Fuchsjagd in England

Melton Mowbray und die englische Fuchsjagd

Das Ausland, Band 5, Ausgabe 1, 25 Mai 1832. Ein Tagblatt für Kunde des geistigen und sittlichen Lebens der Völker mit besonderer Rücksicht auf verwandte Erscheinungen Deutschland.
, Erscheinungsjahr: 1832
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Fuchsjagd, englische Jagd, Waidwerk, Waidmann, Fuchs, Melton Mowbray, Fuchsjagd, Vollblüter, Jagdpferde, Hundemeute, Meister Reinecke, Tischhunde, Jagdpartie, Spürhund
A fox-hunt to a foreigner is strange
Tis also subject to the double danger,
Of tumbling first, and having in exchange
Somme pleasant jesting at the awkward stranger.
Byron. Don Juan XIV. 27.
Über Melton Mowbray*) und die englische Fuchsjagd**)

In mehreren alten englischen Jagdbüchern, wie in dem Mayster of the Game — dem „Waidwerk-Meister“ — findet man lebensvolle Schilderungen der alten englischen Jagd, die in vielen Beziehungen ohne Zweifel in einer edleren und männlicheren Art getrieben wurde, als das Waidwerk heutzutage. Der Wolf,***) der Bär, der Eber waren die beliebtesten jagdbaren Tiere der damaligen „Venery“ oder hohen Jagd, und es ist keinem Zweifel unterworfen, daß Manneskraft und Mut in beständigem Kampfe mit solchem Wild eine gute Vorschule hatte für jene heißen Tage, wo der englische Arm auf so manchem Schlachtfelde den Preis errang. Nicht minder werden der Hirsch, das Hind, der Rehbock und der Hase als die Lust des Waidmannes genannt, und eben so die Wildkatze oder der Marder, die heutzutage als ausgestorben betrachtet werden können; doch der Fuchs findet sich nirgends unter den jagdbaren Tieren des englisch-normannischen Jägers aufgezeichnet. Dieses heutzutage so hoch geschätzten Tieres geschieht zum erstenmal öffentlich Erwähnung unter Richard II, wo dieser unglückliche König durch eine Urkunde dem Abt von Peterborough die Erlaubnis verleiht, „den Fuchs zu jagen.“ Vor hundertfünfzig Jahren noch stand der Fuchs im Waidwerk tief unter dem Hirsch, dem Reh und selbst dem Hasen; bis dahin wurde er größtenteils in Schlingen und Fallen, die man vor seinem Bau aufstellte, gefangen. Wenn man ihn jagte, so geschah dies zwischen Felsenklüften oder in Waldbergen, die für das Pferd unzugänglich waren, mit Einem Wort, solche Jagden glichen so ziemlich derjenigen, welcher der Dichter in seinem Guy Mannering den Dandle Dienmont beiwohnen lässt.

*) Melton Mowbray ist eine Stadt mit rund 26.000 Einwohnern in der englischen Grafschaft Leicestershire, circa 15 Meilen (24 km) nordöstlich von Leicester und 18 Meilen (29 km) südöstlich von Nottingham. Es ist bekannt für seine kulinarischen Spezialitäten, die Melton-Mowbray-Pork-Pies und den Blue Stilton. Diese wurden bekannt durch die reichen Gäste, die im 19. und 20. Jahrhundert regelmäßig zu Fuchsjagden nach Melton Mowbray gekommen waren.

**) Die Fuchsjagd ist ein dem englischen Adel so eigentümliches Vergnügen, und die Art und Weise, wie sie getrieben wird, außer England noch so wenig bekannt, daß wir hier mit Vergnügen eine Schilderung dieses seltsamen und kostspieligen Waidwerkes aus dem „Quaterly Review,“ unter den nötigen Abkürzungen, entlehnen. Es ist bekannt, das Lord Chesterfield, als er von einer Fuchsjagd zurückkehrte, seine Jagdgenossen fragte: „Ob denn ein Mensch je zum zweitenmale auf eine solche Jagd gehe?“ Diese Frage wird auch Mancher von uns stellen, wenn er die Gefahren einer so wenig ersprießlichen Jagd vernimmt, und von den Kosten hört, die damit verbunden sind. A. d. R.

