Anmerkungen

Anmerkung 1

Johann Friedrich Böttger wurde am 4. Februar 1682 zu Schleiz als Sohn des fürstlich reußischen Münzwardeins und Münzmeisters Johann Adam Böttger geboren. Seine Schuljahre verlebte er in Magdeburg, wohin Böttgers Vater bald nach der Geburt des Sohnes verzogen war. Nach ihres Gatten Tode heiratete Böttgers Mutter den Königl. Preußischen Stadtmajor und Ingenieur Tiemann, der dem aufgeweckten Knaben eine gute Erziehung gab. Mit 14 Jahren kam er nach Berlin, um dort die Apothekerkunst zu erlernen.

Da er ein anstelliger, geschickter und fleißiger Mensch war, so wurde er bereits im 16. Lebensjahre von seinem Lehrherrn, dem Apotheker Zorn, zum Gehilfen erklärt. Schon als Lehrling hatte sich Böttger mit alchimistischen Künsten beschäftigt, zu denen übrigens — nach Engelhardt — auch sein Vater hingeneigt haben soll. Die Gerüchte hierüber drangen schließlich bis zu den Ohren des Königs Friedrich I. von Preußen, der den Wunsch aussprach, Proben der Böttgerschen Kunst zu sehen. Da Böttger dieser Befehl unbequem war, entwich er nach Wittenberg, das damals kursächsisch war, angeblich um dort Medizin zu studieren. Da er auch hierhin von Preußen verfolgt wurde, stellte er sich — und damit erlitt er dasselbe Schicksal, dem er durch seine Flucht aus Berlin hatte entgehen wollen — unter den Schutz Augusts des Starken. Dieser ließ ihn im Dezember 1701 nach Dresden bringen. Böttger wurde hier zunächst in dem alten Adeptenlaboratorium des Königl. Schlosses, im sog. Goldhause, untergebracht, später im Palais des Statthalters Fürsten Anton Egon von Fürstenberg. Seine Aufgabe war, unedle Metalle in edle umzuwandeln. Der Dr. Nehmitz wurde ihm als Gehilfe und zur Aufsicht beigegeben. Im Jahre 1703 machte Böttger einen missglückten Fluchtversuch. Bei dem Einfalle der Schweden im sog. Nordischen Kriege in Sachsen wurde Böttger nebst seinen drei Laboratoriumsgehilfen im Oktober 1706 zu seiner eigenen Sicherheit auf die Festung Königstein gebracht. Nachdem die Schweden Sachsen wieder geräumt hatten, ließ der König Böttger nach Dresden zurückbringen und überwies ihm auf der Venusbastei, der heutigen Brühischen Terrasse, ein Laboratorium, das nach und nach die Gestalt einer kleinen Fabrik annahm. Hier hat Böttger, der nur hie und da einmal nach Meißen, und zwar immer nur in Begleitung, in die dort im Jahre 1710 eingerichtete Porzellanmanufaktur kam, bis zu seinem frühen, am 13. März 1719 erfolgten Tode gearbeitet.


In der gesamten älteren Literatur über Böttger erscheint das Charakterbild dieses Mannes in wenig günstigem Lichte. Man erkennt nur seine chemischen Fähigkeiten und die durch sie erzielten Erfolge an, hält aber fest an der Überzeugung, dass er ein Mensch von sehr minderwertiger Moral, ein Trinker, Spieler usw. war. Die neuere Forschung teilt die ungünstigen Urteile über Böttger nicht mehr in vollem Maße, weil sie — aus inzwischen aufgefundenem neuen Aktenmaterial — die Überzeugung gewonnen hat, dass er nicht nur voll starker Begabung, sondern auch voll regen Arbeitseifers den Problemen seine Tätigkeit widmete, zu deren Lösung er vor allem durch Tschirnhaus angeregt worden war. Die Stadt Meißen hat ihm im Jahre 1891 eine Bronzebüste errichtet.

Anmerkung 2

Böttger schrieb im Jahre 1697 an seine Mutter, dass er nun „zum dritten Male Gold gemacht habe, dass er sie dereinst steinreich machen werde“

Anmerkung 3

Ehrenfried Walter v. Tschirnhaus wurde als Sohn des kursächsischen Rates Christoph v. Tschirnhaus am 10. April 1651 in Kieslingswalde in der Oberlausitz geboren. Zuerst von Hauslehrern, später auf dem Gymnasium zu Görlitz für die Universität vorgebildet, studierte er in Leyden Mathematik und Physik und erweiterte seinen Gesichtskreis durch Reisen in Holland und nach Frankreich, England und Italien. Er war ein ernster, von seiner Zeit hochgeschätzter, mit Leibniz enge befreundeter Gelehrter, der, allen geheimen, alchimistischen Künsten abhold, nicht nur eifrig bemüht war, die Wissenschaft zu heben, sondern auch der vaterländischen Industrie zu nützen. Eine Zeitlang scheint ihn, wie Dr. Heintze in einem Vortrage mitteilte, den er im November 1906 vor dem Verein Deutscher Chemiker in Dresden gehalten hat, der König mit einer Art von mineralogisch-geologischer Landesaufnahme beauftragt zu haben; Tschirnhaus bereiste das Land in allen seinen Teilen und brachte von diesen Reisen zahlreiche Mineralien mit. Besonders suchte er nach Fundorten von Edelsteinen aller Art; die Verzeichnisse dieser Fundorte sind noch vorhanden. Im Jahre 1682 wurde Tschirnhaus zum Mitgliede der Akademie der Wissenschaften zu Paris ernannt; er war kursächsischer und königl. polnischer Rat. Er starb am 11. Oktober 1708 zu Dresden.

Anmerkung 4

Seine Beschäftigung mit der Optik hatte Tschirnhaus in Beziehung zur Glasfabrikation gebracht, die ihn so fesselte, dass er drei Glashütten (in Dresden, Pretzsch und Glücksburg) und später noch eine Mühle zur Herstellung von Brennspiegeln errichtete. Die Vervollkommnung dieses Instrumentes wird als sein wissenschaftliches Hauptverdienst bezeichnet. Er war der erste, dem es gelang, zunächst aus Kupferplatten, später aus Glas Brennspiegel bis zu 1,9 m Durchmesser und 1,26 m Brennweite herzustellen, mit denen er Silberschmelzhitze erzielen konnte.

