Die Damenmode

Die Mode, in welcher die Frau aus dem 17. ins 18. Jahrhundert schritt, war in der zweiten Hälfte der langen Regierungszeit Ludwigs XIV. entstanden und hat mit geringfügigen Veränderungen fast 40 Jahre gedauert. Ihre Stetigkeit darf man wohl auf die ernste Sinnesweise der Dame zurückführen, die in jenen Jahrzehnten am französischen Hofe den Ton angab, der Marquise von Maintenon. Der Anzug der Dame bestand, soweit er sichtbar war, aus drei Hauptstücken, der Taille mit zwei Röcken.

Die Taille, tief und spitz geschnürt, ließ Hals und Unterarme frei, ein Décolleté, an das sich die schöne Welt zwar sehr rasch, Moralisten und Geistliche aber nur sehr langsam gewöhnten. In Wien hat ein Prediger sich damals in seinem Eifer so weit hinreißen lassen, dass er in der Hofkirche äußerte, er wünsche, der Adler des Evangelisten Johannes solle den Damen auf die entblößten Brüste sch..., und sich weigerte, dem öffentlichen Ärgernis durch Abbitte Genüge zu tun. Man beauftragte also Abraham a Santa Clara mit einer Korrektur der anstößigen Bemerkung und der fromme Mann äußerte am nächsten Sonntag von der Kanzel, er bedaure die Unanständigkeit, zu der sich sein Vorredner habe hinreißen lassen herzlich, ginge es aber nach seinen Wünschen, so müsse nicht ein Adler, sondern der Ochse des Evangelisten Matthäus dies Geschäft besorgen!


Das Kleid bestand aus zwei Röcken, von denen der untere rund geschnitten und meist garniert war, der obere aber vorn aufgeschnitten, nach rückwärts hochgenommen in langer Schleppe nachfloss. Um das auf ihm lastende Gewicht der Schleppe tragen zu können, war der untere Rock abgesteift und enthielt, um seine runde Form zu behalten, eiserne Reifen im Futter. Während Taille und Schlepprock, in Frankreich Manteau genannt, in Farbe und Stoff gleich waren, so durfte das Unterkleid verschieden sein. Es wurde gestickt und besetzt und trug, seitdem der Falbala, was wir heute Volant nennen, erfunden war, kaum noch anderen Besatz als solchen.

Ein glücklicher Zufall hat uns den Namen dessen bewahrt, der den Falbala erfand, er hieß Langlee. Liselotte schreibt einmal wie sie angezogen ist: „Alle meine Unterrock sind mit Nesteln an mein Leibstück gebunden und le Manteau ist auf mein Leibstück genehet.“ Das Leibstück ist die Taille, die mit dem Korsett in eins gearbeitet war. also in diesem Fall die ganze Last der Röcke zu tragen hatte. Die Erscheinung einer Dame in dieser Tracht war nicht nur vorteilhaft, sondern auch würdevoll und ansehnlich, wozu die Schleppe nicht wenig beitrug. Damit der Wetteifer der Damen, den sie in der Länge ihrer Schleppen entfalteten, nicht zu weit gehe, wurden genaue Vorschriften darüber erlassen; so durfte in Frankreich nur die Königin eine 11 Ellen lange Schleppe tragen, während die Prinzessinnen je nach dem Grade ihrer näheren oder weiteren Blutsverwandtschaft mit dem König, sich mit solchen von fünf bis neun, Herzoginnen aber mit Schleppen von drei Ellen Länge begnügen mussten (die alte französische Elle ungefähr im 20cm). Wenn die Schleppe schon das ihre dazu beitrug, die Erscheinung der Dame in die Länge zu ziehen, so wurde diese Richtung nach dem Stattlichen noch bestärkt durch den Kopfputz, die Fontange.
132. Nicolas Lavreince, Junges Mädchen

132. Nicolas Lavreince, Junges Mädchen

133. Zoffany, Thomas King und Mrs. Baddely in der Heimlichen Vermählung, 1772

133. Zoffany, Thomas King und Mrs. Baddely in der Heimlichen Vermählung, 1772

134. Rat Goethe

134. Rat Goethe

135. Frau Rat Goethe

135. Frau Rat Goethe

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