Die Handlungsgeschäfte

Nachdem ich die vornehmsten Einwendungen erwogen habe, so gehe ich nun fort zu unwichtigeren Dingen, obschon diese meiner Fähigkeit minder angemessen sind, nämlich, zu dem Handlungsgeschäfte. Einige sagen, wenn die Juden hier zu wohnen kämen, so würden sie zum großen Schaden der natürlichen Einwohner die ganze Handlung an sich ziehen. Ich antwortete:

1. Dass es immer meine Meinung gewesen (mit Unterwerfung unter ein besseres Urteil), dass es auf keine Weise der englischen Nation nachteilig sein könne, da sie, besonders bei dem Transport der Güter der Juden nach England, durch das Bezahlen der öffentlichen Zölle und Auflagen, viel gewinnen würde.


Sie würden ferner allerdings dem Lande Nutzen bringen, sowohl durch das Einkaufen der Waren, die sie nach anderen Örtern versenden, als dadurch, dass sie andere Waren in dasselbe einführen, und wenn zufälliger Weise eine einzelne Person dadurch verlöre, dass ! der Preis einer Ware, die unter vielen Händen zerstreut ist, heruntergebracht würde, so muss das gemeine Wesen doch eben dadurch gewinnen, wenn die Ware wohlfeiler eingekauft und um einen niedrigeren Preis veräußert werden kann.

Ja, es würde den natürlichen Einwohnern dadurch ein großer Nutzen erwachsen, sowohl im Verkauf aller Nahrungsmittel, als sonst in allen Dingen, welche zur Verzierung des Körpers dienen. Auch die eingeborenen Handwerker würden dadurch gewinnen, da sich unter uns selten jemand findet, der eine solche Kunst treibt.

2. Dazu kömmt, dass unser Volk fast alle Teile der Welt durchsegelt hat, und Juden also durch die Fähigkeit, ihre Meinung zum Besten des Volkes zu geben, unter dem sie leben, einer Nation nützlich werden können; nicht zu erwähnen, dass alle Fremde neue Handlungszweige zugleich mit der Erkenntnis der fremden Länder, in welchen sie geboren sind, einführen.

Und es ist so weit entfernt, dass „dieses den Eingeborenen sollte schädlich sein, dass es ihnen vielmehr vorteilhaft ist, da sie aus ihren Ländern neue Waren und neue Kenntnisse bringen. Denn aus der Absicht, um eine Gemeinschaft auf dem Erdboden zu machen, hat der große Werkmeister und Schöpfer aller Dinge nicht jedem Orte alles verliehen, sondern hat seine Wohltaten unter ihnen verteilt, wodurch er einen jeden der Hilfe anderer bedürftig gemacht. Dies kann in England gesehen werden, welches, da es eines der mächtigsten Länder der Welt ist, dennoch verschiedene Dinge nötig hat, sich zu Wasser kommen zu lassen, als Wein, Öl, Feigen, Mandeln, Rosinen und alle italienischen Gewürze; Dinge die im menschlichen Leben so unentbehrlich sind. Außerdem mangelt es ihm noch an mancherlei anderen Waren, und sogar der Kenntnis derselben, die in anderen Ländern im Überflusse sind, obschon es nach meiner Meinung wahr ist, dass es auf der ganzen Welt kein in der Schifffahrt verständigeres Volk, und kein zu allen Handelsgeschäftigen fähigeres gibt, als das englische.

3. Es können ferner zwischen den Eingeborenen und den Fremden (wo sie mehr bekannt sind) Gesellschaften errichtet oder Faktors angestellt werden. Alles dieses muss, wenn ich mich nicht betrüge, zum Vorteile der Eingeborenen gereichen. Es können dafür noch verschiedene Gründe angeführt werden, obschon ich sie nicht begreife, der ich beständig eine sitzende Lebensart geführt, mich meiner Studien befleißigt habe, die von Dingen dieser Art so weit entfernt sind.

