Unter Araktschejew

So kamen wir nach Dresden, wo wir etwa einen Monat lang blieben. Eine Woche nach unsrer Ankunft waren wir mit den (ersten) besten Häusern bekannt geworden; wiederum bevorzugte man mich. Dies erregte noch mehr den Unwillen des Fürsten. Indessen setzten wir unsre gemeinsame Reise noch bis Teplitz fort. Hier erklärte mir der Fürst, daß er meiner nicht mehr bedürfe und fragte, ob ich nicht zu den Meinigen nach Petersburg reisen wollte. Ich dankte dem Fürsten und erklärte mich bereit, nach Petersburg zurückzukehren. Er gab mir einen Brief an den Kaiser mit und erklärte dabei, daß er mich Seiner Hoheit aufs angelegentlichste empfohlen habe. Der Gesandte versah mich mit dem nötigen Reisepass und ich gelangte wohlbehalten bei den Meinigen in Petersburg an. Am Tage darauf meldete ich mich beim Grafen Araktschejew, welcher jetzt Kriegsminister war. „Ich will Ihre Rückkehr dem Kaiser melden und fragen, wozu Seine Majestät Ihre Dienste zu verwenden wünscht,“ sagte der Graf und nahm von mir den Brief des Fürsten an den Kaiser in Empfang.

Noch am selben Tage erging an mich der allerhöchste Befehl, in der Umgebung des Herrn Kriegsministers Grafen Araktschejew zu dienen; zwei Tage darauf ließ mich der Graf zu sich entbieten, um mir den allerhöchsten Verweis zu eröffnen, der mir auf Grund des Briefes vom Generaladjutanten, Fürsten Wolkonski, erteilt worden war; letzterer hatte geschrieben, daß er mich wegen meiner „nicht zuverlässigen Grundsätze“ zurückschicke.


Ich fragte den Grafen, ob es mir gestattet sein würde, mich zu rechtfertigen. Dieser antwortete mir:

„Ach, mein Lieber, ich rate Ihnen, dem russischen Sprichwort zu folgen: ,Mit dem Starken raufe dich nicht, mit dem Reichen fange keinen Rechtstreit an.‘ Übrigens sind Sie gerechtfertigt, denn in demselben Brief hat er sich als Schuft gezeigt, da er den Kaiser um Geld anbettelt, als ob er selbst keins hätte! Ihnen ist der Form wegen ein Verweis erteilt worden, weil der Generaladjutant über Sie Klage führt.“

Seitdem galt ich als Beamter des Grafen, ohne indes irgend welche Aufträge zu erhalten, um meine Zeit nicht nutzlos zu verbringen, begann ich kurze historische und taktische Abhandlungen zu veröffentlichen. Die Herausgabe dieser Aufsätze regte den Gedanken an, eine militärische Zeitschrift herauszugeben, womit Rachmanow beauftragt wurde. Dieser bat mich, an der Redaktion der Zeitschrift teil zu nehmen; ich aber sagte ab, da ich es als Beleidigung auffasste, daß nach dem erscheinen von mehreren Heften meiner Abhandlungen die Herausgabe der militärischen Zeitschrift nicht mir übertragen worden war und gab um meinen Abschied ein, welchen ich auch erhielt.

Von jetzt ab lebte ich von dem Ertrage meiner eigenen Arbeiten: ich übersetzte, verfasste hin und wieder selbst etwas und wurde außerdem in rücksichtsvoller Weise von einem früheren Mitschüler unterstützt, mit dem ich seit längeren Jahren befreundet war. Das Andenken dieses Mannes ist mir heilig.