Innendekoration

Man hat die Miniaturmalerei selbst zur Ausstattung ganzer Zimmer benutzt, der bayerische Kurfürst Max III. ließ von dem Miniaturisten Joseph Bucher ein ganzes Kabinett mit Miniaturen ausmalen. In den Reichen oder Kaiserzimmern der Münchener Residenz gelangt man zuletzt in ein kleines Schreibkabinett, dessen Dekoration Frangois Cuvilliés entworfen hat (S. 169). Die Decke weiß mit vergoldeten Stuckornamenten von Zimmermann aus dem Jahre 1733, die vergoldeten Holzschnitzereien auf rotem Lackgrund an den Wänden und Türen von Joachim Dietrich von 1732. Die Wände zeigen ein Rahmenwerk zierlichster Rokoko-Ornamente, zwischen denen sich 128 Miniaturgemälde befinden. Es sind Kopien nach den Meisterwerken der berühmtesten deutschen, italienischen, französischen und niederländischen Maler. An dieser Art der Miniaturkopien hatte man, da es doch keine mechanische Reproduktion nach den Originalen gab, großes Vergnügen. Als die spätere Herzogin Sophie von Hannover den Herzog Wolfgang Wilhelm von der Pfalz in Düsseldorf besuchte, bewunderte sie die Dekoration seines Schlafzimmers, an dessen Wänden mehr als 100 Miniaturbilder Szenen aus dem Alten und Neuen Testament, darstellten. Erzherzog Ferdinand von Tirol hatte in Schloss Ambras Hunderte von Miniaturbildnissen aus Vergangenheit und Gegenwart zusammengebracht. Kaiserin Eleonore Magdalene Theresia schenkte einmal ihrem Gatten Kaiser Leopold I. zum Namenstage ein monstranzenartiges Tragaltärchen, das unter Kristall eine Miniatur der Geburt Christi nach Dürer enthielt. David Teniers (1610 — 1690), der in Brüssel Hofmaler und so etwas wie der Galeriedirektor des Erzherzogs Leopold Wilhelm war, hat die Sammlung desselben wiederholt in Miniatur gemalt. Einmal in vier mittelgroßen Gemälden, welche die Wände der Galerie mit allen darauf hängenden Bildern auf das genaueste darstellen, mit solcher Treue, daß man die Stücke danach identifizieren kann und die Teniersschen Gemälde ein Hilfsmittel der kunsthistorischen Forschung geworden sind. Die Originale von Teniers befinden sich in der Münchener Alten Pinakothek, die Galerie, die er darstellt, ist in das Belvedere und mit diesem in die Wiener Hofmuseen übergegangen. Ein zweites Mal hat Teniers die Gemälde der erzherzoglichen Sammlung in Miniatur kopiert, um sie danach in Kupfer stechen zu lassen. Ein Teil dieser Miniaturen, 120 Stück, gelangte in den Besitz des Herzog von Marlborough und wurde bei der Auktion der Sammlungen von Schloss Blenheim für £ 2002 (40.000 Mark) versteigert. Im achtzehnten Jahrhundert ließ Freiherr von Brabeck, der damals in Söder eine berühmte Galerie besaß, die besten Gemälde derselben von Johann Christian Kuntze aus Bonn in Miniatur kopieren, damit er die Kopien auf Reisen mit sich führen könne und seine Sammlung weniger entbehre. Die Art, wie Teniers die erzherzogliche Sammlung auf größeren Bildern abschilderte, fand Nachahmung, Th. von Frimmel hat das Material in seiner Arbeit über gemalte Galerien zusammengestellt.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Miniaturen und Silhouetten