Fürst Wolkonski

Wir waren beide zum Kommandanten von Berlin Saint-Hilaire geladen. Bei Tisch kam die Rede auf die Schlacht bei Austerlitz. Der Fürst verstieg sich unvorsichtigerweise zu der Behauptung, die Schlacht bei Austerlitz sei gar nicht verloren worden. Alle französischen Generäle, die an der Tafel anwesend waren, suchten die Ansicht des Fürsten zu widerlegen; dieser aber blieb bei seiner Behauptung, ohne dieselbe tatsächlich beweisen zu können. Dies erboste den französischen Husarengeneral Russin dermaßen, daß er folgende unbescheidene Äußerung tat:

„Dans le bulletin sur la journée d'Austerlitz il est dit: ,l'empereur de Russie était entouré de trente sots‘, étiez vous, mon prince, du nombre?“


Zu meinem großen Erstaunen schwieg der Fürst, ich erhob mich von der Tafel und sprach: „Chez nous, quand on invite les français à diner, ce n'est pas pour leur dire des choses désagréables.“

Eben derselbe General Russin rief aus: „Bravo mr. le major! on voit bien que le sang français coule encore dans vos veines.“

Ich antwortete: „Vous vous trompez, géneral, je suis russe et c'est un russe, qui a l'honneur de vous parier.“

„Ne voudriez vous pas, par hazard, vous battre avec nous tous?“ fuhr der General fort.

„Pourquoi pas, messieurs, mais l'un après l'autre.“

Da rief der Kommandant, welcher während der ganzen Zeit mit irgend etwas den neben ihm sitzenden Fürsten beschäftigt hatte: ,Du Champagne! Buvons à la santé du major russe et la paix sera faite. Nos empereurs sont amis, leur sujets doivent l'être aussi.“

Es griff wieder eine so heitere Stimmung Platz, als ob nichts passiert wäre. Seit dem Tage wurde ich zu allen Paraden, Exerzierübungen u. s. w. eingeladen. Ich hätte diese Anekdote gar nicht erzählt, wenn sie nicht wichtige Folgen für mein Lebensschicksal gehabt härte. Es war sehr natürlich, daß das Verhältnis des Fürsten zu mir nach diesem Vorfall mit jedem Tage schlechter wurde. Es hatte den Anschein, als ob er durch sein kühles, bisweilen sogar schroffes Benehmen mir gegenüber mich zur Verzweiflung bringen wollte, damit ich selbst darum bäte, nach Petersburg zurückkehren zu können. Ich sah das sehr wohl, gab mir aber den Anschein, als ob ich nichts davon merke.