Schmuck

Die Miniatur fand in alter Zeit die mannigfaltigste Verwendung, Während das Kleinporträt von heute, die Photographie eigentlich nur zum Zimmerschmuck (?) dient und nur noch selten und dann nur von kleinen Leuten als Schmuckstück, meist als Brosche verwandt wird, war die Miniatur in Schmuck- und Ziergerät der Vergangenheit außerordentlich verbreitet. Im Anfang des sechzehnten Jahrhunderts trugen die Herren an Hüten und Kappen kostbare Juwelen. Im K. Hofmuseum in Wien befinden sich goldene Hutmedaillen mit dem in Email gemalten Miniaturbildnis Kaiser Karl V. von spanischer Arbeit aus dem Jahre 1520. Schon vor der Einführung der Miniaturmalerei war es Gewohnheit der Fürsten, besondere Dienste dadurch zu belohnen, daß sie als Auszeichnung Goldketten mit ihrem Bildnis verliehen. Von diesem Gebrauche sind die Amtsketten der Bürgermeister und anderer bürgerlicher Würdenträger bis in unsere Tage als eine Erinnerung zurückgeblieben. Derartige Geschenke, die man auf alten Porträts so oft dargestellt sieht, hatten vor den Orden der Gegenwart den großen Geldwert voraus, sie waren auch als Geld- und Ehrengeschenk zugleich gedacht. Die Bildnisse waren zumeist goldene Schaumünzen, erst im sechzehnten Jahrhundert kommt es auf, an ihrer Stelle Miniaturen zu verschenken. So erhielt 1558 Sir Francis Walsingham nach dem Untergange der Armada ein köstliches Juwel von der Königin Elisabeth von England. Es ist noch vorhanden und besteht aus einem Medaillon, das auf der Vorderseite das Reliefporträt der Königin in Gold zeigt, rückwärts sieht man eine emaillierte Darstellung der untergegangenen spanischen Flotte, innen aber ein in Guasch ausgeführtes Miniaturbild der Monarchin von der Hand des Nicholas Hilliard. Jacob I. verehrte dem Thomas Lyte of Lytes Gary, Sommerset, der einen Stammbaum des Königs entworfen hatte, ein ähnlich kostbares Schmuckstück, das sich heute im Waddesdon bequest Lord Rothschilds im British Museum befindet. Es besteht aus einem emaillierten, mit Perlen und Edelsteinen besetzten Medaillon, dessen hervorragend schöne Arbeit Williamson dem berühmten Juwelier Daniel Mignot zuschreibt. Es enthält innen ein Miniaturbrustbild Jacobs, gemalt von Isaac Oliver. Königin Christine von Schweden, die schrullige Tochter Gustav Adolphs, schenkte 1650 dem General Niclaes Desmel eine Goldkette im Werte von 284 Talern und daran ihr Porträt in Miniatur, für das Alexander Cooper neun Dukaten erhalten hatte. Als sie abdankte, begabte sie den französischen Gesandten mit einer Goldkette für 198 Kronen und anhängendem Medaillonporträt für 390 Taler. Regierende Fürsten haben an dem Gebrauche, ihr Bildnis als Auszeichnung zum Tragen zu verschenken, bis weit in die eigentliche Zeit der Orden festgehalten. Friedrich der Große hat für solche Geschenke bedeutende Summen geopfert, Ephraim und Söhne liefern ihm 1745 nach Breslau ein Porträt mit Brillanten besetzt für 4.400 Taler, dieselbe Firma 1763 ein ähnliches für 3.000 Taler. Witwe Reclam und Sohn erhält 1754 für ein Bildnis des Königs, gekrönt und umgeben von Brillanten, 3.600 Taler. Feldmarschall Lehwald trägt z. B. auf einem Bilde, das von ihm im Berliner Schlosse hängt, ein in Diamanten gefasstes Bildnis Friedrichs des Großen (S.170), das möglicherweise von Chodowiecki herrührt; die Oberhofmeisterin der Königin Louise, Gräfin Voß, hat auf ihrem Bilde im Hohenzollern-Museum das Porträt Friedrich Wilhelm III. in Diamanten am Orangeband des Schwarzen Adlers um den Hals. Marschall Berthier erhielt 1810 in Wien das Miniaturporträt Kaiser Franz II. an der Collane des Vliesordens, das mit seinen Brillanten 150.000 Frs. gekostet hatte und immerhin 96.000 Frs. wert war. Als Revanche gab Napoleon dem österreichischen Gesandten Grafen Metternich sein Bildnis in einem Medaillon für 150.000 Frs. Diese Liste ließe sich bedeutend verlängern, zumal mit russischen Würdenträgern aus dem Ende des achtzehnten und dem Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. So sah Graf de la Garde auf dem Wiener Kongresse die Gräfin Protassoff, die unter Katharina II. die Aufgabe gehabt hatte, junge Männer, die der Kaiserin gefielen, auf ihre Leistungsfähigkeit zu prüfen, behängt mit diamantgefassten Porträts. Katharina hatte Gregor Orlow ihr Bild in herzförmigem Medaillon geschickt, mit der Erlaubnis, es im Knopfloch zu tragen. Als Wassilschikof der Nachfolger in der Gunst der Kaiserin wurde, forderte sie dies Zeichen der Liebe zurück; Orlow sandte ihr Medaillon und Diamanten und behielt das Bild. Die Palastdamen der Kaiserin Katharina trugen als Zeichen ihres Ranges das Miniaturporträt ihrer Herrin an der Brust. Der Sultan von Zanzibar verlieh noch vor einigen Jahrzehnten Kaiser Wilhelm I. sein brillantenbesetztes Porträt an breitem Moiréebande anstatt eines Ordens.

Aber auch als reines Schmuckstück findet sich das Medaillon mit Miniaturbildnis schon in dem sechzehnten Jahrhundert. Die Jeffery Whitehead Collection besitzt eine Miniatur Maria Stuarts von der Hand des Nicholas Hilliard in gleichzeitiger Diamantfassung, ein Juwel, dessen Affektionswert noch durch eine eingeschlossene Locke der unglücklichen Königin erhöht wird. Ein Bildnis ihres Sohnes Jacob I., ebenfalls von Nicholas Hilliard gemalt und noch in der ursprünglichen Diamantfassung, erzielte in der Versteigerung der Sammlungen des Herzogs von Hamilton £ 2.855 (also über 57.000 Mark). Bei der Vermählung König Karls IX. von Frankreich mit Erzherzogin Elisabeth im Jahre 1570 schenkte der Bräutigam der Familie der Braut ein herrliches Kleinod, das sich heute im K. Hofmuseum in Wien befindet. Es ist ein ovales Medaillon von Gold, dessen vorderer Deckel in Reliefemail die Fides und Justitia zeigt, welche die auf zwei Säulen ruhende Krone bekränzen. Die Rückseite weist zwei verschlungene C unter der Krone, von einem Blumenkranz umgeben. Innen befinden sich die auf Pergament gemalten Brustbilder Karls IX. und seiner Mutter Catharina von Medici aus der Schule der Clouet. Schloss Rosenborg in Kopenhagen ist ganz besonders reich an Miniaturporträts aus der Zeit Alexander Coopers, viele davon in Goldmedaillons, die in Email mit Sinnbildern, Namenszügen und den damals so überaus beliebten Devisen verziert sind. Für die mit dem Dauphin verlobte Marie Antoinette malte Peter Adolph Hall das Bildnis des Bräutigams. Seine Arbeit wurde mit 2.664 Fr. bezahlt, die Diamantfassung dazu kostete 78.678 Fr. M. V. Costa hat die Königin in Miniatur gemalt mit diesem Bildnis ihres Mannes als Brustschmuck. Von dem Medaillon für 175.000 Fr., welches Napoleon seiner Braut überreichen ließ, war schon die Rede. Als Marie Louise am 16. März 1810 in Braunau ihr bisheriges österreichisches Gefolge entließ, verschenkte sie unter anderem als Andenken drei Medaillons mit dem Porträt ihres Gatten, jedes zu 7.000 — 8.000 Fr. Das Kaiserpaar hielt im November 1810 in Fontainebleau 25 Kinder über die Taufe. Jeder Täufling erhielt als Patengeschenk ein Medaillon mit den Miniaturbildnissen der hohen Paten und ihrem Namenszug in Brillanten; die 25 Medaillons hatten zusammen 135.000 Fr. gekostet. Unter dem Kaiserreich wurde es förmlich Mode, ganze Kolliers aus kleinen Miniaturen zusammenzustellen. So malte Isabey eine Serie achteckiger kleiner Bildnisse für einen Halsschmuck der Königin Karoline Murat von Neapel und eine ganz ähnliche Folge von sämtlichen Bildnissen der kaiserlichen Familie für ein Kollier der Kaiserin Marie Louise. Ein anderes Collier der Kaiserin zeigte die Miniaturen aller österreichischen Erzherzoginnen. Der Genfer Philippe Soiron, der um diese Zeit in Paris tätig war, stellte ein solches Halsband für die Herzogin von Montebello zusammen. Es enthielt als Hauptstück die fünf Emailminiaturen der herzoglichen Kinder, alle mit Engelsflügeln, eine süßlich affektierte Mode, die Andrew Plimer aufgebracht hatte, als er sein Töchterlein Selina als Cherub malte. Marie Louise ließ den König von Rom in dieser Weise malen und schenkte diese Miniatur, in ein Armband gefaßt, ihrer Schwester. Auf der Miniaturenausstellung in Mannheim 1909 war ein ganzer Schmuck zu sehen, bestehend aus Armband, Brosche und Ohrringen, die mit Emailporträts verziert waren; er war 1813 ein Hochzeitsgeschenk für eine Frau von Renz, geb. von Stockhausen.


