Abschnitt 2

Als Herzog Christian Ludwig, der langjährige kaiserliche Kommissar im Herzogtum Mecklenburg-Schwerin, nach dem Tode seines Bruders Karl Leopold endlich zur Regierung kam (1747), wurde er alsbald auch der Neubegründer des mecklenburgischen Militärs. Noch zu Ende des Jahres befahl er die Errichtung eines Infanterie-Regiments, dessen Chef der Generalmajor von Zülow wurde. Es war zunächst 10 Kompanien stark, gab aber sehr bald drei derselben nach Rostock ab (von Both, Jensen und Herterich), nachdem es dem Herzog gelungen war, der Stadt das lange gewahrte Besatzungsrecht abzunehmen und die Garnisonierung von höchstens 500 Mann herzoglicher Truppen in Rostock durchzusetzen. Dafür wurden, zusammengeschlossen als Regiment Jensen, die drei erwähnten Kompanien bestimmt, während das Stabsquartier des Regiments Zülow die Hauptstadt war und Dömitz von mehreren Garnisonkompanien besetzt blieb, die mit dem Namen Infanterie-Bataillon Alt-Dömitz zusammengefaßt wurden. An Kavallerie wurde zunächst nur eine etwa 60 Mann starke Leibgarde zu Pferde errichtet, die erst unter dem Kommando des Rittmeisters von Blücher, dann einige Jahre dem des Prinzen Ludwig stand und in erster Linie für den Wachtdienst in den herzoglichen Schlössern bestimmt war, daher auch nur einen verhältnismäßig geringen Pferdebestand, etwa 2/3 der Mannschaftsstärke, zeigte.

Die Ungleichheit der beiden Infanterie-Regimenter im Mannschaftsstand - eins von 7, das andere von nur 3 Kompanien - nötigte schon bald zu einer Veränderung. Als der Oberst Jensen 1754 pensioniert war, wurden die beiden Regimenter zu zwei gleich starken Truppenkörpern von je 5 Kompanien formiert, der General von Zülow behielt sein nun verringertes Regiment, das verstärkte Jensensche bekam der jüngere Bruder des Generals, Oberst von Zülow und die beiden Regimenter erhielten nun die Bezeichnung Alt- und Jung-Zülow. Jede Kompanie war ungefähr 80 Mann stark, von denen aber ständig nur die zum Wachtdienst nötigen Mannschaften in der Garnison waren. Die übrigen gingen einer bürgerlichen Hantierung nach und wurden nur zur Exerzierzeit im Frühjahr für einige Monate eingezogen. Das Exerzierreglement und die Verwaltungsnormen waren preußischem Muster nachgebildet, während der Dienst der Leibgarde anscheinend die württembergische Garde du Corps zum Muster hatte. Wenigstens findet sich ein Auszug aus deren Organisations- und Dienstbestimmungen noch in den Akten, und die Regierungsbibliothek bewahrt noch heute das alte gedruckte „Exerzierreglement von seiner hochfürstlichen Durchlaucht zu Württenberg Eskadron Guarde du Corps“ auf, das man wohl von Stuttgart als Vorbild verschrieben hatte.


Die Verwaltungsangelegenheiten des gesamten Militärwesens lagen in den Händen einer dreiköpfigen Kriegskommission, der Nachfolgerin des alten Kriegskommissariats und Vorläuferin des späteren Militärdepartements. Sie hatte aber keine entscheidende Stimme, sondern war nur Verwaltungsorgan, das der Regierung alle Einzelheiten unterbreitete, die dann wieder dem Herzog zum clementissimum ratum, der Allergnädigsten Willensäußerung vorgelegt wurden - und zwar bis in die kleinsten Kleinigkeiten hinein, so z. B. wenn die Farben des Aufschlagstuches oder Futters ein wenig zu hell oder zu dunkel geraten waren, oder wenn dieser oder jener neu eingestellte Unteroffizier oder „Kerl“ einer neuen Montierung bedurfte oder neue Grenadiermützen aus Berlin verschrieben werden sollten, wie im Jahre 1756/57, wo wir eine auch kulturgeschichtlich höchst unterhaltende lange Korrespondenz zwischen der Regierung und dem mecklenburgischen Gesandten am preußischen Hofe, Geheimrat von Hövel, über diese Frage in den Akten finden. Geheimrat von Hövel klagt über die Schwierigkeiten, denen er in Berlin dabei begegne, denn alles derartige werde in Preußen als ein areanum domesticum behandelt, und die Kaufleute zeigten sich selbst zur Probenlieferung erst dann bereit, als sich der General von Massow ins Mittel legte und Hövel bei seinen Bemühungen unterstützte. Die gewünschten Grenadiermützen kamen denn auch endlich 1757 an und wurden zur Ausstattung von zwei neuen Grenadierkompanien benutzt, die aber dem Mannschaftsstande der Regimenter entnommen waren. Auch das Dömitzer Bataillon erhielt 16 Grenadiere.

