Schwertermarken

Wenn vorstehend Zeitbestimmungen für den Gebrauch von Schwertermarken gegeben worden sind, so geschah dies nicht, weil der Forschung für bestimmte Marken ganz allgemein auch bestimmte Anwendungszeiten bekannt geworden sind. Nur von zwei Schwertermarken läßt sich dies mit einiger Sicherheit sagen: von der mit einem Punkte oder Kreise versehenen (vgl. Nr. 53 — 58) und von der, die einen Stern zwischen den Schwertknäufen trägt (vgl. Nr. 59 — 63). Aber auch für die Anwendung dieser beiden Marken haben bestimmte Gründe, etwa Verordnungen der Fabrikkommission oder des Königs, ganz augenscheinlich nicht vorgelegen. Die Annahme lässt sich nicht halten, dass z. B. die Punkt-Schwertermarke nur während der Zeit von 1756 — 1780 angewendet worden sei. Punkte zwischen den Schwerterknäufen oder über und neben den Parierstangen sind, als reine Arbeitermarken, sicher schon vor 1756 und ganz zweifellos auch noch nach 1780 angewendet worden; nur aus dem Stilcharakter der mit Punkt-Schwertermarken bezeichneten Stücke kann man darauf schließen, dass sie mit einer gewissen Regelmäßigkeit bei den Arbeiten des Spätrokoko- und des Louis Seize-Geschmacks benutzt worden sind. Die Stern-Schwertermarke welche man geneigt ist, als die charakteristische Marke der Marcoliniperiode (1774 bis 1814) anzusehen, ist in der Tat während des größeren Teiles dieser Zeit ausschließlich angewendet worden; aber sie wurde weder unmittelbar nach Marcolinis Eintritt in die Fabrik eingeführt, noch unmittelbar nach seinem Abgange wieder aufgegeben.

In einem im Hauptstaatsarchiv zu Dresden befindlichen Berichte, den die Fabrikkommission am 15. Juli 1774 an den Kurfürsten einreichte, wird mitgeteilt, dass der Fabrik im Jahre 1772 ein Posten Seilitzer Erde von schlechter Beschaffenheit (vgl. die den Arkanisten Walther angehenden Bemerkungen auf S. 136 und 145) geliefert worden sei; man habe daraus Waren anfertigen, lassen, die zu Versteigerungszwecken bestimmt worden wären. Zur Unterscheidung von den tadellosen Stücken habe man diese in der Masse minderwertigen Geschirre mit einem Kreuz versehen. Berling glaubt dies mit Recht so zu verstehen, dass die aus dieser schlechten Seilitzer Masse hergestellten Porzellane außer mit den Schwertern mit einem Kreuz blau unter der Glasur versehen worden seien; Kreuz und Stern könne bei der Inkonsequenz der Ausdrucksweise des 18. Jahrhunderts sehr wohl dasselbe bedeutet haben. Berling fährt fort: „Ich halte es daher nicht für ausgeschlossen, dass diese Nebenbezeichnung, die einst ein Merkmal für minderwertige Ware war, später als Fabrikmarke für alles Porzellan angenommen wurde. Die so späte Zeit des Beginnens (1780) nehme ich an, weil ich verschiedene mit der Punktmarke bezeichnete Porzellane kenne, die, meiner Meinung nach, in das Ende der siebziger Jahre zu setzen sind.“

Für alle Marken außer der Punkt- und Sternmarke muss der Stilcharakter des betreffenden Stückes allein entscheidend sein für die Zeitbestimmung; nur aus solcher Beurteilung heraus konnte beispielsweise Grässe die Marke Nr. 42 als dem Jahre 1730 angehörig bezeichnen und nur aus ebensolchen Erwägungen gebe ich für die Marke Nr. 64 als Zeit ihrer Geltungsdauer die Jahre 1816 — 1830, für die Marke 65 die Zeit nach 1830, für die Marke 66 die Zeit der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts an (nach eigenen Besitzstücken, die mit diesen Marken bezeichnet sind). Erst die Gegenwart bezl. die jüngere Vergangenheit hat (seit etwa 1880) ein sich gleich bleibendes Schwerterzeichen (vgl. Nr. 67) eingeführt.


Zu erwähnen ist noch eine Schwertermarke (vgl. Nr. 68), die nicht unter Glasur, sondern mit blauer Emailfarbe über Glasur oder auf die von Glasur freigelassene Bodenfläche des Stückes gemalt ist. Sie stammt aus den 20er Jahren des 18. Jahrhunderts. Berling spricht die Vermutung aus, dass die mit ihr bezeichneten Stücke zu den bereits glasierten Restbeständen des Meißner Warenlagers gehörten, die nachträglich bezeichnet wurden, als etwa 1730 eine kurfürstliche Verordnung erschien, dass alle aus der Meißner Fabrik hervorgehenden Porzellanstücke von nun an die Schwertermarke zu tragen hätten.

Nr. 68 Schwertermarke in blau (über Glasur)
Nr. 69 Schwertermarke auf Biskuitporzellan

Bei den unglasierten, sogenannten Biskuitporzellanen der Meißner Manufaktur wurde die Schwertermarke nicht in Blau unter Glasur angebracht, sondern farblos in die Masse eingeritzt und mit einem ebenfalls in das Porzellan eingeritzten Dreieck umgeben (vgl. Nr. 69). Während der Marcoliniperiode setzte man unter die Schwerter dieser Marke noch einen Stern.