Die Mode des Medaillontragens hatte zwei Seiten. Frau von Motteville erzählt in ihren Erinnerungen, daß ein Miniaturbildnis der Herzogin von Orléans, welches der verliebte Graf Guiche um den Hals trug, ihm in einer Schlacht das Leben rettete, indem eine feindliche Kugel, die ihn sonst getötet hätte, sich daran glatt schlug. Goethe lässt im Wilhelm Meister seinen Helden der geliebten Gräfin den Tod dadurch zuziehen, daß er bei einer stürmischen Umarmung das Bildnismedaillon des Gatten, das sie an der Brust trägt, ihr so heftig in den Busen presst, daß sie ein schweres Leiden davonträgt.

Für Armbänder waren Miniaturen als Mittelstücke sehr beliebt. Im sechzehnten und in der ersten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts trugen auch Herren Armbänder, nicht nur junge Laffen, sondern auch alte würdige Männer, wie z. B. der berühmte Sully auf die seinigen sehr stolz war. Die Miniaturen, die er am schwedischen Hofe für Armbänder malte, wurden Alexander Cooper 1653 mit 40 Talern das Stück bezahlt. Späterhin, als man den Brillantschliff der Diamanten kennen gelernt hatte, wurden die Armbänder kostspieliger. Der Graf von Provence, als König Ludwig XVIIL ließ sich von Hall porträtieren und diese Miniatur mit 16 Diamanten in ein Bracelet fassen, das ihm 15.552 Fr. kostete. Einer der letzten Luxusaufträge des alten Hofes war wohl die Bestellung, die Graf Montmorin am 18. März 1789 bei dem Juwelier Solle machte, er sollte zwei Armbänder mit Miniaturen des Königs und der Königin in Diamanten gefaßt zum Preise von 9.000 Fr. das Stück liefern. Sie waren zu einem Geschenk bestimmt, vielleicht das letzte im alten großartigen Stil. Die Epoche der Empfindsamkeit brachte den Schmuck aus Haaren auf. Welch süße Wollust, die Haare einer geliebten Person als Schmuck zu tragen und sich ihrer dabei fühlend zu erinnern! Selbst Napoléon I. opferte dieser Mode und trug auf St. Helena eine Uhrkette, die aus den Haaren Marie Louisens geflochten war. In Mannheim war s. Z. ein Armband ausgestellt, das aus Haaren geflochten war und in Goldfassung das Miniaturbildchen der Gräfin Caroline Ysenburg geb. Gräfin Bentheim enthielt. Am längsten erhielt sich die Verwendung von Miniaturen in den Brillantschlössern von Armbändern aus echten Perlen, wir erinnern nur an manche Jugendbilder der Kaiserin Elisabeth von Österreich.

Abb. 124. H. F. Füger, Maria Theresia, Kaiser Josef II. und ihre Kinder
Abb. 125. Deutsche Miniatur, Damenbildnis
Abb. 126. Daffinger, Der Herzog von Reichstadt
Abb. 127. Daffinger, Gräfin Széchénji-Seilern
127. Gräfin Károlji-Kaunitz im Reitkleid. 24
Abb. 128. Daffinger, Gräfin Sidonie Potocka
Abb. 129. Daffinger, Gräfin Sofie Narischkin


Die Kleinmalerei ist eine Kunst, die zu Kunststücken der Feinmalerei förmlich herausfordert. Lemberger erwähnt den Miniaturisten Niclas Prugger, der auf Kupferplättchen von Groschengröße sieben Brustbilder der bayerischen Kurfürstin Maria Anna malte. So dauerte es denn nicht lange und man begann Miniaturporträts auch in Ringen zu tragen. Das österreichische Hofmuseum in Wien besitzt sehr interessante Ringe aus dem Nachlass der habsburgischen Kaiser. Da ist ein Fingerring von Gold mit Email verziert, in dem drehbaren Mittelstück, welches das Wappen von Österreich und Burgund zeigt, sind die winzigen Miniaturporträts des Kaisers Matthias (1557 — 1619) und seiner Gemahlin der Kaiserin Anna (1585—1618). Ein anderer solcher Ring von Gold mit weißem Email zeigt unter Kristall das Miniaturporträt der Kaiserin Claudia Felicitas (1653—1676). Carl I. von England besaß einen Ring mit einem Medaillon, das innen sein Bildnis, außen einen Totenkopf und das Monogramm C. R. in Email zeigte. Er schenkte ihn vor seinem Tode dem Colonel Yates. Dieses interessante Stück wurde 1877 in London versteigert und erzielte einen Preis von nur £ 63 (Mark 1.260). Einen anderen Ring mit seinem Bildnis schenkte Carl I. einige Jahre vor seinem Tode Sir Edmond Verney, einem seiner Adjutanten; bei diesem Ring war die Miniatur nicht durch einen Deckel, sondern durch einen Kristall geschützt. Gern legte man bei Porträtringen die Miniatur unter einen tafelförmig geschliffenen Diamanten. 1749 erhielt die Herzogin von Brissac einen Ring mit beweglichem Chaton, auf jeder Seite befand sich das Bild einer der Töchter des Königs, gemalt von Drouais und gefasst von Le Guay. Der Miniaturist Cazaubon malte 1762 die Bildnisse von Madame Adelaide de France mit ihren Schwestern Madame Sophie und Madame Louise für den Chaton eines Ringes, er verlangte für die mühevolle Arbeit 1.500 Fr. 1773 schrieb Marie Antoinette ihrer Mutter, sie trage die Bildnisse ihrer Brüder in einem Ringe. Als Prinz Heinrich von Preußen 1771 in St. Petersburg war, schenkte ihm die Kaiserin Katharina ihr Bild in einem Ringe mit einem Brillanten bedeckt. Die Blarenberghe waren besonders berühmt für die Feinmalerei. Einer von ihnen führte für den Marquis de Menars einen Ring aus mit der Ansicht des Schlosses Menars; Noël malte vier Marinen als eine Folge der vier Tageszeiten. Alle vier waren im Chaton eines Ringes untergebracht, der sich öffnen ließ. Die Baronin du Montet sah bei der Marquise de Laage eine künstliche Rose, die Marie Antoinette einst der Prinzeß Lamballe geschenkt hatte. In ihrem Kelch war ein Miniaturporträt der Königin verborgen. 1765 hat Chodowiecki in vier Monaten 20 Diminutivporträts des Prinzen Heinrich von Preußen gemalt, die für Ringe und Berlocken bestimmt waren, er erhielt dafür 411 Taler. Im persönlichen Nachlasse Friedrichs des Großen fanden sich vier derartige Ringe mit Bildnissen. Der König hat sie auch gern zu Geschenken verwendet, so zahlte er 1743 an den bekannten Gotzkowsky für einen Ring mit Brillanten und seinem Porträt 1.300 Taler, 1746 für zwei Ringe mit Porträts 950 Taler, 1744 an Ephraim und Söhne für einen Brillantring mit Porträt 550 Taler.

