Abschnitt 5

II. Die Papiermühlen in Mecklenburg-Schwerin.


2. Die Papiermühle zu Neustadt.


Trotz dieser beweglichen Klagen unterblieben die Ausbesserungen und als weiterer Übelstand kam hinzu, daß das Wasser einen anderen Weg nahm. So konnte Dannenberg in einem Jahr sein Geschirr nicht länger als 9 Wochen in Betrieb sein lassen und vermochte die Lieferungstermine nicht einzuhalten. Zwar ließ der Herzog Christian in der Tat sofort anordnen, daß das benötigte Bauholz und Eisen herbeigeschafft und zur Inangriffnahme der Nachbesserungen geschritten würde. Aber es kann doch nicht alles geschehen sein, was geschehen mußte, oder es wurde in so wenig befriedigender Weise vorgenommen, daß im Juni 1662 Dietrich Dannenberg aufs neue Ursache glaubte zu Klagen zu haben. Die Presse, sagte er, sei nicht mehr zu brauchen und deshalb müsse die ganze Mühle feiern. Schönpapier könne nicht gemacht werden, so lange es nicht möglich sei, vermittelst einer Pumpe klares Wasser zu gewinnen. Aber auch der Boden war nicht in Ordnung und es fehlte an den nötigen Stricken. Er bat dringend, daß endlich alles ausgeführt würde. Dabei wurden die Beschwerden über das von ihm den Kanzleien gelieferte Papier immer lauter. Es sei ganz untüchtig, schlecht, gelb, „fast nichts nutzend also daß wirs bey unseren canzleyen nicht gebrauchen können“.

Schließlich kam es so weit mit ihm, im Mai 1666, daß er seine Pacht nicht bezahlen konnte und daher in Gewahrsam gebracht werden sollte. Allerdings verpflichtete er sich, innerhalb drei Wochen seiner Verbindlichkeit nachzukommen, aber am 3. August war der rückständige Betrag noch nicht geliefert. Um diese Zeit war es wohl, daß sein Stiefvater Wolfgang Trutzer in Lüneburg, der beim Vertragsabschluß als Bürge für ihn eingetreten war, sich an den Herzog wandte und dessen schleunigen Eingriff erflehte. Wenn der Herzog nicht die Mühle instand setzen ließe, so könne sich Danneberg nicht halten und würde in „aeußersten Ruin“ geraten. Die warme Fürsprache des Lüneburgers cheint bewirkt zu haben, daß nunmehr alle Arbeiten ausgeführt wurden. Am 4. Mai 1667 konnte der Beamte aus Neustadt berichten, daß seit Michaelis 1666 die Mühle ordentlich im Gange wäre. Der Papiermüller könne jetzt Tag und Nacht die Arbeit fortsetzen.

Gleichwohl kam Dannenberg nicht auf einen grünen Zweig. Er konnte nicht soviel liefern, als ihm vertraglich auferlegt war und mußte daher im Jahre 1668 entlassen werden. Er hatte versprochen zu liefern von Michaelis 1666 bis Trinitatis 1667 63 1/2 Ries, von Trinitatis 1667 bis ebendahin 1668 100 Ries, insgesamt mithin 163 1/2 Ries. Statt dessen hatte er geliefert nur 121 Ries, war demnach mit 42 1/2 Ries im Rückstande. So wird es verständlich, daß man ihm nahelegte, sein Glück anderswo zu versuchen.

An Dannenbergs Stelle traten jetzt Erdmann und Lorenz Barß, Vater und Sohn, aus Bützow. Sie erboten sich auf 10 Jahre die Mühle zu pachten und versprachen, im ersten Jahre 90 Ries, die folgenden Jahre 100 Ries guten untadelhaften Schreibpapiers zu liefern. Es stand ihnen frei, statt der Naturallieferung je 1 Taler für das Ries in vierteljährlichen Terminen zu zahlen. Es ist nicht klar, ob es zum Abschluß des Vertrages gekommen ist. Jedenfalls steht fest, daß noch im November wegen Unfertigkeit des einen Ganges Schreibpapier auf der Mühle nicht hergestellt werden konnte. Vielleicht lag es an dieser Unvollkommenheit, daß vom Jahre 1670 an die Kammer in eine Ermäßigung der Pacht willigte. Sie begnügte sich mit 60 Talern, 3 Ries Papier (Schreibpapier?) und 2 Ries Makulatur. AIs derjenige, der unter diesen Bedingungen die Pacht übernahm, wird Lorenz Barß genannt. Es bleibe auf sich beruhen, ob man daraus schließen darf, daß er schon vorher auf der Mühle tätig war, etwa unter der Leitung seines Vaters.

Jedenfalls hat er selbständig die Mühle nicht lange verwaltet, denn das Anerbieten eines gewissen Johann Tiede im Oktober 1672, die Rächt anzutreten, wurde angenommen. Tiede wollte gehört haben, daß der jetzige Pächter die Mühle „in detrimentum“ gebracht hätte und kein tüchtiges Papier mache. Es muß etwas Wahres an diesen Gerüchten gewesen sein, da die Kammer bereitwilligst darauf einging, einen neuen Pächter zu gewinnen, der indes zu spät erkannte, daß auf dem Werke, an dem so viele schon gescheitert waren, sich keine Lorbeeren erringen ließen. In einem undatierten Berichte, der nach der in ihm enthaltenen Angabe, daß er 27 Jahre auf der Mühle tätig sei, in das Jahr 1699 zu verlegen wäre, erklärt er sich außerstande, seine Pacht zu entrichten. Im vergangenen Jahre habe er wenig arbeiten können, weil wegen hoch angelaufenen Wassers die Mühle stillestehen mußte. Auch im laufenden Jahre war die Flut so hoch gewesen, daß er 18 Wochen lang nicht hätte arbeiten können.

War in diesem Falle die Ungunst der Jahreszeit schuld an der Stockung der Arbeit gewesen, so hatte Tiede schließlich doch Veranlassung, ebenfalls in die alten Jammerlieder über die Baufälligkeit der Mühle einzustimmen. Im Jahre 1700 war sie so arg, daß er nicht einen einzigen Bogen Schreibpapier hatte herstellen können. Die Stampfen waren altersschwach geworden und taten nicht mehr ihre Schuldigkeit. Dennoch überließ man ihn seinem Schicksale und erst 5 Jahre später als er seine Pacht nicht bezahlen konnte und darauf hinwies, daß er 1703 14 Wochen habe müßiggehen müssen, hatte man mit dem nun schon 35 Jahre auf der Mühle wirkenden Papiermüller Einsicht. Es dauerte zwar vom Februar bis Juli, bis ein Entschluß gefaßt wurde. Dann aber wies die Kammer den Beamten in Neustadt an, die Mühle ordentlich in Gang zu bringen. Und im September 1707 kam es endlich zu einem Vertrage mit dem Mühlenbaumeister Johann Christian Märcker behufs Herstellung eines neuen Gebäudes.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburgische Papiermühlen