Der Degen und Kostüm

Unerlässlich gehört zur Kleidung des Kavaliers der Degen, den das ganze Jahrhundert hindurch kein Herr der besseren Gesellschaft entbehren konnte. In der Zeit der weit abstehenden Röcke trug man ihn horizontal; englische Degen mit Griffen von brillantiertem Stahl waren die kostbarsten.

Es ist so gut wie selbstverständlich, dass das beständige Tragen einer Waffe zum Gebrauch derselben ordentlich herausfordern musste, und wie seine Vorgänger ist denn auch das 18. Jahrhundert noch erfüllt vom Lärm der Duelle. Casanova beschwert sich einmal darüber, dass man jeden Augenblick bereit sein müsse, wegen irgendeiner Bagatelle den Degen zu ziehen, denn für rauflustige und händelsüchtige Leute war ein Vorwand, sich zu schlagen, bald gefunden. Herr von Blücher ließ seine Söhne, darunter den späteren Fürsten, in die Welt ziehen, ohne ihnen etwas anderes mitzugeben, als den Rat, sich vor allem und immer in Avantage zu setzen d. h. jeden Gegner sofort zu schlagen. Zweikämpfe, die aus irgendeinem Grunde nicht sofort ausgetragen werden konnten, blieben oft Jahr und Tag in der Schwebe, wie das Duell zwischen dem Grafen Max Adam Zobor und dem schwedischen Gesandten am kaiserlichen Hof Henning v. Strahlenheim. Der ungarische Graf hatte in Gegenwart des anderen geäußert, auf die Gesundheit des Großtürken, des Rakoczy und des Königs von Schweden trinke kein ehrlicher Mann, hatte à tempo ein paar ordentliche Ohrfeigen erhalten und hatte dann alle Mühe, sich von dem durch das Völkerrecht geschützten Gesandten Genugtuung zu verschaffen.


Die Duellwut, die besonders auf den Universitäten grassierte, auch Goethe hatte das seine 1767 in Leipzig mit dem Livländer Gustav Bergmann, ergriff die Theologen so gut wie die Studenten anderer Fakultäten. Besonders berüchtigt waren in Deutschland die Universitäten Jena und Gießen. Man hat das Tragen des Degens, wie es in Hannover schon seit 1731 den Lakaien, Handwerkern, Gesellen, der studierenden Jugend u. a. untersagt war, auch in Halle 1750 den Studenten überhaupt verboten. Denn dass ein Student Duell kniff, wie Bürger 1770 in Göttingen, der den Rektor um seinen Schutz anfleht, als ihn der Mecklenburger Jakob Ludwig Ratje beleidigt hatte, dürfte wohl ein Ausnahmefall geblieben sein.

Das Duellieren war indessen durchaus kein Vorrecht ungebärdiger Jugend. Im Jahre 1729 beabsichtigten die Könige Friedrich Wilhelm I. von Preußen und Georg II. von England allen Ernstes, ihre Differenzen mittels eines Zweikampfes im Angesicht ihrer Heere zu erledigen, wie einst die trojanischen Helden. Der regierende Fürst Leopold von Anhalt forderte den General von Grumbkow, konnte seinen Gegner aber, wie die Prinzessin Wilhelmine erzählt, nicht zum Stehen bringen. Ganz allmählich setzten sich mildere Sitten durch. Wenn in Wien bei Beginn des Jahrhunderts in einem Duell noch beide Gegner Graf Collalto und Graf Sinzendorf fallen, wenn der Fürst Czartoryski die Hand seiner reichen Geliebten nur dadurch gewinnen kann, dass er seinen Mitbewerber um ihre Gunst im Duell tötet, so ist das Duell am Ende des Jahrhunderts ein Schauspiel geworden, dessen Aufführung in Paris z. B. 1790 30 Wagen voll Damen beiwohnen. Lauckhard war 1777 in Straßburg schon aufgefallen, wie fein und manierlich die dortigen Offiziere mit einander verkehrten. Er, der den rohen Ton deutscher Universitäten gewöhnt war, schob das feine Benehmen auf den Wunsch, Duelle möglichst zu vermeiden. Diese Gesinnung brach sich jedenfalls Bahn; denn 1792 erließen gerade in dem ehedem so berüchtigten Jena 300 Studenten einen Aufruf an die anderen Universitäten wegen gänzlicher Abschaffung der Zweikämpfe.