Ungefähr um 1770 begann in Paris die Mode, die Fracks der Herren mit großen Knöpfen zu besetzen, und da die selben rasch größer und immer größer wurden, so ging man dazu über, ihre Flächen zu bemalen. Am 18. November 1785 schreibt Bachaumont in seinen geheimen Denkwürdigkeiten: „Es gibt keine Mode, welche nicht dank des Leichtsinns, der Oberflächlichkeit und der Wut unserer eleganten Herren, alles zu übertreiben, sofort in Extravaganzen ausartet. So hat man jetzt die Knopfmanie bis zur äußersten Lächerlichkeit getrieben, man trägt sie nicht nur von ganz ungewöhnlicher Größe vom Umfang der Sechsfrankstücke, sondern man wählt Miniaturen, ganze Bilder dafür, so daß es Garnituren zu fabelhaften Preisen gibt. Da gibt es einen Satz Knöpfe, welche die Medaillen der zwölf ersten römischen Kaiser vorstellen, andere reproduzieren antike Statuen oder die Metamorphosen Ovids. Man hat im Palais Royal einen Unverschämten gesehen, welcher auf seinen Knöpfen die Posturen Aretins trug, so daß die anständigen Damen, die sich ihm näherten, nicht wussten, wo sie hinsehen sollten“. So malte Fragonard eine Garnitur mit Watteau-Szenen. Eine junge Dame beschenkte ihren Bräutigam mit einer Serie von Knöpfen, welche die bekanntesten Gemälde von Greuze darstellten. Manche der berühmtesten Miniaturmaler haben mit derartigen Arbeiten für die Industrie der Mode ihre Karriere begonnen, von Hall, den Blarenberghe, Dumont u. a. ist es bekannt, daß sie Knöpfe gemalt haben. Dumont erhielt für den Knopf zwei bis drei Franken, aber es gab Garnituren von zwölf Knöpfen, die tausend Franken und mehr kosteten. Isabey hat seine Karriere mit dem Malen von Knöpfen begonnen, er erzählt selbst, wie er Liebesgötter, Blumen, Landschaften und andere Vorwürfe auf Knöpfen ausführte, die ihm Stück für Stück mit 12 Sols bezahlt wurden. Auf Liebesszenen und Landschaften folgten Blumenstücke, imitierte Kameen, Embleme, Insekten und Gott weiß was noch.

1788 war man bei den Architekturstücken angelangt und trug die merkwürdigsten Bauwerke Frankreichs auf seinen Knöpfen, die Garnitur zu 36 Fr. Während der Revolution drängten die patriotischen Knöpfe alle anderen Darstellungen zurück, die Einnahme der Bastille, die Köpfe von Necker, Marat, Lepelletier de St. Fargeau und anderer populärer Größen traten an die Stelle der Phantasiegegenstände. Lamartine hat sogar behauptet, man habe das Bild der Guillotine auf Knöpfe gemalt, aber wie Maze-Sencier nachweist, ist das eine Erfindung des Dichters.

Als Schmuckstück dürfen wir wohl auch die Rosenkränze betrachten, deren Kreuze, häufig in Silberfiligran ausgeführt, den Kruzifixus in Emailmalerei zeigen. Die K. Geistl. Schatzkammer in Wien besitzt einen Rosenkranz des 17. Jahrhunderts mit zehn Perlen von Bergkristall, in welchen Bilder von Heiligen und Passionsszenen in Pallionmalerei eingeschlossen sind.

Am häufigsten wurde die Miniatur mit Dosen verbunden. Man hatte im sechzehnten Jahrhundert und noch später flache Büchsen von Holz oder Metall, welche zum Schutz der großen hängenden Siegel dienten, wie sie an den Urkunden und Dokumenten befestigt waren. Diese Büchsen wurden auch zum Behältnis von Miniaturen benutzt, so gibt es z. B. Bildnisse Heinrich VIII., die Holbein zugeschrieben werden, in gedrehten Elfenbeinbüchschen, die vorn und hinten die Rose der Tudors als Ornament tragen. Zuweilen findet man Porträtminiaturen auch in Schraubtalern, seit der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts bürgert sich dann die Dose ein. Fürstliche Personen schenkten Gesandten, Diplomaten, der Hofdienerschaft u. a. goldene Dosen mit ihrem Bildnis. Es war ein Geldgeschenk in feinerer Form, der Wert derselben wechselte mit der Bedeutung der Persönlichkeit, die man auszeichnen oder verpflichten wollte. König Karl X. Gustav, der Nachfolger Christinens auf dem schwedischen Thron, verschenkte z. B. 1656 drei mit Diamanten besetzte goldene Dosen, jede mit seinem von Alexander Cooper gemalten Miniaturbildnis. Eine im Werte von 500 Talern war dem englischen General Fleetwood bestimmt eine andere für 700 Taler gelangte an Gustav Bielke, schwedischen Gesandten in Russland, die dritte, die der dänische Gesandte General Willem Drakenshelm empfing, halte 3.600 Taler gekostet. In dem so überaus praktischen England erwartete der Überbringer so kostbarer Gaben ein entsprechendes Gegengeschenk, so erhielt der sächsische Gesandte von Böse 1699 seine Porträtdose erst, nachdem er 60 £ als douceur für sie hergegeben hatte. Das höfische Geschenk einer Dose mit Bild wird unter Ludwig XIV. geradezu eine Staatseinrichtung. Maze-Sencier, der im Interesse der Sammler die französischen Archive durchforschte und in seinen fleißig gearbeiteten Büchern ein gewaltiges Material von Daten, Zahlen und Nachweisen aller Art zusammenbrachte, hat auch dafür die Beweise gesammelt. Die Bildnisdosen Ludwig XIV. waren keine Tabatièren, denn sie enthielten das Porträt des Königs auf der Innenseite des Deckels, sie dienten nur als Behälter für das Bild; ihr Goldgewicht und die Edelsteine der Fassung stellten das Geldgeschenk dar, das der König machen wollte. Bei diesen Geschenken sind die Franzosen am schlechtesten weggekommen; während keiner von ihnen eine Dose erhielt, die mehr Wert gewesen wäre als 2.400 Fr., empfingen die auswärtigen Diplomaten wiederholt solche, die ein kleines Vermögen repräsentierten, 1668 erhielt Fürst Dietrichstein, Kaiserlicher Gesandter, eine Dose für 8.440 Fr“ 1672 der Herzog von Buckingham eine ebensolche für 28.000 Fr. Die Herzogin von York, Gattin des späteren Königs Jakob II., empfing 1673 eine Dose im Werte von 33.000 Fr., wie überhaupt in den Jahren, in denen Ludwig XIV. England auf seine Seite hinüberzuziehen trachtete, die englischen Herren stets besonders bevorzugt werden. In den Listen figurieren z. B. der englische Gesandte 1678 mit einer Dose für 11.315 Fr.; 1679 Graf Sunderland mit einer solchen für 14.183 Fr,; in demselben Jahr Graf Oxford eine für 12.288 Fr,; 1690 Graf Tyrconnel eine Porträtdose mit 48 Brillanten für 21.218 Fr. In der gleichen Zeit werden die Gesandten minder wichtiger Staaten auch mit sehr viel bescheideneren Gaben abgefunden, Herr von Bernstorff, der dänische Gesandte, bekommt 1683 eine Porträtdose für 4.628 Fr.; Freiherr von Schönborn, der Gesandte von Kurmainz, 1698 eine für 6.436 Fr,; Freiherr von Schulenburg, Gesandter von Braunschweig-Wolfenbüttel, eine solche für 4.218 Fr, Graf Sinzendorf, der Kaiserliche Gesandte, dem Liselotte eine so üble Nachrede gemacht hat, muss sich 1701 ebenfalls mit einer für 4.860 Fr. begnügen, während Kardinal Ottoboni 1703 eine mit Diamanten besetzte Porträtdose im Werte von 24.677 Fr. erhält. Die Bildnisse dieser Dosen, Miniaturen in Malerei oder Email, stammen von Bruckmann, Perrault, Petitot, Chatillon und Ferrand, die Juwelierarbeit lieferte bis 1676 Pitan, von da an bis zum Tode des Königs Pierre le Tessier de Montarsy.