***) Aus einer Menge Urkunden lässt sich ersehen, dass auf den Wolf in England bis ins vierzehnte Jahrhundert noch gejagt wurde, und in Schottland war dies Raubtier im fünfzehnten so häufig, daß jeder Baron durch Gesetz verbunden war, jährlich viermal Wolfsjagden anzustellen. A. d. R.


Es ist nicht mit Gewissheit anzugeben, wann in England die erste Meute Hunde zur Fuchsjagd angewendet wurde. Man findet diese Jagd in ihrem Keime bei dem Dichter Chaucer, wo er schildert, wie die Landleute mit Prügeln hinter Meister Reinecke her sind, sobald er sich blicken lässt. Wahrscheinlich hielten sich später einige benachbarte Pächter einen oder zwei Windhunde in Gemeinschaft und kamen am bestimmten Tage zusammen, um dem gefährlichen Feind ihrer Hühnerhöfe seine Räubereien einzutränken. Allmählich fingen einzelne Landedelleute oder Yeomen, die eine solche Ausgabe bestreiten konnten, ein Paar Koppeln starker Jagdhunde zu halten an, und jagten gemeinschaftlich. Man nannte dergleichen Hunde Trencher-hounds, — „Tischhunde“ — um damit anzudeuten, daß sie frei im Hause umherliefen, und nicht im Hundestall eingeschlossen wurden. Es würde schwer halten, zu bestimmen, von welcher Rasse diese Hunde waren, doch glaubt man, dass sie am meisten Ähnlichkeit mit den großen, brakenhaarigen Spürhunden haben, die man in den Gebirgslanden von Wales trifft, und die an einem Tage, wo sie gute Witterung haben, auf jede Art von Wild gebraucht werden können. Jedenfalls aber muss es lange hergegangen sein, bis man die Fuchsjagd zu einem so ausgebildeten Systeme, wie sie heutzutage getrieben wird, verfeinert hat.

Vorzüglich ist es die Stunde, zu der sich die Jagdpartie vereinigt, worin die gegenwärtige Fuchsjagd von der der früheren Zeiten verschieden ist. Vormals ließ man die Meute los, sobald man „einen Zaun von einem Gatter unterscheiden konnte,“ oder mit andern Worten, sobald es hell genug war, um dicht hinter den Hunden her zu gallopieren. Der Hase wurde dann durch den Spürhund im Lager, oder der Fuchs in seinem Bau aufgestöbert. So altväterisch und langweilig dies heutigen Jägern vorkommen mag, so fanden die Waidmänner der damaligen Zeit doch großes Vergnügen daran. Was in der Waidmannssprache a tender-nosed hound — „ein Hund mit feiner Witterung“ — genannt wird, konnte bei solcher Gelegenheit zu unbeschreiblicher Lust seines Herrn die ganze Feinheit seiner Nase entwickeln; das Vergnügen des Tages aber wurde für die Jagdgesellschaft (the Field) in dem Maße gesteigert, als man aus den Bewegungen des Spürhundes auf den Erfolg der Jagd schließen konnte. Je hitziger die Hunde die Fährte anfielen, desto mehr gewann man die Gewissheit, das Wild zu finden; die Meute gab mehr und mehr Laut, und wurde der Hase oder Fuchs aufgestöbert, so stürzten die Hunde insgesamt hinter ihm her. Heutzutage bedient man sich der Leit- und Spürhunde gar nicht mehr; wenn die jetzigen Hunde eine Fährte anfallen, so geschieht es meist nur zufällig. Indess sind mit der gegenwärtigen Art zu jagen, mancherlei Vorteile verbunden: die Jäger brauchen nicht wie im vorigen Jahrhundert viele Meilen weit in finsterer Nacht zu reiten, um in früher Tagsstunde an Ort und Stelle zu sein; das Wild, wenn es aufgetrieben ist, kann besser der großen Schnelligkeit der neuem Hunde Trotz bieten, da es Zeit hatte, die in der Nacht zuvor genommene Äsung zu verdauen; auch begegnet es den Jägern nicht mehr, viele Meilen ins Land hinein reiten zu müssen, ohne auch nur die Fährte eines Wildes zu finden, was man freilich auch der ungemeinen Vermehrung der Hasen und Füchse dankt, weshalb man auch nicht mehr mit Leithunden zu jagen braucht.

