Besetzung Mecklenburgs durch die Franzosen nach der Schlacht bei Jena

Preußen hatte in der Hoffnung, seine Abänderungen im Wiener Vertrage würden von Napoleon genehmigt werden, seine Armee auf den Friedensfuß gesetzt; versprach, Norddeutschland mit seinen Truppen zu decken, und verlangte ausdrücklich, dass die fremden Truppen sich in ihre Heimat begeben sollten. Alle Beamten, von der hannoverschen bis zur schwedisch -pommerschen Grenze, wurden von der Regierung zu Schwerin befehligt, die in kleinen Abteilungen aus dem Hannoverschen zurückgehenden schwedischen Truppen bis an das nächste Amt, auf dem Wege nach Schwedisch-Pommern, zu begleiten. Die Schweden bezogen vom 5. Februar bis zum 26. März 1806 Kantonnierungen zwischen Wismar und der pommerschen Grenze, bei barer Bezahlung der konventionsmäßigen Verpflegung, und begaben sich dann vom 27. März bis zum 3. April nach Schwedisch-Pommern zurück. Wie sehr wussten sich doch diese gutmütigen Menschen das Vertrauen ihrer mecklenburgischen Gastfreunde zu erwerben! Sie arbeiteten mit den Ältern, spielten mit den Kindern wie Kinder, begnügten sich bei der Armut der geringen Leute mit Allem, und erregten durch ihren Abschied, besonders bei den Kindern, allgemeine Wehmut. Vom 19. bis 27. August fand noch ein Durchmarsch schwedischer Truppen aus Pommern, über Tessin, Lage, Schwaan, Bützow, Warin und Gadebusch, in das Lauenburgische Statt, wo sie vertragsmäßig die Besatzung bilden sollten.*)

*) Neunzehntes Jahrhundert von J. G. Eichhorn, pag. 82.


Der Rückmarsch der russischen Truppen aus dem Hannöverschen erfolgte vom 15. Februar bis zum 4. März unter der Leitung mecklenburgischer Marschkommissarien, teils über Lenzen, Grabow, Parchim, Plau, Waren, Penzlin und Röbel durch das Strelitzische; teils über Boitzenburg, Hagenow, Krivitz, Goldberg, Krakow, Malchin und Stavenhagen, nach Preußisch-Pommern. — Den ermüdeten russischen Rekonvaleszenten, oder verirrten nachreisenden Soldaten, sollten alle Obrigkeiten die erforderliche Hilfe angedeihen lassen, und gegen Erstattung der Unterhaltungs- und Transportkosten zur Erreichung des richtigen Weges verhelfen.

Während dessen ward durch die gewaltsame Zertrümmerung der deutschen Reichsverfassung auch der Krieg zwischen Preußen und Frankreich beschleunigt. Ohne Preußen die mindeste Kunde davon zu geben, schloss Napoleon am 12. Julius 1806 zu Paris den Rheinbund mit 16 süddeutschen Fürsten, worauf Österreich am 6. August die deutsche Kaiserkrone niederlegte, und Preußen als Gegengewicht und letztes Rettungsmittel einen nordischen Bund zu stiften suchte. Dem widersetzte sich Napoleon und am 8. Oktober erschien die preußische Kriegserklärung aus dem Lager bei Erfurt, welche die lange Reihe von Beleidigungen, Kränkungen und Gewalttätigkeiten, die Preußen von Frankreich erfahren hatte, als Ursachen anführte. Denselben Tag begannen die Feindseligkeiten; den 14. Oktober ging die Schlacht bei Jena für Preußen verloren; die meisten preußischen Heerhaufen traf Vernichtung. Schon war auch Blücher mit seinem Korps an die Oder aufgebrochen, als er Hohenlohes Schicksal erfuhr und plötzlich nach Mecklenburg umlenkte.*) Blüchers Entschluss, nachdem er die Vorgänge von Prenzlau vernommen, war bald gefasst. Er hatte noch 10.500 Mann. Mit diesen die wenigstens vierfache Übermacht der vereinigten Truppen des Großherzogs von Berg, der ihn von der Oder abschnitt, und des Fürsten von Ponte-Corvo, der ihm Rücken und Seite bedrohte, glücklich zu bekämpfen, durfte er nicht zu hoffen wagen. Er beschloss demnach, in das Mecklenburgische auszuweichen, dort alle noch erreichbare preußische Scharen an sich zu ziehen, und dann über die Elbe zu gehen, um sich dem feindlichen Heere in den Rücken zu werfen und die Festungen Magdeburg und Hameln zu entsetzen, oder nach Umständen ein Treffen zu wagen; in jedem Falle durch sein Unternehmen den Andrang der französischen Truppen gegen die Oder zu mindern und aufzuhalten. Er rechnete hauptsächlich auf die Truppenschar, welche unter Anführung des Herzogs von Weimar bei Sandau zuletzt über die Elbe gekommen, und darauf unter dem Befehle des Generals von Winning dem Zuge Hohenlohes mit Anstrengung gefolgt war, jetzt aber ungefähr in dieser Gegend auf gleiche Weise bedrängt sein musste. Ohne Verzug rückte Blücher noch am 29. Oktober bis Strelitz und am 30. bis Dambeck, wo er den General von Winning mit seinen Truppen fand, der von Wittstock und Mirow kommend auf dem Wege nach Rostock war, wo er sich einzuschiffen dachte. Blücher übernahm den Befehl über die sämtlichen Truppen, welche zusammen jetzt 20.000 Mann stark, schon eher dem Feinde die Spitze bieten konnten. Die Meldung, dass eine dritte französische Heerschar, die des Marschalls Soult, welche am 29. bei Tangermünde über die Elbe gesetzt, dem Zuge Winnings folgend gegen Mirow heranziehe, veränderte die Lage wieder, und Blücher richtete nun sein Absehen auf Lauenburg und Artlenburg, um dort wieder auf das linke Elbufer zu gelangen und entweder Magdeburg zu gewinnen, oder in Westfalen sich mit dem General von Lecocq zu vereinigen, der dort mit einigen Truppen zurückgeblieben war, welche bei dem allgemeinen Rückzuge die Elbe nicht mehr erreicht hatten. Dieses kühne Vorhaben wurde durch die nachfolgenden Ereignisse zu einem entgegengesetzten Ausgange gedrängt, der auch diesen Anführer und seine tapferen Scharen dem allgemeinen Lose des unglücklichen Feldzugs nicht entkommen ließ. Blücher teilte seine Truppen in zwei Hauptteile, deren Bewegungen und Lagerungen so viel als möglich für beide Zwecke berechnet wurden, durch größere Ausbreitung in den Dörfern den Truppen Unterhalt und Kost zu verschaffen und sie zum Gefecht nötigen Falles immer schnell wieder beisammen zu haben.