Anmerkung 5

Nach den Aufschlüssen, die auf Grund eigener Untersuchungen und Prüfung von vorhandenem Aktenmaterial Dr. Heintze in Meißen auf der Hauptversammlung des Sächsischen Ingenieur- und Architekten-Vereins im Jahre 1898 gegeben hat, setzte sich diese rote Steinzeugmasse aus „etwa 88 % rotem Bol, roter Nürnberger Erde, Borner Erde von Berggießhübel, später rotem Ton aus Okrilla, mit 12 % geschlemmtem Lehm vermischt“ zusammen. Diese Masse wurde in hohem Feuer so lange gebrannt, bis ihr Scherben nicht mehr porös und saugend, sondern geschlossen, wie der Scherben des weißen Porzellans wurde und wie dieser einen glatten, pelluziden Bruch erhielt. Allerdings war, was eine charakteristische Eigenschaft des echten Porzellans ist, der Scherben dieses Steinzeugs noch nicht durchscheinend. Bei der Schaffung des roten Steinzeugs hat man sowohl an eine Nachbildung des sog. „ostindianischen Steinzeugs „gedacht als auch an die rote terra sigillata, wie sie noch heute, mit Gold- und Silbermontierung versehen, aus dem Orient zu uns kommt.

Anmerkung 6

Ein im Hauptstaatsarchiv zu Dresden aufbewahrtes, nach Berling wahrscheinlich um 1730 entstandenes Aktenstück gibt Aufschluss über die zuerst verwendeten Rohstoffe. Von der Beschaffenheit der Porzellanerden wird in diesem Aktenstücke folgendes gesagt: „Die Schnorrsche (eine Kaolinart, die in der Grube des Hammerschmiedes Schnorr zu Aue im Vogtland gewonnen und, ehe sie von Böttger zur Porzellanbereitung verwendet wurde, zur Herstellung von Perückenpuder benutzt worden war) ohnweit Schneeberg bey der Aue und die Bockauer bleibt wohl die beste, und die dieser bey kommt, findet man bey Raschau ohnweit Schwarzenberg, doch gibt es auch eine nicht unverdienliche Erdte zu Geyer, Zschopau ingl. Schlesien und andernorts.“ Bei der Bezeichnung der übrigen Stoffe, die zur Herstellung der Porzellanmasse benutzt wurden, heißt es dann weiter: „Man kan in frofortione Compositiones changiren, will man aber auf ein gewisses pondus fußen, so empfiehlt sich das nachfolgende Rezept:

„1. Schnorrsche Erdte 4 Theile; 2. Colditzer Thon 2 Theile; 3. zarter Kiessel 1½ Theile; 4. Alabaster l½ Theile.“

Der Ton wurde, wie Berling annimmt, wohl mit verwendet, um die Plastizität der Masse zu vermehren. „So aber die principal Materie nicht zu mager ist, brauchet man keines Zusatzes. Wie denn auch die Masse, so in der proportion etwas versehen worden, etwas gelblich ausfällt“ Von der Verwendung des Kiesels erwartete man, dass die gewonnene Masse die Glasur leichter annehme, Alabaster benutzte man als Flussmittel, um dem Porzellan Durchsichtigkeit zu geben.

Auch für die Glasur gibt das Aktenstück Rezepte an, obwohl hier, wie Berling mitteilt, betont wird, dass man viele Versuche machen, und dass insbesondere die Glasur der betreffenden Masse angepasst werden müsse. Glasurrezepte aus Böttgerscher Zeit sind folgende: 100 Pfd. Kiessel, 10 Pfd. Colditzer Thon, 20 Pfd. abgerauchter Borax.

Zinnglasuren:

100 Pfd. Kiessel, 20 Pfd. Zinnasche, 30 Pfd. Aliceli, 10 Pfd. Salis comm (Kochsalz), 4 oder 3 Pfd. Borax (der abgeraucht), 100 Pfd. Kiessel, 30 Pfd. Kreydte, 5 Pfd. Thon, 10 Pfd. Ciner 4 vis (Zinnasche), 30 Pfd. Potasche, 10 Pfd. Salis comm., 3 Pfd. Borax.

Es würde zu weit führen, heute übrigens für den Leser auch nur von geringem Interesse sein, das Verfahren zu schildern, nach dem Böttger seine Porzellane herstellte; dagegen wird es willkommen sein, zu wissen, wie heute in Meißen das Porzellan erzeugt wird. Vorweg darf bemerkt werden, dass die Masse des Meißner Porzellans noch heute dieselben vorzüglichen, von Sammlern so außerordentlich geschätzten Eigenschaften besitzt wie im 18. Jahrhundert; sie besteht aus der feuerbeständigen Porzellanerde (Kaolin), versetzt mit feuerflüssigem Feldspat, und ist mit einer harten, nur leicht deckenden Glasur überzogen, die ebenfalls aus Kaolin unter Zusatz von Flussmitteln besteht, welche nur in höchster Weißglut schmelzen. Der Kaolin, also die eigentliche Porzellanerde Meißens, der aus Seilitz, einem 7 km elbabwärts von Meißen gelegenen Dorfe, bezogen wird, ist ein sehr reiner Ton, der durch die Zersetzung tonerdehaltiger Silikate, vorzugsweise aus Feldspatgesteinen, entstanden ist; er ist sehr weich, zerreibbar, von gelblichweißer Farbe, die beim Brennen sich in ein blinkendes Weiß verwandelt. Mit Wasser angerührt, wird die Porzellanerde plastisch und läßt sich jede Form geben; vor dem Lötrohr wie im Ofenfeuer ist sie unschmelzbar; Säuren mit Ausnahme der Schwefelsäure greifen sie wenig an. Im rohen Zustande ist die Porzellanerde mit Quarz, Sand und Trümmerstücken des Muttergesteins durchsetzt, die durch einen sehr sinnreichen Schlämmprozess von ihr abgeschieden werden. Den so gewonnenen Kaolinschlamm, vorläufig noch in stark überschüssigem Wasser verteilt, leitet man in große Behälter, wo er sich langsam zu Boden senkt, sodass Wasser abgezogen werden kann. Der zurückbleibende Schlamm stellt nunmehr Porzellanerde in nahezu chemisch reinem Zustande dar. Im weiteren Verlaufe des Zubereitungsprozesses wird die Porzellanerde mit einer bestimmten Menge fein gemahlenen und bereits geglühten Feldspats (Orthoklas) versetzt und durch mehrstündiges Rühren in innige Verbindung miteinander gebracht. Nunmehr wird die inzwischen ziemlich dickflüssig gewordene Masse durch Membranpumpen in Filterpressen gedrückt, um sie dort von dem noch überschüssigen Wasser zu befreien. Da aber durch diesen Bearbeitungsprozess noch nicht die notwendige Homogenität der Masse erzielt wird, so muss sie, ehe sie zu monatelanger Gärung in Keller wandert, noch durch eine Masseschlagmaschine bearbeitet werden. Dieser letzte vorbereitende Prozess gibt ihr jene innige Vermischung aller Bestandteile, die zur Herstellung guten Porzellans ein unbedingtes Erfordernis ist. Diese Bestandteile beschränken sich, wie das schon aus den weiter vorn abgedruckten alten Zusammensetzungsregeln hervorgeht, nicht auf Kaolin und Feldspat. Es gehören zu ihnen noch andere Mineralien, so namentlich Quarz und Kalk in der Form von Marmor, Kalkstein oder Kreide, und zur Verminderung des Sinterns (Schwindens) der Masse im Feuer bereits gut gebranntes Porzellan, alle diese Materialien in feinsten Vermahlungen.

