Erste Fortsetzung

Wie aus dem Vorigen ersichtlich, galt im Besoldungswesen der Stadt das Prinzip größtmöglicher Sparsamkeit. Auch als der Bürgermeister Groß-Kaufmann Wilhelm Muttray (gestorben als Kommerzienrat 7. März 1839) am 29. Januar 1818 zurücktrat, wünschte man Jemand ausfindig zu machen, der diese Stelle unentgeltlich übernehme, und ließ sie interimistisch und ohne Vergütigung durch den Syndikus Forster verwalten; erst als sich unter dieser Bedingung Niemand fand, wurde im November 1816 der Kämmerer Carl Tolcksdorff (geboren 1777 oder 78 zu Balga) mit 1.500 Thalern Gehalt unter der Voraussetzung gewählt, dass die Regierung die städtische Polizei dem Magistrat übertrage, und, nachdem dies 1818 endlich zugesagt war, am 26. März genannten Jahres eingeführt. Nachdem Tolcksdorff, dessen verdienstvolles Wirken allgemeine Anerkennung fand, am 18. Januar 1833 verstorben, wählten die Stadtverordneten mit 18 von 32 Stimmen den Justizrat Morgenroth in Memel mit 1.500 Thalern Gehalt und Aussetzung einer Pension von 800 Thalern auf 12 Jahre zum Bürgermeister. Allein der Magistrat protestierte dagegen bei der Regierung, indem er u. a. angab, dass die Stadt in zu schlechter Finanzlage sei, um später einmal eine solche Pension zahlen zu können, und die Regierung stimmte ihm bei, wogegen die Stadtverordneten erklärten, bei ihrer Wahl zu bleiben, da Morgenroth „umfassende Kenntnisse und regen, festen Willen, sich dem Wohl der Stadt zu widmen,“ habe. Auch als die Regierung wiederum die Bestätigung des Finanzzustandes der Stadt wegen versagte und zu anderweiter Wahl aufforderte, verharrten die Stadtverordneten mit 21 von 32 Stimmen bei ihrem Kandidaten und wandten sich an das Ministerium des Innern und der Polizei , welches die Regierung zur Berichterstattung aufforderte und darnach entschied, die Wahl könne nicht bestätigt. werden, indem gar keine Pension gezahlt werden solle. Unterdessen hatte die Regierung den früheren Kammergerichtsreferendar, späteren Gutsbesitzer auf Prökuls, Richard Mac-Lean (geboren zu Elbing) zum kommissarischen Verwalter der Bürgermeisterstelle (die so lange durch Kommerzienrat W. Muttray versehen war) ernannt, der am 2. September als solcher eingeführt und am 19. Dezember, da sonst kein Kandidat vorgeschlagen war, mit 31 Stimmen auf 12 Jahre mit 1.500 Thalern Gehalt und 600 Thalern Pension zum Bürgermeister gewählt wurde, wobei die Stadtverordneten den Wunsch aussprachen, „dass die dereinstige Versammlung, falls der Wahl-Kandidat nach 12 Jahren nicht wieder gewählt werden sollte, ihm, wenn der städtische Haushalt es irgend zulasst, eine höhere Pension bewillige.“ Diesmal nahm Niemand an der doch nur 200 Thaler geringeren Pension Anstoß. Allein schon zum 1. Januar 1836 legte Mac Lean die Stelle nieder, da er zum Königl. Banco-Commissarius der in Memel neu errichteten Lombard- und Disconto-Anstalt ernannt war. Er schlug zu seinem Nachfolger den Gutsbesitzer Ernst Wilhelm Beerbohm zu Feilenhof (Kreis Heydekrug) vor, der denn auch am 16. Februar 1836 gewählt und am 6. April eingeführt wurde. Derselbe scheint es nicht verstanden zu haben, sich die Zufriedenheit der Bürgerschaft zu erwerben. Am 28. August 1838 erteilte ihm die Stadtverordneten-Versammlung ein Tadelsvotum, weil er in der Garnisonsfrage durch zu langsames Verfahren das Interesse von Stadt und Bürgerschaft verletzt habe. „Sie spricht den Wunsch aus und erwartet es, dass Herr Bürgermeister Beerbohm wenigstens für die Folge diesen Wink so beachten werde, wie er es verdient.“ Beerbohm antwortete den Stadtverordneten, es stünde ihnen nicht die Befugnis zu, ihm dergleichen Vorwürfe zu machen. Im Jahre 1840 befreite die Regierung ihn aus seiner unbehaglichen Situation, indem sie der Stadt mitteilen ließ, sie wolle ihm den Oberfischmeister-Posten mit 500 Thalern Gehalt geben, falls die Stadt ihn mit ebenso viel pensioniere, so dass er im Ganzen 1.000 Thaler habe. Das bewilligten die Stadtverordneten mit 24 von 82 Stimmen, und am 3. April 1841 wurde der bisherige Kämmerer Johann Friedrich Gardeicke (geboren zu Insterburg), der Ende des 18. Jahrhunderts in Königsberg Jura studiert hatte, zum Bürgermeister gewählt, der aber, da er schon über die Sechzig hinaus war, im April 1840 starb, worauf die Wahl der Stadtverordneten auf den bisherigen Bürgermeister von Insterburg, früheren Ober Landesgerichts Assessor Carl Bernhard Zimmermann fiel.