*) Varnhagen von Ense pr. biograph. Denkmale, pag. 103.

Der Feind indes verlor keine Zeit; die Truppen des Marschalls Soult erreichten den Nachtrab der Preußen noch bei Dambeck und blieben ihm fortan auf den Fersen. Am 31. Oktober gelangte Blücher nach Waren, am 1. November nach Alt-Schwerin und Silz; zwischen beiden Orten wurde lebhaft gefochten. Man hörte den Kanonendonner auf fünf Meilen weit in der Richtung nach Bützow, denn es war ein heiterer Herbsttag und reine Luft; der erste Kanonendonner, der seit sehr langer glücklicher Friedenszeit in Mecklenburg war gehört worden, und eben deshalb den Bewohnern um so schauerlicher. Längs der Elbe suchten die Franzosen den Preußen zuvorzukommen, und der Prinz von Ponte-Corvo ließ Blücher Anträge zur Übergabe machen. Die kurze Frist reichte nicht hin, den von unaufhörlicher Anstrengung, von Hunger und von Not aller Art erschöpften Truppen die nötige Erholung zu ermöglichen. Um Brod und Branntwein aus Schwerin zu erhalten, zog Blücher am 3ten in die Gegend dieser Stadt, allein auf dem Marsche von den Franzosen ereilt, mussten die Preußen bei Krivitz ein hitziges Gefecht bestehen, worin die Reiterei zwar augenblicklichen Vorteil erlangte, jedoch den immer stärkern Andrang des Feindes nicht hemmen konnte. Das Gefecht endete erst in der Nacht bei dem Dorfe Fähre; die Franzosen rückten eine große Strecke vor, und das Hauptquartier des Fürsten von Ponte-Corvo kam dem von Blücher auf eine halbe Stunde nah. Jener ließ diesen abermals zur Übergabe auffordern und ihm vorstellen, die Preußen seien von den überlegenen Heerscharen umringt und kein Entkommen möglich. „Was, — rief Blücher lachend, — „ich umringt? Ich wäre doch begierig zu wissen, wer mir verbieten wollte, entweder auf Berlin zu marschieren, oder Magdeburg zu entsetzen?“ Dabei verbat er sich eins für alle Male jede fernere Aufforderung. Seine Antwort verdoppelte die Aufmerksamkeit der Franzosen gegen die Elbe hin, und seine Lage war in der Tat schlimmer, als er gestehen wollte. Der Übergang bei Lauenburg war kaum noch möglich; die Truppen waren von der Elbe schon zu weit nach Norden abgekommen, und mussten am 4ten zu ihrer Sicherheit aus ihrer gefahrvollen Versplitterung bei Schwerin noch weiter nordwärts eine Stelle bei Gadebusch suchen. Eine Schar aus Westfalen und Hannover auf das rechte Elbufer entkommener Preußen schloss sich in dieser Gegend an Blücher an. Allein auch hier, obwohl das Gelände für die Reiterei, worin die Stärke der Preußen bestand, und für das Geschütz, dessen sie noch 100 Stück zählten, vorteilhaft erschien, durfte Blücher keinen Erfolg von einer Schlacht hoffen, für welche nach allen Verlusten eines so weiten und schnellen Marsches ihm nur noch etwa 16.000 Mann gegen fast 80.000 Mann übrig waren; von einer Schlacht, welche sogleich zu bestehen weder die Menschen noch die Pferde die nötige Kraft hatten, und welche um einen Tag aufzuschieben nicht in seiner Macht lag. Doch gab er es nicht auf, wenn ihm nur so viel Zeit gegönnt würde, um einen Tag aufzuatmen, der Übermacht des Feindes im offnen Felde, besonders mit der Reiterei, der er ganz vertraute, Trotz zu bieten. Eine solche Frist war nur hinter der Trave; die erforderlichen Mittel zur Herstellung nur in der reichversehenen Hansestadt Lübeck; hier und in Travemünde auch noch die einzige Rettung zu Schiffe zu hoffen. Die Not entschied mehr als die Wahl, es gab keinen andern Ausweg, und am 5. November abends zogen die Preußen in Lübeck ein.*)

Blücher selbst sagt in seinem Bericht an den König über seinen Rückzug:**)

„Den 28. Oktober vereinigte ich mich mit Tagesanbruch mit der Division meines Korps, welche bei Lychen gestanden hatte und richtete nun meinen Marsch auf Boitzenburg.***) Der Fürst von Hohenlohe war über Schönermark auf Prenzlau marschiert; ich durfte diesen Umweg nicht nehmen und musste mich entschließen, den Feind aus Boitzenburg zu vertreiben, wenn ich nicht alle Hoffnung der Vereinigung aufgeben wollte. Der Feind griff auf diesem Marsche die Arriergarde nicht weit von Lychen an, wurde aber von meinem Regiment zurückgeschlagen, welches einige und 50 Gefangene machte und gegen 50 Mann niederhieb.
Der Feind verließ bei meiner Annäherung Boitzenburg, die Patrouillen trafen aber in den umliegenden Örtern überall Feinde und aus den wenigen Örtern, welche ich zu besetzen gezwungen wurde, wenn Menschen und Pferde nicht vor Hunger umkommen sollten, musste er noch in der Nacht herausgeworfen werden.

