Der Schuh

Die Chaussüre der Damen war der bekannte Stöckchenschuh, ein Halbschuh, der mittels eines etwa sechs Zoll hohen Absatzes den Hacken in die Höhe schob und den ganzen Fuß nach vorn drängte, wo die Zehen in scharfer Spitze zusammengepresst wurden.

Der Schuh bestand aus Stoff, aus Seide oder Leinen und wurde je nach Laune oder Geschmack reich mit Stickerei verziert, denn der kurze Reifrock ließ ihn ja voll zur Geltung kommen. Lederschuhe gab es nicht. Das schöne Geschlecht ging selten oder nie aus. Der Hauptschmuck des Schuhes bestand nächst seiner Kleinheit in den Schuhschnallen oder Schleifen, die ihn vorn zu schließen schienen. Eine Zeitlang hatte man in Paris auch an der Naht des Hakens kleine Schmuckstücke, die man „Venez-y-voir“ nannte und gern aus Smaragden wählte. Man kann sich wohl denken, dass es für die Damen, die in ein enges, tiefschnürendes Korsett eingepanzert waren und turmhohe Frisuren zu balancieren hatten, keine geringe Aufgabe war. sich in diesem Schuhwerk zu bewegen.


An schnelles Gehen war überhaupt nicht zu denken. Als Casanova einmal in Versailles den Damen der Königin begegnet, die aus irgendeinem Grunde genötigt waren, sich sehr rasch in einen anderen Raum zu begeben, sieht er sie mit hochgehobenen Reifröcken in halb huckender Stellung mit krummen Knien eilends davonhatschen, und als er, der die Damen dieses Hofes überhaupt sehr hässlich fand, sich erkundigte, warum sie sich gar so grotesk bewegen, hört er, das müssten sie, sonst fielen sie unfehlbar der Länge nach hin.

Der Zustand der Straßen erlaubte ja auch in damaliger Zeit gar kein Ausgehen zum Vergnügen. In London trugen die Frauen, mussten sie aus dem Hause, hohe, runde, eiserne Maschinen, wie kleine Stelzen, am Fuß, sonst begnügte man sich im Garten oder auf den seltenen Promenaden ein wenig herumzutrippeln. Erst als der berühmte Arzt Tronchin es unternahm, die Krankheiten dadurch zu heilen, dass er ihnen mittels einer naturgemäßen Lebensweise vorbeugte, und den Frauen als Heilmittel gegen das Modeleiden der Vapeurs fleißige Bewegung in freier Luft empfahl, griffen sie zu den langen Stöcken aus spanischem Rohr und „tronchinierten“ ein wenig damit [was wir heute müllern nennen]. Ein anderer Arzt, Roussel, wandte sich alsbald heftig gegen diesen Gebrauch, denn das unnütze Spazierengehen schade dem Temperament der Frauen und verwirre ihre Ideen.

In den achtziger Jahren nahmen die Damen den Herrenschuh mit flachem Absatz an, der sich im letzten Jahrzehnt zur völlig absatzlosen flachen Sandale wandelt. Der immer offen getragene Hals hätte eigentlich nach Schmuck verlangen sollen, aber das war merkwürdigerweise nicht der Fall. Man trug zur Zeit Ludwigs XV. um den Hals gern kleine Rüschen aus Spitze oder Band, aber weder Steine noch Perlen. Diamanten besetzten die Korsage und hingen in riesigen Fassungen in den Ohren, krönten auch die Frisur, aber Hals und Busen blieben frei von ihnen, an den Armen trug man Perlenschnüre mit einem Medaillon als Schloss, im Gürtel gern zwei Uhren mit Berlock wie die Herren. Unter Ludwig XVI. trugen Frauen und Mädchen gern ein schmales Band um den Hals, an dem vorn am langen Ende ein Kreuzchen oder Medaillon hing. Als die Empfindsamkeit Mode war, fertigte man Schmucksachen aus Haaren und trug sie als Ringe, Armbänder und Ketten.
194. Chodowiecki, 1780

194. Chodowiecki, 1780

195. Francesco Bartolozzi, Comte de Caglioitro, 1781

195. Francesco Bartolozzi, Comte de Caglioitro, 1781

196. Etienne Aubry, Abschied von der Amme

196. Etienne Aubry, Abschied von der Amme

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