Abschnitt 2

II. Die Papiermühlen in Mecklenburg-Schwerin.


2. Die Papiermühle zu Neustadt.


Wolther bat somit den Herzog, ihm die Mühle zu lassen und erbot sich, Sachverständigen, die man ihm schicken würde, die Einrichtung zu zeigen. Er sei überzeugt, daß sie sein Papier ebenso gut finden würden wie das Grabowsche. Ein Übelstand sei für ihn, daß er jetzt Papier so oft liefern müsse, als verlangt würde. In Papier entrichtete er den Zins für die Mühle. Zweckmäßiger wäre es, wenn er die ihm auferlegten Mengen nur zweimal im Jahre, zu Ostern und zu Michaelis, zu liefern haben würde. Dann könnte er für die an den Herzog abzugebenden Papiere die besten Lumpen benutzen, während er jetzt häufig geben müsse, was gerade vorrätig sei.

Einen Teil der Schuld, daß seine Papiere mitunter schwarz und finster ausfielen, schob er auf die Fischer, die ihm oft das Wasser trübe und unflätig machten. In dieser Beziehung hätte der Papiermacher in Grabow es besser, weil der Strom daselbst einen feinen, hellen Sandgrund aufweise.

Dieser Auffassung gegenüber bestand allerdings eine andere, die die Veranlassung zur Kündigung wesentlich in dem Verhalten des Papiermachers erblickte. Als der junge Wolther sich um die Pacht bewarb, versprach er „unstreflich Papier“ herstellen zu wollen. Das war ihm indes leider nicht gelungen. Aus den Kanzleien kamen bald Beschwerden und Klagen über das geringwertige Papier. Der Rentmeister hatte gleichwohl Mitleid mit dem Anfänger und ließ ihm Zeit sich zu bessern. Da indes die Leistungen auf der gleichen Höhe blieben, sah er sich endlich zur Kündigung veranlaßt. Der Papiermacher aus Grabow, der „unstreflich gut Papier, darüber sich Niemand beklagt habe“ mache, solle an seine Stelle treten. Die Änderungen, die Wolther beantragt habe, seien unwesentliche. Schon jetzt werde hauptsächlich nur zweimal im Jahre Papier verlangt, zu Weihnachten und zu Johannis. Die baulichen Ausbesserungen, die schon der ältere Wolther als wünschenswert hingestellt, seien allerdings nötig, hätten aber seither im Hinblick auf andere wichtige Ausgaben, z. B. an den Kornmühlen, unterbleiben müssen. Die Fischerei wäre immer ein Gegenstand des Ärgernisses gewesen und doch sei brauchbares Papier geliefert worden.

Noch einmal ergriff Wolther das Wort, um sich gegen die Vorwürfe, schlechtes Papier bereitet zu haben, zu wehren. Durchschlagendes Papier käme wohl auch „vielmals“ in „wolgebauten Mühlen“ vor, die von größeren und „höheren“ Meistern geleitet würden. Er wies auf die Schwierigkeiten hin, unter denen er seither tätig gewesen sei. Für ca. 145 Fl. habe er den Betrieb verbessert, zwei neue Kumme machen lassen, seiner Mutter das Handwerkszeug und die Materialien bezahlen müssen. Es sei teuere Zeit. Die Gesellen zu unterhalten koste viel. Dennoch hätten sie nicht mehr Papier herzustellen vermocht als früher. Der Vater habe das für die Kanzlei bestimmte Papier sorgfältig aufgehoben und das „andere, so der Rauch ghal gemacht“, verkauft. Eine besondere Küche zu bauen, wie das in Grabow geschehen, hätte man ihm zugesagt, aber es sei zur Ausführung nicht gekommen. Somit blieb er bei der Auffassung, daß es lediglich den Ränken des Papiermachers in Grabow zuzuschreiben sei, wenn er weichen solle. Der hätte an seinen Schwager die Mühle für 600 Fl. verkauft. Jetzt reue es ihn, daß er keine Arbeit hätte und daher bemühe er sich ihn in Neustadt zu verdrängen. Wenn er nun doch abziehen solle, so bat er, den neuen Pächter wenigstens zu veranlassen, ihn angemessen zu entschädigen.

Der Herzog hatte Nachsicht und befahl, den Wolther noch bis Ostern kommenden Jahres im Besitz der Pacht zu belassen. Man solle abwarten, ob sich die in Aussicht gestellte Verbesserung des Papiers zeigen werde. Es sei später noch Zeit genug zu erwägen, ob man ihn abschaffen müsse, oder auf der Mühle lassen könne. In der Tat zeigte sich eine Besserung. Das kurz nach Antoni 1598 vorgelegte Papier, 12 Ries, war so beschaffen, daß „wir ein zimblichs guetts genuegen daran haben“. Daher verfügte der Herzog gnädig, den Papiermacher in seiner Mühle zu lassen, „Wan er sich also verhelt, das man mit ihm friedlich sein kann“. Indes Wolther scheint doch nicht der Mann gewesen zu sein, der auf den Platz gehörte. Waren wirklich die Umstände gegen ihn; ließ er es an Fleiß und Geschicklichkeit fehlen, - man kann das heute nicht mehr feststellen, genug, daß im März 1600 die allgemeine Stimmung sich wieder gegen ihn richtete und ihm aufs neue gekündigt wurde. Ob es ihm gelang, den Herzog umzustimmen, ob sich diese Kündigungen in den nächsten Jahren wiederholten, entzieht sich unserer Kenntnis, da Akten darüber nicht vorhanden sind. Um das Jahr 1621 war jedenfalls ein anderer Papiermacher: Severin Heinrich in Neustadt tätig.

Heinrich, der sein Gewerbe vollkommen beherrschte und sich rühmen konnte, sowohl innerhalb wie außerhalb Mecklenburg tätig gewesen zu sein, sogar in England zeitweilig gearbeitet zu haben, hatte damit zu kämpfen, daß ihm das Rohmaterial in stärkerem Umfange entzogen wurde, als für den Fortgang des Betriebes wünschenswert erschien. In Zülow (Amt Schwerin) hatte Dietrich Plesse eine neue Papiermühle erbauen lassen, in deren Auftrage Lumpensammler in Wismar und anderen Städten saubere Lumpen aufkauften. In Schwerin war der Schwager des Papiermachers, der Krämer Hans Sachouw, dabei, für ihn alle Lumpen zu erstehen. Das brachte den Nachteil, daß auf diese Weise Heinrich auf die unsauberen Lumpen, die er bei den Bauern kaufen konnte, angewiesen war, und mit diesen ließ sich „kein gut rein Papier“ herstellen. Demnach erbat er die Vergünstigung, in Wismar, Gadebusch, Schwerin und Parchim alle Lumpen gegen gebührliche Bezahlung aufkaufen zu dürfen und den fremden Lumpensammlern den Betrieb zu verbieten. Dann würde er imstande sein, die Kanzlei mit weißem, besserem Papier zu versorgen.

Es bleibe auf sich beruhen, ob Heinrich mit seinem Antrag Zustimmung fand. Im Juli 1624 war er noch auf der Mühle, dann aber wurde er durch einen anderen Papiermacher ersetzt, dessen Namen freilich nicht genannt ist. Nur das läßt sich feststellen, daß der neue Müller eine Pacht von 110 Ries jährlich zu entrichten hatte, statt der bisherigen 50 Ries, die der Vorgänger geliefert hatte. Somit muß der Betrieb in Neustadt sich in gedeihlicher Weise entwickelt haben.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburgische Papiermühlen