Spionage

Dieser Tag war der Vorbote von Stürmen. Balaschow erzählte mir:

„Der Kaiser hat sich über die Frau von R. Z. Chitrowo geärgert, welche in einer Abendgesellschaft bei Caulaineourt ihm in aller Gegenwart eine Fußbank herbeigetragen, um seinen kranken Fuß auf dieselbe zu legen. Es ist befohlen worden, auf Chitrowo ein wachsames Auge zu haben. Ich weiß nicht, wer es dem Kaiser hinterbracht hat. Der Kaiser glaubt, daß Ssperanski dabei seine Hände mit im Spiel hat; denn Wojejkow, der Chef der Kanzlei des Kriegsministers, sieht mit Magnitzki in Verbindung.“


Was mich anbetrifft, so hatte ich den Verdacht, daß Balaschow selbst denunziert hatte. Er hatte die Gewohnheit, solche Dienste einem Unbekannten oder demjenigen, über welchen er sich geärgert hatte, zuzuschreiben. Aber ich schwieg; darauf sagte ich: „Es ist bedauerlich, daß man den Kaiser mit derartigen Geschichten belästigt, die oft nicht wahr sind, immer aber einen unangenehmen Eindruck hinterlassen.“

Balaschow: „Was ist dabei zu machen? Das ist nicht zu vermeiden.“

Ich: „Ich kann mich ja irren, aber meiner Ansicht nach lohnt es sich wirklich nicht, die Russen zu beaufsichtigen; sie schwatzen, kritisieren, schimpfen vielleicht auch ein wenig, wenn es aber zur Tat kommt, dann kriechen sie doch alle zu Kreuz. Man sollte solche Schwätzer einfach zu Lawrow schicken und ihnen einige Rutenhiebe applizieren, dann wäre alles in Ordnung.“

Balaschow: „Sie glauben also, daß die Spionage unnütz ist?“

Ich: „Was die Ausländer anbetrifft, so billige ich dieselbe vollkommen; nicht so in bezug auf die Russen. Überhaupt habe ich bemerkt, daß bei uns die Spionage après coup kommt; ebenso verhält es sich mit der Aufsicht; ich glaube aber, es wäre besser, dem Übel vorzubeugen, als bloßen Denunziationen zu trauen, die man einer Untersuchung, einer strengen Prüfung unterziehen müsste, um denjenigen, welcher falsch denunziert hat, zu bestrafen.“

Balaschow: „Mir scheint es, Sie muten sich zu viel zu; wollen Sie nicht Ihre eigenen Gesetze herausgeben? Wie können Sie so keck reden? Zwischen uns ist jegliches freundschaftliche Verhältnis ausgeschlossen; dazu ist die Kluft, welche und trennt, zu groß!“

Ich: ,,,Ich hielt es für meine Pflicht, auf die Frage Eurer Exzellenz zu antworten, an ein freundschaftliches Verhältnis zu denken, ist mir gar nicht in den Sinn gekommen; künftig werde ich schweigen.“ Ich entfernte mich. Armfeld und Vernegues machten mir einen gemeinsamen Besuch.