*) Preußens Helden. Blücher Th. 1. Beilage 1.

**) Blüchers Zug von Auerstedt bis Ratkau und Lübecks Schreckenstage (1806) Quellenberichte zusammengestellt von Horst Kohl. ISBN: 978-3-938347-16-4

***) in der Mark.


Als ich den 29sten früh um 5 Uhr nach Prenzlau marschieren wollte, erfuhr ich von einigen versprengten Leuten der hohenlohischen Armee, dass der Fürst zu Prenzlau kapituliert habe. Mein Korps war 10.500 Mann stark; vor mir stand auf zwei Stunden die muratsche Armee; zur Seite, oder hinter mir das bernadottsche Korps; jedes dieser Korps war wenigstens doppelt so stark als das meinige, das übrigens weder Brot noch Fourage hatte und durch die vielen forcierten Märsche äußerst abgemattet war.

Mein Entschluss war bald gefasst. Statt rechts auf Prenzlau zu marschieren, marschierte ich in demselben Augenblick links nach Stettin ab. Ich hoffte, mich dort mit dem weimarschen Korps zu vereinigen, mich dann Magdeburg zu nähern, oder nach Umständen über die Elbe zu gehen, um Magdeburg und Hameln auf längere Zeit mit Lebensmitteln zu versehen und dem Feinde im Rücken zu operieren.

Durch mehrere ausgeschickte Offiziers und Jäger erhielt ich indessen keine Nachricht von dem weimarschen Korps. Ich marschierte den 30sten vor Strelitz vorbei bis Dambeck und traf hier unerwartet auf dasselbe. Jetzt erfuhr ich zum ersten Mal, dass das Korps des Marschalls Soult mir von der Elbe entgegen komme. Meine Arrieregarde wurde, noch ehe sie einrückte, vom Feinde harcelirt.

Den 31sten schickte ich zwei Offiziers nach der Elbe, um die nötigen Schiffe und Fähren zum Übergange bei Boitzenburg und Lauenburg zusammen bringen zu lassen. Ich marschierte nach Waren, und den andern Tag nach Alt-Schwerin und Glave.*) Nach der Ankunft des soultschen Korps war meine Lage noch kritischer geworden, als sie vorher war. Ich hatte mich zwar mit dem weimarschen Korps vereinigt, aber die äußerst ermüdeten und ausgehungerten Truppen mussten, wenn nicht alle in einigen Tagen Hungers sterben sollten, des Nachts in Dörfer gelegt werden, um hier den dürftigsten Unterhalt zu finden. Bei dieser Auseinanderlegung riskierte mein Korps aber immer, beim Angriff des Feindes ganz zerstreut zu werden. Meine Ordnung war folgende. Beim Finsterwerden ging das Korps auseinander; eine Stunde vor Tagesanbruch marschierten die Regimenter aus und einzeln nach dem Rendezvous, das so gelegt war, dass ich anderthalb bis zwei Meilen vorkam. Durch diese Disposition wurde aber die große Gefahr, in der ich mich befand, nur um Etwas vermindert. — Den 1. November wurde meine Arrieregarde bei Waren angegriffen; der Feind drang bis vor Alt-Schwerin, wo mein Hauptquartier war. Das Korps war zwischen Kuppentin und Serrahn in die Quartiere gerückt. Da der Feind aus den Landkarten wusste, dass er bei Alt-Schwerin nicht durchdringen konnte, so hielt ich dieses Vorgehen für einen falschen Angriff und erwartete den wahren zwischen dem Krakower und Schweriner See. Ein großer Teil meiner Truppen kam hier auf dem ihm schon vorher bestimmten Rendezvous zusammen. Der Feind wandte sich indes weiter nach der Elbe und ich marschierte einige Stunden vor Tagesanbruch ab, um mich in die Gegend von Prestin und Kladrum zu begeben. Mein Korps lag hier in einem Bezirk von fünf Stunden auseinander; ich musste viele Dörfer haben, um Lebensmittel zu finden. Viele Soldaten fielen vor Hunger nieder und waren tot.

*) unter dem Krakower See.

Den dritten marschierte ich in die Gegend von Schwerin. Ich hoffte, hier auf beiden Flügeln durch den Löwitzer Bruch und den Schweriner See gedeckt zu sein und meine Leute aus der Stadt mit etwas Brot und Branntwein versehen zu können. Hierauf wollte ich das Korps am folgenden Morgen nach Lauenburg marschieren lassen, oder aber über das bernadottsche oder soultsche Korps herfallen.

Während des Marsches ereignete sich bei Krivitz ein hitziges Arrieregardengefecht, das sich den Abend bei dem Dorfe Fähre endigte. Das Detachement des Obersten von Osten zu Wittenberge war von dort ohne Befehl abmarschiert; ich wusste nicht, was auf meinem rechten Flügel vorging. Griff der Feind mich auf diesem an, während ich mich mit ihm zwischen dem Dorfe Fähre und Plate engagierte, so wurde ich an den Schweriner See gedrängt; ich musste ein Projekt der Art beim Feinde um so mehr voraussetzen, da, wenn er mir von hinten schaden wollte, sein Marsch und ein Angriff auf Plate weit angemessener, als auf Fähre gewesen wäre. Ein Angriff auf Fähre schien bloß eine Demonstration zu sein, um die Aufmerksamkeit auf meinen linken Flügel zu ziehen, während man den rechten umging- Das blutige Arrieregardengefecht bei Fähre endigte sich, nachdem es eine Stunde finster war. Beide Hauptquartiere waren nicht eine halbe Stunde weit von einander entfernt; das meinige in Osdorf. — Der Marschall Bernadotte forderte mich zum zweiten Male auf, zu kapitulieren. Ich verbat mir ein für allemal die Aufforderung.

