Bestattung Peters III.

Die Entrüstung wuchs in Petersburg von Tag zu Tag immer mehr und mehr. Der Kaiser warf alles früher Geschaffene über den Haufen und ein jeder, namentlich aber die früheren Machthaber, fühlten sich in ihrer Ehre gekränkt. Dies ist die Wurzel aller der Widerwärtigkeiten, die der Kaiser nachher erdulden mußte. Nichts von dem, was er ins Werk setzte, fand eine sympathische Aufnahme, alles wurde in ein schlechtes Sicht gestellt. Den Wunsch des Sohnes, seinem Vater die gebührende Ehrerbietung zu bezeugen, faßte man ausschließlich als Nachsicht auf, als das Bestreben, seiner Abneigung gegen die Mutter möglichst deutlichen Ausdruck zu verleihen. ,Ich für meine Person bin andrer Meinung. Das gute und edle Herz Pauls war anfangs ganz erfüllt von dem Gedanken, der Asche seines Vaters die einem Kaiser gebührenden Begräbnisehren zu teil werden zu lassen, wozu er als treuer Sohn verpflichtet zu sein glaubte. In Begleitung Bezborodkos und eines Adjutanten begab sich Paul in das Newskikloster. Mit Hilfe eines Mönchs wurde das Grab durchwühlt und der Sarg geöffnet, der schon in Fäulnis überzugehen begonnen hatte. Beim Anblick der traurigen Überreste seines Vaters, der Asche, einiger Tuchfetzen von der Uniform, der Knöpfe und kleiner Stücke von den Stiefelsohlen, vergießt Paul ungeheuchelte Tränen. Der Sarg wird in die Kirche getragen, man setzt ihn auf das Paradebett und der Kaiser ordnet dieselben Ehrenbezeugungen an, die seiner Mutter erwiesen wurden; jeden Tag zweimal wohnte er der Totenmesse am Sarge seines Vaters bei. Er war religiös und die wiederholten Missgeschicke hatten ihn im Glauben befestigt. Wenn er beständig von einer Seelenmesse zur andern fuhr, stets in seinen Gedanken den Vater und die Mutter verbindend, wie leicht konnte da bei seiner lebhaften Phantasie und der maßlosen Empfindsamkeit seines Herzens in ihm der Gedanke auftauchen: „Das Leben hat sie getrennt, möge der Tod sie, in einem Grabe vereinigt, versöhnen.“ Diese Gedanken wurden sofort zur Ausführung gebracht. In feierlichem Aufzuge wurden die sterblichen Überreste Peters III. in einem neuen, seiner hohen Würde angemessenen Sarge aus dem Newskikloster aufs Schloß gebracht, und Petersburg sah beide Särge friedlich nebeneinander stehen. Hierbei wollen wir bemerken, daß die Überführung der Überreste Peters bei 18° Kälte erfolgte und daß die ganze kaiserliche Familie in dieser Trauer hinter dem Sarge einherging. Als der Kaiser den Sarg neben demjenigen seiner Mutter aufstellen ließ, dachte er vielleicht: „Dir, mein Vater, erweise ich die gebührende Ehre und dich, meine Mutter, versöhne ich mit dem Schatten deines verstorbenen Gemahls.“ Dieser poetische Gedanke lag dem Charakter Pauls näher als der Wahn, an dem leblosen Leichnam seiner Mutter Rache nehmen zu müssen. Verleumder sind überhaupt schlechte Herzenskündiger, zumal aber wenn sie sich von ihrem verletzten Selbstgefühl leiten lassen.