4. Es kann auch nicht mit Recht wider unsere Nation eingeworfen werden, dass sie betrügerisch sei, weil auf keine vernünftige Weise eine Gemeinheit wegen einiger besonderen verdammt werden kann. Ich kann sie nicht alle für schuldlos halten, noch kann ich anders denken, als dass unter ihnen einige Betrüger sein mögen, so wie unter allen anderen Nationen und Völkern, indem die Armut fast allezeit eine schlechte und niedrige Gesinnung mit sich führt.

5. Wenn wir aber betrachten, was unsere Religion auflegt, so finden wir, dass das moralische Gesetz in den zehn Geboten: Du sollst nicht stehlen, auf alle Juden gegen alle Heiden sich erstreckt; wie in des R. Moses aus Ägypten Tract. Geneba, Kap. 1. und Gezela Kap. 1. zu sehen ist. Es ist eine Sünde (sagt er), irgend jemanden zu berauben, wenn schon er ein Heide ist. Auch kann man sich nicht auf die heilige Geschichte berufen in Ansehung der Juwelen und der Hausgeräte, deren die Israeliten die Ägypter beraubt haben, wie ich solches verschiedene Male von einigen habe anführen hören, weil dieses zu der Zeit eine besondere Gesetzerlassung und ein göttliches Gebot war. So wird im Talmud im Tract. Sanhedrim, Kap. 11, angeführt, dass zur Zeit Alexanders des Großen die Alexandrier die Juden als Diebe anklagten, und die Wiederersetzung ihrer Güter verlangten. Aber Guebia Ben Pesisa antwortete ihnen: ,,Unsere Väter gingen nieder nach Ägypten ihrer siebenzig Seelen nur, hier wuchsen sie zu einem zahlreichen Volke über sechsmalhunderttausend an, und verrichteten für die Ägyptier sehr niedrige Dienste während eines Zeitraumes von zweihundertundzehn Jahren; diesem zufolge, bezahlet uns für unsere Arbeit, und machet hernach die Rechnung, und ihr werdet sehen, dass ihr uns noch viel schuldig bleibet.“ Dieser Grund befriedigte Alexander und er sprach sie frei.

6. Die Juden sind folglich verbunden, niemanden, wer es auch sei, zu betrügen oder in Geschäften und Rechnungen zu hintergehen, wie solches ausdrücklich im R. Moses aus Ägypten und R. Moseh de Kosi in Sameg zu sehen ist.

7. Ja, sie behaupteten ferner, dass die Wiedererstattung eine Handlung ist, welche zum Lobe Gottes und des heiligen Gesetzes gereicht. Als der heilige und weise Mann R. Simeon Ben Satah von einem Heiden einen Esel kaufte, so war unter dessen Halfter ein Juwel von großem Werte, was dem Eigentümer unbekannt war; als er ihn hernach fand, so stellte er ihn freiwillig und umsonst dem Verkäufer, der nichts davon wusste, wieder zu. Ich habe den Esel gekauft sagte er, aber nicht den Edelstein. Woher dann, wie der Midras Raba in Parasat Ekeb anführte, Gott, seinem Gesetze und der jüdischen Nation Ehre erwuchs.

8. Auf gleiche Weise gebieten sie, dass der Schwur, den sie einer anderen Nation ablegen, mit Wahrheit, Aufrichtigkeit und bis auf alle Besonderheiten beobachtet werden muss; und zum Beweise führen sie die Geschichte von Zedekias an, den Gott strafte und seines Königreichs beraubte, weil er sein Wort und seinen Schwur, den er Nebuchadnezarn im Namen Gottes ablegte, nicht hielt, ob schon er ein Heide war, wie es in dem 2. B. der Chron. 56, 13 heißt: Dazu ward er abtrünnig von Nebuchadnezar, der einen Eid bei Gott von ihm genommen hatte.

