Misstrauen Alexanders

„Balaschow und Ssperanski irren sich,“ sagte der Kaiser; „man kann mich hintergehen, — ich bin ein Mensch — aber nicht auf lange, und sie werden nach Sibirien wandern.“ Ich glaube, diese Bemerkung war dem Kaiser im Zorneseifer entschlüpft, denn lächelnd fügte er hinzu: „Wir wollen das zusammen untersuchen. Ich traue geradezu niemand mehr.“

Ich schwieg, betroffen über diese Äußerung.


„Indessen würde es ganz gut sein, wenn Sie Balaschow genauer beobachten wollten; was Sie erfahren, sagen Sie mir.“

„Majestät, er ist mein Vorgesetzter.“

„Das nehme ich auf mich.“

„Majestät! Zürnen Sie nicht, wenn ein treuer Untertan sich erkühnt, Sie inständig zu bitten, ihn nicht vor sich selbst verächtlich zu machen. Es gibt kein Geheimnis, das nicht an den Tag käme. Wenn Balaschow und Ssperanski irgend etwas Böses im Schilde führen, so wird die Wahrheit doch obsiegen; alles wird von selbst offenbar werden.“

Der Kaiser trat einen Schritt zurück, darauf näherte er sich wieder mir, drückte mir die Hand und sagte: „Vortrefflich! Aber Armfeld hat sich versehen; Sie sind nicht an Ihrem richtigen Platze.“

,,Ein Familienvater, Majestät, kann aus Not in bezug auf seine Stellung nicht allzu wählerisch sein, sondern muß sich den Umständen, dem Zufall anpassen, aber in jeder Stellung kann man edel handeln.“

„Ihre Grundsätze, Ihre Offenheit gefallen mir, und unter den augenblicklichen Verhältnissen sind sie für mich unentbehrlich; sehen Sie zu, daß Sie sich nicht verändern; wir werden uns öfters sehen.“

Nach einigen Augenblicken des Schweigens trat ich auf den Kaiser zu und sagte: „Es wird mir schwer fallen, vor dem Minister diese wichtige Stunde geheim zu halten, in der ich das Glück hatte, vor das Angesicht meines Kaisers zu treten. Ich bin so kühn, mir von Eurer kaiserlichen Hoheit hierfür Verhaltungsmaßregeln zu erbitten.“

„Sie müssen Balaschow besser kennen als ich; aber Sie werden mich kompromittieren; ich werde es ihm bei günstiger Gelegenheit selbst mitteilen.“

„Der Wille Eurer Majestät soll erfüllt werden.“

Ich verneigte mich; der Kaiser gab lächelnd das Zeichen zum Abschied, indem er hinzufügte: „Wir sehen uns bald wieder.“

Punkt zwölf Uhr kehrte ich nach Hause zurück, und ich muß gestehen, ich war wie betäubt von alledem, was ich zu hören bekommen hatte. Worauf geht alles dies hinaus? Ist die ganze Sache nicht ernster, als ich bisher geglaubt? Wie wird dieser Knoten sich lösen? Und was habe ich damit zu schaffen? Indessen ängstigte mich dieses verwickelte Spiel der Intrigen. Wie soll ich wich dagegen wehren? „Nun, möge das Schicksal seinen Lauf nehmen,“ sagte ich und wurde ruhiger.