Magnitzki

Zu Beginn dieses Jahres, das heißt, des wahres 1816, ließ Graf Araktschejew auf Allerhöchsten Befehl mich zu sich bescheiden. Ich wurde beim Grafen gemeldet. Er empfing mich im Adjutantenzimmer und führte mich in sein Kabinett.

Der Graf: „Sie wissen wohl, daß ich auf Allerhöchsten Befehl Magnitzki aus Wologda nach Grusino habe kommen lassen?“


Ich: „Ich habe davon gehört, ganz Petersburg spricht davon.“

Der Graf: „Ich wünsche über einige Dinge Aufklärung zu erhalten. Während meiner Unterredungen mit ihm machte es sich so, daß ich folgende Frage an ihn stellte: ,Ist es wahr, der Kaiser selbst und alle Welt in Petersburg behauptet, de Sanglen habe zu ihrer Verbannung Veranlassung gegeben?‘ Er antwortete mir: ,Nein, wenn wir es nicht verschmäht hätten, mit ihm bekannt zu werden, so wäre es wahrscheinlich gar nicht zur Verbannung gekommen.‘ Ich bemerkte darauf: ,Der Kaiser selbst hat eine Andeutung auf de Sanglen gemacht.‘ Magnitzki antwortete mir: ,Das ist bei und so Gebrauch.‘ So sehr ich mich bemühte, die Ursache ihrer Verbannung zu ergründen, und in ihn drang, mir offen zu gestehen, ,ob es nicht de Sanglen sei,‘ er blieb bei seiner Behauptung und fügte noch hinzu: ,Wir sind ihm zu Dank verpflichtet.‘ Ich fragte ihn darauf, wofür, und er antwortete: ,Die Pflicht der Dankbarkeit zwingt uns, darüber zu schweigen, um de Sanglen nicht noch größeren Unannehmlichkeiten auszusetzen.‘ Jetzt frage ich Sie; der Kaiser will wissen, worin der Dienst bestand, welchen Sie ihnen erwiesen.“

Der Graf forderte mich auf, neben ihm Platz zu nehmen und wiederholte in einer ungewöhnlich freundlichen Weise seine Frage.

Ich: „Wie ich vermute, hat Magnitzki aus folgenden Umstand anspielen wollen. Anfang Januar 1812 besuchte mich Bologowskoi, mit dem ich von Moskau her bekannt war, und nachdem er mir mitgeteilt, Balaschow bitte, ihn mit Ssperanski und Magnitzki näher bekannt zu machen, bat er mich um in einen Rat, ob er sich auf diese Angelegenheit einlassen solle.

,Wozu willst du dich mit so unsauberen Dingen befassen,‘ antwortete ich ihm. ,Glaubst du denn wirklich, daß der Polizeiminister nicht mit Ssperanski und Magnitzki bekannt ist? Nimm dich in acht, daß ihr nicht alle zusammen eine kleine Spazierfahrt machen müsst; übrigens bist du das ja gewohnt.‘ — ,Du machst mir die Hölle heiß,‘ sagte er zu mir. — ,Durchaus nicht, aber meinst du denn wirklich, daß, im Falle es nötig sein sollte, wenn nicht Balaschow, so doch der Polizeiminister dich verraten wird?‘ Bologowskoi verließ mich, kam aber am Tage darauf wieder und sagte: ,Magnitzki und Ssperanski lassen dir sagen, daß, wenn du künftig noch so schlecht über Balaschow sprechen wirst, sie es ihm mitteilen werden und dann wird es dir schlecht gehen.‘ ,Dann,‘ — erwiderte ich Bologowskoi, ,das wird mir eine Lehre für die Zukunft sein. Jetzt könnt ihr euch meinetwegen alle zum Teufel scheren, wenn du wieder von ihnen zu sprechen anfängst, werde ich schweigen.‘ “

Graf: „Sie haben gegen Ihren Freund anständig gehandelt; leider hatten Sie es nur mit so gemeinen Menschen wie Balaschow und Bologowskoi zu tun. Ja, sollten Sie es denn nicht gewußt haben, daß Sie selbst von Spionen umgeben waren? Wozu also sprachen Sie den Vorwurf gegen Magnitzki aus?“