Es wird übrigens auch interessieren zu wissen, wie die bekanntesten Porzellane zusammengesetzt sind. Die nachfolgend abgedruckte Tabelle verdanke ich der Güte des Herrn Dr. Heintze, und es ist zu ihrer Erklärung nur zu bemerken, dass die Porzellane mit hoher Tonsubstanz (reine Kieselsäure-Tonerde +chemisch gebundenes Wasser) und geringem Quarzgehalt härter und demzufolge wertvoller im Materiale sind, als diejenigen mit umgekehrtem Mengenverhältnis. Die Zusammensetzung der Tabelle ist erfolgt nach Analysen von Graham-Otto, Seger, Tenax und Granger.

Tabelle einfügen

Aus dieser Zusammenstellung ergibt sich, dass die Porzellane der Manufakturen zu Meißen und Berlin hinsichtlich der Güte ihres Materials, insbesondere ihrer Härte heute an der Spitze aller Porzellanarten stehen, und dass die heutigen chinesischen und die Porzellane Nymphenburgs chemisch das minderwertigste Material darstellen. Reicher Quarzgehalt, wie ihn diese Massen haben, führt zwar größere Durchsichtigkeit des Porzellans herbei, aber zugleich auch ergibt er geringere Feuerbeständigkeit und gleichzeitig geringere Haltbarkeit und Widerstandsfähigkeit gegen Temperatureinflüsse. Die Schutzschicht, mit der das Porzellan überzogen wird, ist die Glasur. Ihre Bestandteile sind entgegen den Glasuren der Fayence, des Steinguts usw. völlig frei von Metalloxyden wie Blei- oder Zinnoxyd, sind dieselben wie die der Masse, nur in anderen Mengenverhältnissen. Setzt man der üblichen Porzellanmasse noch Feldspat und Kalk zu, so erhält man eine Feldspat-Kalk-Glasur, nimmt man, wie die bayrischen, österreichischen, nordböhmischen und französischen Fabriken, reinen Feldspat, so erhält man eine Feldspatglasur. Diese enthält 7—8 % Kali, jene 14— 21 % Kalk. Die Feldspatglasur ist weich, in der Farbe trübe und milchig, die Kalkglasur hart, klar und durchsichtig.

Um nach diesen Bemerkungen über die Zusammensetzung des Porzellan- und Glasurenmaterials wieder zurückzukommen auf das Herstellungsverfahren: nachdem die fertige Porzellanmasse in den Lagerkellern ihren Gärungsprozess durchgemacht hat, gelangt sie zu den Drehern und Formern, die aus ihr die Gebilde herstellen, an Umfang etwa um ein Sechstel größer als sie in den Handel kommen. Diese ziemlich erhebliche Schwindung wird durch das Brennen verursacht. Jedes Porzellanstück hat zwei Brände durchzumachen: das mit Scharffeuerfarben bemalte, vor Auftrag der Farben, den Verglühbrand bei einer Temperatur von etwa 1000 Grad Celsius (Goldschmelzhitze) und nach der Bemalung den Gutbrand bei einer Temperatur von etwa 1600 Grad Celsius Hitze; das weiße und bunte zueist den Gutbrand und dann, nach der Bemalung, noch einen Brand von etwa 950 Grad Celsius (Silberschmelzhitze). Die Farben für die Bemalung über der Glasur setzen sich aus Gläsern und feuerbeständigen Metalloxyden zusammen; die Gläser werden auf feuerflüssigem Wege chemisch gebunden (bleiische Boro-Silikatgläser) und durch meist erneute Schmelzung mit den färbenden Metalloxyden oder deren Gemengen untrennbar vereinigt. Diese Farben werden mit Terpentinöl angerieben und mit dem Pinsel auf die glasurte Fläche aufgemalt. In besonders eingerichteten Öfen, sog. Muffelöfen, werden diese Farben bei Silberschmelzhitze auf das Porzellan aufgeschmolzen. Da schon bei diesen Überglasur- oder Emailfarben Glanz und Tiefe erst durch den Brand erzielt wird, so hat der Maler mit manchen Schwierigkeiten bei der Farbenmischung zu rechnen. Mehr noch ist dies der Fall bei den Unterglasur- oder Scharffeuerfarben, die als färbendes Metalloxyd auf den rohen oder schwach gebrannten Scherben, teils rein, teils gemischt aufgestrichen werden. Bei ihnen liefert dann die Glasur die lösenden Flussmittel und durch den Gang des Gutbrandes gewinnt man die gewollten Farben. Die alte Porzellanindustrie kannte nur die kobaltblaue Unterglasurfarbe, zu der zu Anfang des vorigen Jahrhunderts das 1797 entdeckte Chromooxyd als zweite hinzutrat; erst die letzten 25 Jahre verbesserten die Unterglasurfarbenpalette bedeutsam. Meißen besitzt gegenwärtig eine Unterglasurfarbenpalette, die fast die ganze Farbenskala umfasst. Die Unterglasur- oder Scharffeuerfarben verbinden sich mit der Porzellanmasse unauflöslich, sie sind also unzerstörbar durch Feuer und Säuren,

Da es unbedingt notwendig ist, die Porzellane vor der direkten Einwirkung der Flammengase des Ofens zu schützen, so werden sie beim Brennen in Kapseln aus gebrannter Chamotte eingesetzt.

Anmerkung 7

In seinem großen Werke „Das Meißner Porzellan und seine Geschichte“ unterscheidet Karl Berling sechs künstlerische Perioden für den Zeitraum von 1709 — 1814:

Erste Periode: Von 1709 bis zum Tode Böttgers 1719 (Vorbereitende Periode).
Zweite Periode: Von 1719 — 1735 (Malerische Periode).
Dritte Periode: Von 1735 — 1756 (Plastische Periode).
Vierte Periode: Die Meißner Fabrik während des Siebenjährigen Krieges, 1756 — 1763.
Fünfte Periode: Von 1763 — 1774 (Akademische Periode).
Sechste Periode: Von 1774 — 1814 (Entwicklung unter Marcolini).

Anmerkung 8

Berling teilt die roten Steinzeuge in folgende vier Gruppen ein:

1. Das sog. Eisenporzellan. Die kupferrot gefärbte Masse, aus welcher der Gegenstand hergestellt werden soll, ist durch einen schwärzlich-braunen Überzug leicht verdeckt. Dieser Überzug war kein gewolltes Ergebnis des Brandes, wie früher angenommen wurde, sondern entstand durch die chemischen Veränderungen, die das im Bol befindliche Eisen während des Brandes erlitt.

2. Um dem Scherben (der gebrannten Tonmasse, aus welcher der Gegenstand hergestellt wird) die kupferrote Farbe zu erhalten, mussten die Arbeiten durch Kapseln, mit denen man sie umschloss, gegen die unmittelbare Einwirkung der Feuergase geschützt werden. Diese Technik erforderte keine weitere Behandlung der Oberfläche; man wendete sie daher mit Vorliebe bei plastischen Arbeiten an.