Um meinen Plan, die feindlichen Korps so weit als möglich von der Oder zu entfernen und erst dann, wenn ich nicht mehr ausweichen könnte, mich zu schlafen, weiter auszuführen, marschierte ich aus der Gegend von Schwerin nach Gadebusch und Roggendorf. Meine Truppen wurden in der Nacht von Großen Salitz, also auf meinem rechten Flügel, beunruhiget. Nach der Elbe, in die Gegend von Lauenburg konnte ich mich zwar immer noch werfen, aber die Zeit zum Übersetzen hatte ich nicht. Mir blieb also nur der Weg nach Lübeck oder Hamburg offen, oder ich musste mich den andern Tag schlagen. Meine Truppen, Menschen und Pferde, waren so abgemattet, dass ich von einer Schlacht bei der sechs- und siebenfachen Überlegenheit des Feindes keinen guten Ausgang erwarten konnte. Der Groß-Herzog von Berg war auf meiner linken Flanke, Marschall Bernadotte in meiner Fronte, Marschall Soult auf dem rechten Flügel. In dieser kritischen Lage entschloss ich mich, auf Lübeck zu marschieren und die Trave vor der Fronte zu behalten. Hatten die Truppen sich nur gegen die Hungersnot gesichert und in Etwas erquickt, so konnten sie sich schlagen, wenn auch wegen der Übermacht sehr wenig Wahrscheinlichkeit eines glücklichen Erfolges vorhanden war. Der Marsch wurde den 5. November glücklich ausgeführt.“ —

Für Mecklenburg war dieser erste Stoß des Krieges erschütternd; es ward durch denselben verheert. Das erste Korps der französischen großen Armee, unter dem Marschall Prinzen von Ponte Corvo, war von Neubrandenburg über Penzlin, Waren und Malchow, das französische Kavalleriekorps unter dem Großherzog von Berg in forcierten Märschen von Friedland über Malchin, Neu-Kalden, Teterow und Güstrow, das vierte Korps der großen Armee, unter dem Marschall Soult, aus der Prignitz über Plau, Lübz und Goldberg gezogen. Am 4. und 5. November waren der Prinz von Ponte Corvo und der Herzog von Berg in Schwerin, und sandten von hier aus ihre Heersmassen zur Verfolgung der Preußen über Gadebusch, Ratzeburg, Grevismühlen und Rehna nach Lübeck. Am 6ten fiel Lübeck; Blücher kapitulierte zu Ratkau und setzte zu seinem Namen unter dem Vertrage noch die Worte: „ich kapituliere, weil ich weder Munition, noch Brot, noch Fourage habe.“*) Am 7ten fand ein Sieg des französischen Generals Savary über den preußischen General von Usedom bei Wismar Statt, und vom 9ten bis 22sten nahmen die drei französischen Heere ihren Rückmarsch durch ganz Mecklenburg nach Stettin und Berlin und trieben die preußischen Kriegsgefangenen aus der Lübecker Schlacht nach Spandau.

*) Preußens Helden. Blücher. Band 1. S. 228.

Das vingt-neuvième Bulletin de la grande Armée. Berlin le 9. Novembre 1806. Moniteur Nr. 322. sagt: „Le Mecklenbourg a été également ravagé par les armées françaises et prussiennes. Un grand nombre de troupes se croisant en tout sens et à marches foroées sur ce territoire n’a pu trouver sa subsistance qu’aux dèpens de cette contrée.“ Die Einwohner wurden barbarisch vom Feinde gemisshandelt, wenn kein Geständnis verborgener Schätze mehr zu erpressen war; Kisten und Schränke zerschlagen; Alles mutwillig zerstört, und die unglücklichen Familien halbnackt, Väter, denen Rock und Stiefel ausgezogen waren, mit Kindern unter den Armen und auf dem Rücken, Mütter mit wimmernden Säuglingen an der Brust, in kalte Holzungen und unzugängliches Röhricht getrieben. Hier im Dickicht standen auch zum Teil die Pferde und Kühe der armen Geflüchteten; Höhlen unter der Erde bargen vor Sturm und Kälte; die Wohnungen in den Dörfern standen leer und waren zum Teil ein Raub der Flammen geworden. Die Plünderung ward besonders auf dem Lande mit empörender Grausamkeit getrieben. Die Marketenderwagen fuhren vor die Haustüren und wurden hoch mit Betten, Leinzeug, Kleidern, Silbergeschirr und kostbarem Hausrat beladen. Murats Kürassiere schütteten nach vollbrachtem Tagewerk das Geld scheffelweise auf den Scheunendielen aus, um es nach ungefährem Augenmaß unter sich zu teilen;*) ihre gesattelten Pferde standen auf dem Dreschkorn und verdarben die hingebreiteten Lagen. Im Hause, wo die besten Sachen verdorben waren, ward geschmaust und gezecht; betrunken lagen die Räuber auf der Erde und drohten das Haus anzuzünden, wenn der nach Wein zur nächsten Stadt geschickte Bote nicht zur rechten Zeit einträfe. Herr und Frau lagen auf den Knien, die Kinder winselnd in einem Winkel. „C’est la guerre,“ sagte Napoleon zu den Abgeordneten der unglücklichen Stadt Jena, und Mecklenburg betrachtete er ja überdies als ein Preußen befreundetes Land, welches den Russen und Schweden, Frankreichs Feinden, Vorschub geleistet.

Am 10. November reiste der Erbprinz Friedrich Ludwig in Sachen seines unglücklichen Landes nach Berlin; am 11ten traf der Großherzog von Berg wieder in Schwerin ein, und es erschien eine ordre du jour des Marschalls Soult für das 4te Armeekorps: in den Staaten des Herzogs von Mecklenburg die Einwohner zu schützen, ihnen den freien Betrieb ihrer Geschäfte zu lassen, und unter keinerlei Vorwand den Soldaten die mindeste Unordnung zu verstatten, hingegen die dawider Handelnden auf das Strengste zu bestrafen.