Derselbe legte in Folge einer nach dem großen Brande von der Regierung veranlassten Geschäftsrevision sein Amt am 20. Marz 1855 nieder und starb am 8. August 1860 zu Dortmund. Neu gewählt wurde der bisherige Kreisrichter Leopold Krüger (geb. zu Königsberg), dessen Einführung am 29. September 1855 stattfand. Am 1. Oktober 1879 lief die zweite Wahlperiode desselben ab; K. wurde nun von den Stadtverordneten gar nicht angefragt, ob er eine Wiederwahl annehme, auch die Stelle gar nicht zur Konkurrenz ausgeschrieben, sondern von der aus der Mitte der Stadtverordneten gewählten Kommission der Staatsanwalt zu Königsberg, vorherige Kreisrichter zu Memel, Gustav König aufgestellt und am 30. Mai gewählt. Es fielen auf ihn 14 Stimmen, wahrend 12 für Krüger lauteten und 1 Zettel leer war. Der Vorgang, für den die Gründe teils in politischen Motiven (Verweigerung der Unterschrift unter eine von ihm für nutzlos erachtete Petition gegen die Holz- und Getreide-Zölle), teils im Missvergnügen über die lange Dauer des Börsenbrückenbaus gesucht wurden, erregte in der Bürgerschaft lebhafte Entrüstung, und es fand eine von über 650 Bürgern (worunter die angesehensten und gebildetsten) besuchte Versammlung statt, welche Krüger das Lob erteilte, dass er unabhängig, allem Parteiwesen gänzlich fremd, nur von Gerechtigkeit, Unparteilichkeit und dem Interesse der Stadt geleitet gewesen sei, und eine Resolution annahm, dass durch die vorgegangene Wahl der Wille der Bürgerschaft nicht seinen entsprechenden Ausdruck gefunden habe. Ebenso veröffentlichte das „Dampfboot“ am 30. September, „der Zustimmung der bei weitem größeren Anzahl unserer Mitbürger gewiss,“ einen sehr warmen Dank für K’s Verdienste um die Stadt während seiner 24jährigen Amtstätigkeit, und Gymnasialdirektor Dr. Grosse pries ihn im Programm pro 1879 wegen seiner Verdienste um die Anstalt. Krüger bekleidete nachher bis 1893 die Stelle eines Amtsanwalts in Memel und starb am 3. Marz 1895 im 74Lebensjahre. — Königs Einführung, bis zu welcher Stadtrat Strauss kommissarischer Verwalter gewesen war, fand am 5. Dezember 1879 statt; er erhielt 1883 den Titel eines Oberbürgermeisters und durch Königlichen Erlass vom 5. Mai 1888 das Recht, die goldene Amtskette nebst Medaillon zu tragen. Magistrat und Stadtverordneten ließen dieselbe nun aus städtischen Mitteln beschaffen, und verblieb dieselbe städtisches Eigentum. Bei Ablauf seiner Amtsperiode wurde König auf weitere zwölf Jahre gewählt, verzichtete aber schon im nächsten Jahre auf sein Amt, nachdem er die Stellung eines Vorsitzenden des Direktoriums des Vereins der Rübenzuckerindustrie im Deutschen Reiche erhalten hatte; bei seinem Scheiden wurde ihm vom Könige Rang und Titel eines Geheimen Regierungsrats verliehen. Seine Abreise erfolgte am 30. November 1892; es folgte ihm seit 3. Februar 1893 Herr Stadtrat Arthur Altenberg aus Königsberg, der als Gerichtsassessor die Stelle des am 6. Marz 1891 pensionierten Stadtkämmerers Otto Fünfstück (seit 1856 in städtischen Diensten; gest. 8. September 1892 im 78. Lebensjahre) erhalten halte und am 24. Oktober 1892 zum Bürgermeister gewählt war. Im Jahre 1902 erhielt er den Titel „Erster Bürgermeister“, Herr Beigeordneter Heygster den eines „Zweiten Bürgermeisters“.