Im Zusammenhang mit dieser Besprechung der Schwertermarken mögen noch diejenigen Zeichen einer Betrachtung unterzogen sein, welche über die Güte eines Meißner Porzellanstückes entscheiden. Schon in der frühen Höroldtzeit (in den 20er Jahren des 18. Jahrhunderts) unterschied man in Meißen zwischen Gut, Mittelgut und Brack, d. h. zwischen fehlerlosen Stücken, Stücken mit kleinen Brandfehlern, und Stücken, die im Brand so missraten waren, dass sie nicht mehr zum öffentlichen Verkaufe bestimmt wurden. Diese letzteren, der Brack, blieben unbemalt und wurden an die Arbeiter der Fabrik abgegeben. Da zu allen Zeiten sowohl mit unbemaltem Porzellan wie auch mit den Ausschussstücken viel Unfug innerhalb und außerhalb der Fabrik getrieben wurde, so machte sich die Einführung von Schutzmarken auch für die verschiedenen Qualitäten des Porzellans geltend. Berling setzt den Beginn der Anwendung dieser Zeichen etwa in das Jahr 1760.

Nr. 70 unbemaltes Porzellan, fehlerfreies Stück
Nr. 71 unbemaltes Porzellan, Ausschussware
Nr. 72 unbemaltes Porzellan, schlechte Ware
Nr. 73 unbemaltes Porzellan, beim Brennen missraten
Nr. 74 unbemaltes Porzellan, Ausschuss für Arbeiter
Nr. 75 bemaltes Porzellan, zweite Wahl
Nr. 76 bemaltes Porzellan, dritte Wahl
Nr. 77 bemaltes Porzellan, unscheinbare Stücke

Die Zeichen Nr. 70 — 74 beziehen sich auf unbemaltes, die Zeichen Nr. 75 — 77 auf bemaltes Porzellan. Ein (mit einem Rädchen, das Glasur und Farbe entfernt) durch die Kreuzungsstelle der Parierstangen gezogener Strich (vgl. Nr. 70) bedeutet bei unbemaltem Porzellan das fehlerfreie Stück; das Mittelgut (Ausschuß) wird bezeichnet durch einen Strich an den Knäufen (vgl. Nr. 71) oder den Spitzen (vgl. Nr. 72) der Schwerter, Brack durch zwei Striche an den Knäufen (vgl. Nr. 73) oder den Spitzen der Schwerter (vgl. Nr. 74). Bei bemaltem Porzellan bedeuten zwei Striche (vgl. Nr. 75) durch die Parierstangen der Schwerter den Ausschuß (sogenannte zweite Wahl), drei Striche (vgl. Nr. j6) den Brack (dritte Wahl), vier Striche (vgl. Nr. 77) die „unscheinbaren“ Stücke. Nicht in der Manufaktur bemaltes, also weiß verkauftes Porzellan zeigt, wie aus dem Vorstehenden sich ergibt, immer einen Strich durch die Kreuzungsstelle der Schwerter; begegnet man so gezeichnetem Porzellan gemalt, so ist die Bemalung außerhalb der Manufaktur erfolgt.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Meißner Porzellan
Nr. 53 und 54, nach Berling zwischen 1756 bis 1780

Nr. 53 und 54, nach Berling zwischen 1756 bis 1780

Nr. 55, 56, nach Berling, 1756—1780

Nr. 55, 56, nach Berling, 1756—1780

Nr. 57, 58, nach Berling, 1756—1780

Nr. 57, 58, nach Berling, 1756—1780

Nr. 59, 60, nach Berling, 1780—1816

Nr. 59, 60, nach Berling, 1780—1816

Nr. 61, nach Berling, 1780—1816

Nr. 61, nach Berling, 1780—1816

Nr. 62, 63, nach Berling, 1780—1816

Nr. 62, 63, nach Berling, 1780—1816

Nr. 64 Marken nach 1816 bis etwa 1830

Nr. 64 Marken nach 1816 bis etwa 1830

Nr. 65 Marken nach 1830

Nr. 65 Marken nach 1830

Nr. 66 Marken etwa 1860

Nr. 66 Marken etwa 1860

Nr. 67 Marken in der Gegenwart

Nr. 67 Marken in der Gegenwart

Nr. 68 Schwertermarke in blau (über Glasur)

Nr. 68 Schwertermarke in blau (über Glasur)

Nr. 69 Schwertermarke auf Biskuitporzellan

Nr. 69 Schwertermarke auf Biskuitporzellan

Nr. 70 unbemaltes Porzellan (fehlerfreies Stück)

Nr. 70 unbemaltes Porzellan (fehlerfreies Stück)

Nr. 71 unbemaltes Porzellan (Ausschussware)

Nr. 71 unbemaltes Porzellan (Ausschussware)

Nr. 72 unbemaltes Porzellan (schlechte Ware)

Nr. 72 unbemaltes Porzellan (schlechte Ware)

Nr. 73 unbemaltes Porzellan (beim Brennen missraten)

Nr. 73 unbemaltes Porzellan (beim Brennen missraten)

Nr. 74 unbemaltes Porzellan (Ausschussware für Arbeiter)

Nr. 74 unbemaltes Porzellan (Ausschussware für Arbeiter)

Nr. 75 bemaltes Porzellan (zweite Wahl)

Nr. 75 bemaltes Porzellan (zweite Wahl)

Nr. 76 bemaltes Porzellan (Ware dritter Wahl, unscheinbare Stücke)

Nr. 76 bemaltes Porzellan (Ware dritter Wahl, unscheinbare Stücke)

Nr. 77 bemaltes Porzellan (unscheinbare Stücke)

Nr. 77 bemaltes Porzellan (unscheinbare Stücke)

alle Kapitel sehen