Das mecklenburgische Landvolk war aber durch Mord, Raub, Brand, Notzucht so empört, dass es ohne Verabredung und Zusammenhang eine Art freiwilligen Landsturms bildete. Nachzügler wurden in mehreren Gegenden von Dorf zu Dorf getrieben, vielfältig einzeln und in Haufen erschlagen, ertränkt und verscharrt. Die herzhaften Männer des Dorfes Boitin, welche die große Angst und Not jammerte, in der sich die Predigerfamilie befand, baten ihren Prediger dringend um die Erlaubnis, die 15 in der Stube auf dem Lager ausgestreckten muratschen Kürassiere erschlagen zu dürfen, und konnten nur durch die ernsthaftesten Vorstellungen von dieser Tat zurückgehalten werden. Ein anderer Prediger in der Nähe von Rostock soll einen Sturm feindlicher Räuber an der Spitze seiner mit Sensen und Mistgabeln bewaffneten Dorfleute abgeschlagen haben. Deshalb erschien am 12. November die Verordnung, alle Amts-, Guts- und Stadtobrigkeiten sollten die im Lande herumstreifenden angeblichen Militärpersonen, die zu Geschäften und Aufträgen schriftlich nicht legitimiert seien, arretieren und an die nächstbelegenen französischen Truppen abliefern; und am 15. November eine andere: die Beamten sollten, um die Erhaltung der, durch die fremden Durchmärsche verheerten Domanialdörfer zu sichern, und die künftigen Folgen der Verheerung zu verhüten, anzeigen, welche Dorfschaften im Stande geblieben seien, die laufenden Leistungen aufzubringen; welche Hauswirte dazu unvermögend geworden seien; in wieserne ihnen die Mittel zur Fortsetzung ihrer Wirtschaft entzogen seien und welcher Vorschüsse sie dazu bedürften.

Am 26. November ward ein Kammercirkulare erlassen, dass die Beamten zwischen den Domanialdörfern, die bei den fremden Durchmärschen entweder ihren Viehbesatz verloren hätten, oder vom Futter entblößt seien, nach genauester Untersuchung eine provisorische Ausgleichung, auch mit den benachbarten Ämtern dahin treffen sollten, dass das übrig gebliebene Vieh tunlichst verteilt werde, damit es bei Kräften bleibe und im Frühjahr den Eigentümern zurückgegeben werde.

Am 27. November rückte die Avantgarde des achten Korps der französischen Nordarmee, unter dem General Michaud, aus Hamburg über Ratzeburg und Gadebusch ein. An demselben Tage erfolgte eine Note des kaiserlich-französischen Ministers Bourrienne bei den niedersächsischen Ständen in Hamburg an das mecklenburg-schwerinsche Ministerium, wornach Mecklenburg nicht für ein neutrales Land von Frankreich anerkannt, sondern wegen der Hilfe, die es den Feinden Frankreichs geleistet habe, so betrachtet werde, als ob es mit denselben gemeinsame Sache machte; hingegen das künftige und endliche Schicksal Mecklenburgs mit dem Betragen im Verhältnis stehen solle, welches Russland gegen die Unabhängigkeit der ottomannischen Pforte in Ansehung der Moldau und Wallachei beobachten werde. *)

*) Hamburger Korrespondent.

Am 28. November nahm der Divisionsgeneral Michaud, auf Befehl des Reichsmarschalls Mortier, im Namen Sr. Majestät des Kaisers der Franzosen und Königs von Italien, von den mecklenburgischen Landen Besitz, so dass sie von diesem Tage an, in seinem Namen regiert und verwaltet werden sollten; mit Aufforderung aller Obrigkeiten und Einwohner, dem Kaiser und Könige Unterwürfigkeit und Gehorsam zu beweisen, auch zur Erhaltung der Ruhe und Ordnung beizutragen. Die Proklamation lautete:

„Wir Endesunterzeichneter Divisionsgeneral des Königs von Holland p. p. fügen hiermit allen Behörden und Einwohnern in Mecklenburg zu wissen, dass wir in Gemäßheit der Befehle, welche uns durch Sr. Exzellenz den Reichsgrafen Marschall Mortier geworden sind, von diesem Lande, im Namen Sr. Majestät des Kaisers der Franzosen Besitz nehmen, und dass von heute an diese Lande im Namen Sr. Majestät regiert und verwaltet werden sollen. — Wir sind der gewissen Überzeugung, dass alle Behörden, so wie auch die Einwohner, sich befleißigen werden, Sr. Majestät dem Kaiser und König Proben ihrer Unterwürfigkeit und ihres Gehorsams zu geben, und dass alle zur Erhaltung der Ordnung und der Ruhe im Lande beitragen werden. Wir befehlen demnach, dass vorstehende Erklärung in beiden Sprachen abgedruckt und überall, wo es erforderlich, bekannt gemacht und angeschlagen werde, damit Niemand des Inhaltes unwissend bleibe.

Gegeben Schwerin 28. November 1806.
Michaud.“

Das mecklenburg-schwerinsche Ministerium machte diese Veränderung allen Landeskollegien, den Beamten, der Ritterschaft, den Städten, allen geistlichen und weltlichen Behörden und Einwohnern, mit der Vorschrift bekannt, dass ein Jeder ruhig auf seinem Posten bleiben und der Gang der Geschäfte in der bisherigen Ordnung ungestört fortgesetzt werden solle. — Die bisherigen öffentlichen Kirchengebete für die Landesherrschaft sollten, bis auf weitere Verordnung weggelassen, und bei der Aufnahme neuer Bürger in den Städten die Bürgereide „der jetzt regierenden Landesherrschaft“ geleistet werden.

Das war zu viel für das Herz des guten Landesvaters, dessen edles Geschlecht seit der grauen Zeit des Heidentums die rechtmäßige Herrschaft über Mecklenburg geführt hatte. Er reiste am 29. November auf kurze Zeit von Schwerin nach Berlin, kehrte aber am 8. Dezember schon wieder mit seinem ältesten Sohne, dem Erbprinzen Friedrich Ludwig nach Ludwigslust zurück, um das schwere Verhängnis mit Standhaftigkeit in der Mitte seiner geliebten Untertanen zu ertragen.

