Schatten und Licht

Bei Bertram werfen die Körper noch keinen Schatten auf den Boden oder auf andere Körper.

Dagegen verfolgt der Künstler stellenweise schon sehr genau, wie das Licht auf den einzelnen Körper wirkt und sogar, wie es in einen Innenraum einfällt. Es ist dies noch etwas anderes als sein Gefühl für das Helldunkel, obgleich die Beobachtung des Lichteinfalles und der Helldunkelwirkungen nahe beieinander liegen.


Besonders anziehend ist es, zu verfolgen, wie Bertram das Licht auf dem Fleisch studiert. Es empfiehlt sich, die Köpfe einzeln daraufhin zu untersuchen, etwa beim Noah beginnend. Bei den Köpfen der Frauen und des Christkindes vergisst er nicht, die Lichter auf den Oberlippen anzugeben.

Auf dem Grabower Altar bietet der Steinaltar, auf dem Abraham seinen Sohn opfert, ein gutes Beispiel für Bertrams Beobachtung der Beleuchtung eines freistehenden Körpers, und auf dem Segen Jakobs des Grabower- und der Verkündigung Maria des Buxtehuder Altars lassen sich die ersten Versuche der Beleuchtung eines Innenraums studieren. Auf dem Segen Jakobs kommt das Licht von den Fenstern des Hintergrunds. Die Holzdecke des Raumes erscheint an der Fensterseite dunkel und lichtet sich vorn allmählich auf. Bei den Figuren nimmt der Künstler natürlich eine volle Beleuchtung von vorn an. Deshalb stehen sie auf dem Segenjakobs vor dem helldunkeln Innenraum. Im Zimmer der Verkündigung Maria fällt das Licht von rechts durch die Fenster. Die Fensterwand bleibt die dunklere, die Wand gegenüber ist hell (das Fenster, durch das der Engel ins Gemach blickt, ist eigentlich ein Loch in der Wand und wird ignoriert). Sogar auf den Verzierungen der Rückwand lässt sich deutlich verfolgen, wie der Künstler mit der Annahme einer einzigen Lichtquelle gerechnet hat.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Meister Bertram tätig in Hamburg 1367-1415