Ludwig XIV. verabscheute den Tabak und wenn das Rauchen auch für bessere Leute wohl gar nicht in Frage kam, so war doch das Schnupfen allgemein verbreitet und hatte sich der offen ausgesprochenen Abneigung des Königs zum Trotz auch am Hofe in Versailles eingebürgert. Die Herzogin von Orleans schreibt einmal, es wäre greulich, all die Damen mit den schmutzigen Nasen zu sehen, sie stänken nach Tabak. Nach des Sonnenkönigs Tode weicht die Bildnisdose mit dem auf der Innenseite angebrachten Porträt der richtigen Schnupftabaksdose, die das Bildnis auf der Außenseite des Deckels trägt. Die Verwendung als Geschenk bleibt natürlich die gleiche und ebenso schwankt auch der Wert derselben je nach der Wichtigkeit der beschenkten Person. Der Regent lässt 1719 eine herrliche Dose mit Porträt und 53 Brillanten, die auf 31.000 Fr. geschätzt wird, an den Abbe Dubois zu einem Geschenk an einen geheimnisvollen Unbekannten L. C. A. abgehen. 1720 verzeichnen die Register der Geschenke des Königs aber eine Tabatiere von märchenhaftem Wert, Marquis Scotti, der Gesandte von Parma, empfängt eine Dose mit dem Bilde des jungen Monarchen, von Massé gemalt, in einer Fassung von 42 Brillanten und 15 Rosen im Werte von 129.852 Fr. „Ihr werdet niemals ihresgleichen sehen“, fügt Maze-Sencier dieser Nachricht hinzu. Der Regent war mit Staatsgeschenken überhaupt nicht sparsam, 1720 beschenkt er Lord Stairs, den englischen Gesandten, mit einer Tabatiere, die das von Masse gemalte Miniaturbildnis Ludwig XV. in einen Kranz von 53 Brillanten fasst, im Werte von 49.805 Fr. Als 1721 die Herzogin von Montellano die spanische Infantin Maria Anna Viktoria nach Paris geleitete, wo die kleine Prinzessin bis zu ihrer Heirat mit dem jungen König erzogen werden sollte, erhielt sie eine mit Diamanten besetzte Dose für 35.225 Fr. Einige Jahre darauf schickte man die Infantin wieder nach Haus und vermählte Ludwig XV. mit Maria Lesczynska.

Unter Ludwig XV. geht der Wert der Tabatièren mit dem königlichen Bildnis wieder auf ein bescheidenes Maß zurück. Die Bürgerlichen kommen dabei am schlechtesten weg. So empfing der pfalzgräfliche Gesandte Sibenius 1742 eine Dose für nur 1.800 Fr., während der dänische Gesandte Baron Vrindt in demselben Jahre eine solche für 5.078 Fr. erhält. 1747 gab man dem Stallmeister Friedrichs des Großen, von Schwerin, eine Dose für 6.709 Fr. und eine genau ebensolche dem württembergischen Gesandten Freiherrn von Keller. Auch die Dosen, die 1753 Freiherr von Wrede, 1757 Graf Reventlow, 1758 Fürst Galitzin, 1763 Graf Dietrichstein empfangen, bewegen sich im Werte zwischen 6.000 und 8.000 Fr. 1757 sandte Maria Theresia den Fürsten Lobkowitz an den französischen Hof, um anzuzeigen, daß die Österreicher die Preußen vor Breslau geschlagen hätten, dafür wurde der Gesandte mit einer Dose belohnt, die 18.317 Fr. gekostet hatte, die Miniatur rührte von Le Brun her, die Juwelierarbeit von Ducrollay. Bei außergewöhnlichen Gelegenheiten überschreitet der Wert der königlichen Tabaksdosen den Durchschnitt, der um 10.000 Fr. herum liegt. So erhält 1762 Graf Tschernitscheff, russischer Gesandter, eine Tabatière für 13.526 Fr.; 1768 Marquis de Mello eine andere für 26.578 Fr.; der Herzog von Bedford eine für 34.289 Fr. und Graf Viri, sardinischer Gesandter, gar eine für 56.258 Fr.

Im Jahre 1752 hat sich der merkwürdige Fall ereignet, daß die Dosen von denen, die sie erhalten sollten, zurückgewiesen wurden. Dem Bürgermeister Friesen von Zürich und dem Statthalter des Kantons Zürich, Füßli, die ein Regiment Schweizer für den französischen Militärdienst vermittelt hatten, waren jedem eine Dose für 2.000 Fr. zugedacht, sie nahmen sie aber nicht an, aus welchen Gründen, wird nicht gesagt. Dass Dosen von solcher Kostbarkeit nicht zum Gebrauch bestimmt sein konnten, leuchtet ohne weiteres ein, sie stellten eben ein Geldgeschenk dar, das man aus Gründen des Zartgefühls nicht in bar geben wollte. Dass dies Verhältnis auch so aufgefasst wurde, erhellt aus verschiedenen Vorkommnissen. 1755 hatte Graf Bellegarde, außerordentlicher Gesandter des Königs von Polen, eine Tabatiere mit Bildnis für 8.000 Fr, bekommen. Seine Tochter gab sie nach dem Tode ihres Vaters zurück und erhielt den vollen Wert. 1770 sollte der dänische Gesandte Baron Gleichen eine Dose empfangen, er zog es aber vor, 15.000 Fr. in bar zu nehmen und bat sich als feiner Hofmann nur aus, das Bildnis des Königs, eine Miniatur von Welper, behalten zu dürfen. Im gleichen Jahr zog auch der Nuntius 16.000 Fr. in bar dem Empfang einer Dose vor und die von den beiden Herren zurückgewiesene bekam und behielt endlich erst der englische Gesandte Walpole. Sehr drollig ist es dem sardinischen Gesandten Grafen Viri gegangen. Er erhielt 1775 bei Gelegenheit der Hochzeit von Madame Clotilde de France mit dem Prinzen von Piemont eine Dose, die dem französischen Hof 29.940 Fr. gekostet hatte. Er gab sie sofort für 25.500 Fr. an den Juwelier Solle zurück und erhielt zwei Jahre später, als er von seinem Posten abgerufen wurde, die gleiche Dose zum zweiten Mal als Geschenk. Er gab sie auch das zweite Mal dem Juwelier zurück. Schließlich erhielt sie der Marquis Caraccioli, Gesandter des Königs von Neapel im Jahre 1781.

