Friedrich der Große

Zu dem literarischen Übergewicht des Nordens trat der Ruhm der Heldentaten Friedrich des Großen, von dem, wie Goethe sagte, die deutsche Literatur den ersten wahren und höheren Lebensgehalt empfing, von dessen strahlendem Namen auch ein Abglanz auf die Deutschen als Nation fiel. Noch während des Siebenjährigen Krieges hatte sich selbst im Lager seiner Gegner eine Fritzische Partei gebildet. Wie es in Frankfurt zuging, erzählt ja in anschaulicher Weise Wahrheit und Dichtung.

Dass man sogar in Leipzig preußisch gesinnt sei trotz der Kontribution von 900.000 Talern, schreibt 1757 Kleist an Gleim. In Rom trank der Kardinal Albani mit Ostentation auf das Wohl des Ketzerkönigs. Zur Zeit des bayerischen Erbfolgekrieges war in München kein Haus, in dem man nicht das Bildnis Friedrichs II. gefunden hätte, man verehrte ihn als Schutzgott Bayerns. Immermanns Vater pflegte zu erzählen, dass, wenn bei den Revuen in Körbelitz Friedrich II. die Front heraufgeritten sei, in lautloser Stille jeder die Empfindung gehabt habe, es komme der liebe Gott. Diese Bewunderung aber blieb auf die überragende Persönlichkeit beschränkt. Man fühlte Fritzisch, nicht preußisch, denn der Gedanke an nationale Neugestaltung etwa fehlte der Zeit völlig, deren Ideen ganz auf Humanität im allgemeinen, auf Menschenglück und Menschenwohlfahrt gerichtet waren.


Die Verfolgung dieser idealen Ziele musste indessen fortwährend auf die Schranken stoßen, welche unhaltbare politische und gesellschaftliche Zustände jeder realen Bestätigung entgegensetzten. Der Widerspruch zwischen hochsinnigem Wollen und unmöglichem Können hat zu der Erbitterung geführt, welche gerade die Menschenfreunde an der friedlichen Besserung alles Bestehenden verzweifeln ließ, so dass sie mit Fritz Stollberg den Ausbruch der französischen Revolution als die Morgenröte der Freiheit begrüßten.

Diese unerträgliche Enge der Verhältnisse hat so viel dazu beigetragen, dass der Sturm und Drang jener Periode lediglich auf literarischem Gebiete hausen, sich nur in Äußerlichkeiten betätigen konnte. Sie hat verschuldet, dass so viele dieser Stürmer und Dränger ihre besten Kräfte in einer seelischen Schwelgerei von Gefühlen und Stimmungen nutzlos verpufften, dass so viele andere sich in einem Hang nach dem Wunderbaren verloren, der sie hinter geheimen Gesellschaften, Illuminaten und Freimaurern, Magnetismus und Mesmerismus, Kabbala und Rosenkreuzerei Aufschlüsse über die letzten Geheimnisse der Menschheit suchen ließ.

064. Surugue nach Nicolas Coypel, Madame de X. (Mouchy), 1746

064. Surugue nach Nicolas Coypel, Madame de X. (Mouchy), 1746

065. François Boucher, Schlittenfahrt.

065. François Boucher, Schlittenfahrt.

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