Abschnitt 4

II. Die Papiermühlen in Mecklenburg-Schwerin.


2. Die Papiermühle zu Neustadt.


Es hat nicht den Anschein, als ob viel geschehen wäre, um dem Papiermüller die Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit zu erleichtern. Denn acht Jahre später konnte sich Dreßler gegen die ihm gemachten Vorwürfe, nicht genügend Papier geliefert zu haben, damit wehren, daß er auf die zerfallene Mühle hinwies, von der nur ein Rad zu gebrauchen wäre. Und Herzog Adolf Friedrich wies den Küchenmeister an, die Mühle in guten Zustand zu bringen, „damit bey diesem Herbstwasser, mit selbigen sich das beste Papier laß machen, eine gute Parthey könne gemacht“ werden. Dreßler hob selbst als die hauptsächlichsten Mängel hervor, daß das unterste Rad der Mühle ganz entzwei sei, die Rinne, so das Wasser aufs Rad trage, nichts tauge, die vorderste Welle entzwei sei, eine neue Bütte mangele und in der Stube alle Ständer abgerissen wären.

Gegenüber diesen eingehenden Nachweisen kann es wenig verschlagen, wenn der Küchenmeister behauptete, daß die Mühle in gutem Zustande wäre und der Papiermacher Unrecht täte, dem Herzoge immer wieder mit seinen Klagen zu kommen. Obwohl in den letzten 10 Jahren durch den Krieg die Mühle wohl 10 Mal zugrunde gerichtet worden sei, so wäre sie doch stets wieder in Ordnung gebracht worden. Neue Kummen, neue Stampfen, eine neue Presse usw. seien angeschafft worden.

Den Herzögen lag natürlich daran, ihre Papiermühlen leistungsfähig zu wissen. Sie hielten den Beamten vor, daß wider alles Herkommen das Papier teuer eingekauft werden müßte. Die Kanzleien müßten alles, und ihr Bedarf war nicht gering, was sie nötig hätten, von den Krämern dreimal so teuer beziehen, als es seither von den Papiermühlen geliefert worden wäre. Dreßler, der trotz seines guten Willens so wenig liefern konnte, wurde beschuldigt, bei dem starken inländischen Bedarf gleichwohl Papier nach auswärts verkauft zu haben. Er konnte jedoch nachweisen, daß lediglich Druckpapier, das er im Inlande nicht abzusetzen vermocht hatte, ins Ausland versandt war.

In diese Zeit fällt die Niederschrift des Eides, den die Papiermacher beim Antritt ihres Geschäfts abzulegen hatten. Seine Einführung ist doch wohl dem regierungsseitig empfundenen Bedürfnis entsprungen, den Betrieb der Papierfabrikation zu einem tunlichst ordnungsmäßigen zu gestalten und die Produktion zu vermehren. Indes noch im Jahre 1658 war dem Mangel an Papier nicht abgeholfen. Damals wurde zur Verwaltung der Justiz die Regierungskanzlei neuerdings wieder eröffnet und der Herzog Christian wies diese an, sich „mit gutem Schreibpappier und Maculatur allemahl gegen einen glaubwürdigen canzleyzettull notdürftig zu versehen, damit die Expeditiones nicht verzögert würden“.