Da brachen die traurigen Zeiten des 7jährigen Krieges über Mecklenburg herein. Ich brauche Ihnen nicht zu schildern, in welcher unerhörten Weise das neutrale Land von dem Preußenkönig freundnachbarlich „wie ein Mehlsack“ ausgeklopft worden ist - unsere Jahrbücher bringen ja eine sehr eingehende Schilderung dieser Unglückszeit, die das Land bis an den Rand des Verderbens gebracht, Preußen in seinem Kampfe aber finanziell gerettet und so, wenn man den großen Lauf der Weltgeschichte betrachtet, letztlich doch auch ihren Segen gehabt hat. Obwohl Herzog Friedrich ernstlich bestrebt war, peinlichste Neutralität zu bewahren, solange es irgend ging, brachte es der Verlauf des Krieges, insbesondere die aktive Gegnerschaft des benachbarten Schweden gegen Preußen, doch mit sich, daß die Truppenzahl Mecklenburgs in dieser Zeit erheblich vermehrt wurde, wenngleich es ihnen nicht vergönnt gewesen ist, in den Kampf ernstlich einzugreifen und sie wiederholt genötigt waren, auf der Insel Rügen vor dem übermächtigen Gegner Schutz zu suchen. so wurde, abgesehen von der Vermehrung der beiden vorhandenen Infanterie-Regimenter, im Jahre 1759 das Infanterie-Bataillon von Both neu errichtet, im Jahre 1760 die Leibgarde zu Pferde durch drei neue Kompanien (Halbeskadrons) auf 230 Mann verstärkt, die nun unter dem Kommando des bisherigen Chefs der Leibgarde, Oberst Otto von Barsse, ein Leibregiment zu Pferde bildeten. Es dauerte freilich geraume Zeit, bis dasselbe an Mannschaft, Pferden und Ausrüstung komplett war - noch im Sommer 1761 fehlten die Pallasche, die in Lübeck bestellt waren - und die finanzielle Notlage brachte oft bittere Schwierigkeiten mit sich. So konnte man den neuen Kompanien anfangs aus Mangel an Mitteln keine Lederhosen geben, die tuchenen aber waren bald durchgeritten, und der Oberst mußte sich wiederholt zu flehentlichen Bitten an die Kriegskommission entschließen, da das Regiment „fast nackt ging“ und sotane Hosen doch zu den „unentbehrlichsten Montierungsstücken“ gehörten. Außer den 4 Halbeskadrons vom Leibregiment wurde noch eine Husarenschwadron, anfangs 97, später 113 Reiter stark, errichtet und dem Major Thomas von Baader anvertraut. Das Infanterie-Bataillon von Both wurde schon 1760 auf 8 Kompanien gebracht und erhielt damit die Bezeichnung: Regiment von Both. so hatte Mecklenburg damals eine Truppenstärke von drei Infanterie-Regimentern mit zusammen 24 Kompanien und 1 1/2 Kavallerieregimenter mit 3 Eskadrons, dazu etwa einen Zug Artillerie, der in Schwerin und Dömitz garnisonierte. Von diesen sind die Regimenter von Both und Jung-Zülow, früher Jensen, als Stammtruppen der heutigen beiden mecklenburgischen Infanterie-Regimenter anzusehen, und diese können demnach ihre Geschichte bis auf die Jahre 1759 bezw. 1748 zurückverfolgen. Wenn die Stiftungstage derselben späterhin auf 1782 bezw. 1788 festgesetzt worden sind, so ist das im Grunde historisch nicht eben gerechtfertigt, denn gerade die Regimenter von Both und Jung-Zülow, damals Glüer, sind, als der Erbprinz Friedrich Franz zum Kommandeur der mecklenburgischen Truppen im Jahre 1782 ernannt wurde, zwar auch reorganisiert worden, wurden aber doch in keiner Weise als neu errichtete Truppen angesehen. Das älteste Regiment dagegen, Alt-Zülow, ist schon im Jahre 1765 aufgelöst worden, als nach Beendigung des 7 jährigen Krieges schon die Finanzlage des Landes eine erhebliche Reduktion der Truppen nötig machte. Dem gleichen Geschick verfiel das Leibregiment zu Pferde, von dem nur die erste Kompanie wieder als Leibgarde zu Pferde bestehen blieb. Die übrigen Regimenter und die Husaren wurden beträchtlich verringert. Im Jahre 1763 hatte jedes Infanterieregiment über 750 Mann einschließlich Unteroffiziere und Spielleute, 10 Jahre später nur noch 540 Mann; und als 1782 von dem Prinzen Friedrich Franz ein neues Grenadier-Regiment Erbprinz Friedrich, später Leibgrenadiere aus der bisherigen Dömitzer Garnison und Abgaben der beiden anderen Regimenter errichtet wurde, sank der Mannschaftsstand für jedes der drei auf rund 450 Mann, von denen aber kaum die Hälfte ständig bei der Fahne war. Im Jahre 1788 wurde das Rostocker Regiment von 6 auf 8 Kompanien verstärkt und gemeinsam mit dem größten Teil des Grenadier-Regiments v. Both (seit 1785 führte es diesen Titel) dem Erbstatthalter Wilhelm I. von Oranien in Sold gegeben. Die in drei Bataillone formierten 12 Kompanien kehrten erst 1796 in die Heimat zurück, nachdem sie sich in Holland wiederholt durch Tapferkeit und gute Mannszucht ausgezeichnet hatten. Während dieser Expedition verlor das Rostocker Regiment seinen langjährigen Chef, General von Glüer, der zum Kommandeur des Leibregiments ernannt wurde, und erhielt den Obersten Bernhard von Pressentin als Kommandeur. Der Rest des Bothschen Regiments war aufgelöst worden, das Leibregiment detachierte mehrere Kompanien nach Rostock als Ersatzgarnison und wurde bald um 2 Kompanien auf etwa 700 Mann verstärkt, da es die sämtlichen Garnisonen des Landes zu besetzen hatte. Nach der Rückkehr von Holland erhielt für den verstorbenen Generalleutnant von Both der Oberst Winter das Grenadierregiment, das jetzt zum großen Teil nach Güstrow verlegt, seit 1800 mit allen 6 Kompanien dort garnisoniert wurde. 1805 nach dem Tode des letzten Kommandeurs wurde das Regiment mit den Leibgrenadieren zu einem Regiment von 2 Bataillonen vereinigt. Das Rostocker Regiment erhielt 1797 den Erbprinzen Friedrich Ludwig als Chef, behielt aber seinen bisherigen Kommandeur bei.