Das Rathaus befand sich 1816 in der Marktstraße No. 46 (heutige Nummer) und beherbergte in seinen oberen Räumlichkeiten auch das Königliche Land- und Stadt-Gericht, was von dessen damaligem geringen Geschäftsumfange zeugt. Erst am 13. Mai 1826 kaufte der Fiskus das ehemals Licentrath Ludwig Simpson’sche Haus Marktstraße No. 50/51 (heutige Nummer) für 10.000 Thlr. zum Gerichtsgebäude an, wogegen ihm die Stadt jährlich 400 Thlr. Mietentschädigung zu zahlen hatte. Das Rathaus wurde nunmehr in Stand gesetzt und in dasselbe im Dezember auch die Polizei verlegt, welche bisher in dem Rentel’schen Hause Luisenstraße 3 (heut. Nummer) untergebracht gewesen war. Ebenso siedelten die Stadtverordneten im Herbste dorthin über. Am 26. Juni 1846 verkauften die Stadtbehörden ihr bisheriges Heim für 3.825 Thlr. dem Konditor Johann Büsch und bezogen ihr neues, bereits im Jahre vorher für 13.000 Thlr. erworbenes Rathaus in der Luisenstraße, nachdem die Schwierigkeiten, welche die Regierung hinsichtlich ihrer Einwilligung zu diesem Kaufe machte, beseitigt waren Es war das ehemals Consentius’sche, durch den Aufenthalt des edlen Königlichen Paares 1807 geweihte Haus, in dem später längere Zeit die Börsenhalle Unterkunft gefunden hatte*). Dreißig Jahre später, 1876, fand ein großer Reparatur- und Ausbau des Hauses statt. Das alte, sehr flache, von einer hohen Attika umgebene Dach musste geändert werden, und dies bedingte zugleich eine Umgestaltung der ganzen Fassade, wobei leider der architektonische Fehler begangen wurde, den Eingang nicht durch ein besonderes Portal hervorzuheben. Der Stadtverordneten-Sitzungssaal wurde um etwa 1 Meter erhöht. und mit einem vollständig neuen Ameublement von geschnitztem Eichenholz ausgestattet. Die Kosten, im Gesamtbetrag von 59.173 Mk., wurden dem Schlewiesfonds (siehe weiter unten) entnommen, aus dem auch die 2.100 Mk. für das zur Ausschmückung des genannten Saales angekaufte, von Professor Heydeck in Königsberg gemalte Bild „Burg Balga“ zur Hälfte bestritten wurden, während eine Subskription des Kunst-Vereins die andere Hälfte ergab. Vergrößerungen des Rathaus-Grundstückes erfolgten 1883 durch den Ankauf des Terrains zur Turnhalle (siehe diese) und besonders 1894 durch die am 3. November perfekt gewordene Erwerbung des alten Kreishauses, in dem 1900 die Polizei-Bureaus untergebracht worden sind. Zu den mancherlei historischen Andenken, die das Rathaus birgt (und die teils in der „Geschichte Memels“, teils in diesem Werke erwähnt sind), ist nach dem am 29. November 1901 erfolgten Tode des früheren Gutsbesitzers auf Janischken, späteren Rentiers Heinrich Graff als kostbares Geschenk desselben das Luisen-Sopha getreten (Gesch. Mem. S. 2G6).

*) Bei Gelegenheit des Umzuges fand eine bedauerliche „Ausmerzung“ alter Akten statt, und 1848 wurden wieder „einige Zentner alter, nutzloser Papiere“ verkauft.