Das herzogliche Militär bestand damals

1) aus der Leibgarde;

2) dem Leibgrenadierregiment von 2 Bataillons, jedes von 6 Kompagnieen; — 41 Offiziere, 86 Unteroffiziere, 46 Hautboisten und Spielleute, 840 Gemeine, — 1013 Köpfe;

3) dem Regiment Erbprinz, von 6 Kompagnieen; — 20 Offiziere, 44 Unteroffiziere, 25 Hautboisten, 420 Gemeine; — 509 Köpfe.

In der Regel waren vom Leibregimente 408 und vom Regimente Erbprinz 204, zusammen 612 Mann beurlaubt. Dass Leibregiment hatte Schwerin, Ludwigslust, Wismar, Güstrow, Parchim und Grabow, das Regiment Erbprinz Rostock, Waren und Penzlin besetzt. Die Leibgarde kommandierte der Oberst von Moltke, das Leibgrenadierregiment der Gen. Maj. von Kreuzburg, das Regiment Erbprinz der Gen. Lieut. von Pressentin. Die natürliche Folge der französischen Besitznahme war die Auflösung dieses Militärs, welche in Schwerin schon am 28. November und in den übrigen Garnisonen einige Tage später erfolgte. Die sämtliche Armatur der Truppen wurde den Franzosen im Anfange des Dezembers übergeben. Dazu gehörte auch folgendes Geschütz:

2 metallene 24 Pfünder;
5 metallene 12 Pfünder (drei davon befanden sich am Schloss, einer am Tor und einer zu Ludwigslust);
3 metallene 4 Pfünder;
6 metallene 3 Pfünder;
2 metallene Feldschlangen;
3 eiserne 4 Pfünder;

welches alles über Lenzen nach Magdeburg abgeführt wurde. Alle mecklenburgische Militärpersonen, welche nicht in Schwerin einheimisch waren, wurden am 16ten Dezember verwiesen, auch durften sich die daselbst befindlichen Offiziere nicht in der Uniform sehen lassen. — Die dömitzer Garnisonskompagnie wurde als eine Polizeitruppe betrachtet und nicht aufgelöst; auch blieb die Festung in ihrem Zuftande und ward nicht desarmiert.

Am 12. Dezember proklamierte Bremond, der Intendant von Mecklenburg, das napoleonische Dekret wegen des Blockadezustandes der brittischen Inseln. Alle Einwohner, welche Waren, oder andere Gegenstände, die einem englischen Untertan gehörten, oder auch englischt, oder aus englischen Kolonieen gekommene Kaufmannswaren besäßen, sollten davon binnen 24 Stunden die Anzeige machen und den Wert solcher Waren angeben, wovon Register aufgenommen und dem Intendanten von Mecklenburg zugestellet werden sollten. — Aller Handelsverkehr und jede Verbindung mit dem großbrittannischen Reiche ward schlechterdings und ohne Ausnahme dergestalt verboten, dass keine Korrespondenz mit dem brittischen Reiche verstattet ward, sondern alle aus England kommende, oder an einen Engländer addressierte, oder in englischer Sprache geschriebene Briefe und Pakete auf den Posten angehalten, alle aus Großbrittannien, dessen Fabriken und Kolonieen herkommende, odcr einem Engländer gehörende Kaufmannswaren in Beschlag genommen, hingegen die aus den brittischen Häfen kommenden Schiffe in den hiesigen nicht zugelassen werden sollten.

Den 13. Dezember kam der französische Brigadegeneral Laval als Gouverneur von Mecklenburg in Schwerin an, und am 16ten fand in seiner und des Intendanten Bremond Gegenwart die Beeidigung der schwerinschen Kollegien und obrigkeitlichen Behörden Statt, durch welche sie geloben mussten, das von dem Kaiser ihnen anvertrauete Amt gesetzmäßig, zur Behauptung der öffentlichen Ruhe und Ordnung zu verwalten, zur Vollstreckung der, zum Dienst der Armee verordneten Maßregeln mitzuwirken und keine Korrespondenz mit den Feinden Frankreichs zu unterhalten. Alle übrigen Kollegien, Beamteten, Gerichte und Obrigkeiten im Lande mussten eben diesen Eid an Ort und Stelle körperlich ableisten und das dabei gehaltene Protokoll der Eidesleistung, in vorschriftmäßiger Fassung eigenhändig unterschrieben, mittels Berichts, zur Regierung einsenden.

Als äußeres Zeichen dieser tiefen Erniedrigung unseres teueren Vaterlandes unter den eisernen Szepter des großen Eroberers, ward endlich am 19ten Dezember die Aufstellung der französischen Adler an die Stelle der abgenommenen herzoglichen Wappen und Namen an den öffentlichen Gebäuden befohlen.

Der regierende Herzog mit der Herzogin und dem Prinzen Gustav, wie auch der Erbprinz und seine Familie verließen unter so schmachvollen Umständen Ihr treues Volk und begaben sich am 8. Januar 1807 von Ludwigslust nach Altona; mit Gefühlen, deren volles Maß nur Sie kannten und Gott, der Ihnen die schwere Prüfung auferlegte. Es begann in den Herzen aller Patrioten die Zeit der schweigenden Ergebung, des sehnsüchtigen Harrens auf eine Wendung des Verhängnisses, und bald auch, wie namentlich in Preußen, der Vorbereitung auf einen großen Kampf.

Indessen zog die neue Herrschaft Mecklenburgs ihr Netz immer enger, um das arme Volk methodisch bis auf den letzten Tropfen Herzblut auszusaugen. Der Intendant Bremond machte bekannt, dass es genüge, wenn eine Kaufmannsware englischen Ursprungs sei, um sie der Konfiskation zu unterwerfen, in wessen Händen sie sich auch befinde; wobei der Verkauf der, für englisch erklärten Waren, im Belauf von 159.466 Rthlr. an den Meistbietenden angekündigt ward. Die durch Requisitionen, Exaktionen, Plünderungen und Einquartierung gen und Durchmärsche der französischen Truppen im ganzen Lande entstandenen Kosten beliefen sich nach einer gewissenhaften Angabe in den ersten drei Monaten der Franzosenzeit, das heißt bis zum 10. Februar 1807, schon auf 7.217.917 Rthlr. Es würde zu weit führen, die unzählbaren feindlichen Scharen namhaft zu machen, welche in den nächsten Jahren das Land durchkreuzten, die unerschwinglichen Kontributionen und Lasten jeder Art anzuführen, welche dem Volke mehr und mehr alle Wohlhabenheit und Freudigkeit des Daseins raubten. Die Bedürfnisse, besonders die Kolonialwaren, stiegen bis zu einem außerordentlichen Preise.