3. Der schwärzlich-braune Überzug konnte auch auf mechanischem Wege entfernt werden, und zwar durch Abschleifen der Oberfläche. Entweder geschah dies, indem man die ganze Fläche polierte und das Ornament einschliff oder eingravierte, oder man polierte nur einzelne Teile des Gegenstandes und ließ die anderen matt dazwischen stehen. Dieser Wechsel von glänzenden und matten Stellen in den Flächen verlieh den Arbeiten einen ganz eigenartigen Reiz.

4. Man gab den Stücken eine aus Ton, Blei und Zinn bestehende schwärzliche Glasur. Dieses Verfahren sollte den Glanz imitieren, der die polierten Stücke so begehrt gemacht hatte. Es verbilligte die Herstellung der Gegenstände bedeutend, ersetzte aber selbstverständlich den natürlichen Glanz, der durch Politur erzielt wurde, nicht. Das eigentliche Material wurde durch die Glasur völlig verdeckt. Die glasierten Steinzeuge wurden zuweilen mit Lack- und Emailfarben, manchmal auch mit Gold, Silber und Platin bemalt.

Böttger-Steinzeuge sind vielfach und in den meisten Fällen mit großem Geschick nachgeahmt worden, nicht nur zu Böttgers Zeiten selbst, sondern auch später noch, ja bis in unsere Zeit hinein. Die frühesten und geschicktesten Nachahmungen lieferte eine von dem preußischen Staatsmann Friedrich V. Görne im Jahre 1713 in Plaue a. d. H. eingerichtete Fabrik, in der ein der Meißner Fabrik entlaufener Arbeiter namens Kempe die Herstellung dieses Steinzeugs, des sog. „Brandenburger Porzellans“, besorgte. Neben ihnen sind zu nennen holländische (Ary de Milde, M. de Milde, Lambert und Wouter van Eenhorns, Jacobus de Caluwe) und englische Fabrikate (Gebrüder Ehlers, Samuel Hollins, John Turner), die Erzeugnisse einer Bayreuther Manufaktur, diejenigen der Fayence- und Steingutfabrik Hubertusburg, der Königl. Sächsischen Potterie zu Döhlen bei Dresden, endlich Kamenzer und böhmische Erzeugnisse. Nicht alle diese Fabrikate entstanden in der ausgesprochenen Absicht, mit ihnen Fälschungen zu unternehmen; aber in die Hände von Fälschern gelangt, werden sie häufig dazu benutzt, um, künstlich alt gemacht, als Böttger-Steinzeuge auf den Markt gebracht zu werden. Es ist nicht leicht, Nachahmungen des Böttger-Steinzeugs von echten Stücken zu unterscheiden. Am zuverlässigsten erweist sich noch immer der genaue Vergleich angeblicher Böttgerware mit solchen Stücken, die als zweifellos echt anerkannt sind. Jede größere Porzellansammlung gewährt hierbei Unterstützung und Ratschläge.

Von Nutzen für den Sammler ist auch die Unterscheidung, die Berling von den verschiedenen roten Steinzeugarten wie folgt gibt:

1. Das Böttger-(Porzellan-)Steinzeug. Die Farbe des Scherbens ist rotbraun, in der Tönung verschieden, bald heller, bald dunkler, was wohl vom Brennen abhängig ist. Die Masse ist besonders feinkörnig, zeigt hin und wieder ganz kleine, hell glänzende Bestandteile und fühlt sich fettig an. Die Stücke sind mittelschwer und mittelhell klingend.

2. Das chinesische Steinzeug. Die Stücke sind sehr hart, massig, schwer und hellklingend. Die Masse fühlt sich trockener als die Böttgers an und ist nicht so feinkörnig; die künstlerische Behandlung der Grundform und des Ornaments ist feiner durchgeführt als bei den Böttger-Arbeiten.

3. Das Steinzeug von Plaue a. d. Havel. Der Scherben ist hellbraun oder dunkelbraun (rotbraun wird nicht erwähnt), sehr dicht und fest, von feinem Korn und hellklingend. Die Arbeiten sind vielfach poliert und mit eingeschliffenen oder aufgepressten Ornamenten versehen oder auch schwarz glasiert und mit Gold und Farben bemalt, zuweilen ziemlich grell. In die Verkaufsstücke waren Nummern eingebrannt.

4. Das Steinzeug von Bayreuth. Der Scherben ist rötlich, etwas leichter, weicher und weniger hellklingend als bei den Böttger-Porzellanen. Die Arbeiten sind meist schwarzbraun glasiert und mit Gold- oder Silbermalerei versehen.

5. Das böhmische Steinzeug. Der Scherben ist rotbraun, bedeutend weicher als bei dem Böttger-Porzellan und klingt matt. Die Arbeiten sind dunkelbraun glasiert und mit Goldmalerei auf Menniggrund versehen.

6. Das Steinzeug von Kamenz. Der Scherben ist von rotbrauner Farbe, sehr hart, hellklingend, in Technik und Form dem chinesischen Steinzeug am nächsten verwandt. Es kommen nur plastische Verzierungen vor; diese sind gleichzeitig mit der Form hergestellt.

Anmerkung 9

In einer vom 17. Februar 1720 datierten Rechnung über Porzellan, das an den am Hofe Augusts des Starken lebenden Prinzen Alex. Fascari geliefert worden war, ist mit einer einzigen Ausnahme nur von mit Gold bemaltem Porzellan die Rede. Diese Ausnahme betrifft die Bezeichnung „6 mit gold und Perlmutter Chocolad. Becher mit 2 Henckel“. Man verstand darunter wohl den eigenartig rosaviolett irisierenden Metallschimmer, der an einigen ganz frühen Stücken vorkommt und mit „reflet metallique“ bezeichnet wird.