Die Künstler, welche unter Ludwig XV. die meisten Miniaturbildnisse für Dosen lieferten, waren Masse, Le Brun, Vincent, Penel, Charlier, Cazaubon u. a., neben ihnen die Emailleure Liotard, Rouquet, Durand und Bourgoing. Die Juwelierarbeiten der Fassung stammten von Solle, Jacqmin, Demay, Ronde und anderen Goldschmieden.

Abb. 130. Kreizinger, Kaiserin Marie Louise
130. Waldmüller, Familienbild. 26
130. Agricola, Mutter und Frau des Künstlers. 27
130. Van Dort, Königin Anna Katharina von Dänemark und Prinz Christian 28
130. Gelton, Unbekannte Prinzessin. 29
130. Adermann, Admiral Ulrik Christian Gyldenlöve. 30


Unter der Regierung Ludwig XVI. nimmt die Ausstattung der Tabatièren mit Brillanten große Dimensionen an. Der Nuntius Fürst Pamphili, der 1782 zur Taufe des Dauphin nach Paris gekommen war, empfing eine Dose mit dem Bildnis des Königs von Sicardi, besetzt mit 173 Brillanten, für 29.000 Fr. Der englische Gesandte Fitzherbert erhielt 1783 eine ähnliche mit 240 Brillanten im Werte von 21.585 Fr., im gleichen Jahre der Herzog von Manchester eine solche mit 325 Brillanten für 31.453 Fr. Dagegen nehmen sich die Geschenke an die Gesandten der deutschen Kleinstaaten bescheidener aus. Graf Loos, kursächsischer Gesandter, nimmt eine Dose für 12.340 Fr. mit fort. Der Kaiserliche Gesandte Graf Mercy-Argenteau empfängt 1780 eine solche im Werte von 9.632 Fr. Baron Schönfeld, ebenfalls sächsischer Gesandter, erhält 1785 eine Dose mit 456 Brillanten für 17.510 Fr. Mit einer der geringsten Dosen wurde 1778 der Kanonikus von Guaita abgespeist, der im Auf trag des Domkapitels in Aachen der Königin einige Reliquien überbrachte, die ihr wohl zu einer glücklichen Entbindung helfen sollten. Er empfing als Dank eine Tabatiere mit 50 Brillanten und dem Bildnis des Königs von Pasquier für 3.440 Fr. Auch unter Ludwig XVI. blieb die Rückgabe dieser kostbaren Geschenke in Übung. Fürst Bariatinski, Gesandter Katharinas II. von Russland, gab die Dose, die er 1783 erhielt und die dem Tresor 24.816 Fr, gekostet hatte, sofort für 24.360 Fr. zurück. Ebenso machte es der Fürst zwei Jahre später, als man ihm zum Abschied eine Tabatière mit 428 Brillanten überreichte. Dieses Mal behielt er sich wenigstens das Bild des Königs, bekam aber trotzdem auf die Dose, die 24.110 Fr. gekostet hatte, 24.000 Fr. bar heraus. Interessant durch die Persönlichkeit des Beschenkten ist die Tabatière, welche Benjamin Franklin, Gesandter der Vereinigten Staaten, am 7. Juni 1785 empfing. Sie enthielt ein Forträt des Königs von Sicardi, umgeben von 421 Brillanten und wurde auf 16.103 Fr. bewertet. Die Künstler, welche unter Ludwig XVI. die Porträts lieferten, waren meist I. D. Welper und Sicardi, die Juwelierarbeit stammte fast immer von Solle.

Der völlig allgemein gewordene Gebrauch des Schnupftabaks, dem Herren und Damen, Erwachsene und Kinder huldigten, führte in einer notwendigen Folge zum Luxus in den Dosen, die das so beliebte Genussmittel bargen. Nach Madame de Genlis wäre der Kriegsminister Louvois der erste gewesen, der sich einer kostbaren Dose von altem chinesischem Lack bedient hätte, Herr de la Popelinière soll dann zuerst die Porträtdosen dadurch zu richtigen Tabaksdosen umgewandelt haben, daß er das Bildnis auf der Außenseite anbringen ließ. Die Tabatiere wurde im achtzehnten Jahrhundert rasch ein Objekt des Luxus und der Verschwendung. Einmal fertigte man sie aus den kostbarsten und seltensten Materialien: Gold und Silber, Elfenbein, Perlmutter, Halbedelsteinen, Marmor, Porzellan, Lack, dann aber warf sich die Leidenschaft der Sammler auf diesen gefälligen Gegenstand. Prinz Conti soll 800 Tabatièren besessen haben, die Dosen des sächsischen Ministers Grafen Brühl bezifferten sich nach Hunderten, denn er benutzte jeden Tag wie einen anderen Anzug auch einen anderen Stock und eine andere Dose. „Es gibt nichts Reicheres als dieses Kabinett“, schreibt Graf Lehndorff 1756 in sein Tagebuch, nachdem er die Sammlung der Brühlschen Dosen besichtigt hat. Diese Leidenschaft war auch so ziemlich die einzige, die Friedrich der Große sich gestattete. Er bestritt seinen ganzen Haushalt mit 22.000 Talern, eine Bagatelle, wenn man berücksichtigt, wieviel die Hofhaltungen seiner gekrönten Zeitgenossen verschlangen und gab für Gegenstände des Luxus nur für seine Tabatieren größere Summen aus. Thiebault sagt in seinen Erinnerungen an einen zwanzigjährigen Aufenthalt am Berliner Hofe, indem er von Friedrich II. spricht: „Ich habe an ihm nur einen einzigen Gegenstand des Luxus gekannt, die Tabatière. Er besaß davon, so erzählte man, 1.500 Stück, darunter eine große Anzahl von hervorragender Schönheit. Er schnupfte übrigens nur spanischen Tabak.“ Nicolai, Zeitgenosse des Monarchen, bezifferte die Zahl der königlichen Dosen nur auf 300 Stück und schätzt sie alle zusammen auf 1.750.000 Taler, einzelne derselben allerdings sollen zwischen 2.000 und 10.000 Talern gekostet haben. Im Nachlass des Königs fanden sich 120 mit Brillanten besetzte Dosen, über 7 derselben, jede auf 10.000 Taler geschätzt, hatte Friedrich in seinem Testament namentlich verfügt. Der König hatte eine besondere Vorliebe für den schlesischen Chrysopras, einen schmutziggrünen undurchsichtigen Stein, den er in prächtiger Brillantfassung zu Dosen verarbeiten lie?. Daneben besaß er aber zahlreiche Dosen mit Porträts, so werden besonders aufgeführt eine Bernsteindose mit brillantenbesetztem Porträt, eine Dose von Schildkrot mit zwei Porträts u. a. Aus dem Nachlasse des Königs besitzt das Hohenzollern-Museum noch einen Dosendeckel, auf dem in vier Reihen 28 kleine Miniaturporträts der königlichen Familie nebeneinander angebracht sind (S. 171) . Wie er sie selbst liebte und sammelte, so verwandte Friedrich auch Tabaksdosen mit seinem Bildnis zu Geschenken, Gotzkowski liefert ihm 1746 eine goldene Tabatiere mit brillantengefasstem Porträt für 600 Taler, 1748 eine solche für 430 Taler, 1751 eine einfachere für 120 Taler. 1753, als der Ansbachische Hof zum Besuch in Berlin ist, empfängt die Oberhofmeisterin desselben eine Porträtdose für 280 Taler. 1762 liefern die Brüder Jordan eine goldene Tabatiere mit dem Bildnis in Brillanten, die 6.500 Taler kostete. Seidel, der alle diese Notizen aus den Akten eruiert hat, konnte nicht ermitteln, für wen dieses kostbare Stück bestimmt war. War der König schlecht bei Kasse, so gab er wohl auch Dosen, dünn in Gold und ohne Steine, dann versüßte er die Gabe mit der Bemerkung: „Die Freundschaft erhöht den Wert.“

Der Dosenluxus herrschte nicht nur in Frankreich. Maria Theresia beschenkte ihren Schwager, den Herzog Karl von Lothringen mit einer herrlichen Tabatière von Gold in grünem Email translucide. Auf dem Deckel die Chiffre Maria Theresias und des Kaisers Franz in Diamanten, daneben die Miniaturbrustbilder der Erzherzoge Josef und Leopold, auf dem Boden der Dose das der Kaiserin als Witwe, rund herum acht kleine Miniaturen der übrigen kaiserlichen Kinder. Die Malerei stammt von der Hand des Antonio Pencini, die Goldschmiedearbeit von Franz von Mackh. Nach dem Tode des Herzogs erhielt die Dose Fürst Kaunitz, heute ist sie im Wiener Hofmuseum.