Der Jäger unsrer Zeit lässt sich in einem bequemen, mit vier Pferden bespannten Wagen, in aller Behaglichkeit nach dem Sammelplatz der Jagdgesellschaft schaukeln, oder durchfliegt auf einem Renner, der seine hundert Guineer, gekostet, in einer Stunde zwanzig Meilen. Um wie viel beschwerlicher hatten Dies die alten Waidmänner; nicht nur, daß sie nach Verhältnis der Wegeslänge ihre nächtliche Ruhe bedeutend zu verkürzen, und bei Sternenlicht aufzubrechen genötigt waren, mussten sie auch wohl noch eine gute Stunde verwenden, um ihr Haar mit Puder und Pomade, so viel das Zeug halten wollte, zu überkleistern und es von ihrem Kammerdiener in einen Knoten oder eine Keule (club), wie man es nannte, zusammenbinden zu lassen. Der schützende „Mud boot“ (Moorstiefel), das leicht trabende Reitpferd, ein zweiter Renner zum Wechseln auf der Ebene waren für ihn ein unbekannter Luxus; seine wohlbeschmutzten bockledernen Hosen, seine Stiefel mit braunen Kappen würden einem modernen „Connaisseur“ auf einer Jagdpartie in Leicestershire übel stehen. Dessen ungeachtet fühlen wir uns sehr versucht zu glauben, daß unter einer gegebenen Anzahl von Gentlemen aus beiden Epochen die meisten wahren und gründlich gebildeten Jäger der alten Zeit angehören würden.

Eine noch größere Veränderung ist mit den Jagdpferden vorgegangen. Das halbzüchtige (half-bred) Pferd in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts blieb, wenn es einmal gut zugeritten war, ein vortreffliches Reitpferd und hatte als Jagdpferd in mancher Beziehung mehr Vorzüge als im Allgemeinen die Pferde dieser Art in gegenwärtiger Zeit. In seiner größten Vollkommenheit war es ein schmuckes und kraftvolles Tier, das eine erstaunliche Ausdauer besaß, stolz und kühn aussah, einen ziemlich langen Hals und einen leichtgebogenen Nacken hatte, und denselben mit dem schöngestellten Kopfe stets hoch und frisch trug. Mit diesen natürlichen Vorzügen ausgestattet, und auf der Reitbahn mit der größten Sorgfalt zugeritten, war es im Stande mehrere Stunden gleichmäßig in jedem Pass, den man wollte, auszuhalten, setzte so gut und sicher über den letzten wie über den ersten Zaun oder Graben und kostete häufig die damals beträchtliche Summe von hundert Guineen. Alle diese Eigenschaften würden jedoch nicht bei einem Pferde genügen, das den modernen Waidmann heutzutage dicht hinter den Hunden her, über eine der wildreichsten englischen Ebenen trägt. Seine Kraft würde bei dem übermäßig schnellen Laufe, in den es gebracht werden muss, in weniger als zehn Minuten erschöpft sein; sein schöner Bau, sein feiner Kopf, seine Gewandtheit im Setzen würden ihm hierbei wenig helfen. Ein halbblütiges Pferd würde, auf der Fährte der Windhunde geritten, ermatten und dem Reiter gefährlich werden, bevor es noch über ein halb Dutzend Gehäge in Leicestershire gesetzt wäre.

