Der Fleischton

Während auf dem westfälischen Altar von 1350 in der Kunsthalle noch die braunen Fleischtöne der stilisierenden Zeit vor Bertram herrschen, sucht Bertram der Natur so nahe wie möglich zu kommen. Er gibt schon die helle, lichte Fleischfarbe und belebt sie durch das Spiel der Lichter. Bei den Frauen hält er sich an den einen rosigen Ton der Blonden, wie er denn niemals dunkle Haarfarbe für die Frau verwendet. Bei den Männern dagegen waltet schon die Mannigfaltigkeit der Natur. Bertram erkennt ihnen bald helle, bald dunkle Hautfarbe zu. Aus dem vollen schafft er auf dem Buxtehuder Altar. Wie viele Komplexionen kommen auf einem einzigen Bilde wie der Beschneidung oder der Anbetung der Könige vor: goldigbraune, nach violett gehende, dunkelbraune, blonde Typen überall in Fülle. Auf der Anbetung der Könige bedient sich der Künstler der dunkeln, fast ans Violette streifenden Hautfarbe des mittleren Königs, die er noch durch den Gegensatz weißer Überschläge des Mantels zu steigern weiß, um der ganzen Bildanlage Haltung zu geben.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Meister Bertram tätig in Hamburg 1367-1415