Menschenschaedel als Trinkgefaeße.

Aus: Zeitschrift des Vereins für Volkskunde. 23. Jahrgang
Autor: Krebs, Heinrich, Erscheinungsjahr: 1913

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Volkskunde, Rituale, Mittelalter, Russland, Trinkgefäße, Menschenschädel,
Im Anschluss an die letzte Arbeit Richard Andrees über „Menschenschädel als Trinkgefäße“ (oben 22, 1 — 33) möchte ich auf ein aus dem russischen Mittelalter angeführtes Beispiel zurückkommen und eine nähere Erklärung hinzufügen. Wie Andree mit Bezugnahme auf Schafariks Slawische Altertümer und die altrussische Nestor-Chronik S. 21 seiner Untersuchung in Kürze berichtet, lies der Petschenegenfürst Kurja dem von ihm überwundenen und erschlagenen russischen Großfürsten Svjatoslav den Kopf abhauen und aus seinem Schädel einen mit Gold eingefassten Trinkbecher verfertigen. — Nach dem mir vorliegenden altrussischen Texte der Nestor-Chronik (ed. Fr. Miklosich, Vindobonae 1860 S. 43) lautet der ursprüngliche Bericht wie folgt:

„Als der mit reicher Beute beladene russische Großfürst auf seinem Rückzug von der griechischen Kaiserstadt Byzanz im Frühjahr 972 an die Stromschnellen des Dnjepr gelangte, lauerte ihm dort der Petschenegenfürst Kurja mit einem stärkeren Gefolge auf, überfiel und besiegte ihn in der Schlacht. Svjatoslav wurde geköpft und aus seinem eingefassten Schädel ein Trinkbecher hergestellt, woraus jener darnach zu trinken pflegte.“

Ob dieser Schädelbecher mit Gold oder einem anderem Metall beschlagen und eingefasst war, wird in der Nestor-Chronik nicht ausdrücklich erwähnt.

Vielleicht werden manche Leser der Zs. f. Vk. aus diesem Anlasse gern erfahren, dass die berühmte ethnographische Pitt-River-Sammlung des Oxforder Natur-historischen Museums nicht weniger als zehn solcher Schädelbecher unter ihren Schätzen aufbewahrt. Nur zwei von ihnen, die aus China und Ostindien stammen und, dem Andenken verstorbener Freunde geweiht, zu religiösen Trankopfern dienten, sind mit einem Messingrand eingefasst, die anderen, aus Süd-Australien, Neu-Seeland und Borneo stammend, sind in ihrer natürlichen Schädelform ohne künstliche Einfassung gelassen und wurden augenscheinlich von wilden Häuptlingen als Triumphzeichen erschlagener Gegner gebraucht.

                Oxford. Heinrich Krebs.

Tatar auf der Halbinsel Krim

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