Restauration treu. Er malte Napoleon und Josephine, Eugen und Hortense Beauharnais, die Schwestern und Schwägerinnen des Kaisers und kurz darauf Ludwig XVIII. und die Herzogin von Angouleme. Sein Ansehen wuchs sogar noch und wenn er vorher 200, 400, 600 Fr, für eine Miniatur erhalten hatte, so bezahlte man ihm dieselben unter der Restauration mit 2000 — 3000 Fr. Er wurde 1832 ein Opfer der ersten Cholera-Epidemie. Seine Frau Pauline du Cruet Avar ursprünglich seine Schülerin und bildete sich unter seiner Leitung zu einer perfekten Miniaturmalerin aus. Zur Erinnerung an seine Vermählung mit ihr am 20. Messidor des achten Jahres der Republik hat er seine ganze Familie (S. 82) gemalt. Man sieht ihn selbst, seine Mutter, seine Frau und die Angehörigen der letzteren Germain du Cruet, Mnie. du Cruet, geborene Cornus de la Fontaine und Mme. Remondat, geborene du Cruet. Diese Manier, viele Köpfe miteinander zu vereinigen, war recht beliebt, auch der Miniaturist Dumont hat sich und die Seinen in dieser Weise porträtiert. Die Prinzessin Lichnowski genannte junge Dame (S. 84) und die Unbekannte am Klavier (Tafel 8) gehören wohl noch dem achtzehnten Jahrhundert an. Mit den anderen Bildnissen stehen wir schon mitten in der neuen Zeit. Mlle. Bianchi (Tafel 10) und Fanny Charrin (Tafel 9) sind frisiert und gekleidet, wie man sich um das Jahr 1800 unter dem Konsulat trug, dekolletiert bis zur Unmöglichkeit, der Rest in den leichtesten Mousseline gehüllt. Die Hintergründe, mit ungewöhnlicher Sorgfalt behandelt, wollen für den Charakter der Dargestellten mit in Betracht gezogen werden. Fanny Charrin, die selbst Miniaturmalerin war, begnügte sich aber nicht mit einer bloßen Anspielung, sondern Inschriften müssen die sinnvollen Beziehungen restlos ausschöpfen. Sie zeigt auf den „Temple de l'amitie“, auf dem Wege dahin liest man: „La Reconnaissance m'y conduit“ und am Gebälk des Tempels: „Fanny en connait tous les issues.“ Das wird man wohl nicht so verstehen dürfen, als habe die poetische Fanny nur die Ausgänge des Freundschaftstempels gekannt. Mlle. Duchesnois (Tafel 11) hat der Künstler als Sophonisbe dargestellt. Sie war einer der glänzendsten Sterne der französischen Bühne und rivalisierte unter dem Kaiserreich mit Mlle. Georges Weymer. Catherine Josephine Rafin, genannt Duchesnois, debütierte am 3. August 1803 als Phädra auf dem Théâtre Français und entzückte durch ihren Ausdruck und ihre Empfindung. Das Publikum teilte sich in zwei große Parteien, Anhänger der Duchesnois und Anhänger der Georges, die sich untereinander mit einer heute nicht mehr recht verständlichen Wut und Erbitterung bekämpften. Die Rivalität der beiden Tragödinnen schuf damals erst die Claque. Mlle. Duchesnois gehörte mit zu der Elite französischer Schauspieler, die in Erfurt vor einem Parterre von Königen spielte. Ihr Stern erblich, als die Romantiker Vigny, Hugo, Dumas die klassische Tragödie für eine Reihe von Jahren ganz von der Bühne verdrängten. Sie starb 1835, nachdem sie vor ihrem Tode noch das erbauliche Schauspiel einer Versöhnung mit der Kirche aufgeführt hatte. Die Herzogin von Danzig (S. 86) ist „Madame Sans Gêne“, die in Sardous wirkungsvollem Stück solange unsere Bühnen beherrschte. Sie war Wäscherin, ihr Mann François Joseph Lefebvre ein elsässischer Müllerssohn. Er erhielt seinen Titel 1807 nach der Einnahme von Danzig und starb 1820, nachdem zwölf Söhne und zwei Töchter vor ihm ins Grab gesunken waren. Wenn die Herzogin durch ihre Sprache und ihre Manieren auch der Hofgesellschaft beständig Anlass zum Lachen gab, so war ihre Ehe doch außerordentlich glücklich und ungetrübt; als sie 76 Jahre alt 1835 starb, hinterließ sie ihren Nichten ein Vermögen von 15 Millionen. Die Gräfin Montalivet (S. 87) ist die Gattin des Grafen Montalivet, der 1809 Minister des Innern wurde und 1823 starb und Mutter eines anderen Ministers gleichen Namens, der sein Portefeuille unmittelbar nach der Julirevolution von 1830 bis 1832 innehatte. Als sie noch Mlle. Lauberie de St. Germain hieß und bei ihren Eltern in Valence wohnte, hatte Napoleon für sie geschwärmt und sie heiraten wollen.