Anmerkung 10

Arkanisten (von arcanus, lat. geheim) nannte man während des ganzen 18. Jahrhunderts in Meißen und auch in anderen Manufakturen die Leute, denen die Zusammensetzung der für die Bereitung der Porzellanmasse erforderlichen Bestandteile oblag. Sie waren bei schwerer Strafe zur strengsten Geheimhaltung ihrer „Wissenschaft“ verpflichtet. Die ersten Arkanisten bei der Meißner Manufaktur waren der Dr. Nehmitz und der Militärarzt Dr. med. Bartholomäi, die ihre Dienstgeschäfte von Dresden aus besorgten und daher für ihre Arkanistentätigkeit wohl nur im Nebenamte besoldet wurden. Der eine von ihnen sollte nur die Masse, der andere nur die Glasur bereiten. Letztere ist auch jahrelang in Dresden gemahlen und dann nach Meißen geschickt worden. Vom Jahre 1712 an trat der Inspektor Steinbrück an die Stelle von Nehmitz und Bartholomäi. Er starb schon 1723. Ihm folgte Dr. med. Petsch, gestorben 1750, Dr. Schatter, gestorben 1785, usw. Die wirklichen Meißner Arkanisten, also Dr. Nehmitz, Dr. Bartholomäi, Steinbrück usw. waren tüchtige und durchaus ehrenwerte Männer; anders die Massearbeiter, die, wenn sie heimlich entwichen oder entlassen wurden, sich auswärts betrügerischerweise als Inhaber der Porzellanwissenschaften, als Arkanisten, auszugeben pflegten. Viele dieser Leute waren höchst zweifelhafte Personen, eitle Schwätzer und Nichtstuer, die nur auf die Gelegenheit warteten, um ihre Kenntnis von der Zusammensetzung des Porzellanmaterials gegen guten Lohn zu verraten. Zu diesen Leuten gehörte der „Arkanist“ Samuel Stöltzel oder Steltzel, der in Meißen als Massearbeiter tätig war. Er hatte mit seiner Wirtstochter ein Verhältnis gehabt, das nicht ohne Folgen geblieben war, und sollte nun nach den bestehenden Gesetzen das Mädchen heiraten. Da er das nicht wollte, so entwich er 1719 heimlich aus Meißen und begab sich nach Wien zu dem Holländer Claudius du Paquier, der 1718 mit Hilfe eines anderen, heimlich entwichenen Meißner Angestellten, des Emailleurs Konrad Christoph Unger (oder Hunger), die Porzellanfabrik in Wien (vgl. S. 46) gegründet hatte. Stöltzel kehrte, nachdem er durch die Vermittlung des sächsischen Gesandten in Wien die Verzeihung des Königs erhalten hatte, mit Höroldt 1720 wieder nach Meißen zurück und wurde wiederum als Massearbeiter beschäftigt. Er starb 1737 als Obermeister. Sein Verdienst um die Manufaktur besteht in einigen von ihm herrührenden technischen Verbesserungen der Porzellanmasse, vor allem aber darin, dass er es war, der den Maler Höroldt nach Meißen brachte.

Anmerkung 11

Johann Gregor Höroldt (Herold) wurde (nach Berling) am 6. August 1696 als jüngster Sohn aus zweiter Ehe des Schneidermeisters Johann Wilhelm Höroldt zu Jena geboren oder getauft. Über seine Vorbildung zur Porzellanmalerei ist Näheres nicht bekannt geworden. Vom Jahre 1719 an war er in der damals eben gegründeten Wiener Porzellanfabrik als Maler tätig; nach Meißen kam er im Jahre 1720. Seiner Tüchtigkeit, ebenso sehr hinsichtlich der technischen Verbesserung der Porzellanmasse wie in bezug auf die Vervollkommnung der Bemalungsverfahren, verdankte die Fabrik ihren baldigen großen Aufschwung; hatte sie im Jahre 1719 nur 26 Angestellte beschäftigt, so zählte sie im Jahre 1739 deren schon 194. Und während sie unter Böttgers Leitung fortdauernd Zuschüsse erfordert hatte, erbrachte sie nunmehr bald Überschüsse; in den Jahren 1733 — 1753 betrugen diese fast 1½ Millionen Taler. Im Jahre 1723 wurde ihm unter Ernennung zum Hofmaler die Gesamtleitung der Fabrik übertragen. Im Jahre 1731 erhielt er seine Ernennung zum Hofkommissar, nachdem er kurz vorher das Arcanum mitgeteilt erhalten hatte, im Jahre 1749 diejenige zum Bergrat. Am 18. September 1765 ließ er sich in Ruhestand versetzen. Er starb am 26. Januar 1775 zu Meißen.

Anmerkung 12

Genannt werden die Former Georg Fritzsche, Paul Wildenstein, Carl Friedrich Krumbholz und Johann Friedrich Schmieder.

Anmerkung 13

Der Pariser Kaufmann Rudolf Lemaire, der in der Zeit, als der Premierminister Graf Karl Heinrich v. Hoym d. J. die Oberdirektion über die Fabrik hatte (1729 — 1731), von diesem auffällig begünstigt wurde, scheint, da Höroldt ihm nicht traute, weil er Forderungen stellte, die eine Schädigung der Fabrik bedeuteten, stark gegen diesen intrigiert zu haben. Er trug sich wohl gar mit der Hoffnung, an Höroldts Stelle mit der Leitung der Fabrik beauftragt zu werden. Lemaires Einfluss wurde erst gebrochen, als der König an Stelle des in Ungnade gefallenen Grafen v. Hoym im Jahre 173 1 selbst die Oberdirektion über die Fabrik übernahm. In dem dem Grafen Hoym und seinen Getreuen gemachten Prozess fiel die Begünstigung Lemaires sehr ins Gewicht; Lemaire wurde sogar eine Zeitlang gefangen genommen, dann aber, ohne bestraft zu werden, wieder entlassen, jedoch des Landes verwiesen. Gleichzeitig wurden alle geschäftlichen Verbindungen der Fabrik mit ihm abgebrochen. Erst im Jahre 1734 gelang es dem Mitinhaber seines Pariser Geschäfts, Jean Charles Huet, wieder Meißner Porzellan zu erhalten.

Anmerkung 14

Unterglasurfarben (Scharffeuerfarben) nennt man solche, die auf dem Scherben vor dem Garbrande, also vor dem Glasieren, angewendet werden. Sie schmelzen, von der Glasur bedeckt, im Garbrande in den Scherben ein. (Vgl. auch Anm. 6.) Die bekannteste Unterglasurfarbe ist das Kobaltblau (sog. Zwiebelmuster).

Anmerkung 15

Überglasurfarben (Schmelzfarben) sind solche, die auf dem fertig gebrannten Stücke verwendet werden. (Vgl. auch Anm. 6.)

Anmerkung 16

Johann Joachim Kaendler wurde im Jahre 1706 zu Fischbach bei Arnsdorf in Sachsen als Sohn des dortigen Pfarrers geboren. Er zeigte früh künstlerische Neigungen und erhielt daher von seinem Vater die Erlaubnis, bei dem Dresdner Hofbildhauer Thomae in die Lehre einzutreten. Dies geschah im Jahre 1723. Bei Thomae fand Kaendler nicht nur Gelegenheit zu vortrefflicher technischer Ausbildung, sondern auch zum Vertrautwerden mit dem damals herrschenden Barockgeschmack. Zunächst vom Könige berufen, bei der Neueinrichtung des Grünen Gewölbes zu Dresden Beihilfe zu leisten, wurde er im Jahre 1731 nach Meißen gesandt zur Unterstützung der Modelleure Höroldts, insbesondere des Modelleurs Kirchner. Kaendler erhielt 1733 das Amt und den Titel eines „verpflichteten Modellmeisters“ verliehen; wahrscheinlich 1740 wurde er zum Leiter der plastischen Abteilung der Meißner Manufaktur und 1749 zum Hofkommissar ernannt. Er starb am 17. Mai 1775 zu Dresden.