Von den andern städtischen und öffentlichen Gebäuden mögen nur die seitdem gänzlich eingegangenen hier Erwähnung finden: Die Dienerei mit dem Jahrmarktsbuden-Schauer (Grabenstraße 2/3), die Altstädtischen und Friedrichstädtischen Fleischbanken (erstere jetzt ein Teil des Grundstücks Friedrich-Wilhelmstraße 12 — 13, letztere Fleischbankenstraße 1), die Hauptwache (Marktstraße 17), die Spritzenhäuser. Die Dienerei war noch bis Ende 1829 als Gerichtsgefängnis benutzt, welches letztere dann in die Zitadelle verlegt wurde.

Der Flächenumfang des Stadtgebiets einschließlich der Stadt selber betrug 1818: 140 Hufen 22 Morgen 178 Ruthen magdeburgisch oder 53 Hufen 5 Morgen 288 Ruthen kulmisch; 38 Hufen waren fliegender Sand, 31 Weide, 12 Rossgarten, 56 Wiesen und Äcker. Eine Vergrößerung erfuhr dies Gebiet bald darauf durch Königliche Schenkung. Das nach der Abholzung im 18. Jahrhundert gänzlich versandete 479 Morgen große Forstrevier Melneragge längs der Seeküste hinter dem Leuchtturm sollte laut Kabinetts Ordre vom 7. Januar 1822 der Stadt gegen die Verpflichtung zur Aufforstung, da erstere indes ablehnte, laut Kabinetts-Ordre vom 24. Februar 1823 auch ohne diese Verpflichtung geschenkweise überlassen sein, was die Stadtverordneten am 19. Januar 1824 unter der Bedingung annahmen, dass sie auch das die Melneragge vom Stadtgebiet trennende Sandland bekämen, das bis zum Kirchhofe der Amts-Vitte reichte. Nun ruhte die Sache bis 1830, wo die Verhandlungen wieder begannen, die schließlich damit endeten, dass die Stadt 185 Morgen von der Melneragge und 294 Morgen Sandland zur Arrondierung, also 479 Morgen (Gab.-Ordre v. 6. April 1834, Übergabetermin 4. Juli) zur allmählichen Bepflanzung zinsfrei geschenkt erhielt*). Mit der Bepflanzung wurde alsbald im Anschluss an diejenige der 1809 geschenkten Sandscholle begonnen, auf welcher letzteren die Anpflanzungen bereits weit vorgeschritten waren, wahrend der dicht bei der Stadt gelegene Teil in Parzellen an Muller und andere Ansiedler vergeben war, woraus das 1814 gegründete, unter einem eigenen Schulzen stehende Kämmereidorf Sandwehr entstand, welches nach Einführung der neuen Gemeindeordnung von 1850 der Stadt einverleibt wurde. Im Laufe der Zeit sind jene mühsamen Anpflanzungen zu dem schönen Plantagenwalde gediehen, dessen Promenadenweg nun schon seit Jahrzehnten von dem Memeler Publikum mit Vorliebe zu angenehmen und erquickenden Spaziergängen benutzt wird. Für die gesamte „Plantage“ wurde 1857 ein Kulturplan entworfen, wo nach mit einem jährlichen Kostenaufwande von 250 Thlrn. das ganze noch nicht bewaldete Terrain binnen etwa 18 Jahren angesät werden sollte; im Frühjahr 1858 wurden die ersten 30 Morgen mit Kiefern besamt. Der Promenadenweg von Riechertsruhe bis zum Leuchtturm wurde 1861 angelegt.

*) Aber erst 1863 wurde dies Gebiet auch vom Forstbezirk Klooscben abgezweigt und mit detn Gemeindebezirk der Stadt Memel vereinigt.