Abb. 83. Augustin, Prinzessin Lichnowski
83. J. Augustin, Junge Frau am Klavier
Abb. 84. Augustin, Unbekannte
Abb. 85. Augustin, Die Herzogin von Danzig („Madame sans Gène“)
85. Augustin, Die Bürgerin Fanny Charrin.
85. Augustin, Mlle Bianchi
85. Augustin, Mille Duchesnois
Abb. 86. Augustin, Die Gräfin Montalivet


Neben Augustin glänzte der nur zehn Jahre jüngere Jean Baptiste Isabey, dessen langes Leben (er starb, 88 Jahre alt, 1855) ein französischer Schriftsteller sehr hübsch die diamantene Hochzeit zwischen einem Künstler und dem Erfolg genannt hat. Seine Karriere, die er in seiner Selbstbiographie vielleicht nicht ganz wahr, aber dafür sehr hübsch geschildert hat, mutet in der Tat an wie ein Märchen. Er begann am Hofe Ludwig XVI. mit Bildern der kleinen Herzöge von Angouleme und Berry und endete, als Napoleon und Eugenie auf dem Throne saßen. Während der Republik war er Zeichenlehrer am Institut der Mme. Campan geworden und kam dadurch in nahe Beziehungen zu Hortense Beauharnais und ihrer Mutter Josephine. Er malte nicht nur den Kaiser und die Kaiserinnen, er hatte alle Hoffeste anzuordnen und ihnen ein künstlerisches Cachet zu geben. Er entwarf die Toiletten, die Marie Louise trug und absolvierte in all diesem Trubel von Zerstreuungen aller Art ein solches Pensum von Arbeit, daß es geradezu unmöglich ist, daß er alle die Werke, die seinen Namen tragen, auch wirklich selbst angefertigt haben sollte. Unter der Restauration bereiste er Europa und malte die ganze vornehme Welt, seine Einnahmen sollen sich in dieser Zeit auf 40.000 bis 50.000 Fr. im Jahr belaufen haben. Er malte in allen Techniken und war auch für die Porzellanmanufaktur in Sevres tätig. Er hat die berühmte, einen Meter im Durchmesser haltende Tischplatte ausgeführt, die in vierzehn Bildnissen den Kaiser und seine Marschälle darstellt. Diese Arbeit, für die Percier den Entwurf geliefert hatte, war 1810 beendet und wurde ihm mit 9.000 Fr. bezahlt. Der ganze Tisch, der auf 35.000 Fr. zu stehen kam, war, als die Bourbons zurückkehrten, in größter Gefahr, als unpatriotisch zerschlagen zu werden und dankt seine Rettung nur einem Zufall. 1903 kam dieses Prunkstück für 40.000 Frs. in den Besitz des Fürsten Ney de la Moskowa. Isabey hat sich, wie das Bild der Unbekannten (S. 88) zeigt, während eines kurzen Aufenthaltes, den er im letzten Jahrzehnt des achtzehnten Jahrhunderts in London nahm, auch im Stil der Plimer und Engleheart versucht, seine eigene Manier aber sehr bald gefunden. Napoleon ist in diesem Bilde (S. 89) noch der General Bonaparte, schlank mit spitzen harten Zügen. Der Cäsarenkopf der Folgezeit ist noch nicht herausgearbeitet. Es war durchaus nicht leicht, den großen Mann zufriedenzustellen, der Palastmarschall Daru schrieb einmal an Isabey, der Kaiser sei sehr wenig zufrieden mit seinen Miniaturbildern, er wünsche durchaus, hübscher zu erscheinen. Das Bild der Kaiserin Josephine (S. 90) vom Jahr 1806 stellt die liebenswürdige Frau noch im Zenith ihres Glanzes vor. Schon aber fielen durch die hetzerischen Stimmen der Angehörigen, die darauf hinwiesen, daß ein Kaiser einen Leibeserben haben müsse, trübe Schatten in ihr Glück. Als sie