Anmerkung 17

In einer in der „Neuen Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freyen Künste“ (Jahrgang 1775, Band 18, S. 300 f.) kurz nach Kaendlers Tode erschienenen Lebensbeschreibung des Künstlers wird mitgeteilt, dass sein Vater „die Funken eines lebhaften Genies und einen Hang zu den schönen Künsten frühzeitig in ihm entdeckete“. Der Pfarrer Kaendler muss, was für einen Theologen des 18. Jahrhunderts besonders ins Gewicht fällt, ein sehr aufgeklärter Geist gewesen sein, denn er war nicht nur damit einverstanden, dass sein Sohn sich der bildenden Kunst zuwandte, sondern er förderte sogar, seitdem er diese Neigung erkannt hatte, aufs nachdrücklichste diejenigen Kenntnisse, die ihm für den künftigen Bildhauer von Wert schienen. „Er machte daher,“ wie es in der obengenannten Lebensbeschreibung weiter heißt, „seinen Sohn mit den besten Schriftstellern, mit der Mythologie und den Kunstwercken des Altertums bekannt, und mit diesen Vorbereitungskenntnissen übergab er ihn 1723, als der junge Kaendler die Bildhauerkunst vorzüglich wählte, der Unterweisung des geschickten Hofbildhauers Thomae zu Dressden.“ Dass Kaendler noch, als er längst, dank seinem Talente, zu Ehren und Ansehen in Meißen gekommen war, bestrebt war, seine Bildung zu vertiefen, seinen Anschauungskreis zu erweitern, geht aus dem folgenden Satze der erwähnten Lebensbeschreibung hervor: „Er hatte die alten Schriftsteller in seiner Jugend mit solchem Erfolge studiret, dass sie auch in seinen hohen Jahren noch seine Ergötzung ausmachten, und es ist anerkennungswert, dass er, als er bereits seinem wichtigen Posten zu Meißen vorstand, noch viele Jahre bey dem um die Meissnische Fürstenschule so verdienten damaligen dritten Collegen, Herrn M. Weissen, täglichen Unterricht „Z-u Erklärung der schwerern mythologischen Dichter nahm.“

Anmerkung 18

Das Sulkowskische Service ist vor etwa 25 Jahren von Dresden aus in den Handel gekommen; einzelne Teile von ihm befinden sich wohl noch in den Händen von Händlern.

Anmerkung 19

In der mehrerwähnten Lebensbeschreibung Kaendlers wird zur Geschichte dieses Reiterstandbildes folgendes bemerkt: „Im folgenden Jahre (1731) that ihm der Premierminister, Graf von Brühl, auf Befehl des Königs, den Antrag, das Standbild des Monarchen zu Pferde, en Courbette, von der Größe der an der Allee der Dressdner Neustadt stehenden Statue August des II., mit einem verhältnismäßigen Piedestal, beides von weißem Porcelain, zu verfertigen, damit solches auf einem andern öffentlichen Platze der Residenz ebenfalls aufgestellet werden könnte. Der Gedanke eines solchen Kunstwercks, welches das einzige seiner Art in dei Welt würde gewesen seyn, und bey dessen Ausführung der Ruhm des Künstlers so stark interessiret war, überwand bey unserm Kaendler die zahlreichen Schwierigkeiten, die ihm dabey entgegentraten. Er verfertigete dazu ein vortreffliches Modell von Porcelain, das mit dem Fußgestelle fast 3 Ellen hoch, und gegenwärtig im Holländischen Pallast besagter Neustadt Dressden zu sehen ist. Der König, zufrieden mit diesem herrlichen Probestück, saß hierauf dem Künstler, und ließ sich von ihm fussiren (bossieren), bezeugete auch ein ungemein Vergnügen, als er schon 1755 das große Modell in Gips in Augenschein nehmen konnte. Nun arbeitete Kaendler mit brennendem Eifer, sein Werck bald in Porcelain darzustellen. Allein der kurz darauf einbrechende lange Krieg hemmte das Unternehmen mit einmal, und ob schon der unsterbliche Churfürst Friedrich Christian (lyöj) nach wiederhergestelltem Frieden mit Ernst bedacht war, dieses prächtige Denkmahl seines Herrn Vaters vollenden zu lassen, so vereitelte doch sein frühes Ableben diese Absicht abermahls, und nunmehr ist der Künstler für dieses Werck auch dahin!“

Anmerkung 20

Die Prinzessin Marie Josepha von Sachsen, Tochter Augusts III., Gemahlin des einzigen Sohnes Ludwigs XV., des Dauphins Ludwig, der 1765 starb.

Anmerkung 21

Der Siebenjährige Krieg (1756 — 1763) brachte die Meißner Manufaktur dem Untergange nahe. Bald nach dem Einmärsche der preußischen Truppen in Sachsen wurde nicht nur die Kasse der Dresdner Niederlage der Manufaktur, 500 Taler enthaltend, beschlagnahmt und für Friedrich II. aus den Vorräten der Fabrik das Beste herausgesucht und in 30 Kisten verpackt nach Berlin geschickt, sondern es wurde zunächst auch die Fabrik geschlossen und ihre drei, auf 300,000 Taler Wert geschätzten Warenlager an den Armeelieferanten Karl Heinrich Schimmelmann, sächsischen Accisrat und preußischen Geheimrat, für 120,000 Taler in bar verkauft. Dieser Verkauf entschied über den weiteren Bestand des Meißner Unternehmens. Denn wäre er nicht erfolgt, so würden die Vorräte nebst allem Inventar der Fabrik an den Berliner Porzellanfabrikanten Wilhelm Caspar Wegely veräußert worden sein, was den Untergang der Meißner Manufaktur bedeutet hätte, da Wegely ein höchst persönliches Interesse daran hatte, deren Arbeiter, Formen und Maschinen an sich zu bringen, das Unternehmen also gewissermaßen von seinem eigenen aufsaugen zu lassen. Der damalige Faktor der Dresdner Niederlage der Meißner Fabrik, Kommerzienrat Helbig, nahm das Verdienst für sich in Anspruch, den Zusammenbruch des Unternehmens dadurch verhütet zu haben, dass er Schimmelmann zur Erwerbung der Warenlager veranlaßte. Freilich hat ihn dabei Uneigennützigkeit allein nicht geleitet; er wußte anscheinend sehr wohl, was er tat, als er Schimmelmann für die Erwerbung der Vorräte gewann. Da der letztere die Warenlager nämlich nicht so schnell, wie er gehofft hatte, mit großem Gewinn weiterverkaufen konnte, so überließ er sie einem Konsortium, an dessen Spitze Helbig stand, um den Preis von 170,000 Talern, eine gewiß respektable Summe, aber immerhin wohlfeil gegenüber dem eigentlichen Werte der erworbenen Waren. Mit dem Erwerb der Meißner Porzellanvorräte erhielt das Konsortium zugleich die Erlaubnis zur Weiterführung der Fabrikation in Meißen. Der Form nach war Schimmelmann derjenige, der die Fabrikation gegen eine jährliche Pachtzahlung von 24,000 Talern von Friedrich II. von Preußen genehmigt erhielt, in Wahrheit aber war es das Konsortium mit Helbig an seiner Spitze. Dieser erste Pachtvertrag lautete vom i. März 1757 an. Am i. Januar 1761 wurde ein zweiter geschlossen, der die Pachtsumme auf jährlich 60,000 Taler erhöhte und bestimmte, dass die vom Preußenkönig bestellten Waren im Betrage von 30,000 Talern unentgeltlich verabfolgt würden gegen Verzicht auf zwei Monate Pachtgeld. Es zeugt für die Lebenskraft des Unternehmens, dass dieses sich unter so erschwerten Daseinsbedingungen überhaupt halten konnte; außer 260,000 Talern an Pacht musste es während der 7 Jahre 1756 — 1763 unentgeltlich für etwa 80 — 100,000 Taler an Porzellan für das „Hohe Königliche Haus Sachsen und Preußen, wie auch andere Hohe Behörden auf höchste königl. Landesherrliche Befehle“ abführen.