9. Dieses sind die Gesetze und Verpflichtungen, welche die Juden halten. Eben das Gesetz, welches den Juden verbietet, einen Heiden zu töten, verbietet ihnen auch, ihn zu bestehlen. Dennoch muss sich jeder in acht nehmen, denn die Welt ist voller Betrug bei allen Nationen. Ich erinnere mich einer lustigen Begebenheit, die sich in Marokko am Hofe des Königs von Mauritanien zugetragen. Es befand sich da ein Jude, der eine Art falscher Steine hatte. Er machte mit einem portugiesischen Christen einen Tausch für einigen Grünspan, der sehr unrein (wie sie es daselbst zu machen pflegen) und ganz mit Erde verfälscht war. Einer von des Portugiesen Freunden lachte ihn aus, indem er ihm sagte : Der Jude hat dich gut zugerichtet. Dieser antwortete: Wenn der Jude mich gesteinigt hat, so habe ich ihn begraben. Und so neckt gewöhnlich einer den anderen.

Dies kann ich versichern, dass viele Juden, weil sie sich nicht an anderer Leute Güter vergreifen wollen, zu Amsterdam sehr arm sind, und sehr kümmerlich leben; und diejenigen, die es aus Not taten, wurden um desto elender, dass sie hernach von Almosen lebten.

Und als zu den Zeiten des Königs Eduard I. die Juden angeklagt wurden, dass sie die königlichen Münzen beschnitten, so scheint es, dass diese Anklage bloß von dem Verdachte und dem Hasse, welchen die Christen wider die Juden tragen, ihren Ursprung genommen habe, wie aus der Geschichte, welche Mr. Prynne herausgegeben, in seinem zweiten Teile von dem kurzen Aufschub an die Juden usw. S. 82 zu sehen ist, wo Claus. 7, E. I. N. 7, de fine recipiendae a Judaeis er des Königs lateinisches Schreiben an seine Richter, in folgenden Worten mitteilt: „Rex dilectis et fidelibus suis, Stephano de Pentecester, Waltero de Helyn, et Th. de Cobham, Justiciariis ad placita transgressionis monetae audienda, salutem. Quia omnes Judaei nuper rectati, per certam suspicionem indictati de retonsura monetae nostrae, et inde convicti cum ultimo supplicio puniuntur; et quidam coram eadem occasione omnia bona et catulla sua satisfecerunt, et in prisona nostra liberabantur, in eadem ad voluntatem nostram detinendi. Et cum accepimus, quod plures Christiani ob odium Judaeorum, propter discrepantiam fidei christianae et ritus Judaeorum, et diversa gratia minus per ipsos Judaeos, Christianis hactenus illata, postquam Judaeos nondum rectatos in indictatos de transgressione monetae, per leves et voluntarias accusationes accusare, et indictare de die in diem nituntur et proponunt, imponendas eis ad terrorem ipsorum, quod de ejusmodi transgressione, culpabiles existunt super ipsos Judaeos facienda, et sie per minas hujusmodi aecusationis ipsos Judaeos metu inutiant, et peeuniam extorqueant ab eisdem; ita quod ipsi Judaei super hoc ad legem suam saepe ponuntur in vitae suae periculum manifestum. Volumus quod omnes Judaei qui ante primam diem Maji proximi praeteriti indietati, vel per certam suspicionem neetati non fuerunt de transgressione monetae praedietae, et qui facere voluerint finem juxta discretionem vestram, ad opus nostrum facere pro sie, quod non occasionentur etc. hujusmodi transgressionibus factis ante primam diem Maji propter novas accusationes Christianorum post eundem diem inde faetas non molestentur, sed pacem inde habeant in futurum. Proviso quod Judaei indietati, vel per certam suspicionem, reetati de hujusmodi transgressione ante praedictum diem Maji Judicium subeant coram vobis, juxta formam prius inde ordinatam et provisam. Et ideo vobis mandamus, quod fines hujusmodi capiatis et praemissa fieri et observari in forma praedieta. Teste Rege apud Cantuur, 8. die Maji.“


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Menasse ben Israels Rettung der Juden