Puder

Alle Frisuren hatten nur einen Zug miteinander gemein, sie waren alle gepudert. In den Zeiten Ludwigs XV. und Ludwigs XVI. puderte sich die ganze feine Welt, Männer, Frauen Kinder stäubten sich ihr Haar dick mit Reismehl ein.

Das graue Haar machte alle miteinander gleich alt. Sich alt zu machen, war der gute Ton, das Haar zu pudern etwas so Selbstverständliches, dass Friedrich Nicolai in Augsburg ein Gnadenbild der heiligen Jungfrau sah, dem an hohen Festen die Perücke frisch gepudert wurde.


Für das Privileg. Puder erzeugen zu dürfen, zahlte Pietro Capranica dem Senat in Venedig 2.000 Dukaten jährlich, aber sein Puder brachte ganze Schwärme von ekelhaftem Gewürm hervor. Erst sein Sohn führte den Reispuder ein. Erst nach der Mitte des Jahrhunderts setzt eine Bewegung gegen den Haarpuder ein, die Gründe der Reinlichkeit und der Philanthropie miteinander verbunden gegen das Pudern ins Feld führt. Man machte geltend, dass der enorme Verbrauch an Weizenmehl dem Volk die notwendigsten Nahrungsmittel verteuere und wenn das Haarpudern als allgemeiner Verbrauch auch erst im letzten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts verschwunden ist, der Beginn der Bewegung liegt weiter zurück.

1764 sah Casanova auf einem Ball des Herzogs von Cumberland Lady Grafton mit ungepudertem, zwanglos in die Stirn fallendem Haar, eine Frisur, welche von allen Anwesenden gemissbilligt wurde und daher binnen einem halben Jahr in ganz England allgemein getragen wurde. Sie inauguriert die Mode, welche uns auf den Köpfen der Modelle von Reynolds und Gainsborough so entzückt. Auf dem Kontinent hat es weit länger gedauert, bis man sich des Puders entwöhnte. Noch in den achtziger Jahren berichten Reisende aus England mit Erstaunen, dass selbst zierlich gekleidete Damen sich nicht zu pudern pflegten.
184. Moreau, Alte Dame

184. Moreau, Alte Dame

185. J. M. Moreau le j., Illustration zu Rousseau, Emile, 1779

185. J. M. Moreau le j., Illustration zu Rousseau, Emile, 1779

186. Chodowiecki, 1780

186. Chodowiecki, 1780

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