Auf dem öden Strandgebiet hinter dem städtischen Sandlande am Leuchtturm und bis zu dem wegen seiner Form so genannten Uferberge „Holländische Mütze“, welcher mit dem darauf befindlichen Wäldchen den Schiffern als wichtige Landmarke diente und wo schon 1821 Anpflanzungen gemacht waren, hatte die Kaufmannschaft bereits seit dem Herbst 1830 ebenso wie auf der Nehrungsspitze Anpflanzungen von Elsen, Birken, Kiefern u. s. w. machen lassen, teils um der arbeitenden Klasse bei den herrschenden schlechten Zeiten einen Verdienst zu gewähren, teils um den Versandungen durch die Uferdünen, die auch der Schifffahrt Gefahr drohten, zu steuern. Diese Pflanzungen nebst dem ganzen erwähnten 1.478 Morgen großen Strandgebiet wurden von der Regierung der Verwaltung der Kaufmannschaft unterstellt und haben sich ebenfalls zu einem schönen Walde entwickelt*).

*) Eine genaue Ansicht der damaligen kahlen Küste bietet der „Situations Plan von dem Hafen zu Memel, aufgenommen im Jahre 1818, gestochen von Karl Jättnig jun. in Berlin." Nebst Avertissement der Kgl. Preuss. Hafen-Polizei-Kommission (auch beigefügt der „Beschreibung des Memelschen Hafens und der daselbst angelegten Werke“ vom Hafenbau-Inspektor Veit, in den „Beiträgen zur Kunde Preußens", Bd. IV, Kgsbg. 1821. — Eine gute Darstellung Memels aus damaliger Zeit ist „Memel mit dem Leuchtturm." Abbildung in Quer-Quart nebst kurzer Beschreibung (S. 188/89) in „Borussia. Museum f. preuß. Vaterlandskunde“. Bd. I (nicht mehr erschienen). Dresden, Ed. Pietzsch & Co., 1838.

Eine von der Regierung stets gewünschte Vergrößerung der Stadt wurde von letzterer ebenso oft hartnäckig abgelehnt: die Inkommunalisierung der Vororte. Bereits im ersten Jahre der Städte-Ordnung, am 3. Juli 1809, wurde den Stadtverordneten vom Magistrat die Frage vorgelegt, ob nicht die Ortschaften Amts-Vitte und Bommels-Vitte der Stadt einverleibt werden könnten. Zur eingehenderen Beschäftigung mit der Sache wurde eine Kommission (Licentrat Brahl, Dr. med. Morgen, Justiz Commissarius Wolffgram, Tauwerkfabrikant Asquith) gewählt und dann am 16. April 1810 beschlossen: „Da die Stadt durch Zuziehung der Vitten zum städtischen Territorium unausbleiblichen Nachteil haben würde, dass diese Sache auf sich beruhen bleibe und deshalb keine weitere Nachsuchung höheren Orts geschehen möge“. Im Jahre 1816 machte Magistrat eine Vorlage wegen Zuziehung der Amts-Vitte allein; die Stadtverordneten lehnten sie ab, „weil die Nachteile, die der Stadt durch die Nachbarschaft der Vitte erwachsen, nicht gehoben werden, so lange noch die Bommelsche Vitte und andere dergl. Umgebungen bestehen. Es wäre besser, die Gewerbefreiheit aufzuheben“. Im Dezember 1819 wurde nun vom Magistrat im Auftrage der Regierung die Vereinigung von Vitte und Schmelz mit der Stadt vorgeschlagen; es wurde eine Kommission erwählt und am 7. Februar 1820 die Sache abgelehnt. Der Staat sah sich indessen wegen des engen Zusammenhangs der beiden Vitten mit der Stadt genötigt, auch dort die Mahl- und Schlachtsteuer zu erheben: ebenso zahlten die dortigen Handeltreibenden ihre Gewerbesteuer zur Stadt. Da jedoch die Erhebung des Kommunal-Zuschlags zur Mahl- und Schlachtsteuer Schwierigkeiten machte und zu Streitigkeiten und Prozessen zwischen Stadt und Kommunen führte, ebenso wie Gewerbestreitigkeiten sehr oft sich ereigneten, so verlangte die Regierung nach zehn Jahren laut Verfügung vom 8. Oktober 1829 wieder die Vereinigung aller dicht bei der Stadt gelegenen Kommunen mit ersterer; eine Kommission ward gewählt und am 21. Dezember beschlossen, einzuwilligen, falls die Regierung einen jährlichen Beitrag von 8.000 Thalern leisten und außerdem zu den nötigen Schul- und anderen Bauten 7.000 Thlr. geben wolle.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Memel im neunzehnten Jahrhundert.