Die Schnelligkeit der Hunde und der ihnen folgenden Pferde musste natürlich in gleichem Verhältnis zunehmen. Zwar sind nicht alle Jagdpferde von Leicestershire reine Rassepferde (thorough-bred); aber doch was man „Cock tail“ (Hahnen- oder Stutzschweife) nennt. Die habblütigen Pferde unserer Zeit sind von denen vor hundert Jahren himmelweit verschieden. Damals wurde ein Pferd, das von einem Bluthengste oder auch nur halbem Bluthengste und einem gewöhnlichen Zugpferde herstammte, gut genug für ein Jagdpferd gehalten, das der Schnelligkeit der Hunde, wie man sie damals hielt, vollkommen gewachsen war. Es gab damals noch nicht so viele Pferde von intermediärer Varietät, wie sie in neuester Zeit als Wagenpferde gesucht sind.

Stuten von dieser Varietät mit edelblütigen Hengsten gemischt, und das Produkt derselben mit einem Pferde von ungemischtem Geblüte zugelassen, gibt das Tier, welches man heutzutage unter dem Namen halbblütiges englisches Jagdpferd und Cock-tail versteht. Manche dieser Pferde sind ihrem Bau und Schritt nach den Rassepferden so ähnlich, daß man kaum den Flecken ihres Stammbaumes wahrnimmt. Lange Zeit bestand ein Vorurteil gegen den Gebrauch der ganzblütigen Pferde für die Jagd, vorzüglich solcher, die zur Rennbahn herangezogen worden sind, und dieses Vorurteil herrscht in einigen Provinzen noch bis auf diese Stunde. Als Grund für diese vorgefasste Meinung gibt man an, daß ihre dünne Haut sie allzu sehr Verletzungen an den Schwarzdorngehägen bloßstellt, daß sie auf dem Moorgrunde ihre Schnelligkeit einbüßen, und von Jugend auf an die Hand der Jockeys gewöhnt, sich zu sehr auf die Stange legen, und daher unangenehm zu reiten sind. Allerdings mögen auch Pferde, die lange Zeit auf der Rennbahn gebraucht worden sind, keine guten Jagdpferde mehr abgeben, aber jung und in der Fülle ihrer Kraft dazu verwendet, sind sie Pferden von niedrigerer Rasse stets überlegen. Weit entfernt, nicht gut über Gräben und Hecken setzen zu können, besitzen sie bei ihren starken Muskeln und Knochen, diese einem Jagdpferde unerlässliche Eigenschaft in hohem Grade.
(Fortsetzung folgt.)

Sammeln zur Fuchsjagd

Sammeln zur Fuchsjagd

Die Jagd beginnt

Die Jagd beginnt

Kein Abhang zu steil

Kein Abhang zu steil

Kein Graben zu breit

Kein Graben zu breit

Das ist ja noch mal gut gegangen

Das ist ja noch mal gut gegangen

Kein Fluss zu tief

Kein Fluss zu tief

Kein Zaun zu hoch

Kein Zaun zu hoch

Kein Boden zu hart

Kein Boden zu hart

Kein Hindernis zu beschwerlich

Kein Hindernis zu beschwerlich

Die wilde, verwegene Jagd

Die wilde, verwegene Jagd

Hart an der Grenze

Hart an der Grenze

Eine Schwimmeinlage

Eine Schwimmeinlage

Dem Fuchs dicht auf den Fersen

Dem Fuchs dicht auf den Fersen

Englisches Rennpferd

Englisches Rennpferd

Englisches Jagdpferd

Englisches Jagdpferd

Englisches Kutschpferd

Englisches Kutschpferd