Die Papiermühle zu Grabow.

II. Die Papiermühlen in Mecklenburg-Schwerin.


Wohl nicht viel später als in Sternberg und Neustadt kam es zum Bau einer Papiermühle auch in Grabow. Auf welches Jahr indes der Beginn ihrer Tätigkeit fällt, läßt sich nicht mehr ermitteln. Erst mit einem Aktenstück vom Tage Assumptionis Mariae, d. h. dem 15. August 1527, laut welchem Herzog Heinrich sich mit dem Papiermacher Blasius über die Entrichtung des Zinses verständigte, fangen Nachrichten über sie an. Blasius war die Pacht 3 Jahre lang schuldig geblieben und versprach jetzt den fälligen Betrag von 40 Gulden in 4 Terminen zu je 10 Gulden, den ersten Termin auf Martini 1527, den letzten auf Pfingsten 1528 angesetzt, zu bezahlen. Der Herzog muß die bedrängte Lage des Papiermachers anerkannt haben, denn er überließ ihm seine „papirmolln“ auf weitere 4 Jahre, von Weihnachten 1528 an bis ebendahin 1532 unter Erhöhung der Pacht auf 20 Gulden jährlich. Blasius versprach, die „mollen mit ihrer zugehör in wesentlichem bau“ zu halten.


Die Entwicklung scheint bei diesem Etablissement eine ruhigere und stetigere gewesen zu sein als bei den beiden anderen. Es hat seine Besitzer und Pächter nicht so oft gewechselt, sondern blieb Jahrzehnte hindurch in der Verwaltung einer und derselben Familie.

Blasius Groen - der Name wird auch Groene geschrieben - wurde im Jahre 1547 als Papiermüller angestellt. Lebenslang wurde ihm vom Herzog Heinrich die Mühle mit allen „zubehörungen“ für 25 Fl. Münze in Pacht gegeben. Der Pächter versprach „guth tuchtich papier“ zu machen und die Mühle in gutem Stand zu erhalten. Für den letzteren Zweck sollte er nötigenfalls Bauholz geliefert bekommen. Hans Groen, der im Jahre 1565 den unterdessen zur Regierung gekommenen Herzog Ulrich bat, ihm und seinen Söhnen die Mühle ebenfalls lebenslänglich zu verpachten, war ein Sohn von Blasius Groen. Während einer seiner Brüder sich dem geistlichen Stande gewidmet hatte und Pastor geworden war, ein anderer, der ohne Leibeserben geblieben war, abgefunden wurde, hatte Hans sich dem Geschäft des Vaters gewidmet, nach dessen Tode den Betrieb übernommen und den Pachtzins regelmäßig entrichtet. Nun wünschte er seinem Sohne „sollich handtwergk und konst zu lehren“, wollte sich indes vorher vergewissern, daß dieser nach des Vaters Tode das Etablissement behalten dürfe. Den üblichen Zins von 25 Fl. wollte er gerne bezahlen und „quat und duglich papier nach dieser lande ardt unnd gelegenheit verfertigen“.

Wir müssen dahingestellt sein lassen, ob diesem Gesuche nicht gewillfahrt wurde oder der hoffnungsvolle Sohn sich einem anderen Orte oder Berufe zuwandte oder gar frühzeitig aus dem Leben schied, genug, um das Jahr 1589 ist nicht mehr die Familie Groen, sondern Martin Tiede als Papiermüller tätig. Dieser wirkte das ausschließliche Privileg zum Lumpensammeln in allen Städten, Ämtern usw. des ganzen Fürstentums aus.

Bis dahin war er aus Mangel an Rohstoff in der Bereitung des Papiers merklich gehindert gewesen. Fremde Papiermacher schnappten ihm den Rohstoff vor der Nase weg.

Nach einem am Ende des 16. Jahrhunderts abgefaßten Amtsbuche über das fürstliche Amt Grabow gehörten zur Papierfabrik eine neue und eine große Mühle. Nachdem die Erbauung des Schlosses „an einem schonen und wolgelegenem ortte“ erwähnt und darauf hingewiesen wird, daß der Eldenastrom eine Korn-, Öl- und Papiermühle betriebe, heißt es von der letzteren: „Die papirmhole aber gibet jerlich zur pacht an gelde 20 Fl. vonn der neuenn mhule und 50 riß papir von der großenn mhulenn“. Das Bedürfnis nach Papier muß mithin in diesem Bezirk ein besonders lebhaftes gewesen sein, insofern man zwei Gebäude für den Dienst bestimmt hatte. Als die Herzoginwitwe Anna die Regierung antrat, stellte sich heraus, daß die 20 Fl. Zins aus unbekannten Gründen nicht mehr gezahlt zu werden pflegten. Daher ging sie sofort daran, die große Mühle, „weil sie verfallen gewehsen“, neu herzurichten. Das gelang ihr so vortrefflich, daß Sie den Jahreszins auf 75 Ries erhöhen konnte, zur Hälfte vom besten und zur anderen Hälfte vom geringsten Papier, das auf der Mühle angefertigt zu werden pflegte.