dann im Dezember 1809 wirklich geschieden wurde, da ertrug sie den Rücktritt in eine sehr bescheidene Stellung äußerst ungern und litt unsäglich unter der Langweile, zu der sie verdammt war. Die immer geschäftige Legende hat um die geschiedene Josephine eine Aureole von Sentimentalität gewebt, mit Unrecht, die Kaiserin litt mehr durch die Einschränkung, die ihr auferlegt war und durch die Entfernung von Paris, als durch die Trennung von Napoleon. Kaum war Ludwig XVIII. in Paris, erzählt die Herzogin von Dino, da bewarb sich sofort die Exkaiserin um eine Audienz bei ihm und suchte in wenig würdevoller Weise Anschluss an den neuen Hof. Aus den ersten Jahren des neuen Jahrhunderts muss auch die Miniatur der jungen Frau am Klavier stammen (S. 91). Die Herzogin von Ragusa (S. 93) ist die Gemahlin des Marschalls Marmont, der den Titel wegen seiner langjährigen Verwaltung von Dalmatien erhalten hatte. Er verschuldete den definitiven Sturz Napoleons dadurch, daß er sich 1814 den Verbündeten unterwarf und dem Kaiser die letzte Rettung abschnitt. Marmont hat dem Herzog von Reichstadt in einem mehrere Wochen währenden Kursus das ganze Leben seines großen Vaters erzählen dürfen und sich dadurch den gerührten Dank dieses unglücklichen Bonaparte -Sprossen erworben. Die letzten Jahre seines Lebens verwandte Marmont zur Abfassung seiner Erinnerungen, die eine wichtige Quelle für die Geschichte der Kaiserzeit geworden sind, er starb 1852, als das Kaiserreich eben neu erstand. Einen ganz besonderen Typus mondainer Eleganz schuf Isabey in den Schleierbildern, wie sie hier durch Mrs. Damer (S. 94) und die Fürstin Bagration (Tafel 12) vertreten werden. Er war der Erfinder dieses Genres und hat in dem Jahrzehnt zwischen 1810 und 1820 Dutzende von Damen der besten Gesellschaft in dieser Aufmachung gemalt. Kaiserinnen und Großfürstinnen, Herzoginnen und Roturieren wollten alle in dieser ijoetisch-romantischen Pose erscheinen, schwärmerisch-sentimental, so als seien sie der Erde eigentlich nur geliehen und würden gleich ihre Flügel ausbreiten, um auf ihren Schleierhüllen in den Äther zu entschweben. „Isabey“, schreibt die Baronin du Montet in ihren Erinnerungen, „hat eine unfehlbare Methode um zu gefallen, er schmeichelt rasend. Eine Frau kann noch so hässlich sein, wenn er sie malt, erscheint sie hübsch und ätherisch wie eine Sylphide.“ Fürstin Bagration ist allerdings ein Beweis dafür, daß dieser Geschmack nur einer Mode angehörte, denn sie war ganz von dieser Welt. Gräfin Catharina Skawronska heiratete den achtzehn Jahre älteren Feldmarschall Fürsten Bagration, sie beglückte aber nicht nur diesen mit ihrer Neigung, sondern war äußerst freigebig mit ihrer Liebe. Gräfin Lulu Thuerheim, Graf de la Garde und andere Teilnehmer an den Festen des Wiener Kongresses berichten, welche Rolle die damals schon Witwe gewordene Fürstin, die gerade 31 Jahre zählte, im Liebesgetriebe der hier versammelten Welt spielte. Sie starb 1857. Man nannte sie ihrer „offenherzigen“ Roben wegen nur den schönen nackten Engel. Vierzig Jahre, nachdem dieses Bild entstanden war, überrascht Baron Hübner die Siebzigerin noch in einer äußerst zärtlichen Situation.

