I. Katharina und Paul I.

Vorreden haben in der Regel nur geringen Wert, erregen allgemeinen Widerwillen und werden wohl selten gelesen. Sie sollen den Leser mit dem Verfasser bekannt machen, dieser aber ist bemüht, die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich zu lenken, was aber nur selten gelingt. Ich für meine Person mache mich, ohne Empfehlung, direkt an die Sache.

Ich erachte es für nötig, den Leser in aller Kürze mit meinen Familienverhältnissen bekannt zu machen. Der Familienname meines Großvaters, von väterlicher Seite, war de St. Glin, seine Frau war eine geborene de Lortal. Beide lebten auf ihrem Landgut, das zur Diözese d'Air gehörte, einem Städtchen an den Ufern des Adouz. Als Verwandter des Marquis de Seguin trat der ältere Sohn meines Großvaters in den Militärdienst und war zu Beginn der Revolution Brigadegeneral in der Armee der Königs von Frankreich. Der jüngere Sohn dagegen, mein Vater, war nach damaligem Brauch für den geistlichen Stand bestimmt worden und trat deshalb in ein Kloster, welchem ein kleines Landgut gewidmet wurde. Aber wahrscheinlich fand das Mönchsleben keinen Beifall bei meinem Vater; er entfloh aus dem Kloster und kam über Spanien und England, mit seinem Verwandten, dem Chevalier de la Payre, nach Paris. Mein Vater hatte den Wunsch, sofort die militärische Laufbahn zu beginnen, es traten aber Hindernisse ein; schließlich wurde er Hauptmann bei den königlichen Musketieren. Hier bekam er Händel mit einem Offizier aus vornehmer Familie, welcher ihm seine Flucht aus dem Kloster zum Vorwurf machte. Die Folge davon war ein Duell, bei dem ebenderselbe Chevalier de la Payre sekundierte. Mein Vater tötete seinen Gegner und sah sich gezwungen, sein Vaterland zu verlassen und seinen Namen zu verändern; so entstand mein jetziger Familienname. Mein Vater und der Chevalier kamen beide nach dem gastfreundlichen Russland. Mein Vater erhielt einige Zeit darauf dreißigtausend Rubel aus seinem Vaterlande und heiratete im Jahre 1775 in Moskau ein Fräulein de Brocas. Dieser Ehe bin ich im Jahre 1776 entsprossen. Zu meinem großen Bedauern sind die Dokumente, welche ich bei meiner Mutter gelesen habe, samt allen übrigen im Hause meines Schwiegersohnes Jakob Jwanowitsch Rost verbrannt, als dasselbe Anno 1812 ein Raub der Flammen wurde. Die übrigen Nachrichten habe ich von dem Chevalier de la Payre selbst erhalten, der meinen Vater überlebte, nach dessen Tode ich in einem Alter von vier Jahren zurückblieb. Meine Mutter, nunmehr eine Witwe von neunzehn Jahren, war eine schöne, ideal angelegte Frau von ungewöhnlicher Charakterfestigkeit. Gegen mich war sie streng, und ich kann mich nicht entsinnen, daß sie auch nur das geringste Zärtlichkeitsgefühl mir gegenüber gezeigt hätte. Jetzt, nach einem Zeitraum von über fünfzig Jahren, gedenkt der Sohn ihrer mit dankbarer Rührung. Sie war es, welche meinem jungen Herzen Ehrgefühl und Verachtung gegen alles Gemeine einprägte, sie war meine erste Lehrmeisterin. Als ich acht Jahre alt war, gab sie mich zu Herrn Keller in Pension, welcher schon zwei Pensionäre hatte: Aleksei Maikow und Nikolai Fedorowitsch Chitrowo. Da meine Mutter mit meinen geringen Fortschritten nicht zufrieden war, so beschloß sie, mich nach Frankreich zu schicken. Im Jahre 1787 wurde eine Korrespondenz mit meinen Verwandten angeknüpft. Mein Onkel und meine Tante, seine Schwester, forderten mich zu sich auf und wollten mich ganz unter ihre Vormundschaft nehmen. Während dieser brieflichen Unterhandlungen brach die Revolution aus. Mein Onkel verlor, gleich andern Anhängern der legitimen Gewalt, sein Haupt auf dem Richtblock.