Anmerkung 22

Christian Wilhelm Ernst Dietrich, auch Dietrici oder Dietricy genannt, wurde am 30. Oktober 1712 zu Weimar geboren, war zunächst Schüler seines Vaters, des Weimaraner Malers und Kupferstechers Dietrich, und bildete sich dann bei dem Dresdner Landschafter A. Thiele weiter. Hier fiel sein Talent dem Günstling Augusts III. Grafen Brühl auf, der ihn in seine Nähe zog, seine Ernennung zum Hofmaler vermittelte und durchsetzte, dass er im Jahre 1742 auf königliche Kosten eine Studienreise nach Italien unternahm. Er widmete sich hierbei, vornehmlich in Rom und Venedig, besonders dem Studium der alten Meister. Nach Dresden zurückgekehrt, erhielt er eine Anstellung als Galerieinspektor, wurde 1765 zum Akademieprofessor ernannt und starb am 23. oder 24. April 1774 zu Dresden. In der Meißner Manufaktur bezüglich als Leiter von deren Kunstschule war er während der Jahre 1764 — 1770 tätig.

Dietrichs Verdienst als Maler ist, dass er bestrebt war, den Einfluss der französischen Galanteriemaler seiner Zeit, die Herrschaft derer um Watteau, zu brechen. Ähnlich wie Constable, nur nicht mit der nämlichen schöpferischen Kraft, suchte er über den Weg der Niederländer hin der realistischen Malerei wieder Boden zu gewinnen; da er aber selbst nicht frei von Manier war, so fand er diesen Weg nicht wie Constable, sondern blieb haften an der Nachahmung der niederländischen Meister, besonders Rembrandts. Die Dresdner Galerie besitzt eine große Anzahl Gemälde von seiner Hand, von denen die folgenden hervorzuheben sind: „Anbetung der Könige“ (1731), „Auferweckung des Lazarus“ (1746), „Kreuzigung Christi“ (1754), „Verkündigung der Hirten“, „Thetis und Achilles“ (1766). Dietrich war auch als Radierer tätig. Seine Beeinflussung der Meißner Porzellanplastik nach der Seite des Antikenstiles hin ist in erster Linie zurückzuführen auf seinen Verkehr mit Winckelmann, dem Begründer der wissenschaftlichen Archäologie und der Geschichte der alten Kunst, der von 1748 — 1753 erstmals in Dresden lebte und dort außer mit Lippert, Hagedorn und dem Maler Oeser auch mit Dietrich in regen künstlerischen Gedankenaustausch getreten war.

Anmerkung 23

Michel Victor Acier wurde am 20. Januar 1736 zu Versailles geboren und erhielt seine künstlerische Ausbildung an der Pariser Akademie im Sinne des Watteau-Geschmacks. In diesem Geschmacke wirkte er, ohne größere Erfolge zu erringen, bis er am 30. März 1765 nach Meißen berufen wurde. Seine Tätigkeit dort mag ihn zunächst künstlerisch wenig befriedigt haben, denn schon nach einigen Monaten versuchte er, sie wieder aufzugeben, und es gelang nur dadurch, ihn an die Manufaktur zu fesseln, dass man erstens sein Gehalt von 455 auf 800 Taler erhöhte und zweitens ihm eine Pension von 400 Talern schon nach 15 jährigem Wirken in der Manufaktur zusicherte (200 Taler, falls er nach dieser Zeit wieder ins Ausland zu gehen beabsichtige). Acier hat sich unmittelbar nach Erreichung seiner Pensionsfähigkeit in Pension begeben und ist als Pensionär der Manufaktur in Dresden am 16. Februar 1799 gestorben.

Anmerkung 24

Die Spitzen werden, mittels kleiner Pinsel, mit der Hand einzeln aufgesetzt. Handelt es sich um die Darstellung größerer Gewebe, so wird wirkliche Spitze in Porzellanmasse getaucht und dann im Porzellanofen gebrannt. Das organische Gewebe wird durch den Brennprozess vernichtet, die anorganische Form bleibt als nunmehriges Spitzenmuster zurück.