Der bedeutendste Schüler Isabeys, trotzdem er sieben Jahre älter als sein Lehrer, war Jean Guerin (1760 bis 1836). Er ist ein Miniaturmaler von allererstem Range, ausgezeichnet durch energische Charakteristik und eine in diesem Format seltene Kraft der Pinselführung. Er war Maler und Kupferstecher und hat 1789 die Porträts der Abgeordneten der Nationalversammlung in Kupfer gestochen. Als Nationalgardist soll er am 20. Juni 1792, als der Pöbel die Tuilerien stürmte, der Königin Marie Antoinette das Leben gerettet haben. Das Bildnis in griechischen Idealgewändern (S. 95) trägt der Zeitmode Rechnung; die Tänzerin (S. 96) nähert sich der Auffassung, wie sie damals durch die Umrissstiche nach den in Herkulanum und Pompeji entdeckten Fresken als klassisch verbreitet worden war. Die Porträts des General Duhamel (S. 97), der Gräfin Montangon (S. 99), einer Unbekannten (S. 100) zeigen den Künstler im Besitz einer Gabe, die bei Miniaturisten nicht gerade häufig angetroffen wird, der Fähigkeit, treffend zu charakterisieren und Köpfe von stark individuellem Gepräge zu schaffen. Das Meisterwerk Guerins ist das Porträt des General Kleber (Tafel 13), ein Meisterwerk der Miniaturmalerei überhaupt, an Kraft und Leidenschaft auf kleinstem Raum nicht leicht zu übertreffen. Das Original befindet sich im Louvre, der das Bildchen 1849 für nur 500 Fr. erwarb, es gibt aber mehrere Wiederholungen davon. Jean Baptist Kleber, ein Straßburger, wurde durch einen Zufall Zögling des Münchner Kadettenkorps und trat 1772 in österreichische Dienste, die er 1783 verließ, um Bauinspektor in Belfort zu werden. 1792 schloss er sich den Truppen der Republik an. Er avancierte rasch, so daß er schon als General mit Bonaparte nach Ägypten zog. Als er am 11. Juni 1800 in Kairo durch einen fanatischen Muselmann ermordet wurde, war Napoleon einen heimlichen Widersacher los, der ihm sehr gefährlich hätte werden können, war Kleber doch überzeugter Republikaner und entschlossen, die Republik nicht nur gegen äußere, sondern auch gegen innere Feinde zu verteidigen.

Abb. 87. Isabey, Unbekannte Dame
Abb. 88. isabey, Napoleon Bonaparte
Abb. 89. Isabey, Kaiserin –Josephine
Abb. 90. Isabey, Junge Frau am Klavier
90. Isabey, Fürstin Bagration
Abb. 91. Isabey, Die Herzogin von Ragusa
Abb. 92. Isabey, Mrs. Damer
Abb. 93. Guerin, Junge Frau in griechischem Kostüm
Abb. 94. Guérin, Tänzerin
Abb. 95. Guérin, General Duhamel
Abb. 96. Guérin, Gräfin Montangon


Neben diesen großen Meistern ihres Faches betätigte sich eine Anzahl von Künstlern zweiten Ranges. Da ist Charles Chatillon, der von 1795— 1808 im Salon ausstellte und sich besonders in einem Fache auszeichnete, welches Degault erfunden haben soll, der Imitation von Kameen in Malerei. Sein Bildnis Napoleons (S. 101) in großem Kostüm mit dem Lorbeer der Imperatoren gekrönt, gibt dem Kaiser die Züge, die der große Mann zu haben wünschte, in der Wirklichkeit und nach dem Urteil Unparteiischer aber doch wohl nicht besaß. Karoline Pichler, die ihn 1809 in Schönbrunn wiederholt ganz in der Nähe sah, schreibt;