Von der neuen Mühle hat sich eine Beschreibung erhalten, die erkennen läßt, was man damals als unentbehrlich bei der Herstellung des Papiers ansah und in wie einfacher Weise die Technik sich zu helfen wußte. Eine Wage, mit der die Lumpen beim Einkaufe gewogen wurden, eine Bank, auf der man das Papier glättete, 2 Kumme zur Bereitung der Masse, 5 eiserne Platten, 2 Schrauben, vielleicht, um die Feuchtigkeit aus dem Papier herauszupressen, waren die ganze Ausrüstung, die die Herzogin lieferte, abgesehen von dem Gebäude selbst mit seinen Rädern, Stampfen und dergleichen mehr.

Das neue Gebäude übernahm Hans Tiede, ein Sohn des alten Martin Tiede, der 60 Jahre auf der Papiermühle in Grabow gewesen sein wollte, demnach einige Zeit als Gehilfe des Papiermachers Groen gearbeitet haben muß. Mit Hans Tiede wurde zu Michaelis 1617 ein Vertrag abgeschlossen. In ihm verpflichtete er sich, die Papiermühle in baulich gutem Zustande zu erhalten und sie laut Sachverzeichnis nach 10 Jahren wieder abzugeben. Doch wurde ihm Erneuerung des Vertrages bei guter Haltung nach Ablauf dieser Frist in Aussicht gestellt.

„Pro pensione“ gab er jährlich 75 Ries Papier, halb das beste, halb Schreibpapier. Zweimal im Jahre, zu Michaelis und zu Ostern, sollte er das Papier abliefern und, falls Ihro Fürstl. Gnaden Geld vorzog, das Ries besten Papiers mit 40 Schill., das Ries Schreibpapier mit 30 Schill. vergüten. Außerdem hatte er der Herzogin für eigenen Bedarf ca. 10 Ries und ihren Beamten, nämlich dem Hofmeister, Hauptmann und Küchenmeister, je nach Bedarf „für sich oder einen guten Freund“ 1-4 Ries zu liefern, das beste zu 32 Schill., das Schreibpapier zu 28 Schill. Hoffentlich haben die Empfänger nie versäumt, diesen Vorzugspreis wirklich zu bezahlen. Das Papier versprach Tiede „gut und unstrafelich“ herzustellen und darauf zu sehen, „das die bücher wolgelegt und ein jegliches buch 25 bogen habe, damit J. F. G. Mühle nicht in Veracht kommen muge“. Für die richtige Bezahlung der Pension und für jeden Schaden, der an der Mühle etwa hätte entstehen können, mußte Tiede mit allem Hab und Gut, beweglichem und unbeweglichem, einstehen.

Unter Hans Tiede hat offenbar die Papierfabrikation einen Aufschwung erfahren, wie er auf den anderen Betrieben nicht beobachtet werden kann. Denn während in dem Schwerinschen Anteil, wie die Geschichte von Sternberg und Neustadt erkennen läßt, nicht genug Papier für die Bedürfnisse der Kanzleien beschafft werden konnte, erzeugte Grabow soviel, daß das Fabrikat sogar ausgeführt werden konnte. Angeblich hatte er nur Ausschuß und grobe Makulatur exportiert, wie er in der leider undatierten Bittschrift hervorhob. Doch ist anzunehmen, daß Hans Tiede ein Schlauberger war, der dem Herzog nur die Erlaubnis zur Ausfuhr abzuschmeicheln versuchte, indem er ihm nahelegte, daß er keine Verkürzung in dem ihm zugedachten Papier erfahren würde. Das ausgeführte Papier ging nach Lübeck und Hamburg, von wo auch ein großer Teil der Lumpen stammte, die in Grabow verarbeitet wurden. Wie erfreulich eine derartige Ausfuhr privat- und volkswirtschaftlich sein mochte, nach der Auffassung der Zeit glaubte der Lizentmeister sie im Interesse der herrschaftlichen Kasse nicht ohne Zoll zulassen zu dürfen. Diesen Ausfuhrzoll, der selbstverständlich den Fabrikanten gezwungen haben wird, niedrigere Preise einzuhalten, als er sonst sie gefordert haben würde, unterdrückt zu sehen, war die Absicht der Eingabe des Hans Tiede.

In den Wirren des Dreißigjährigen Krieges scheint unser Hans Tiede, hoffentlich nur vorübergehend, auch vom Schicksal gepackt worden zu sein. Im Jahre 1627 klagte er dem Herzoge Adolf Friedrich, daß er durch beständige Einquartierung hart beschwert gewesen sei. Sie habe ihm 104 Tlr. gekostet. Damit nicht genug, hätte er während der Belagerung von Dömitz auf Anordnung der Offiziere, die in Grabow gelegen, sein Werk anderthalb Monate still liegen lassen müssen. Diese unfreiwillige Unterbrechung seiner Tätigkeit schlug er auf 20 Tlr. Schaden an. Er bat den Herzog, diesen Betrag an seiner Pension kürzen zu wollen oder ihm diesen Betrag zu vergüten. Ob die Gnade des Herzogs seinem Wunsche gemäß verfügte, wissen wir nicht. Wohl aber bekam er Recht, als er sich 1634 darüber beschwerte, daß ihm und dem Walkmüller von dem Rittmeister von Moltke eine Steuer im Betrage von einem Taler monatlich abgefordert worden wäre. Diese offenbar willkürliche Auflage wurde eingestellt.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburgische Papiermühlen