Wiederum beim Kaiser

Um sieben Uhr abends wurde ich zum Kaiser beschieden. Beim kleinen Portal empfing mich Ssinowjew mit diesen Worten: „Der Kaiser hat befohlen, Ihnen seine Entschuldigung machen zu lassen; der Kriegsminister ist unerwartet erschienen, um notwendige Sachen zu erledigen. Der Kaiser bittet Sie, hier ein wenig zu warten.“ Er führte mich in das kleine Ankleidezimmer des Kaisers, wo er sich täglich nach dem Spaziergang umzukleiden geruhte. „Der Kaiser hat befohlen Sie zu bewirten,“ sagte Ssinowjew, und man brachte auch wirklich Tee, Zwieback u. s. w., sogar eine kaiserliche Pfeife, die ich mit aller Gründlichkeit ausrauchte.

Um neun Uhr führte mich Ssinowjew zum erstenmal in das große Arbeitszimmer des Kaisers.


„Ich mußte notwendig den Kriegsminister empfangen, übrigens aber habe ich Sie als Herr des Hauses bewirten lassen.“

Ich verneigte mich.

„Es hat keinen Zweck mehr, unsre Zusammenkünfte geheim zu halten. Balaschow ist offenbar dahinter gekommen, wenn er auch nicht offen mit der Sprache herauskommt, sondern sich in Lobeserhebungen über Fock ergeht. Was ist das für ein Mensch?“

„Er ist kein schlechter Mensch, Majestät; aber wahrscheinlich hat er sich durch günstige Aussichten für die Zukunft verleiten lassen, mich, seinen Wohltäter, zu verraten.“

„Das empfiehlt ihn nicht, beweist aber, daß er ein fähiger Mensch ist. Intriganten sind im Staate ebenso nützlich, wie ehrliche Leute; bisweilen sind die ersteren sogar nützlicher, als letztere.“

Wenn man Postsendungen öffnen muß, ist es nicht sehr vorteilhaft, ehrlich zu sein, dachte ich, und, offen gesagt, dieses Urteil erschreckte mich ein wenig. Vor allem überreichte ich dem Kaiser „Die Feldzüge des Prinzen Karl,“ und mit dem Buch zugleich eine Quittung von Klostermann über den Empfang von zweihundert Rubel Banko.