„Die Erscheinung war nicht ansprechend. Seine Züge waren regelmäßig, das Kinn besonders schön, ganz antik aufgebogen, wie an einem Antinouskopf. Aber diese edlen Lineamente verloren durch die breite Fleischmasse des allzu vollen Gesichtes den größten Teil ihres Adels und ihrer Bedeutung.“ Daniel Saint (1778 — 1847), ein Schüler Isabeys, erreichte seinen Meister so vollkommen, daß Isabey sich begnügte, die Arbeiten desselben zu signieren, um sie für seine eigenen auszugeben. Saint soll das Miniaturbild Napoleons gemalt haben, das dieser seiner Braut sandte, in einer Brillantenfassung für 175.000 Fr. Heute ist dies Medaillon im Besitz der Gräfin Therese Fries, die Diamanten aber sind durch Strass ersetzt. Nach den Angaben von Leo Schidlof wäre aber nicht Saint, sondern Duchesne der Maler. Das Bild der Prinzessin Pauline Borghese (S. 102) rechtfertigt den großen Ruf des Künstlers. Es ist die berühmt schöne Schwester Napoleons, die von all seinen Verwandten die bescheidenste Partie machte. In erster Ehe mit dem General Leclerc vermählt, heiratete sie, jung Witwe geworden, 1803 den Prinzen Camillo Borghese, der 1806 den Titel Herzog von Guastalla erhielt. Sie starb in Florenz 1825. Kein Italienreisender passiert Rom, ohne nicht im Kasino der Villa Borghese ihre liegende Marmorstatue von Canova zu bewundern. Ein von den Beauharnais stark protegierter Künstler war Jean Antoine Laurent (1763 — 1832). Das reizvolle Porträt einer Unbekannten aus dem Jahre 1804 (Tafel 14) stellt die junge Frau eines der Adjutanten des General Rapp vor. Laurent blieb auch unter Ludwig XVIII. und Karl X. in Gunst. Als Louis Philipp 1832 dem 69 jährigen Künstler die Ehrenlegion verlieh, starb der Greis aus Freude über diese unerwartete Ehre. Marie Nicolas Ponce-Camus (1778 — 1839) war ein Schüler von David. Das Bild einer jungen Dame aus dem Jahre 1800 (S. 103) zeigt die damalige Frisur, die man au coup de vent nannte. Aus dem Kreise dieser dem Hofe mehr oder weniger nahestehenden Miniaturisten wird auch das Bildnis der Mutter Napoleons (S. 105) hervorgegangen sein, das auf ein Original Gerards zurückgeht. Maria Lätitia Ramolino, geboren 1750, 1767 mit Carlo Bonaparte vermählt, 1785 Witwe, starb erst 1836 in Rom. Aus Mangel und Dürftigkeit heraus sah sie ihre Kinder die ältesten Throne Europas besteigen, ein Schicksal, das ihren Gleichmut nicht erschütterte. „Pourvou que ça doure“, soll sie in ihrem italienisch-französischen charabia skeptisch gesagt haben, wenn ihr wieder von einem neuen Glanz berichtet wurde, der in ihr Haus gefallen war. Sie blieb auch als Madame Mère die sparsame Hausfrau, die den Wert des Geldes schätzen gelernt hatte, und machte für Überflüssiges nur dann Ausgaben, wenn sie Reliquien kaufen konnte, für die sie als bigotte Katholikin eine große Schwäche besaß. Das Bildchen, das hier Napoleon als Knabe (S. 106) bezeichnet ist, kann, wenn es überhaupt einen Angehörigen der Familie Bonaparte darstellt, nur Napoleon III. oder den Herzog von Reichstadt vorstellen. Als Napoleon I. ein Knabe war, wurden die Kinder beiderlei Geschlechts noch frisiert und gekleidet wie die Erwachsenen, ein sachlicher und bequemer Anzug für Kinder kam erst in Gebrauch, als der erste Napoleonide schon ein erwachsener Mann war. François Huet Villiers (1772—1813) hat, wie so viele andere seiner bedeutenderen Zeitgenossen (man braucht nur an David und Gerard zu denken), die berühmte Schönheit von Juliette Récamier (S. 107) gemalt. Sie war die Tochter eines Bankiers Bernard in Lyon, wurde 1777 geboren und heiratete mit 15 Jahren den Bankier Jacques Récamier in Paris. Unter dem Direktorium spielte sie in der französischen Hauptstadt die erste Rolle, Reichardt, der in dieser Zeit Paris besuchte, hat begeisterte Beschreibungen ihrer Person, ihres Hauses und ihrer Zirkel nach Hause gesandt. Napoleon konnte sie nicht ausstehen und unterließ es, ihrem Manne zu helfen, als das Bankgeschäft desselben in Zahlungsschwierigkeiten geriet und liquidieren mußte. So zog sich die schöne und elegante Frau aus der Gesellschaft zurück. „Die schönste Frau ihrer Zeit“ war kalt wie Eis, eine körperliche Missbildung soll ihr die Tugend zur Pflicht gemacht haben, so schmachteten Napoleon, Prinz August von Preußen und viele andere umsonst um Gegenliebe bei ihr. Die Freunde ihrer guten Tage hielten daran fest, daß die Reize der schönen Juliette nicht alterten, aber die Jugend war weniger nachsichtig. „Ich hielt Frau Récamier für ein junges Gänschen“, schreibt Charles de Rémusat 1816 seiner Mutter und Gavarni, der ihr im Salon der Herzogin von Abrantès begegnete, erschien das kleine fette Weibchen wie eine ganz gewöhnliche Landpomeranze. Ja der Tag einer schönen Frau ist kurz, man darf sich nicht selbst überleben, wie die schöne Juliette, die erst 1849 an der Cholera starb.

