Abschnitt 6

II. Die Papiermühlen in Mecklenburg-Schwerin.


2. Die Papiermühle zu Neustadt.


Der Bau dauerte von Weihnachten 1707 bis März oder Johannis 1708. Die über ihn erhaltenen Nachrichten sind nicht ganz klar. Die Kosten beliefen sich auf 932 Rtlr. 1 Schill., wovon auf die Löhne für Maurer, Zimmerleute usw. 110 Tlr. 2 Schill. entfielen. Der Baumeister hatte laut Vertrag zunächst nur auf 464 Rtlr. Anspruch. Da es jedoch während des Baues sich als zweckmäßig herausstellte, noch einen obersten Stock aufzusetzen, wurde seine Entschädigung um 64 Rtlr. auf 528 Tlr. im ganzen erhöht. Die Hand- und Spanndienste der Bauern sind in diesen Beträgen nicht mit bewertet. Über die Durchführung des Baues entstand später zwischen Oberbaudirektor Sturm und dem Baumeister eine Meinungsverschiedenheit. Der erstere behauptete, daß die Mühle nach Wesen und Beschaffenheit für den nachgewiesenen Aufwand besser hätte gebaut werden sollen. Dagegen wollte Märcker sich die beste Mühe gegeben und nichts vernachlässigt haben. Was aus dem Streite wurde, ist nicht bekannt. Die gewechselten Schriften lassen einen Gegensatz zwischen dem Theoretiker und dem praktischen Bauführer hervortreten, der handwerksmäßig baute, ohne sich viel um die Fortschritte der Technik zu kümmern. Wahrscheinlich wäre es zweckmäßiger gewesen, den aufgestellten Plan vorher einer sachgemäßen Beurteilung durch den höheren Beamten zu unterwerfen. Die Angelegenheit hatte insofern ein Nachspiel, als der Zimmermann Hans Hübner später behauptete, besser gebaut zu haben, als er nach dem Vertrage mit Märcker verpflichtet gewesen wäre. Daher erbat er zu den 144 Tlrn., die er hätte haben sollen, noch 60 Tlr. nachträglich. Am 17. März 1710 wurde die neue Mühle durch einen Sachverständigen dem Märcker nach eingehender Besichtigung abgenommen. Tiede scheint den Neubau nicht mehr erlebt zu haben. Wenigstens zog in die neue Mühle Johann Daniel Ahrens als Pächter ein. Obwohl nun das Etablissement gewiß so vollkommen als möglich eingerichtet worden war, hatte auch er gleich wieder Wünsche. Man hatte ihm 12 Kummen versprochen, aber nicht so viele geliefert. Auch vermißte er eine kupferne Blase. Desgleichen erhob er Anspruch auf eine Entschädigung, weil er zwei Jahre lang auf die Fertigstellung des Baues gewartet haben wollte. Sein Vertrag lautete auf 5 Jahre und die ihm auferlegte Pachtsumme war jetzt eine andere geworden. Man war nicht mit Lieferungen von Papier zufrieden, sondern forderte bares Geld, für das erste Pachtjahr 100 Tlr., für die folgenden je 100 Tlr. In diesem Sinne sind die Pachtverträge gehalten, die Ahrens im Laufe der Jahre, zuletzt am 18. Januar 1725, auf 5 Jahre erneuerte.

Weshalb sich Ahrens eines Tages zurückzog, läßt sich nicht ermitteln. Seit dem 23. August 1731 erscheint Joachim Cowalsky aus Bützow als Pächter. Er übernahm gleich seinem Vorgänger für 150 Rtlr. N 2/3 die Mühle gleich auf längere Dauer, nämlich auf 9 Jahre, von Johannis 1732 bis ebendahin 1741. Leider scheint ihn ebenfalls, wie alle seine Vorgänger, die Baufälligkeit der Mühle gedrückt zu haben, die um so auffälliger ist, als das Gebäude doch erst vor kurzem errichtet worden war. Jm Jahre 1736 mußten „höchstnöthie“ Reparaturen im Betrage von 157 Rtlr. 30 Schill. ausgeführt werden. Indes reichte diese Ausgabe nicht einmal aus und 1740, im November, mußte er aufs neue berichten, daß ein Teil der Mühle, die Radstube, sich in sehr gefährlichem baufälligen Zustande befände. Leider kam es zur Erfüllung des gewiß berechtigten Wunsches nicht, da am 6. August 1741 infolge einer auf dem Kietz bei Neustadt ausgebrochenen Feuersbrunst auch die Mühle abbrannte. Sie war unterdessen ein so fühlbarer Faktor im Wirtschaftsleben Mecklenburgs geworden, daß man sich für ihren Wiederaufbau interessierte. Die Krämerkompagnie in Grabow bat am 24. Dezember 1741 um einen Neubau, da sie den Mangel an Papier, der sich seit dem Brande zu zeigen anfing, empfand. Ihre Mitglieder waren gezwungen, sich aus benachbarten Ländern Papier zu verschaffen, wo sie behaupteten, nicht einmal für ihr Geld den Bedarf decken zu können. Daher sollte das inländische „hochnutzbare“ Werk bald wieder in Wirksamkeit treten. Schon vorher hatte Cowalsky selbstVorschläge gemacht. Sein Kostenanschlag lautete auf 351 Rtlr. und einige Schillinge, wobei er einen Holländer aus seinen Mitteln anzuschaffen gedachte und es der Kammer anheimstellte, ob sie diese so nötige Maschine zum Bestand der Mühle rechnen oder als Cowalskys Eigentum respektieren wollte. Einer besonderen Begründung seines Antrags bedurfte es ja eigentlich nicht. Der Wunsch der Grabower Krämer war an sich schon beweiskräftig für die Notwendigkeit der Ausgabe. Immerhin betonte Cowalsky doch den Handelsvorteil, daß für fremde Ware kein Geld ins Ausland zu gehen brauche. Auch hob er hervor, daß durch den Neubau der Glanz der durchlauchtigsten Vorfahren nicht verdunkelt würde, wie es sonst der Fall wäre, „wenn deren zur Zierde und Nutzen des Landes abzielende Wercke in den Staub der Vergessenheit kämen“. Er erreichte denn auch die gnädige Resolution Christian Ludwigs, daß gegen den Wiederaufbau der Mühle an der alten Stelle nichts eingewandt werden solle. Aber die Mittel mußte Cowalsky selbst beschaffen, nicht einmal Holz konnte ihm aus den fürstlichen Waldungen versprochen werden. Er sollte sich dieses vielmehr aus den benachbarten Forsten holen. Es scheint, als ob Cowalsky nicht in der Lage war, den Bau aus eigene Rechnung auszuführen Denn ein anderer von den Amtleuten in Neustadt aufgestellter Anschlag, der einen Bau im Werte von 1429 Tlrn. und 7 Schillingen aufgeführt wissen wollte, entsprang wohl der Erkenntnis, daß es wünschenswert im Interesse des Landes sei, die nützliche Fabrik, die Privatleute nicht herstellen konnten oder wollten, wieder zur Verfügung zu haben. Wahrscheinlich wird der kostspieligere Anschlag der angemessenere gewesen sein, der den Anforderungen der neueren Technik mehr Rechnung trug. Indes weder der eine noch der andere Anschlag fand Anerkennung. Wenigstens geht aus den Akten nicht hervor, daß die alte Papiermühle aus dem Schutte zu neuer Wirksamkeit erweckt worden wäre.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburgische Papiermühlen