Anmerkung 25

Der Günstling des Kurfürsten Friedrich August III., nachmaligen Königs Friedrich August I., des Gerechten, Königl. Sächsischer Kabinettsminister, Wirklicher Geheimer Rat, Oberstallmeister und Kämmerer Graf Camillo Marcolini entstammte einem italienischen Geschlechte; er wurde am 2. April 1739 zu Fano im Kirchenstaat als sechster Sohn des Bailli Pietro Paolo Marcolini geboren. Die Familie Marcolini leitete, wie Friedrich August Baron O-Byrn in seiner ausgezeichneten Biographie Marcolinis (Dresden 1877, Verlag von Emil Schilling) schreibt, nach allerdings unbeglaubigten genealogischen Nachrichten ihr Geschlechtsregister bis zum Jahre 1300 zurück, in dem als Ahn der Familie ein luccesischer Nobile Peruzzo erwähnt wird. Zu Ende des 16. Jahrhunderts (1596) erlangte die Familie in der Person eines Paolo Marcolini die erbliche Bailliwürde des St. Stephansordens zu Pisa. Graf Camillo wurde geboren, als der Kurprinz Friedrich Christian von Sachsen sich besuchsweise in Rom aufhielt. Auf seiner italienischen Reise hatte der Kurprinz den Vater Marcolinis kennen gelernt und sich diesem gegenüber erboten, einen der Söhne des Bailli an seinem Hofe erziehen zu lassen. Marcolini kam am 1. Juli 1752, also im Alter von 13 Jahren, an den Hof des Kurprinzen und wurde in dessen Pagenbuch als Silberpage eingetragen. Bis zum Jahre 1768 wurde er als „Conte“, seit dieser Zeit als „Graf“ in den Pagenbüchern geführt. Eine Berechtigung zur Führung dieses letzteren Adelsprädikates bestand nicht. Seine Erziehung erhielt Marcolini im Pagenkorps, und es wird hierüber in dem O-Byrnschen Werke gesagt, dass er mit der dem Italiener angeborenen Indolenz die Erlernung fremder Sprachen (und wohl auch anderer Wissenszweige) vernachlässigte, dagegen, begabt mit einer ihm nachgerühmten Schärfe des Verstandes, sich zu einem Hofmanne ausbildete, in dem angenehm gesellige Formen sich glücklich mit der Leichtigkeit vereinigten, Menschen und Situationen richtig zu erfassen, um sich „in die Lagen geschmeidig zu fügen, in welche ihn das Geschick einführte“. Durch den Tod des Königs August III. (Kurfürst Friedrich August II.) war der Sohn des nunmehrigen Kurfürsten Friedrich Christian, Prinz Friedrich August (geboren 23. Dezember 1750) am 5. Oktober 1763 Kurprinz und bald darauf, am 17. Dezember 1763 Kurfürst geworden. Er war 13 Jahre alt und erhielt den bisherigen Silberpagen Marcolini, der eben 24 Jahre alt geworden war, als Kammerpagen. Diese Stelle führte bald zu einem vertrauten Verhältnisse Marcolinis zum Kurfürsten, das seine erste äußere Bezeichnung dadurch erhielt, dass Marcolini am 17. Geburtstage des Kurfürsten unter Überspringung der Kammerjunkerstellung zum Kammerherrn befördert wurde. Den zweiten Ausdruck erhielt es am Tage der Großjährigkeitserklärung des jungen Kurfürsten (15. September 1768); er wurde an diesem Tage zum Kämmerer ernannt. Die weiteren Staffeln seiner Laufbahn sind folgende: im Jahre 1772 wurde er zum Wirkl. Geheimen Rate, 1778 zum Oberkammerherrn, 1799 zum Oberstallmeister und 1809 zum Kabinettsminister (ohne Portefeuille) ernannt. Zur Oberdirektorenstelle der Meißner Manufaktur war Marcolini in seiner Eigenschaft als Oberkammerherr gekommen, mit welcher Stellung die Oberaufsicht über die Kunstakademie und die Direktion der kurfürstlichen Sammlungen verbunden war. Marcolini war, wie schon aus der ganzen Form seiner Erziehung hervorgeht, in allen Wissenschaften und Künsten Dilettant; aber er war ein Mann von Geschmack, ein pietätvoller Erhalter und Pfleger von künstlerischem Besitz und ein Mann der praktischen Tat. So konnte in der Tat sein kurfürstlicher Herr keinen besseren Verwalter der Meißner Fabrik wählen als ihn; wenn es Marcolini nicht gelang, die Manufaktur auf ihren vorherigen hohen Stand zurückzuführen, so lag dies einerseits an der Ungunst der Zeitverhältnisse, andererseits an dem künstlerischen Stillstande, der das Ende des 18. und den Anfang des 19. Jahrhunderts beherrschte. Marcolini starb am 10. Juli 1814 zu Prag.

Anmerkung 26

Graf Heinrich von Brühl, kursächsischer Premierminister unter August III., wurde am 13. August 1700 in Gangloffsommern bei Weißensee als Sohn des Oberhofmarschalls des Herzogs von Sachsen-Weißenfels und Geheimen Rats v. Brühl geboren. Er wurde im Jahre 1719 Page Augusts des Starken, stieg schnell zum Oberkammerherren und im Staatsdienst vom Steuereinnehmer zum Wirklichen Geheimen Rat und Direktor des Departements des Innern (1731) empor. Nach dem Tode Augusts des Starken wußte er sich das Vertrauen Augusts III. dadurch zu erwerben, dass er ihm die Krone und die Reichskleinodien Polens überbrachte, ihm bei der Besteigung des polnischen Thrones zur Seite stand und rücksichtslos Geldquellen eröffnete. Er durchlief nun schnell die Laufbahn des ausgesprochenen Fürstengünstlings, indem er im Jahre 1733 nacheinander Kammerpräsident, Inspektor über die Staatskassen und Kabinettsminister, sowie Chef des Departements der Zivilangelegenheiten, 1737 Chef des Departements der Militärangelegenheiten, 1738 Chef der auswärtigen Angelegenheiten und Oberkämmerer und endlich 1746 Premierminister wurde. Damit wurden in seine Hand alle Angelegenheiten des Staates gelegt, die er aufs schlimmste vernachlässigte. Willkürherrschaft und unsinnige Verschwendungssucht sind die Kennzeichen seiner staatsmännischen Tätigkeit, die Sachsen an den Rand des Zusammenbruches brachten. Er starb am 28. Oktober 1763, drei Wochen nach dem Tode Augusts III. Zum Oberdirektor der Porzellanmanufaktur wurde er am 17. August 1739 ernannt. Obwohl er auch hier, wie überall in seinen Ämtern, eine ausgesprochene Günstlingswirtschaft trieb, so verstand er es doch, die Fabrik in wirtschaftlicher Hinsicht bedeutsam zu heben, und auch sein feiner künstlerischer Geschmack beeinflusste aufs nachdrücklichste die Entwicklung der Manufaktur. Die Entfaltung der künstlerischen Begabung Kaendlers ist ganz augenscheinlich sein besonderes Verdienst.

Anmerkung 27

Georg Michael Helbig wurde im Jahre 1715 zu Ahrensfeld, Amt Wolkenstein, geboren. Er trat im Jahre 1735 als Handlungsdiener bei der Dresdner Niederlage der Manufaktur ein, wurde 1744 zum Buchhalter befördert und erhielt 1749 den Titel eines Kommerzienrates. Da er ein sehr tüchtiger, geschäftsgewandter Mann war, so erhielt er, längst ehe der Siebenjährige Krieg ausbrach, der ihn (vgl. Anm. 21) an die Spitze der Manufaktur stellte, bedeutenden Einfluss auf den künstlerischen und technischen Betrieb des Werkes und wurde im Jahre 1756 sogar zum „Arcanum“ zugelassen. Er war bis zum Jahre 1764 in der Manufaktur tätig und starb im Jahre 1774. Ist es auch zweifellos, dass er in den kritischen Zeiten, welche die Manufaktur während des Siebenjährigen Krieges durchgemacht hat, deren Interessen in energievoller Weise wahrgenommen hat, so ist es andererseits ebenso sicher, dass er hierbei auch seinen eigenen Vorteil zu nützen wußte. Er war nicht ganz der uneigennützige Mann, als den er sich selbst gern hinstellte, aber wohl auch nicht so eigennützig, wie ihn seine Gegner eingeschätzt haben.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Meißner Porzellan