Das Mobiliar

Der Kreis der Verwendung der Miniatur ist mit Schmuckgerät und Geschirr nicht abgeschlossen, man hat sie auch zur Verzierung des Mobiliars herangezogen und zwar wie es scheint, schon in früher Zeit. Ernst Lemberger spricht von einem Tisch, der sich einst im Schlosse in Weimar befand und auf seiner Platte 24 Miniaturbildnisse von Angehörigen des fürstlichen Hauses Sachsen zeigte, drei derselben trugen das bekannte Cranachsche Monogramm und die Jahreszahl 1565. Wo dieses Möbelstück sich heute befindet, ist nicht nachzuweisen. Die Schmuck- und Zierschränke des siebzehnten Jahrhunderts sind auf ihren Feldern häufig mit Feinmalereien geschmückt. Papst Alexander VII. schenkte 1663 Kaiser Leopold I. einen solchen Prachtschrank, eine Arbeit- des Kunsttischlers Hermann Müller in Rom. Er ist mit Lapislazuli, Buntmarmor und Amethystmutter ausgelegt und enthält in seinen Feldern Guaschmalereien römischer Künstler, teils Szenen aus dem Leben Konstantins nach Raffael, teils Ansichten römischer Kirchen. Man benutzte für diese Prunkstücke gern den sogenannten Ruinenmarmor. Es ist ein Gestein, dessen Adern aus einiger Entfernung betrachtet täuschend antiken Ruinen gleichen, der Maler hatte nur mit spitzem Pinsel einige Figürchen, einige Bäume dazuzusetzen, um die Illusion des Bildes vollkommen zu machen. Kurfürstin Anna von Sachsen besaß einen Arbeitstisch, der ganz mit Ruinenmarmor eingelegt war. Das Wiener Hofmuseum besitzt ein Tragaltärchen in Ebenholz mit emaillierten Silberornamenten, das auf einer Marmorplatte unter Benützung der natürlichen Zeichnung des Steins die Verkündigung enthält. Im achtzehnten Jahrhundert, als die Pariser Möbelkunst unter Ludwig XVI. alle Elemente der Dekoration für ihr Prunkmobiliar heranzog, benutzte man auch bemalte Porzellanplatten, Medaillons in Eglomisé und andere Techniken der Feinmalerei, um sie zur Inkrustation in Schränke zu verwenden. Das glänzendste Beispiel dieser Häufung dekorativen Materials ist wohl der Schmuckschrank Marie Antoinettes mit den Bronzen von Thomire und den Miniaturen von Degault. Der Kunstschreiner David Röntgen in Neuwied, der in den letzten Jahrzehnten des achtzehnten Jahrhunderts Schreibschränke von größter Pracht der Intarsierung verfertigte, benutzte auch die Bildnisminiatur für seine Zwecke. Im Hohenzollern-Museum befindet sich ein solcher Sekretär Friedrich Wilhelms II., in den eine Elfenbeinminiatur des Königs eingelassen ist. Königin Louise besaß eine große Kassette mit Miniaturporträts auf den Türen, im Schlosse Favorite bei Palermo sieht man noch einen schönen Tisch aus dem Mobiliar der Königin Caroline von Neapel. Er ist von Mahagoni mit schmalen Streifen von Bronzeeinlage und zeigt in die Platte eingelassen fünf Bildnisminiaturen von Angehörigen der königlichen Familie. Auf der Mannheimer Miniaturen-Ausstellung sah man Kanapeeflügel „mit aufgelegten Miniaturbildnissen und besonders zahlreich und schön waren Möbel mit dem Beiwerk von Miniaturen auf der Wiener Kongress-Ausstellung zu sehen, da gab es Schreibtische für Herren und Damen, in deren Türen und Klappen feingemalte Bildnisse befestigt waren, einen Arbeitskorb aus Ebenholz und Maroquin mit feinsten Aquarellminiaturen und andere mehr. Gräfin Boigne sah bei der Herzogin von Chatillon einen Spiegel, in dessen Rahmen die Dame die Bildnisse ihrer (zahlreichen) Liebhaber hatte einlegen lassen. Im K. K. Österr. Museum am Stubenring ist ein Damennähtisch aus ungarischem Eschenholz mit Beschlägen von poliertem Stahl, in dessen Klappen sich vier Miniaturen gemalt von Wiegand befinden, ebenda ein Mahagoni Schreibtisch von Stoll mit eingelegter Miniatur. Die Stobwassersche Lackmalerei ist vielfach für das Mobiliar herangezogen worden, der Mahagonisekretär aus dem Bierschen Vermächtnis im Berliner Kunstgewerbe-Museum, eines der schönsten bürgerlichen Möbel der Biedermeierzeit, zeigt innen zwei Türchen mit Schweizer Landschaften in dieser Technik.

130. Hornmann, Christian VIII. von Dänemark. 36
Abb. 131. Miniaturkabinett der Reichen Zimmer in der Kgl. Residenz zu München
Abb. 132. Kleinod Lehwald, Friedrich d. Gr.
Abb. 133. Dosendeckel mit 28 Miniaturen




Dieses Kapitel ist Teil des Buches Miniaturen und Silhouetten