Doppelspiel Balaschows

Am 17. März um fünf Uhr abends ließ der Minister mich abholen und sagte zu mir mit einem Lächeln, das seine Unzufriedenheit verriet: „Wir gehen heute abend alle beide auf Reisen.“

Ich: „Wohin denn das, eure Exzellenz?“


Balaschow: „Um einige Freunde zu expedieren.“

Ich: „Meine?“

Balaschow: „O nein!“

Ich: „Wessen denn?“

Balaschow: „Ssperanski, Magnitzki und Bologowskoi.“

Ich: „Eure Exzellenz haben mich noch nie bei solchen Gelegenheiten benutzt.“

Balaschow (mit einem süßsauren Lächeln): „Der Kaiser wünscht es so! Ich habe gemeldet, daß Sie dazu nicht geeignet sind; ich habe Lawrow, Graf Wassiljew und sogar P. W. Kutuzow vorgeschlagen, aber der Kaiser wollte außer Ihnen niemand haben.“

,Ich: „Gestatten Sie mir, mich krank zu melden.“

Balaschow: „Das geht nicht!“

In diesem Augenblick kommt Magnitzki, ohne sich angemeldet zu haben, ins Zimmer gestürzt, ganz außer sich. Als er mich bemerkte, warf er mir einen kurzen Blick zu und es schien, als ob er erschrak; er nickte Balaschow mit dem Kopfe zu, auf mich hinweisend, und dieser bemerkte: „das macht nichts, was wünschen Sie?“

Magnitzki: „Sie haben mir die Reiseroute versprochen.“

Balaschow: „Jawohl, da haben Sie dieselbe.“

Magnitzki (durch eine Verbeugung sich bedankend): „Tun Sie mir den Gefallen . . .

Balaschow (läßt ihn nicht aussprechen): „Alles wird geschehen, seien Sie außer Sorge, es begleitet Sie auf der Reise ein von mir ausgewählter, tüchtiger Offizier.“

Magnitzki: „Aber die Reiseroute für meine Frau?“

Balaschow: „Sie dürfen nicht auf der Reise zusammentreffen. Für sie ist eine andre Reiseroute bestimmt.“

Magnitzki: „Meinen verbindlichsten Dank!“

Magnitzki entfernte sich, nachdem er nur Balaschow allein eine Verbeugung gemacht; letzterer sagte zu mir: „Finden Sie sich um sieben Uhr hier ein. Wir wollen zusammen fahren.“

Also, so werden die Befehle des Kaisers ausgeführt, sagte ich vor mich hin. Sie sollen nichts erfahren und sind doch vorbereitet.

Balaschow hat sich selbst in eine solche Loge gebracht. Daß er nicht umhin kann. Seinen Wohltätern gegenüber sich dienstbereit zu zeigen, und dadurch, daß er sich gegen sie freundschaftlich erweist, macht er sein Vergehen dem Kaiser gegenüber nur noch ärger! Doch wie dem auch sein möge, ich will mit Balaschow nichts mehr zu schaffen haben. Wer sich mit dem Laster befreunden und ihm dienen will, muß selbst lasterhaft sein. Hätte man denn Ssperanski nicht seinen Abschied nehmen lassen können? Wozu brauchte man der Sache den Anschein eines Verbrechens zu geben, ohne daß sich seine Schuld beweisen ließ? In seinen Neuerungen fügte sich Ssperanski dem allerhöchsten Willen, obgleich er vielleicht im geheimen, ebenso wie La Harpe, westeuropäische Ziele verfolgte. Was wird aber mit mir geschehen? Habe ich doch aus dem Munde des Kaisers zu hören bekommen, daß ein Intrigant notwendiger ist, als ein ehrlicher Mensch!