Barklay de Tolly

Am 14. April 1812 meldete ich mich beim Kriegsminister Barkley de Tolly, der mich liebenswürdig empfing und mir den Befehl erteilte, ich solle mich mit der Einrichtung meines zukünftigen Amtes, als Direktor der Kriegspolizei der ersten Armee, beiattachiert dem Kriegsminister, befassen.

Während ich hiermit beschäftigt war, suchte ich Umschau zu halten und sowohl mit meinem Vorgesetzten als auch seiner Umgebung, den sogenannten „Arbeitern“, bekannt zu werden. Barkley de Tolly war, im vollen Sinne des Wortes, ein ehrlicher Deutscher von altern Schlage, ein Mann mit klarem Verstande, der aber nicht die fundamentalen Eigenschaften besaß, um seine Stellung zu wahren; sowohl der Schlaue wie der Dumme gewannen Macht über ihn, wenn sie es zu ihrem eigenen Vorteil nicht verschmähten, sich seine Schwächen zu nutze zu machen. Nachdem er mich, während meines Dienstes unter ihm, näher kennen gelernt hatte, führte er oft mir gegenüber Klage über jene Leute, hatte aber nicht das Herz dazu oder wagte es nicht, dieselben abzusetzen oder auch nur als Vorgesetzter sie seine Macht fühlen zu lassen; er unterschrieb sogar oft dasjenige, was er lieber nicht unterschreiben wollte und wogegen er sich innerlich sträubte.


Der starke Elefant fürchtet sich vor einer Maus. Barkley hatte Angst vor seiner Frau und stellte alle deutschen und zum Teil auch russischen Adjutanten, die von ihr aus der Verborgenheit hervorgezogen waren und sich ihres Schutzes erfreuten, bei sich an. Aus Dankbarkeit gegen den verstorbenen Grafen Kamenski zog er Zakrewski zu sich heran und erhob ihn zum Leiter seiner eigenen Kanzlei, und da er selbst der russischen Schriftsprache nicht mächtig war und überhaupt die Sprache wenig kannte, so mußte er sich ihm anvertrauen und hatte sogar Angst vor ihm, als einem mit werblicher Schlauheit ausgerüsteten Menschen, gegen welche Barkley de Tolly sich als ehrlicher und schwacher Mensch machtlos fühlte.