Dieser Vorschlag musste ihnen um so natürlicher erscheinen, als mit der weiten Verbreitung des englischen bürgerlichen Anzugs das Degentragen außer Gebrauch kam. In England trugen Fußgänger nie Degen. Er gehörte dort nur zur Gala und in der Tat passte er schlecht zu dem legeren Schnitt des englischen Anzugs. In Deutschland allerdings fiel es dem schwedischen Reisenden Björnstahl noch 1774 als bemerkenswert auf, dass der Fürst Karl von Nassau-Usingen ohne Degen ging.

Das Kostüm der Herren war in jeder Beziehung außerordentlich reich und leistete der Prunksucht und der Verschwendung jeden denkbaren Vorschub. Der Aufwand, den die Herrentoilette erforderte, war nicht geringer, als jener der Damen, im Gegenteil. Frau v. Sévigné entwirft ein Budget für ihren Schwiegersohn, den Grafen Grignan, der nicht einmal in Paris, sondern in der Provinz lebte, und rechnet dabei für seine Toilette 20.000 Francs jährlich, für seine Frau dagegen nur 6.000 Francs. Ludwig XIV. trug als Garnitur bei der Audienz des persischen Gesandten 1715 für 12 1/2 Million Diamanten an Rock und Hut. Er erlag unter der Last derselben, schreibt der Herzog von Saint Simon. Der Kurfürst Max Emanuel von Bayern besaß eine Garnitur Diamantknöpfe, an welcher er 20 Jahre hindurch gesammelt hatte. Die Kleidergarnituren August des Starken in Smaragden, Saphiren, Rubinen, Diamanten, welche Keyßler 1729 im Grünen Gewölbe zu Dresden bewunderte, können wir auch heute noch dort sehen und schätzen. Es gab Privatleute, welche hinter dieser Pracht nicht zurückstanden. Die Garderobe des sächsischen Premierministers Grafen Brühl enthielt 500 Anzüge, 47 Pelze, 13 Muffen, 75 Degen, 102 Taschenuhren, 87 Ringe, 63 Riechfläschchen usw. Mr. Damer, der Gatte der englischen Bildhauerin, der sich täglich mindestens dreimal umzuziehen pflegte, hinterließ 1776 eine Garderobe im Werte von ? 15.000; ein Glücksritter wie Casanova erzählt mit Stolz von sich, dass der Anzug, in dem er 1766 in Lyon ein Fest besucht: Rock von aschgrauem geschorenem Sammet mit Gold und Silber gestickt, Uhren, Dose, Schuhschnallen usw. 150.000 Francs wert war. Auch für den berühmten österreichischen Staatskanzler Fürsten Kaunitz war die Kleidung eine der Hauptangelegenheiten des Lebens, aber im Gegensatz zu seinem sächsischen Kollegen trug er sich zwar sehr geschmackvoll, aber stets einfach, nie reich oder gestickt. Wenn nun auch nicht jeder Herr zu solchen Ausgaben gezwungen war, so blieb doch für solche, die der besseren Gesellschaft angehörten, die Toilette immer höchst kostspielig. Am Hofe der 1740 gestorbenen Kaiserin Anna war es verboten, zweimal in dem gleichen Anzug bei Hof zu erscheinen. Wer da von den Herren etwa nur 3.000 Rubel im Jahr für seine Toilette auszugeben hatte, der spielte eine Hofärmliche Figur.
208. Magasin des Modes, 1787

208. Magasin des Modes, 1787

209. Watteau de Lille, La prude Mélisse, Aus der Galerie des Modes 1785

209. Watteau de Lille, La prude Mélisse, Aus der Galerie des Modes 1785

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