Pierre Paul Prudhon (1758—1823), der Maler der Grazien, dem es so schlecht ging, weil seine anmutige Kunst so gar nicht mit dem Zeitgeschmack Davidscher Römertugend übereinstimmte, hat seine unglückliche Freundin Constanze Mayer la Martinière (S. 108) gemalt. Prudhon war durch eine unüberlegt in der Jugend eingegangene Ehe an ein halbtolles Weib gefesselt, das schließlich ganz den Verstand verlor, von dem er sich aber nicht scheiden lassen konnte. So versüßte ihm Constanze das Leben in einem frei geschlossenen Bunde. Beide waren glücklich und bei aller Armut zufrieden, bis Verleumdungen und Kränkungen verschiedener Art das arme Mädchen in den Tod trieben. Sie vergiftete sich 1821 und Prudhon welkte ihr nach, um schon zwei Jahre nach ihr zu sterben. Sie war eine talentvolle Künstlerin, wie die Miniature von Mme. Roland (S. 109) beweist. Jeanne Marie Phlipon verheiratete sich 1780 mit Roland de la Piatiere, einem Beamten der alten Monarchie. Begeisterte Republikanerin, beeinflusste sie ihren Mann und zog ihn auf die Seite der neuen Einrichtungen hinüber, er wurde 1792 Minister des Innern. Als die Girondisten, zu denen sie gehörten, im Juni 1793 den Angriffen der Bergpartei unterlagen, wurde sie eingekerkert und bestieg am 9. November die Guillotine, noch nicht 40 Jahre alt. Ihr Mann, dem es gelungen war, zu entfliehen, tötete sich acht Tage später selbst. Die geistvolle und energische Frau hat die Muße ihres Kerkers dazu benutzt, ihre Memoiren zu schreiben, sie sind ein wertvolles Dokument zur Kenntnis einer seltenen Persönlichkeit und einer stürmischen Zeit.