Eine Übersicht sämtlicher Naturalrequisitionen für die französische Armee, aus dem Schwerinschen, vom Januar bis Julius 1807, gibt folgende Tabelle:

600 Pferde für die Artillerie in Pommern.
200 Pferde für die K. K. Garde in Potsdam.
400 Pferde für die leichte Kavallerie nach Magdeburg
300 Pferde für die Kavallerie nach Magdeburg
120 Pferde für die holländischen Husaren.
500 Pferde für die Kürassiers nach Berlin.
1.200 Geschirre für die Artillerie nach Demmin
103.000 Paar Schuhe nach Demmin
2.000 Paar Stiefel nach Demmin
20.000 Zentner Weizen und Roggen nach Demmin
18.000 Zentner Heu nach Demmin
12.000 Zentner Stroh nach Demmin
8.000 Zentner Hafer nach Demmin
600.000 Pfund Rindfleisch nach Demmin
75.000 Pinten Branntewein nach Demmin
600 Futtersäcke nach Demmin
1.200 Striegel, Kämme, Bürsten und Schwämme nach Demmin
20.000 Zentner Rindfleisch in lebendigen Ochsen nachThorn und Danzig
400.000 Rationen Zwieback nach Anklam.

Am 18. Februar ward eine Deputation der Ritter- und Landschaft in das Hauptquartier des Marschalls Mortier nach Greifswald und von da über Berlin in das K. K. Hauptquartier nach Posen und Warschau gesandt, um sich bei dem stolzen Eroberer für das Land und seinen Fürsten zu verwenden, und bald sollten sich auch wirklich unsere Angelegenheiten besser gestalten.

Der reißende Fortgang des französischen Waffenglücks, die Folgen einer einzigen Schlacht unterwarfen, außer Holstein, in kurzer Zeit ganz Norddeutschland der Zwangherrschaft Napoleons. Den allgemeinen Vorwand dazu gab die Handelsverbindung mit England; das Kontinentalsystem war aber eine Maßregel, die England weder verdarb, noch zum Frieden zwang, sondern zuletzt nur zur Verarmung des festen Landes führte. Schweden, mit Preußen zum Kampfe verbunden, trat in Pommern auf, trotzte auf das stark befestigte Stralsund und dessen Besatzung von 10.000Mann, und widerstand dem Marschall Mortier, indem bis zum 8. April zwei glückliche Ausfälle geschahen. Am 4ten April kamen auch einzelne schwedische Streifparteien nach Neu-Kalden, Teterow, Malchin, Stavenhagen, Goldberg und Dobbertin; hoben am 5ten das französische Lazarett in Dargun, am 6ten das holländische Werbekommando in Rostock, am 7ten und 8ten einen Vorposten in Pinnow, und mehrere aus Mecklenburg nach Demmin bestimmte Lieferungen auf. Dieser Ausfall führte zu dem Waffenstillstande von Schlachtkow, durch welchen die Peene und Trebel als Scheidungslinie beider Armeen festgesetzt wurden.

Der König von Schweden, persönlich schwer von Napoleon beleidigt, war mit dem Waffenstillstande unzufrieden, und wollte von Stralsund aus durch eine englische Landungsarmee von 30.000 Mann im Rucken der Franzosen eine kräftige Bewegung machen, während die Preußen unter Blücher von Usedom und Wollin aus mitwirken sollten. Brune trat zur Führung des französischen Belagerungskorps an die Stelle von Mortier; Mecklenburg ward abermals überflutet von mehreren gegen Schweden beorderten Armeekorps; es erging eine Aufforderung des französischen Gouvernements in Schwerin an alle Beamte, Bürgermeister und Forstbediente: von den etwanigen Bewegungen einer aus der Uckermark angeblich in das Mecklenburg-Strelitzische verbreiteten preußischen Freipartei,*) bei Vermeidung eigener Verhaftung und schwerer willkürlicher Bestrafung der Hehler, auf der Stelle an die Regierung Bericht abzustatten; die Stadt Rostock wurde auf Mortiers Befehl durch Verpallisadierung der Wälle in Verteidigungsstand gesetzt; die in den Generalgouvernements von Hannover, Magdeburg, Mecklenburg und den Hansestädten begriffenen Truppen wurden zum Observationskorps der großen Armee gebildet; da trat mitten aus dem Getümmel des Kriegs eine kaum geahnte Milderung unseres Zustandes hervor.

*) Das Freikorps von Schill.

Die Schlacht bei Friedland war den 14ten Iunius 1807 für Russland verloren gegangen und bald ward ein Wechsel der Dinge sichtbar. Am 17ten Juni erging ein Schreiben des Ordonnateurs en Chef Morand bei der Observationsarmee an die Landesregierung, worin namens des Reichsmarschalls Brune die Versicherung erteilt ward, dass die Länder des Herzogs von Mecklenburg als neutral behandelt und die Forderungen (demandes) für den Dienst der Armee nicht weiter in Zwangsform der Requisitionen abgefasst werden sollten. Am 23sten Juni hieß es, vermöge einer Erklärung des französischen Intendanten sollten alle Partikularrequisitionen an Naturalien für die französische Armee gänzlich aufhören, mithin keinen andern Forderungen dieser Art Folge geleistet werden, als welche von dem K. K. Intendanten, oder dem Ordonnateur en Chef ausgeschrieben worden.

