Anna, Heinrich und Anastasia

In Blumen feiert das jährliche Auferstehungsfest auch die Asche der Fürstin

Anna ,


der zweiten Gemahlin Heinrichs des Löwen. Kirchberg erzählt im 167. Capitel, daß im J. 1326 der 21ste doberaner Abt Bertold gestorben und demselben der Abt Johann gefolgt sei, und fährt dann also fort:

„Darnach eyn iar der czal vord an,
do man dy jarczyd schreib gewis
czehin calendas Decembris,
du starb ouch dy fürstinne da,
von Mekilnburg frau Anna,
dy von Saszin sundir haz,
Herzogen Rudolfes swestir waz,
und ward zur Wysmar schon begraben,
zun barfuszin ungehaben“.

(Westph. IV. p. 822.)

Demnach wäre der Vorfall im J. 1327 geschehen; die genealogische Tabelle des Staatskalenders hat: nach 25. Junius 1327, wo sie also gemäß urkundlicher Ausweisung noch lebte. Latomus setzt das Factum das Jahr nachher, und zwar auf den 1. März, erzählt es übrigens nicht abweichend, nur lässt er unbestimmt, welches Kloster es gewesen. Sicher tot war Anna am 9. Aug. 1328, da Heinrich in einer Urkunde von diesem Datum von seinen verstorbenen Gemahlinnen redet. Wüssten wir bestimmt, wie lange etwa die Trauer-Etikette den mecklenburger Fürsten zu warten vorschrieb, ehe sie nach dem Tode der Gemahlin zu einer neuen Ehe schritten, so ließe sich vielleicht auch die Frage wegen 1327 und 1328 ausmachen, da nämlich Heinrich in einer andern Urkunde vom 28. Sept. 1328 wieder von seiner geliebten Gemahlin spricht, und er sich mithin zwischen dem 9. Aug. und diesem Datum zum dritten Male, nämlich mit Agnes, verheiratet haben muss, welches, wenn Anna den 1. März starb, etwa ein halb Jahr nachher gewesen wäre.

Abgesehen nun von der Zeit bleibt aus schon früher für das Franciskanerkloster als fürstlicher Ruhestatt angeführten Gründen und nach Kirchbergs ausdrücklicher Angabe darüber wohl kein Zweifel, dass Anna hier begraben ist. Ein weiteres Zeugnis, und zwar für das Jahr 1328, hat nun auch unsere Tafel im Kirchenbuch. Es heißt daselbst: „Anno 1328 obt frow Anna vth Sassia dat ander Gemahel ern hinrici leonis dicti“. Bestimmter, und mit Kirchberg übereinstimmend, redet Slagghert (in Westph. Mon. IV, p. 853): „1327. Eod. ao. illustrissima Anna, uxor secunda Henrici Leonis Stargardie feliciter obdormiuit in domino, sepulta vero est in Wismaria apud dominam Beatricem primam uxorem eius, in choro fratrum minorum. Ibidem sepulti sunt dominus Henricus Magnopolensis iunior et domina Anna domicella, soror ipsius filii domine Anne“.

Mit der Nachricht von dem Begräbnis der Fürstin Anna verbindet Latomus die Erwähnung der Bestattung ihrer beiden, bereits vor ihr im Jahr 1321 in früher Jugend gestorbenen Kinder

Heinrich und Anastasia ,

welche nun mit ihr in einem und demselben Grabe beigesetzt wurden. Er beruft sich dabei, so wie hinsichtlich der Mutter, auf wismarsche Urkunden. Ihm folgt denn auch Schröder, a. a. O., der sogar noch eine Tochter, Namens Anna, hinzufügt.

Was es mit der letzteren für eine Bewandniß habe, mag dahin gestellt bleiben. Denn wiewohl der erwähnte Stammbaum noch ein drittes Kind Namens Anna aufführt, so starb diese doch erst im J. 1381 als eine Gräfin von Holstein. Die Namensgleichheit mit der Mutter mag auf den Irrthum geführt haben. Den Umstand der Beisetzung der beiden andern Kinder bei der Mutter hat der Stammbaum auch; von Anna erwähnt er jedoch nichts. Für Heinrich und Anastasia spricht nun auch unsere Tafel im Kirchenbuch. Die Worte: „Anno 1321 ist gestoruen deselue junge her hinricus filius Hinrici Hierosolomitani Syn Sster froychen Anastasia kort darna“ sind freilich, wie schon bei der Würdigung des Kirchenbuchs gezeigt worden, offenbar korrumpiert. Wir haben aber auch schon bemerkt, daß der Irrthum, wahrscheinlich des Abschreibers, durch die Tafel selbst verbessert wird, dadurch, daß bei Anna gleich hinter den schon oben angeführten Worten: „dat ander gemahel ern hinrici leonis dicti“, die Worte folgen: „Noch ij Kinder hinricus und Anastasia“, welche Worte man denn wieder nicht auf das Ableben, das schon 1321 erfolgte, sondern auf die Beisetzung bei der Mutter zu beziehen hat.

Wir finden also als Resultat unserer Untersuchung, dass der oben bezeichnete Garten, wenn auch jetzt kein Denkmal mehr redet und wir auch in Hinsicht einiger sich widersprechenden Nebenumstände, bis darüber vielleicht noch aufzufindende Urkunden nähere Auskunft geben, im Ungewissen bleiben müssen, doch die Gebeine einer ganzen Reihe fürstlicher Personen des Hauses Mecklenburg unter seinem Rasen birgt, da er genau an der Stelle des Chors der ehemaligen Grauen-Mönchen-Kirche angelegt ist, wie der beiliegende Grundriss, auf welchem die Umfangsmauern der Kirche angedeutet sind, ausweist.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburgischer Fürsten Gräber zu Wismar