Den französischen Künstlern dürfen wir Alexander Kucharski (1741 — 1819) zurechnen, einen polnischen Maler, der in Warschau geboren, in Paris lernte und lebte. Er malte Marie Antoinette im Temple und in der Conciergerie, ganz kurz vor ihrem Tode und auch ihren unglücklichen zweiten Sohn (S. 110), den die Ironie der Geschichte Ludwig XVII. genannt hat. Das unglückliche Kind, das die barbarischen Misshandlungen seines „Erziehers“, des Schusters Simon mit zehn Jahren dem Tode überlieferten, hat in der Folgezeit ein seltsames Interesse gewonnen, indem eine ganze Reihe falscher Dauphins auftauchten, die alle behaupteten, der kleine heimlich aus dem Temple gerettete Prinz zu sein. Der erste dieser Prätendenten war der Schneider Jean Marie Hervagault, der zweite der Schuster Mathurin Bruneau, der dritte der Spandauer Uhrmacher Karl Wilhelm Naundorf, der vierte ein Abenteurer Louis Hebert, der fünfte ein russischer Major Ludwig Carlowitsch de Ligny-Luxemburg usw. Naundorf spielte seine Rolle am längsten und mit dem größten Glück, trotzdem ihm die Gerichte sofort seine Antezedenzien nachwiesen, er hatte „unter anderem in Brandenburg a. Havel schon mit dem Zuchthaus Bekanntschaft gemacht. Er wurde von der legitimistischen Fronde unter der Julimonarchie als Sturmbock gegen Louis Philipp benutzt und von Personen des reichen Adels unterstützt, die doch wohl selbst nicht an sein Märchen glauben konnten, verstand der angebliche Herzog von der Normandie, als er 1832 in Paris auftauchte, doch nicht einmal ein Wort Französisch und hat seinen deutschen Tonfall, auch nachdem er es gelernt hatte, nicht verloren.

Ob man den großen Spanier Goya, der ohnehin augenleidend war, die Anfertigung von Miniaturen zuschreiben darf, erscheint zweifelhaft, sicher aber ist das Bildchen der Königin Marie Louise von Spanien (S. 111), wenn nicht von ihm, so doch nach einem Original von seiner Hand. Goya hat die Königin mit dem schönen Körper und dem gemeinen Gesicht unendlich oft gemalt; ein Gemälde, das sie in der gleichen Uniform wie hier darstellt, aber zu Pferde, befindet sich in der Galerie des Prado in Madrid. Sie war eine Tochter des Herzogs von Parma, 1751 geboren und 1765 mit dem späteren König Karl IV. von Spanien vermählt. Nachdem sie ihre Liebhaber mit der Leichtigkeit gewechselt hatte, wie andere Menschen ihr Hemd, attachierte sie sich schließlich so an einen schönen Gardisten der Wache, daß sie ihn mit Würden, Ehren und Titeln überhäufte und zum Friedensfürsten erheben ließ. Der Hass, mit dem sie ihren erstgeborenen Sohn, den späteren König Ferdinand VII., verfolgte, hat zu der jämmerlichen Katastrophe des Jahres 1808 geführt, wo Napoleon die gesamte spanische Königsfamilie davonjagte und seinen Bruder Joseph zum König von Spanien machte. Das Trio Karl IV., Marie Louise und Don Manuel Godoy principe de la Paz zog sich nach Rom zurück. Sie waren sich unentbehrlich geworden und kehrten auch nach der Restauration der Bourbonen nicht mehr nach Spanien zurück. Marie Louise starb in Rom 1819, Gabriele von Humboldt schreibt am 15. Januar: „Die Überreste der Königin von Spanien haben Rom eine ganze Woche unterhalten müssen.

Abb. 97. Guérin, Unbekannte Dame
97. Guérin, General Kléber
Abb. 98. Chatillon, Napoleon I.
Abb. 99. Daniel Saint Prinzessin Pauline Borghese
99. Laurent, Bildnis
Abb. 100. Ponce-Camus, Junges Mädchen


Es werden 12.000 Messen für sie gelesen, sie wird per forza spedita nell paradiso.“ Wenn der Himmel sich solche Heilige aufdrängen lässt, muss es lustig darin zugehen!