Am 21sten Juni ward zu Tilsit in Ostpreußen ein Waffenstillstand zwischen Frankreich und Russland abgeschlossen, und am 27sten erging ein Befehl des Generalmajors der großen Armee, Prinzen Alexander von Neufchatel (Berthier), im Namen des französischen Kaisers an den General Laval, Kommandanten von Mecklenburg, sogleich nach dessen Empfang den Herzog von Mecklenburg wieder in den Besitz seiner Staaten zu setzen; alle bisher sequestrierten Güter und Grundstücke des Herzogs oder seiner Untertanen zurück zu geben, mithin den Herzog künftig als einen freundschaftlichen Souverain zu betrachten; wobei zugleich die Dienstleistungen des französischen Intendanten, aller Befehlshaber und Beamten unverzüglich eingestellt, hingegen die mecklenburgischen Zivil- und Militär-Obrigkeiten wieder in Tätigkeit gesetzt wurden. Derselbe benachrichtigte an, 29sten Juni den Intendanten von Mecklenburg, dass der Kaiser den Herzog von Mecklenburg in den ganzen Umfang seiner Souverainetät wieder hergestellt habe, der Beschlag auf seine und seiner Untertanen Güter aufgehoben sei, und der Intendant, wie alle andere Militär- und Administrations-Behörden ihre Amtsführung niederlegen sollten, um den Herzog in dem vollen Umfange seiner Gewalt zu lassen. Ein französischer Kurier überbrachte dem General Laval diesen Befehl nach Schwerin; ein russischer gelangte am 5ten Juli mit einem Schreiben seines Monarchen an den Herzog nach Altona. Die französischen Adler wurden in aller Stille abgenommen und aufbewahrt, und die herzoglichen Namen und Wappen nebst den Kirchengebeten für das regierende Haus wieder hergestellt; jedoch sollten nach Art. XII. des Friedens zu Tilsit die mecklenburgischen Seehäfen mit französischen Garnisonen besetzt bleiben.*)

*) Stranddistel

An dem ewig denkwürdigen Tage des 11ten Julius 1807 hielt der regierende Herzog Friedrich Franz unter unaussprechlichem Jubel des Volks seinen Triumpheinzug in Schwerin und ward durch den bisherigen Gouverneur Laval vorschriftsmäßig in den Besitz seiner Staaten wieder eingesetzt. Am 29. Juli hielten auch die regierende Herzogin, mit dem Herzog, den Prinzen Gustav und Paul und der Prinzessin Marie ihren feierlichen Einzug in die Residenz.

Der Herzog und seine Familie sollen in ihrer Verbannung die rührendsten Beweise der Anhänglichkeit von Seiten vieler getreuen Untertanen empfangen haben. Gewiss ist es, dass das Volk seinen Jubel über die Wiederherstellung der alten Ordnung der Dinge laut aussprach. Der Verfasser dieser Erzählung war Zeuge, wie am 9ten August, dem Tage des allgemeinen Dankfestes, ein durch das Unglück des verflossenen Jahrs gebeugter, von der Bedeutung des Festes ergriffener, würdiger Landprediger, durch Kraft der Rede und überströmende Empfindung seine ganze Gemeinde zu Tränen hinriss. Wie oft mag sich an dem Tage dieser liebende Sinn des Volkes nicht offenbart haben, und gewiss nur wenige, durch den Prunk der verführerischen Eindringlinge berauschte Thoren ließen sich in so nahe Verbindungen mit ihnen ein, dass ihnen der Abschied derselben das Herz brach. Am 1sten Dezember, dem Tage der Abreise des Generals Laval, machte derselbe die Verfügung Berthiers bekannt, dass nach der Absicht Napoleons ganz Mecklenburg von den französischen Truppen geräumt werden solle, mit Ausnahme eines kommandierenden Adjutanten mit höchstens einem Bataillon in Rostock, zur Verhütung der Einführung englischer Waren. Demungeachtet blieb das Land unaufhörlich mit Truppen überschwemmt, welche zunächst zu dem noch fortdauernden Kriege mit Schweden nach Pommern zogen. Als aber die Engländer sich zum Abzug rüsteten, mussten sich die verlassenen Schweden in Stralsund werfen, welches belagert ward. Auch Schwedisch-Pommern kam in den Besitz der Franzosen; Stralsund seit dem 24sten August, Rügen seit dem 5ten September. Alle rückkehrenden Truppen fielen Mecklenburg wieder zur Last.

Jetzt trat auch für Mecklenburg die traurige Notwendigkeit ein, sich dem Rheinbunde anschließen zu müssen. Schon am 10. Ott. 1807 war der Erbprinz Friedrich Ludewig mit dem Minister von Brandenstein aus Ludwigslust an den kaiserlich-französischen Hof nach Paris abgereiset. Am 22sten März 1808 erfolgte der Abschluss des mecklenburg-schwerinschen Beitritts zur rheinischen Konföderation vom12ten Juli 1806, zwischen dem K. K. Minister Grafen Champagny und dem H. Gesandten Bosset in Paris, unter der Bedingung, dass ohne Einwilligung des Staatenbundes keinen fremden Truppen irgend ein Durchgang verstattet werde, und dass die katholische Religionsübung gleiche bürgerliche und weltliche Rechte mit der lutherischen, doch ohne Anspruch an den Besitz und Genuss der respektiven Kirchengüter genießen solle, mit Bestimmung des herzoglichen Kontingents auf 1.900 Mann Infanterie. Die Ratifikation dieser Akte geschah zu Bayonne am 24sten April 1808. Der Erbprinz kehrte am 17ten Mai mit dem Minister von Brandenstein aus Paris zurück und entschloss sich, zum Besten des Landes, mit seinem ältesten Sohne, dem Prinzen Paul, auch eine Reise nach Weimar und Erfurt, dem Kongressorte der Kaiser von Russland und Frankreich, zu machen, von welcher er am 23sten Oktober zurückkam.

Mecklenburgs Häfen und Küsten waren nach Abmarsch der französischen Armeen schon im Juni mit eigenen Truppen besetzt worden.