Als Gustav III. von Schweden 1777 die Kaiserin Katharina in Petersburg besucht hatte und sich im Juli dieses Jahres anschickte, wieder abzureisen, beschenkten beide Monarchen ihr Gefolge mit den herrlichsten und kostbarsten Bildnisdosen; Melchior Grimm kann sie in seiner Korrespondenz nicht genug rühmen. Der höfische Gebrauch des Geschenks kostbarer Dosen hatte sich als etwas so Selbstverständliches eingebürgert, daß der spätere Marschall Castellane, den Napoleon 1809 an seine Brüder schickte, es mit höchstem Unmut in seinem Journal vermerkt, daß sowohl König Jérôme in Kassel wie König Ludwig im Haag ihn abreisen lassen, ohne ihm eine Dose zu schenken.

Wenn auch der Arme schnupfen konnte, so war er doch nicht imstande, sich dazu kostbarer Dosen zu bedienen, er mußte sich wohl oder übel mit einfacheren Stücken begnügen, als die vornehmen und reichen Sammler. Hier setzte die Industrie ein und kam dem Bedürfnis mit billiger Ware entgegen. Fabrikmäßig wurden Dosen in Lack, in Email und anderem wohlfeilem Material hergestellt, die vielfach mit Miniaturen verziert worden sind. Gerade auf den billigen Dosen des achtzehnten Jahrhunderts spielen die Bilder des Deckels eine große Rolle. Um immer wieder den Wunsch nach dem Besitz neuer Dosen zu erwecken, wechseln die Fabrikanten mit den Darstellungen, wozu ihnen die Zeitereignisse genügend Veranlassung boten. In Deutschland spielt in der Mitte des Jahrhunderts Friedrich der Große wohl die Hauptrolle als Patron der Dosen. Nach Dutzenden zählen die Exemplare, die das Hohenzollern-Museum von den populären Emaildosen aus dieser Zeit bewahrt. Sie zeigen handwerksmäßig hergestellt das Bild des Königs und oft noch eine Darstellung aus seinem Leben oder seiner Legende, einen Schlachtplan, eine Situationsskizze, die Herolde des Hubertusburger Friedens oder dergleichen, und doch wird die Anzahl der Typen noch viel größer gewesen sein. Wie in Deutschland der Alte Fritz der volkstümliche Held wurde, so in Frankreich um diese Zeit Heinrich IV. Je ärger die Finanzmisere unter den Ludwigen wurde, je mehr die Zerrüttung der Staatsverwaltung zunahm, mit um so leidenschaftlicherer Liebe erinnerte man sich des ersten Bourbonen und suchte in seiner Regierungszeit das goldene Zeitalter. So taucht in Opposition zu Ludwig XV., das Bild seines Ahnen auf den Dosen auf, häufig begleitet von dem seines Finanzministers Sully. Die Pompadour glaubte dem Generalkontrolleur Laverdy kein feineres Kompliment machen zu können, als indem sie ihm eine Dose mit dem Miniaturbildnis Sullys überreichte: „Sehen Sie, Ihr wahres Porträt“, sagte sie dabei. Als die Dubarry den Herzog von Choiseul gestürzt hatte, kamen Dosen in Mode, die auf der einen Seite das Bildnis des verbannten Ministers, auf der anderen jenes von Sully zeigten. Als Ludwig XVL zur Regierung kam und man noch alles von ihm hoffte, erschienen Dosen mit den Bildchen Heinrich IV. und des neuen Königs nebeneinander. Dann werden die Dosenbilder immer deutlicher in ihren Anspielungen, die Freimaurerei verdrängt mit ihren Symbolen die Königsbilder, um selbst wieder von dem Sturm der Revolution hinweggefegt zu werden. Der Bastillesturm, die Erklärung der Menschenrechte, die Assignaten erscheinen und neben ihnen die Bildnisse all der Männer, die eine kurze Popularität erringen: Lafayette, Bailly, Mirabeau, Marat, Charlotte Corday u. a. Wie die Republikaner, so hatten auch die Royalisten Dosen mit Darstellungen, die ihrer Anschauungsweise entsprachen. Da war der Abschied der königlichen Familie vom 20. Januar 1793 und andere Szenen aus der Leidenszeit der königlichen Dulder. Da die Demonstrationen mitroyalistischen Schnupftabaksdosen für die Besitzer gelegentlich ein schlimmes Ende nehmen konnten, so versteckte man die Bildnisse des Königs und der Königin, der Madame Elisabeth und der königlichen Kinder. Man sah z. B. eine Graburne umgeben von Trauerweiden und erkannte bei längerem Hinsehen in den Zweigen und dem Laubwerk die Züge der Mitglieder der königlichen Familie, eine Spielerei, die vor einigen Jahren als „Wo ist die Katz?“ wieder einmal in Mode kam. Konsulat und Kaiserreich bringen dann Bonaparte mit seinen Angehörigen und Generälen und all die Etappen seiner schwindelnd schnellen Laufbahn.

Als Kaiser nahm Napoleon die Tradition des alten Hofes hinsichtlich der kostbaren Porträtdosen wieder auf. Wenn die Dosen, die er für Franzosen bestimmte, sich in der Preislage zwischen 2.400 und 3.000 Fr. bewegten, so wurde an den Dosen, die zu höfischen oder diplomatischen Geschenken dienten, nicht gespart. Marie Louise verteilte am 16. März 1810 in Braunau unter anderem fünf Dosen mit dem Bildnis ihres Gemahls, die zusammen 46.000 Fr. gekostet hatten und eine, die auf 20.274 Fr. geschätzt wurde. Der Herzog von Valmy, der bei der Taufe des Königs von Rom die Schleppe des Taufkleides trug, erhielt für diesen Dienst eine Dose für 20.000 Fr. Graf Carl Clary, der 1810 eine Dose mit einer Miniatur von Saint erhalten hatte, die er zwar „sehr geschmeichelt aber doch ähnlich“ fand, gab sie sofort dem Juwelier Nitot für 13.200 Frs. zurück und machte für den Erlös eine Reise durch die Schweiz. Die Bestellungen von Dosen erfolgten bei den Juwelieren gleich zu Hunderten, 1807 wurden sie zu Preisen von 6.000 bis 10.000 Fr. in Auftrag gegeben. Die Maler, welche die Porträts des Kaisers für diese Tabatièren auszuführen hatten, waren Aubry, Augustin, Dumont, Gauci, Gilbert, Guérin, Isabey, Muneret, Robert Lefevre, Quaglia, Saint, Soiron u. a. Das Stück wurde ihnen mit 500 Fr. bezahlt, nur Isabey setzte es durch, daß er für die Miniatur 600 Fr. erhielt. Manche dieser Miniaturen täuschten in ihrer Ausführung Kameen aus Sardonyx, Agatonyx oder anderen Halbedelsteinen vor. Es ist schon oben darauf hingewiesen worden, daß der Kaiser mit den Leistungen seiner Porträtisten nicht sehr zufrieden war und Daru die Herren anweisen musste, den Monarchen gefälligst schöner abzubilden. Die Juwelierarbeit lag meist in den Händen von Nitot & fils.