Die große Epoche der Miniaturkunst geht um die Zeit zu Ende, als die Lithographie sich Bahn bricht. Diese ursprünglich deutsche Erfindung hat in Frankreich zuerst eine künstlerische Ausbildung erfahren und ist von talentierten französischen Künstlern sofort auf die höchste Stufe der Vollendung erhoben worden. Der lithographische Stein ist ein Material, das von Feder, Radiernadel, Tusche mit der gleichen Leichtigkeit bearbeitet werden kann und fast spielend die stärksten Wirkungen hergibt. Die Porträt lithographie drängte die Miniatur mit ihrer mühevollen Technik in den Hintergrund und es sind nur noch einige Nachzügler der großen Zeit, die ihr treu bleiben, und ihre Tradition einem weniger dankbaren Geschlecht vermitteln. Zu den begabtesten von diesen gehört Louis François Aubry (1770—1850), ein Schüler von Isabey, der Maler der Dame mit der Harfe vom Jahre 1817 (S. 112). Man kann es nicht genug bedauern, daß er den Namen seines Modells nicht genannt hat. Das elegante Milieu, die kostbare und gewählte Kleidung mit dem herrlichen Longchale, der allein schon ein Vermögen repräsentiert, lassen nur an eine sehr vornehme Dame denken, das Blondhaar und der eigentümliche Blick lassen fast auf die Herzogin von Berry raten, die 1816 vermählt wurde und zu deren Eigentümlichkeiten das schielende Auge gehörte. Unter Karl X. und Louis Philipp war Madame de Mirbel (Tafel 15) die beliebteste Miniaturmalerin. Aimée Zoé Lizinka Rue war Schülerin von Augustin und empfahl sich bei Hofe, indem sie 1818 ein sprechend ähnliches Porträt von Ludwig XVIII. malte, ohne daß der König ihr eine Sitzung bewilligt hatte. Sie wurde zur Kammermalerin ernannt und heiratete 1823 Charles François Brisseau de Mirbel. Sie starb 1849 im Oktober im Alter von 53 Jahren an der Cholera. Die Miniature der beiden Schwestern Pourtales, die um das Jahr 1830 entstanden sein muss, zeigt zwei Damen einer vornehmen Familie Schweizer Ursprungs, die in Preußen und Frankreich den Grafentitel erhielt (S. 115). In der Diplomatie beider Länder haben ihre Angehörigen eine ebenso große Rolle gespielt, wie in der vornehmen Pariser Gesellschaft, zu deren glänzendsten Salons unter dem zweiten Kaiserreich der der Gräfin Pourtalès gehörte. Wie Madame de Mirbel eine Schülerin Augustins, so war Frédéric Millet (1786—1859) ein Schüler von Isabey und Aubry. Er gehört zu den letzten der großen Miniaturkünstler und war viel von der englischen Aristokratie beschäftigt. Sein Bild der Lady Hargreaves (S. 117) stellt eine jener schmachtenden englischen Salonschönheiten in dem Stil dar, wie sie damals in den Keepsakes, den Albums of Beauties und ähnlichen Publikationen abgebildet wurden.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Miniaturen und Silhouetten
51. Boucher, Mythologische Szene

51. Boucher, Mythologische Szene

52. Baudouin (nach Boucher), Liebesbotschaft

52. Baudouin (nach Boucher), Liebesbotschaft

53. Cazaubon, nach Nattier, Louise Henriette von Bourbon-Conti, Herzogin von Orléans

53. Cazaubon, nach Nattier, Louise Henriette von Bourbon-Conti, Herzogin von Orléans

54. Liotard, Die Leserin

54. Liotard, Die Leserin

55. Hall, Madame de Pompadour

55. Hall, Madame de Pompadour

56. Hall, Die Gattin des Künstlers Adelaide, geb. Bobin, mit Tochter und Sohn

56. Hall, Die Gattin des Künstlers Adelaide, geb. Bobin, mit Tochter und Sohn

57. Unbekannt, Madame

57. Unbekannt, Madame

58. Hall, Maria Antoinette

58. Hall, Maria Antoinette

59. Hall, Junges Mädchen

59. Hall, Junges Mädchen

60. Hall, Die Malerin

60. Hall, Die Malerin

60. Hall, Unbekannte Dame

60. Hall, Unbekannte Dame

61. Hall, Die Schwestern Gunning

61. Hall, Die Schwestern Gunning

62. Unbekannt, Bildnis

62. Unbekannt, Bildnis

63. Hall, Prinzessin Louise von Preussen

63. Hall, Prinzessin Louise von Preussen

63. Hall, Der Kuss

63. Hall, Der Kuss

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