Trotz der Baufälligkeit der Gebäude war an Persönlichkeiten, die bereit waren, sich der Papierfabrikation anzunehmen, niemals Mangel. Auf Dreßler folgte Hans Tiede (Thiede), der indes nur drei Jahre, 1656-1658, dem Geschäfte vorzustehen vermochte. Seine Witwe Elisabeth, geborene Fresecke, bemühte sich, den Betrieb fortzusetzen, was ihr zwei Jahre hindurch gelang. Dann geriet sie in Schwierigkeiten, indem sie von den 80 Ries, die sie vertragsmäßig abzuliefern hatte, für das Jahr 1660 nur die Hälfte hatte fertigstellen können. Sie rief die herzogliche Nachsicht an und versprach, die zweite Hälfte zu Trinitatis schicken zu wollen. Zugleich bat sie, die so notwendigen baulichen Ausbesserungen nicht länger hinauszuschieben. Ihre Verlegenheit oder die unter ihrer Leitung in der Tat geringer gewordene Leistungsfähigkeit benutzte der Papiermacher Diedrich Dannenberg aus der Mark, indem er sich anbot, gegen einen Zins von 80 Ries jährlich die Pachtung zu übernehmen. Auf diese Weise wurde Frau Elisabeth Tiede veranlaßt, ob sie sich früher kaum zu 80 Ries verstanden hatte, jetzt 100 Ries zu bieten. Doch half ihr dieses verspätete Entgegenkommen nichts, sie mußte weichen. Derjenige aber, der sie verdrängte, war zunächst nicht Dannenberg, sondern Bartold Blauert, mit dem am 15. November 1661 ein Vertrag abgeschlossen wurde. Blauert war von Sommerburg gekommen und versprach, wenn man ihm Holz und Eisen liefern würde, beide Geschirre auf seine Kosten zurechtmachen zu lassen. Auch er war bereit, nachdem er im ersten Jahre nur 80 Ries Papier geben konnte, augenscheinlich weil er beim Überzuge und der Einrichtung 80 Taler Aufwand gehabt haben wollte, in den folgenden Jahren seine Abgabe auf 100 Ries zu steigern. Aus unbekannten Gründen scheint jedoch Blauert die Pachtung gar nicht angetreten zu haben. Vielmehr hat sich ein vom 18. November 1661 datierter Vertrag zwischen der Kammer und dem Papiermacher Dannenberg erhalten, laut welchem dieser also die Mühle übernahm.

Die Bedingungen, unter denen sich Dannenberg zur Pacht verstand, dürften sich von denen, wie sie für Blauert festgestellt waren, kaum unterschieden haben. Dannenberg verpflichtete sich auf drei Jahre und wollte im ersten Jahre 80, in den folgenden je 100 Ries untadelhaften Schreibpapiers entrichten. Das Gebäude follte von dem Amte in gutem Stande unter Dach und Fach gehalten werden. Zunächst wurde das nötige Holz und Eisen auf Rechnung des Amts herbeigeschafft und dem Pächter dann überlassen, beide Geschirre und beide Pressen auf seine eigenen Kosten instand zu setzen. Die Verlängerung des Vertrags nach Ablauf der drei Jahre, d. h. im Jahre 1664, sollte ihm vorbehalten bleiben, sofern er sich dazu verstehen würde, in eine Erhöhung der Jahresabgabe zu willigen, falls eine solche etwa von anderer Seite geboten werden sollte.

Trug somit Dannenberg den Sieg davon, so wurde er dessen doch nicht froh. Die ihm gemachten Versprechungen, das Gebäude in guten Stand zu setzen und unter Dach und Fach halten zu wollen, erfüllte das Amt Neustadt nicht. Schon gleich zu Beginn des Jahres 1662 sah er sich genötigt, eine Eingabe an das Amt gelangen zu lassen, in der er die Baufälligkeit der Mühle beklagte und dringend um die Durchführung der Reparaturen ersuchte. Die Mängel bestanden nach seiner Schilderung in Folgendem:

„1. ist der Boden also gahr zurichtet, daß der Rauch alles Papier verdierbt.

2. ist ein groß theill an der Mühlen vom Wasser unterwaschen.

3. ist nur eine Cammer, welche nichtens dichte, sonst ist weder Gesellen- noch Mägdecammer.

4. ist keine Blaße vorhanden, da die vorige Papirmüllersche ihre Blaße mit weckgenommen, ungeachtet sie noch pension schuldig geblieben, kan dehro halber kein eintziger Boge Papir gemacht werden.

5. müssen notwendig Röhren von guten frischen Holz gemachet werden, damit man dass Wasser von einem Werck zum andern leiten kan.

6. seint gahr keine Stricke vorhanden, deren man bey der Arbeit auch gahr nicht entrahten magk, wan nur etwan ein Centner have Stricke verschaffet würden, wil ich die übrige so sich auf 2 Centner belauffen, anschaffen.

7. seindt in der Stuben nur vier gantze Fenster, vier seindt gahr ausgeschlagen undt zwo sindt entzwey undt die in der Mühle gewesene Fenster sein alle ausgeschlagen.“

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburgische Papiermühlen