Napoleon schnupfte selbst nicht, er pflegte, wie Baron Meneval berichtet, nur den Geruch des Tabaks einzuatmen. Er bezahlte für das Pfund Tabak 3 Frs., nahm eine Prise zwischen zwei Finger, roch daran und ließ sie fallen. Diese Angewohnheit hat ihn davor bewahrt, das Opfer einer Vergiftung zu werden, die in Malmaison mit vergiftetem Schnupftabak gegen ihn geplant war. Der Kaiser spielte gern mit der Dose in den Händen. Die Kammerherren vom Dienst ließen es sich angelegen sein, ihm immer neue Schnupftabaksdosen in die Hände zu spielen; wenn er die eine eingesteckt oder verlegt hatte, dann konnte es allerdings passieren, wie las Cases erzählt, daß er in der Zerstreuung wieder viel zu viel schnupfte. In den langen Sitzungen des Staatsrates ließ er sich oft die Dosen der Staatsräte bringen, spielte damit und vergaß sie schließlich zurückzugeben, so daß die Herren am Ende nur noch Dosen zu 15 Sous mitbrachten. Der Kaiser besaß für einen Nichtschnupfer zahlreiche Dosen und vermachte in seinem Testament vom 15. April 1821 seinem Sohn gegen 40 Dosen, darunter solche mit den Miniaturporträts Peters des Großen, Karls V., Turennes u. a. Tabatièren mit Porträts waren damals noch beliebte Ehrengeschenke hoher Herren an verdiente Männer, so sah man auf der Wiener Kongress Ausstellung die Prunkdosen, die Wellington auf dem Kongresse erhalten. Die sechs Dosen, welche der Oberhofmeister Fürst Trautmannsdorff damals empfangen hatte, schätzt Baron Schönholz auf 40.000 Gulden. Als das Schnupfen unmodern wurde, kam auch der Gebrauch der Dosen als höfischer oder diplomatischer Geschenke immer mehr ab.
Moltke, der 1858 den Prinzen Friedrich Wilhelm von Preußen zur Trauung nach London begleitet hat, schreibt allerdings am 27. Januar seiner Frau, daß er zwei Stunden lang umhergefahren sei, um sechs Brillantdosen zu 1.500 und 2.500 Taler zu verteilen. Orden sind außerdem bedeutend billiger und einige Ellen buntes Band um den Hals machen mehr von ihrem Träger her, als die schönste und kostbarste Dose im Hosensack. Dosen wurden oder werden nur noch an Subalterne gegeben, für welche die Gabe ein maskiertes Geldgeschenk bedeutet. Das Sammeln von Dosen hielt sich länger als der Gebrauch des Schnupftabaks. Friedrich Wilhelm IV., der ebenfalls nicht schnupfte, besaß eine hübsche Sammlung, die heute im Hohenzollern-Museum aufbewahrt wird. Aber es ist merkwürdig, keine dieser Dosen enthält mehr Miniaturporträts, so als sei mit dem eigentlichen Zweck der Dose auch die persönliche Beziehung verloren gegangen. Auch in der Sammlung von Dosen, die Fräulein von Uttenhoven dem Kunstgewerbemuseum in Berlin vermachte, befindet sich unter zahlreichen kostbaren Stücken aller Materiale und Techniken keine Bildnisdose mehr.

Das achtzehnte Jahrhundert, in dem die Dose eine so große Rolle spielte, hat auch einen Orden von der Dose gekannt. Der Dichter Jacobi, der gefühlvolle Verfasser des Woldemar, stiftete den Lorenzo-Orden von der hörnernen Dose. In Sternes empfindsamer Reise, die eben großes Entzücken erregte, tauscht Yorick seine Schildpattdose gegen die Horndose des Franziskaners Lorenzo um, weil er einen groben Ausfall von Heftigkeit gegen den armen Mönch damit gutmachen will. Mit Bezug auf diesen, allen Schöngeistern bekannten Vorgang, war das Ordenszeichen eine Horndose, auf dem Deckel Pater Lorenzo, innen Yorick zeigend. Am 4. April 1769 schreibt Jacobi an Gleim: Sollte in unserer Gesellschaft sich einer durch Hitze überwältigen lassen, so hält ihm sein Freund die Dose vor und wir haben zuviel Gefühl, um dieser Erinnerung auch in der größten Heftigkeit zu widerstehen.“

Wie alle Sitten und Gebräuche, die einst im Leben der höheren Stände eine Rolle spielten, mit der Zeit wieder daraus verschwinden, um sich dann und oft noch lange in den unteren Ständen zu halten (man kann das z. B. bei den Stammbüchern beobachten), so war es auch mit dem Schnupfen. Die gute Gesellschaft lässt das Schnupfen und gibt damit auch die Dose auf, in den Kreisen des Mittelstandes hält sich aber der Gebrauch des Schnupftabaks und mit ihm die Dose. Die billige Fabrikware produziert in den sogenannten Stobwasserdosen noch mindestens ein halbes Jahrhundert hindurch den Typ der populären Dose. Nach der Ermordung Kotzebues erscheint auf ihnen das Bildnis von Karl Ludwig Sand, man sieht Paganini mit seinen mephistophelischen Zügen und in den vierziger Jahren den neuen Luther, den Begründer des Deutschkatholizismus Ronge, manchmal auf der Rückseite begleitet vom Texte seines berühmten Briefes an den Bischof von Trier. Ebenso wie in Deutschland folgt auch in Frankreich die Industrie mit ihren Dosenbildern den Zeitereignissen auf dem Fuße und hat unter der Restauration, die jede Erinnerung an die so glorreiche Kaiserzeit mit dem kleinlichen und kindischen Hasse echten Polizeigeistes verfolgte, merkwürdige Erscheinungen in diesem Genre hervorgebracht.

130. Gylding, August III., König von Polen. 31
130. Müller, Professor Pederals. 32


Die Bonapartisten hatten Dosen, die im doppelten Boden des Deckels ein Bildnis des Kaisers vor den Blicken Unbefugter versteckten, andere, deren Form dem berühmten kleinen Hütchen nachgeahmt war. Nach dem Tode Napoleons erschien auf den Dosen seiner Anhänger die Grabstätte auf St. Helena. Die Liberalen kauften sich die Dosen des Fabrikanten Touquet, auf deren Deckel der Text der Charte abgedruckt war, andere zeigten die Bildnisse von Voltaire oder Rousseau, deren Werke in Opposition gegen die klerikal-feudalen Ultras wieder stark verbreitet wurden. Emile Marco de Saint-Hilaire schrieb 1827 über die politischen Schnupftabaksdosen: „Man sollte immer zwei Dosen mit doppeltem Deckel bei sich tragen, damit man stets etwas bei der Hand hat, womit man dem Geschmack der Personen schmeicheln kann, die man zufällig trifft, gleichgültig, welches ihre politische Meinung sei. Drei Seiten derselben müssen dem Parteigeist dienen. Die erste sei bekleidet mit der Charte, wie Mr. Touquet sie vor einigen Jahren so geistreich erdacht hat, diese Seite wird man zweifellos am häufigsten zeigen dürfen. Die andere Seite wird das Bildnis des Exkaisers enthalten, dieses Porträt ist ja jetzt nicht mehr verboten. Außerdem seid ohne Furcht, ich gestehe, er war ein Usurpator, aber er besaß doch manche gute Eigenschaft. Immerhin sind ihm Freunde geblieben, die an seinem Andenken hängen und ein Mann, der vorwärts kommen will, darf niemand vernachlässigen. Die dritte Seite sei der famosen Fahne geweiht, die einst Martainville und Genossen erhoben, die weiße Fahne mit der Inschrift: „Es lebe der König.“

Die Dosen für die Aufbewahrung des Schnupftabaks waren nicht die einzigen Behälter, die man damals mit Miniaturen schmückte, die Anzahl der Büchsen, die elegante Damen und Herren notwendig gebrauchten, war weit größer. Unter ihnen gebührt der Bonbonniere wohl ein Hauptplatz. Diese Schachteln wurden durch das Material, aus dem sie angefertigt wurden, und durch die auf ihre Ausschmückung verwandte Kunst zu großen und wertvollen Kostbarkeiten. In Frankreich stand Paris oben an unter den Plätzen, an denen die geschmackvollsten Werke dieser Art verfertigt wurden, in Deutschland Augsburg, Nürnberg und Dresden, in Italien Neapel. Die Pariser Juweliere Hamelin, Maillé und Drais waren in den fünfziger Jahren des achtzehnten Jahrhunderts berühmt, für die kleinen Gemälde, die sie in Maleremail auf goldenen Dosen ausführten, sie wurden wegen der Vollendung ihrer Malereien in Gemäldegalerien aufgestellt. Unter den Darstellungen waren Blumenstücke in Email translucide, Vögel, die Fabeln Lafontaines, Liebesgötter und ähnliche erotische Tändeleien besonders beliebt. Wie hoch sie geschätzt wurden, geht schon daraus hervor, daß Diderot 1755 das Programm entwarf, nachdem Durand die sechs Bilder einer Tabaksdose in Email ausführte, sie stellten eine Schule der Liebe dar. In den Ausstattungen französischer Prinzessinnen nehmen kostbare Dosen aller Art einen großen Raum ein. Die hohen Bräute durften dieselben aber nicht behalten, sondern mußten sie an die Damen ihres Gefolges austeilen. Nur besondere Stücke waren für sie selbst bestimmt, so fand Marie Antoinette 1770 in ihrer Corbeille eine große achteckige goldene Büchse auf blauem Grunde in Email gemalt, die mit 160 Rosen und 28 Brillanten besetzt war und 20.746 Fr. gekostet hatte. In der Corbeille der Gräfin von Provence (ihr Gatte wurde später König als Ludwig XVIII.) war unter anderem eine sehr große von Blarenberghe in Miniatur gemalte Büchse; in der Corbeille ihrer Schwägerin, der Gräfin von Artois (deren Mann als Karl X. den französischen Thron bestieg), waren 1773 Dosen mit Miniaturen nach Boucher, Teniers, Watteau u. a. Das Prunkstück der für die Prinzessin selbst bestimmten Büchse stammte von dem Juwelier Aubert, sie war in Gold und besetzt mit 689 Brillanten, 244 Smaragden und 116 Rubinen, Preis 19.642 Fr. Als 1782 der spätere Kaiser Paul I. als Comte du Nord Paris besuchte, beschenkte ihn Ludwig XVI. mit einer goldenen emaillierten Büchse, welche die Miniaturen des Königs und der Kaiserin in einem Kranze von 24 Brillanten zeigte. Die Töchter Ludwigs XV., die bei Hofe ein sehr langweiliges einförmiges Leben führten, waren, wie es scheint, sehr große Liebhaberinnen derartiger Behälter. Der Juwelier Garrand lieferte 1762 an Madame Christine de France eine große ovale Goldbüchse mit dem in Brillanten gefassten Miniaturporträt des Dauphin, umgeben von emaillierten Medaillons mit der Darstellung der vier Jahreszeiten, Preis 1.650 Fr. Derselbe Juwelier hat im gleichen Jahre eine noch viel köstlichere Büchse an Madame Christine abgeliefert. Sie war von Gold und mit 8 emaillierten Bildnissen von Mesdames Adelaide, Victoire, Sophie und Louise, dem Herzog von Berry, den Grafen von Provence und Artois und Madame de France geschmückt. 2.000 Brillanten bildeten die Einfassung der Miniaturen. Preis ohne die Diamanten 6.800 Fr. Jacques Charlier hat einmal eine solche Büchse mit 12 großen Miniaturen hergestellt, von denen jede 1.200 Fr. kostete, in heutigen Geldwert umgerechnet würde der Anschaffungspreis eines solchen Kunstwerks nach Henri Bouchot 40.000 Fr. betragen.

Kleinere Dosen wurden für die Schönheitspflästerchen gebraucht, mit denen die Damen sich das Gesicht beklebten, andere für die Schminke, die man stets bei sich trug, um schadhafte Stellen der Gesichtsmalerei sofort ausbessern zu können. Auch diese schmückte man mit Miniaturen, wie denn Napoleon I. wiederholt Etuis für Zahnstocher mit seinem Bildnis versehen ließ. Die Spielwut, der in der vornehmen Gesellschaft gefrönt wurde, erforderte neue Schachteln. Um nicht mit Gold zu spielen, benutzte man Jetons, die man für sich selbst herstellen ließ, entweder in Metall oder in Elfenbein. Man hatte für das Reversis-Spiel einen besonderen Satz von vier kleineren Schachteln in einer größeren. Ein Herr de la Vaupalière, eine arge Jeuratte, bat einst seine Frau um einen solchen Satz von Dosen. Sie ließ sie ihm auch anfertigen und verzierte dieselben mit ihrem eigenen und den Miniaturbildnissen ihrer Kinder mit der Umschrift: „Denke an uns.“ Die hübsche Idee soll leider nicht die erhoffte Wirkung gehabt haben. Auch die Außen- oder Innenseite der Notizbücher und Brieftaschen versah man mit Miniaturen; Delbrück, der Erzieher des Prinzen Wilhelm, späteren Kaiser Wilhelm I., schenkte 1810 seinem Zögling eine hübsche Brieftasche von rotem Maroquin, die auf der Innenseite das Miniaturporträt des Lehrers enthielt. Die Erfindungsgabe hatte in bezug auf das Anbringen von Miniaturen einen außerordentlich weiten Spielraum. Kaiserin Charlotte von Russland ließ für ihre Schwester, die Großherzogin von Mecklenburg-Schwerin, ein Lesezeichen anfertigen, an dessen unterem Ende ein kleines Herz von blauer Emaille hing. Dieses Herzchen war zu öffnen und enthielt innen eine Miniatur Kaiser Nikolaus I.

Ein ganz besonders weites Feld der Miniaturmalerei eröffnete sich auf den Fächern, die eigens für diese Kunstübung erfunden scheinen. Die berühmtesten und geschicktesten Künstler haben miteinander gewetteifert, um die Fächer mit dem Raffinement auszuschmücken, auf welches dieses der Koketterie geweihte Utensil Anspruch hat, es bedürfte eines ganzen Bandes für sich, wollte man der Geschichte der Fächermode nachgehen. Wie die französischen Prinzessinnen in ihrer Corbeille Fächer fanden, die sie an die Damen des Gefolges zu verteilen hatten, ebenso mußte auch jede andere Braut an ihrem Hochzeitstage den Damen der Gesellschaft Fächer verehren. Wie die Dosenbilder, so sind auch die Darstellungen der Fächerblätter der Zeitmode und den Zeitereignissen gefolgt. Heroisch unter Ludwig XIV., pikant, frivol unter Ludwig XV., galant, sinnig unter Ludwig XVI., werden sie republikanisch, schließlich kaiserlich. Die Zahl der Fächermaler ist ganz außerordentlich groß und die französischen Erzeugnisse haben auch in diesem Luxusartikel von jeher einen großen Ruf besessen. Der spanische Maler Juan Cano de Arevalo, der im siebzehnten Jahrhundert in Madrid lebte, benutzte dies Vorurteil seiner Kundinnen. Er hatte viele Fächer gemalt, ohne Abnehmer zu finden und ließ unter der Hand das Gerücht verbreiten, er habe eine Sendung französischer Fächer direkt aus Paris erhalten, da war nach wenigen Tagen sein Vorrat ausverkauft! Ein Fächer, dessen Malerei Watteau zugeschrieben wurde, erzielte vor 30 Jahren auf einer Londoner Auktion 12.500 Fr.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Miniaturen und Silhouetten